Troskotovice
Troskotovice (deutsch Treskowitz) ist ein Městys (Minderstadt) im Jihomoravský kraj (Südmähren), Okres Brno-venkov (Bezirk Brünn-Land) in der Tschechischen Republik. Der Ort wurde als ein Platzdorf angelegt.
Troskotovice | |||||
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Basisdaten | |||||
Staat: | Tschechien | ||||
Region: | Jihomoravský kraj | ||||
Bezirk: | Brno-venkov | ||||
Fläche: | 1812 ha | ||||
Geographische Lage: | 48° 55′ N, 16° 26′ O | ||||
Höhe: | 193 m n.m. | ||||
Einwohner: | 693 (1. Jan. 2021)[1] | ||||
Postleitzahl: | 671 78 | ||||
Struktur | |||||
Status: | Městys | ||||
Ortsteile: | 1 | ||||
Verwaltung | |||||
Bürgermeister: | Michal Ordoš (Stand: 2007) | ||||
Adresse: | Troskotovice 18 671 78 Jiřice u Miroslavi | ||||
Gemeindenummer: | 594962 | ||||
Website: | www.troskotovice.cz |
Geographie
Troskotovice befindet sich Nahe bei Znaim (Znojmo) an der Grenze zu Niederösterreich, ca. 50 km südwestlich von Brünn (Brno) und etwa 75 km nordwestlich von Wien. Im Norden liegen der Haidenberg (228 m), der Guggenberg (212 m) und der Klausenberg (210 m)
Die Nachbarorte sind im Osten Vlasatice (Wostitz), im Norden Vinohrádky (Weinberg) und Branišovice (Frainspitz), im Westen Jiřice u Miroslavi (Irritz) und im Südwesten Litobratřice (Leipertitz).
Geschichte
Im 11. bis 13. Jahrhundert kam es zu einer großen Siedlungsbewegung von West nach Ost. Mähren wurde von 1031 bis 1305 von der Dynastie der Přemysliden regiert. Um größere Gebiete landwirtschaftlich zu nutzen und damit höhere Erträge zu erzielen, bewarben sie die Kolonisten zum Beispiel mit zehn Jahre Steuerfreiheit (deutsches Siedlerrecht). Bis zum Jahre 1150 wurde das Gebiet um Mikulov (Nikolsburg) und Znojmo (Znaim) von deutschen Einwanderern aus Niederösterreich besiedelt. Die Anlage des Dorfes sowie die ui-Mundart bekunden, dass sie ursprünglich aus den bairischen Gebieten der Bistümer Regensburg und Passau stammten. Sie brachten neue landwirtschaftliche Geräte mit und führten die ertragreiche Dreifelderwirtschaft ein.[2][3][4][5]
Obwohl zu den ältesten Orten Südmährens zählend, erwiesen sich die auf 1046 und 1052 datierten Urkunden mit der Nennung von „Troskovicz“ als Fälschungen aus dem 12. Jahrhundert. „Droscowicz“ wurde urkundlich 1252 genannt, ebenso 1268 und 1323, wobei die lateinische Urkunde „Droscowicz sive Stetendorf“ hinzufügt. Seit mindestens 1361 ist die Namensform „Treskowitz“ unverändert erhalten und gelangte als Schenkung an Alt-Bunzlau im 13. Jahrhundert in weltlicher Hand. 1537 verlieh der böhmische und römisch-deutschen König Ferdinand I. dem Ort das Marktrecht. 1585 erhielt der Markt eine Bergrechtsordnung.
