Tschlin

Tschlin (; deutsch und bis 1943 offiziell Schleins) ist ein Dorf im schweizerischen Unterengadin und war bis Ende 2012 eine politische Gemeinde im Kreis Ramosch, Bezirk Inn.

Tschlin
Wappen von Tschlin
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Graubünden Graubünden (GR)
Region: Engiadina Bassa/Val Müstair
Politische Gemeinde: Valsoti2
Postleitzahl: 7559
frühere BFS-Nr.: 3753
Koordinaten:827671 / 195303
Höhe: 1553 m ü. M.
Fläche: 74,93 km²
Einwohner: 429 (31. Dezember 2012)
Einwohnerdichte: 6 Einw. pro km²
Website: www.valsot.ch
Tschlin von Südwest

Tschlin von Südwest

Karte
Karte von Tschlin
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Am 21. Oktober 2011 stimmten die getrennt tagenden Gemeindeversammlungen von Ramosch und Tschlin einem Fusionsvertrag zu, dieser wurde im April 2012 vom Kantonsparlament gebilligt. Seit dem 1. Januar 2013 heisst die fusionierte Gemeinde Valsot.

Name

Der Name dieses erstmals 1351 erwähnten Dorfes bedeutet ursprünglich ein Gebäude, das von einer Mauer umgeben ist.

Wappen

Blasonierung: In Silber (Weiss) ein aufrechter schwarzer, rot bewehrter Steinbock, einen schwarzen Hechel (Kamm) tragend

Ein Gemeindesiegel aus dem Jahr 1591 zeigt den Steinbock als Wappen des Gotteshausbundes. Die Hechel ist das Sinnbild des Martyriums des Heiligen Blasius, des örtlichen Kirchenpatrons.

Geographie

Historisches Luftbild von Werner Friedli (1954)

Das Dorf Tschlin liegt im Unterengadin auf 1533 m ü. M, nördlich des Inns. Zum Ort Tschlin gehört auch die Fraktion Martina mit der Ortschaft Vinadi sowie die Fraktion Strada mit der Ortschaft Chaflur und dem Weiler Sclamischot.

Zum Gemeindegebiet gehört die Val Sampuoir. Sie liegt orografisch im Engadiner Seitental von Samnaun.

Wirtschaft

Die Haupterwerbszweige sind die Landwirtschaft, das Dienstleistungsgewerbe, unter anderem der Zoll und die Grenzwacht, sowie eine Brauerei, in der das «Biera Engiadinaisa» hergestellt wird.[1]

Etwa 10 Kilometer nördlich des Dorfes Tschlin, jedoch ebenfalls auf dem Gemeindegebiet, steht das grosse, zollfreie Einkaufszentrum Acla da Fans im Zollausschlussgebiet Sampuoir.

Viele Arbeitnehmer arbeiten im nahegelegenen Scuol.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr1835185019001930195020002012
Einwohner665571553648590392429

Sprachen

In Tschlin spricht die Einwohnerschaft Vallader, eine bündnerromanische Mundart. Von 1880 bis 1980 blieben die Sprachanteile nahezu unverändert (1880 87 %, 1910 81 %, 1941 84 % und 1970 83 % Romanischsprachige), und auch im Jahr 2000 verstanden noch 85 % der Bewohner Romanisch, das bis jetzt einzige Behörden- und Schulsprache geblieben ist. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeigt folgende Tabelle:

Sprachen in Tschlin
SprachenVolkszählung 1980Volkszählung 1990Volkszählung 2000
AnzahlAnteilAnzahlAnteilAnzahlAnteil
Deutsch6414,85 %13025,24 %10025,51 %
Rätoromanisch36283,99 %31360,78 %28071,43 %
Italienisch40,93 %336,41 %30,77 %
Einwohner431100 %515100 %392100 %

Im Jahr 2000 waren die zwei häufigsten Sprachen in Tschlin Romanisch und Deutsch.

Herkunft und Nationalität

Von den Ende 2005 431 Bewohnern waren 411 Schweizer Staatsangehörige.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sehenswürdigkeiten

  • Die reformierte, spätgotische Kirche San Plasch wurde 1515 aus den Schiffsmauern der vormaligen Kirche gebaut. Die Wandmalereien stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert.
  • Der Duonna-Lupa-Brunnen wurde 1960 erstellt.
  • Mehrzweckhalle von Andrea Deplazes und Valentin Bearth[2]

Kultur

In der Tradition der Übernamen der Engadiner Dörfer heissen die Tschliner ils tschiainders, zu deutsch: «die Zigeuner». Aus Tschlin stammt die Volksmusikgruppe Ils Fränzlis da Tschlin.

Geschichte

Der Ort ist seit mindestens dem 10. Jahrhundert besiedelt. 1499 rückten Tiroler Truppen nach Tschlin vor, konnten aber von Duonna Lupa zum Rückzug bewegt werden, weil diese behauptete, die Eidgenossen rückten an. Im Dreissigjährigen Krieg während der Bündner Wirren nahm die Ortschaft 1621/22 schweren Schaden durch österreichische Truppen. 1854 wurde Tschlin selbständige Gemeinde. Das Dorf brannte 1856 fast gänzlich ab.

Der Novellaberg und die rechte Flanke des Samnauntales, insgesamt 18 Quadratkilometer des heutigen Gebietes von Tschlin bzw. Valsot, waren seit Beginn der Neuzeit umstrittenes Territorium. 1868 schlug ein Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz das umstrittene Gebiet endgültig zur Schweiz.

Persönlichkeiten

  • Ulrich Campell (1510–1582), Reformator, Chronist, Kirchenlieddichter und Mitbegründer des Vallader, 1574–1582 evangelisch-reformierter Pfarrer in Tschlin
  • Juan Scharplaz, Geschäftsführer der Schokoladefabrik „Fullié“ in Caracas, schweizerischer Honorarkonsul in Venezuela 1911–1913
  • Ils Fränzlis da Tschlin, Volksmusikgruppe aus dem Unterengadin

Verkehr

Tschlin wird von der Postautolinie Strada – Tschlin bedient, einer Stichlinie der Linie ScuolMartina (– Landeck (Österreich)).

Literatur

  • Erwin Poeschel: Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden III. Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 11). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1940. DNB 760079625.
  • Marc Antoni Nay: Tschlin. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 890, Serie 89). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2011, ISBN 978-3-85782-890-4.
Commons: Tschlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bieraria.ch
  2. Mehrzweckhalle, 1993. In: Graubünden – Baukultur | Bauwerke. Kantonsbibliothek Graubünden, abgerufen am 17. Februar 2022 (Schweizer Hochdeutsch, Quelle: Kunstführer durch die Schweiz. Band 2. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 2005).
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