Schloss Wörth (Wörth am Main)
Das Schloss Wörth (auch Kurfürstliches Schloss Wörth) war ein aus einer mittelalterlichen Niederungsburg hervorgegangenes Schloss in der Stadt Wörth am Main im Landkreis Miltenberg in Bayern, Deutschland. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es in eine Fabrik umgewandelt und in der Folgezeit größtenteils abgerissen.
Lage
Das Schloss befand sich auf dem linken Ufer des Mains am südlichen Ortsende von Wörth am Main. Von der Altstadt war es durch Mauer, Vorburg (später Schlossgarten) und Graben getrennt.
Geschichte
Wörth am Main, 1291 erstmals urkundlich als oppidum meum Werde (Werde = Insel) in einer Urkunde der Herren von Breuberg erwähnt[2], besaß damals sicher schon eine Burg. Diese selbst wird aber erst acht Jahre später, zusammen mit dem Ort, als Lehen des Mainzer Erzbischofs in den Händen derer von Breuberg benannt.[3] Zu dieser Zeit war Gerhard II. von Eppstein Erzbischof und Kurfürst von Mainz. Mit Gerlach von Breuberg wiederum war das Geschlecht der Reize von Breuberg auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen.
Aus den Regesten der Mainzer Erzbischöfe[4] von 1381 ist überliefert, dass Erzbischof Adolf I. von Nassau-Wiesbaden-Idstein seinem Wörther und Obernburger Amtmann Richard von Elmen ein Wörther Burglehen von jährlich zehn Gulden und 1382 eine Schuld von 500 Gulden mit der Bede des Wörther Schlosses zurückzuzahlen gedenkt. 1391 verpfändete sein Nachfolger Konrad II. von Weinsberg das erzbischöfliche Schloss und Amt Wörth und Obernburg mit allen Nutzungsrechten und Einkünften an Heinrich von Gonsrade, seinen Burggrafen zu Miltenberg. Ausgenommen war nur die Höchste Buße, die weiterhin dem Erzbischof zustand, sowie 100 Gulden, die die Stadt jährlich nach Aschaffenburg zu entrichten hatte und die an Gerhard von Hefftersheim ausbezahlt werden sollen. Im 15. Jahrhundert sank die Wörther Burg zeitweise zum Raubritternest herab.[5]
Um 1530 verpfändete Erzbischof Albrecht von Brandenburg das Schloss Wörth an seinen Hofmarschall Wolf von Mörle, der es nach der deutschen Art (d. h. im Stil der Spätgotik) ganz herrlich wider erbawen ließ.[6] Im Zweiten Markgrafenkrieg 1552 wurde das Schloss schwer beschädigt. Seine kurze Glanzzeit erlebte das Schloss in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts unter Reichsgraf Adam Philipp XI. von Cronberg, der den Adelssitz nach dem Vorbild des Schlosses Johannisburg als vierseitige Renaissanceanlage unter Einbezug des alten Bergfrieds ausbauen ließ. Dies konnte er auch, da sein Patenonkel und Kurfürst von Mainz Johann Schweikhard von Cronberg Schloss und Ort, die er wenige Jahre vorher als Pfandschaft für Mainz wieder eingelöst hatte, seinem Cronberger Lieblingsneffen Adam Philipp XI. als Lehen zurückgab.[7] Adam Philipp einziger Sohn Kraft Adolf Otto von Cronberg (1629–1692) wurde nach seinem Tod 1634 mit Stadt und Schloss belehnt.[7]
Nur kurz darauf wurde es dann in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges wiederum zerstört. Eine neuerliche Renovierung erfolgte durch die Freiherren und Vettern Johann Reinhardt und Franz Adolph Philipp von Hoheneck, seit 1669 als Nachfolger der Kronberger Stadtherren in Wörth, nach einem schweren Mainhochwasser 1682.[8] Nach dem regionalen Aussterben dieser Hohenecker Linie um 1719 wurde die Pfandschaft Wörth von Kurmainz nicht mehr verliehen. Das Schloss verlor damit seine Funktion als Residenz.
Nach der Schlacht bei Dettingen 1743 verschanzten sich französische Truppen im Wörther Schloss, wobei die Soldaten sämtliche Fenster zumauerten.[9] Die Gebäude verfielen in der Folgezeit weiter, was auch umfangreiche Baureparaturen zwischen 1777 und 1794, veranlasst durch das Fürstliche Rentamt Breuberg, nicht aufhalten konnten.[10] Besonders schwere Schäden hinterließ das Mainhochwasser vom Februar 1784, als die herrschaftlichen Räume in den oberen Stockwerken als Notquartier für über 100 Bürger und 51 Stück Vieh dienten.[11] 1799 kam es daher durch die kurmainzische Hofkammer zum Verkauf durch Versteigerung an Johann Michael Ostner zu Neustadt, fürstlich Löwensteinscher Forstmeister und damit Übergang in bürgerlichen Besitz.[12] Das Schloss wurde durch dessen Erben dann 1843 endgültig zum Verkauf oder auf Abbruch versteigert. Der mainseitige Flügel wurde 1860 abgerissen; erhalten blieb das von zwei steinernen Löwen flankierte Allianzwappen von Philipp Franz von Hoheneck und Maria Margarethe von Dalberg, das sich heute in der Erdgeschosshalle des alten Rathauses befindet. Der ehemalige Südflügel bestand in seiner Bausubstanz noch bis zum Abriss durch den damaligen Eigentümer SAF im Jahr 1999.