1619 wurde Treskowitz niedergebrannt, und nach dem Sieg der kaiserlichen Truppen in der Schlacht am Weißen Berg wurde eine Mission der Jesuiten nach Treskowitz geschickt. Durch diese kehrten 511 Personen im Jahre 1627 zum alten Glauben zurück. 1649 erscheint wieder ein katholischer Pfarrer in den Gemeindeurkunden auf. Nach mehreren Besitzwechseln ging der Ort 1637 an Rudolf von Teuffenbach und damit zur Herrschaft Dürnholz. Um den Wiederaufbau des Ortes nach dem Krieg zu fördern, wurde die Pachtzinsen auf die herrschaftlichen Äcker halbiert.[6] 1785 wird ein herrschaftlicher Meierhof aufgelöst und dessen Gründe an Ansiedler verteilt. 1796 brannte fast der ganze Ort ab. Während der Revolutionskriege wird Treskowitz in den Jahren 1805 und 1809 von französischen Truppen besetzt, welche beträchtlichen Schäden verursachten. Matriken werden seit 1631 geführt. Onlinesuche über das Landesarchiv Brünn.[7] Grundbücher werden seit 1825 geführt. Die Freiwillige Feuerwehr des Ortes wurde im Jahre 1901 gegründet. Der Einwohner lebten größtenteils von der Vieh- und Landwirtschaft, wobei der in Südmähren seit Jahrhunderten gepflegte Weinbau keine besondere Rolle spielte. Aufgrund des günstigen Klimas konnten neben verschiedenen Getreidesorten große Mengen von Mais Kartoffeln, Rüben und Obst angebaut werden. Der Grund hierfür war, dass das Gemeindegebiet von Treskowitz eine der größten Ackerbauflächen in ganz Südmähren umfasste. Auch der in Südmähren seit Jahrhunderten gepflegte Weinbau wurde in Treskowitz betrieben. Nach 1880 verringerte sich jedoch die Menge, so dass nur noch der Eigenbedarf gedeckt wurde.[8] Neben der Landwirtschaft gab es eine florierendes Kleingewerbe im Ort.
Einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg, 1914–1918, war die Tschechoslowakei, die jene deutschsprachigen Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens für sich beanspruchte, die seit Ende 1918 als Deutschösterreich galten. Der Vertrag von St. Germain[9] sprach die strittigen Territorien gegen den Willen der Bevölkerung der Tschechoslowakei zu. Damit fiel auch die südmährische Ortschaft Treskowitz, deren Bewohner 1910 zu 99,9 % Deutschsüdmährer waren, an den neuen Staat. Während der Zwischenkriegszeit führten die hohe Arbeitslosigkeit unter der deutschen Bevölkerung, Maßnahmen wie die Bodenreform 1919, die Sprachenverordnung 1926, Neuansiedlungen sowie Neubesetzungen von Beamtenposten durch Personen tschechischer Nationalität, zu vermehrten Spannungen innerhalb der Volksgruppen.[10] Als die von den Deutschsprachigen geforderte Autonomie nicht verhandelt wurde, verschärften sich die Spannungen zwischen der deutschen und tschechischen Bevölkerung. Da bewaffnete Konflikte drohten veranlassten die Westmächte die tschechische Regierung zur Abtretung der Randgebiete, die im Münchner Abkommen geregelt wurde, an Deutschland. Somit wurde Treskowitz mit 1. Oktober 1938 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ein Teil des deutschen Reichsgaus Niederdonau.[11]
Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort 105 Opfer zu beklagen. Beim Einmarsch russischer Truppen im April 1945 und in der Nachkriegszeit kam es zu Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung und auch zu Ziviltoten. Nach dem offiziellen Ende des Zweiten Weltkrieges (8. Mai 1945) wurden die im Münchener Abkommen (1939) an Deutschland übertragenen Territorien, also auch Treskowitz, im Rückgriff auf den Vertrag von Saint-Germain (1919) wieder der Tschechoslowakei zugeordnet. Vor den Exzessen durch selbsternannte – meist ortsfremde – Revolutionsgardisten, flüchteten Teile der Ortsbevölkerung über die nahe Grenze nach Österreich.[12] Dabei kam es zu zwei Toten unter der Vertriebenen. Das Beneš-Dekret 115/1946 schützte vor einer juristischen Aufarbeitung der Geschehen. Im August 1945 bestimmten die Siegermächte im Potsdamer Kommuniqués (Konferenz)[13] die Nachkriegsordnung. Die laufende, kollektive Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde darin nicht erwähnt, jedoch explizit ein „geordneter und humaner Transfer“ der „deutschen Bevölkerungsteile“, die „in der Tschechoslowakei zurückgeblieben sind“ verlangt. Zwischen März und Oktober 1946 wurden 839, noch nicht wild vertriebene Deutschsüdmährer, nach Deutschland zwangsausgesiedelt.[14][12] Ein Bericht von Francis E. Walter an das US-Repräsentantenhaus bezeugt, dass diese Transporte zu keiner Zeit in „ordnungsgemäßer und humaner“ Weise erfolgten.[15] 26 Personen verblieben im Ort. Alles private und öffentliche Vermögen der deutschen Ortsbewohner wurde durch das Beneš-Dekret 108 konfisziert. Die katholische Kirche in der kommunistischen Ära enteignet. Eine Wiedergutmachung ist seitens der Tschechischen Republik nicht erfolgt.
