Tanninsäure
Tanninsäure, auch Gerbsäure oder nur Tannin genannt, ist eine chemisch nicht einheitlich zusammengesetzte Substanz aus der Gruppe der Tannine. Charakteristisch ist die polyphenolische Struktur. Tanninsäure enthält keine freien Carbonsäuregruppen (Carboxygruppen), ist aber wegen der Vielzahl an phenolischen Hydroxygruppen schwach sauer.
Strukturformel | |||||||||||||||||||
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Symbolformel einer nicht einheitlichen Mischung von Strukturen | |||||||||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Tanninsäure | ||||||||||||||||||
Andere Namen | |||||||||||||||||||
Summenformel | C76H52O46 | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
hellbraunes, geruchloses Pulver[2] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 1701,2 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||||||||||||||
Dichte |
1,35 g·cm−3[3] | ||||||||||||||||||
Siedepunkt |
218 °C (Zersetzung)[4] | ||||||||||||||||||
Löslichkeit |
250 g·l−1[2] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | |||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Eigenschaften
Tanninsäure ist ein Gemisch von Estern der Glucose mit Gallussäure und 3-Galloylgallussäure. Formal enthält die Substanz um ein Glucosezentrum 10 Gallussäure-Einheiten (Penta-digalloyl-glucose,[6] vgl. Symbolformel rechts, entsprechend der empirischen Summenformel C76H52O46), kommerzielle Tanninsäure besteht jedoch aus Molekülen mit 2–12 Gallussäure-Resten.[4] Bei pharmazeutischen Qualitäten entfallen im Mittel auf jedes Glucosemolekül 6 bis 9 Gallussäurereste.[7]
Es handelt sich um ein blassgelbes amorphes Pulver oder um einen glänzenden schuppigen oder schwammartigen Feststoff, der bei Kontakt mit Sonnenlicht und Luft allmählich dunkler wird.[8] Tanninsäure ist in Wasser, Methanol, Ethanol, Aceton und Ethylacetat löslich, jedoch nicht in Benzol, Ether, Chloroform, Petrolether und Schwefelkohlenstoff.[8]
Tanninsäure wirkt adstringierend. Sie weist eine schwache Toxizität auf, kann aber bei erhöhter oraler Aufnahme zu Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen und zu tödlichen Durchblutungsstörungen führen.[8]
Industrielle Verwendung
Tanninsäure wird in vielen industriellen Bereichen verwendet:[4][8]
- als Rohstoff für Gallussäure und Gallussäurepyrophosphat
- Beizmittel (Tanninsäure wird in der Präparation für die Elektronenmikroskopie häufig eingesetzt, um die Feinstruktur fibrillärer Elemente (Mikrotubuli, Mikrofilamente) bzw. Details der Plasmamembran (z. B. Darstellung des Clathringerüsts im „Coated Pit“) hervorzuheben.[9])
- zum Färben
- Erzflotationsmittel
- Konversionsbeschichtung
- Lebensmittelzusatzstoff
- Deodorant
- Tintenherstellung
- Papierleimung
- Ledergerbung
Verwendung in der Medizin
Tanninsäure wird lokal, in Form von Spülungen (0,5 bis 1 %), Salben (5 %) oder Pinselungen (10 bis 20 %) als Adstringens – hauptsächlich an den Schleimhäuten – verwendet.[10]
Das Fällungsprodukt von Eiklar oder Casein mit Tannin ergibt Tannin-Eiweiß (Albumintannat, Tanninalbuminat), ein den Magen nicht belastendes Darmadstringens. Es ist angezeigt zur oralen Behandlung unspezifischer akuter Durchfälle, wie Sommer- oder Reisedurchfälle.[10][7] In der gleichen Indikation kann die Komplexverbindung Gelatinetannat verwendet werden. Die Verbindung Silbereiweiß-Acetyltannat wird zur Herstellung von Augen- und Nasentropfen eingesetzt.
Die orale Gabe bei Blutungen, chronischem Durchfall, blutigem Urin, schmerzhaften Gelenken, anhaltendem Husten und Krebs ist auf DrugBank erwähnt.[11] Früher wurde Tanninsäure als Gegenmittel gegen verschiedene Gifte eingesetzt.[11]
- Fertigpräparate
Tannalbin (D), Tannacomp (D), Tasectan (CH)
- Rezepturpräparate nach dem NRF
Die Sammlung des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF) enthält eine Reihe von Rezepturen, in denen Tanninsäure zur lokalen Behandlung, teilweise in Kombination mit anderen Wirkstoffen wie Betamethason, Triamcinolon, Erythromycin oder Zinkoxid, verarbeitet wird.
Einzelnachweise
- Eintrag zu TANNIC ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 29. Dezember 2019.
- Eintrag zu Tannin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Juni 2019. (JavaScript erforderlich)
- J. Falbe, M. Regitz (Hrsg.): Römpp Lexikon Chemie. 10. Auflage. 6 P–Z. Thieme, Stuttgart 1996 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Molecule of the Week Archive – Tannic acid. American Chemical Society, abgerufen am 5. Juni 2019 (englisch).
- Datenblatt Tannic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 5. Juni 2019 (PDF).
- K. Freudenberg: Tannin Cellulose · Lignin. Julius Springer Verlag, 1933, ISBN 978-3-642-47165-0, S. 40 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- T. Dingermann, Karl Hiller, G. Schneider, I. Zündorf: Schneider Arzneidrogen. 5. Auflage. Elsevier, 2004. ISBN 3-8274-1481-4. S. 321 f.
- Eintrag zu Tannic acid bei ChemicalBook, abgerufen am 5. Juni 2019.
- David G. Robinson, Ulrich Ehlers, Rainer Herken, Bernd Herrmann, Frank Mayer, Friedrich-Wilhelm Schürmann: Präparationsmethodik in der Elektronenmikroskopie Eine Einführung für Biologen und Mediziner. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-09413-6, S. 29 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- E. Teuscher: Biogene Arzneimittel. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1997. ISBN 3-8047-1482-X. S. 225.
- Eintrag zu Tannic acid in der DrugBank der University of Alberta, abgerufen am 5. Juni 2019.