In Übereinstimmung mit den ursprünglichen Transfermodalitäten des Potsdamer Kommuniques verlangte im Jänner 1946 die Rote Armee, den Abschub aller Volksdeutschen aus Österreich nach Deutschland. Trotzdem konnten etwa 140 Treskowitzer in Österreich verbleiben, alle anderen Ortsbewohner wurden nach Westdeutschland weiter transferiert.[16][17]
Seit 2007 besitzt der Ort wieder den Status eines Městys (Minderstadt).
Wappen und Siegel
Im Jahre 1535 wurde dem Dorf das Siegelrecht verliehen. Es zeigte innerhalb eines mit Schnörkeln versehenen rund um einen Renaissanceschild gelegten Schriftbandes die lateinische Umschrift "OPPIDI.TRESOVICZ SIGILLVM". Der Schild trägt in der oberen Hälfte drei Balken. Diese drei Balken waren das Zeichen der Herren von Kunstadt, welche zwar nur kurz aber in der Zeit der Markterhebung die Herren von Treskowitz waren. Trotz aller Herrschaftswechsel in den nächsten Jahrhunderten blieb das Siegelbild unverändert. Einzig in den Leerräumen um dem Schild wurden drei Blüten hinzugefügt.[18]
Bevölkerungsentwicklung
Volkszählung | Häuser | Einwohner insgesamt | Volkszugehörigkeit der Einwohner | ||
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Jahr | Deutsche | Tschechen | Andere | ||
1793 | 177 | 813 | |||
1836 | 210 | 1155 | |||
1869 | 217 | 1076 | |||
1880 | 228 | 1151 | 1149 | 2 | 0 |
1890 | 235 | 1131 | 1128 | 2 | 1 |
1900 | 245 | 1181 | 1154 | 27 | 0 |
1910 | 259 | 1253 | 1252 | 1 | 0 |
1921 | 263 | 1227 | 1207 | 6 | 14 |
1930 | 313 | 1359 | 1332 | 12 | 15 |
1939 | 1378 |
Sehenswürdigkeiten
- Pfarrkirche Hl. Wenzel, (Pfarre 1260 erwähnt), wegen Baufälligkeit Neubau 1840/41 klassizistisch; Hauptaltar von Leopold Kupelwieser; 5 Glocken; davor Kirche mit 1704 angebauter Dreifaltigkeitskapelle, 1840 abgerissen. Friedhof außerhalb.
- H1. Johannes von Nepomuk 1738,
- Herrenhof aus dem 17. Jahrhundert,
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Michael Siebert (1724–1788), Kupferstecher, Priester des Paulanerklosters, Mährisch Kromau.
- Josef Ahmon (1822–1910), Konzertmeister bei Johann Strauß in Wien.
- Hans Stefan Zechmeister (1922–1979), Graphiker und Zeichner, Südmährischer Kulturpreis 1976.
Brauchtum
Die beiden Jahrmärkte des Ortes wurden am Montag nach dem vierten Sonntag der Osterzeit und nach Mariä Himmelfahrt (15. August) veranstaltet.
Literatur
- Anton Kreuzer: Geschichte Südmährens, Band I
- Franz Josef Schwoy: Topographie vom Markgrafthum Mähren. 1793, Treskowitz Seite 424
- Gerald Frodl: Geschichte der Marktgemeinde Dürnholz und der ehem. Herrschaftsgebiete. … (1927)
- Wilhelm Szegeda: Heimatkundliches Lesebuch des Schulbezirks Nikolsburg, 1935, approbierter Lehrbehelf, Lehrerverein Pohrlitz Verlag, Treskowitz Seite 126
- Franz Flassak, Josef Freising: Treskowitz im 30-jährigen Krieg und in der Gegenwart. 1937
- Georg Dehio, Karl Ginhart: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler in der Ostmark. 1941, Anton Schroll & Co, Treskowitz Seite 463.
- Ilse Tielsch-Felzmann: Südmährische Sagen. 1969, München, Verlag Heimatwerk
- Wenzel Max: Thayaland, Volkslieder und Tänze aus Südmähren, 1984, Geislingen/Steige
- Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren. 1990, Treskowitz Seite 36
- Bruno Kaukal: Die Wappen und Siegel der südmährischen Gemeinden. 1992
- Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3, 2001, Treskowitz Seite 245, 265.
- Emilia Hrabovec: Vertreibung und Abschub. Deutsche in Mähren 1945 – 1947, Frankfurt am Main/ Bern/ New York/ Wien (=Wiener Osteuropastudien. Schriftenreihe des österreichischen Ost- und Südosteuropa Instituts), 1995 und 1996
- Gerald Frodl, Walfried Blaschka: Der Kreis Nikolsburg von A-Z. 2006
Weblinks
Einzelnachweise
- Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
- http://www.planet-wissen.de/kultur/mitteleuropa/geschichte_tschechiens/pwiedeutscheintschechien100.html
- Joachim Rogall: Deutsche und Tschechen: Geschichte, Kultur, Politik Verlag C.H.Beck, 2003. ISBN 3-406-45954-4. Geleitwort von Václav Havel. Kapitel: Die Přemysliden und die deutsche Kolonisierung S33 f.
- Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 9
- Hans Zuckriegl: Wörterbuch der südmährischen Mundarten. Ihre Verwendung in Sprache, Lied und Schrift. 25,000 Dialektwörter, 620 S. Eigenverlag. 1999.
- Gregor Wolny,Conrad Schenkl: Die Markgrafschaft Maehren, Band 2, Teil 1,1836 , s. 286
- Acta Publica Registrierungspflichtige Online-Recherche in den historischen Matriken des Mährischen Landesarchivs Brünn (cz,dt). Abgerufen am 10. April 2011.
- Hans Zuckriegl: Ich träum' von einem Weinstock, Kapitel 7, S. 263
- Felix Ermacora: Der unbewältigte Friede: St. Germain und die Folgen; 1919 -1989 , Amalthea Verlag, Wien, München, 1989, ISBN 3-85002-279-X
- Johann Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918 – 1938, München 1967
- Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Der Kreis Nikolsburg von A-Z, 2006
- Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 246.
- Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979. ISBN 3-453-48060-0.
- Archiv Mikulov: Odsun Němců – transport odeslaný dne 20. května, 1946.
- Walter, Francis E. (1950): Expellees and Refugees of German ethnic Origin. Report of a Special Subcommittee of the Committee on the Judiciary, House of Representatives, HR 2nd Session, Report No. 1841, Washington, March 24, 1950.
- Cornelia Znoy: Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
- Emilia Hrabovec: Vertreibung und Abschub. Deutsche in Mähren 1945 – 1947, Frankfurt am Main/ Bern/ New York/ Wien (=Wiener Osteuropastudien. Schriftenreihe des österreichischen Ost- und Südosteuropa Instituts), 1995 und 1996
- Codex diplomaticus et epistolaris Bohemiae Band VI, S. 216