Beschreibung
Das am Main gelegene Schloss war zum Zeitpunkt der Versteigerung vom 10. Juni 1843 auf Verkauf oder Abbruch wie folgt beschrieben: „besteht aus vier zusammenhängenden Flügeln,[13] ist zwei Stockwerke hoch, von Stein gebaut, enthält ca. 40 geräumige Zimmer und Säle, zwei große gewölbte Keller und vier zusammenhängende große Speicher. Die Grundlage des Schlosses enthält 58,5 Quadratruthen und der Schlosshof 32,5 Quadratruthen[14], in dem letzteren befindet sich ein Brunnen. Um das Schloss herum innerhalb der Ringmauer[15] liegen ca. 84 Ruthen Garten. Dieses Schloss scheint vorzugsweise zur Anlage einer Fabrik oder großen Handlung geeignet zu sein.“[16] Genau dieses Schicksal nahm das Schloss und wurde teils abgerissen, teils zu Fabrikgebäuden umfunktioniert.
Der ca. 20 m hohe Bergfried (zugleich Torturm; Grundfläche 7 × 6,75 m²) wurde in der Mitte der Fabrikgebäude erhalten, ist aber heute nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Er weist ein verputztes Sandsteinmauerwerk mit Buckelquaderkanten und Werksteinelementen auf. Ursprünglich trug der Turm ein ziegelgedecktes Zeltdach, das nach einem Brand 1916 durch einen Zinnenkranz über Rundbogenfries ersetzt wurde.
Das Wörther Schloss muss zu seiner Zeit gegen Ende des 17. Jahrhunderts ein imposantes Bauwerk direkt am Main gewesen sein.
Heutige Nutzung
Das Schloss existiert heute nicht mehr und ist in seinen Resten weitgehend von Firmengebäuden überbaut. Nur der ehemalige Bergfried mit Renaissanceportal im Herzen des Fabrikgeländes erinnert noch an die höfische Geschichte an diesem Platz.
Literatur
- Otto Berninger: Das Mainhochwasser von 1784. In: Mainschifffahrts-Nachrichten 19, 2002, S. 19–48.
- Jürgen Schreiner: »Ein ungeheueres Gebäud«. Neu entdeckt: Das Wörther Schloss. In: Spessart, Ausgabe September 2021, S. 16–21.
- Werner Trost: Das Wörther Stadtschloß. In: Ders., Wörth am Main. Chronik einer fränkischen Kleinstadt, Band 2. Bürgerverein e.V., Wörth 1991, S. 406–421.
- Josef Volkheimer: Die Burg bezw. das Schloß zu Wörth. In: Ders. Pfarrchronik der Pfarrei Wörth a. Main. Selbstverlag, Wörth 1954, S. 39–43.
Weblinks
- Erwähnung des schloß Werdt in der Zimmerischen Chronik
- Grundriss des Herrschaftlichen Schlosses zu Wörth von 1795 im Staatsarchiv Wertheim.
- Beschreibung des verfertigten geometrischen Planes des sogenannten Schlosses zu Wörth samt den dazugehörigen Burggütern von 1799 im Staatsarchiv Wertheim.
- Eintrag von Thomas Steinmetz zu Schloss Wörth in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts
- Burglandschaft - Eine Zeitreise im Main4eck: Wörth am Main Informationen zu Stadt und ehemaligem Schloss des Archäologischen Spessartprojektes e.V. mit altem und virtuellem (im Detail fehlerhaftem) Bild des Schlosses
Einzelnachweise
- Wolf von Mörle genannt Beheim († 3. Februar 1539 in Aschaffenburg). Lehensbesitzer Schloss Wörth, Hofmarschall in Kurmainzer Diensten, kinderlos; im Umfeld derer von Reifenberg und Echter von Mespelbrunn. Inschrift des Epitaphs: A[nno] d[omini] 1539 uf de achte tag Chri[stostom] - ist der edel u erfest - wolf beheim maschall verschiden, dem Got g[enad]. Die dreiviertel runde Figur des Ritters ist in Maximiliansrüstung auf einem Löwen stehend dargestellt mit seinem Wappen: Hauptwappen der von Mörle gen. Beheim: Geteilt und halb gespalten von Rot, Silber und Schwarz, belegt mit einer rotbesamten goldenen Rose, Helmzier: zwei Stierhörner. Dazu an den Seiten die vier Ahnenwappen: Rechts oben: das Familienwappen der von Mörle gen. Beheim. Rechts unten: in Silber ein gekrümmter schwarzer Fisch (Familienwappen von Fischborn). Links oben: in Rot zwei goldene Schrägbalken (Familienwappen von Hutten). Links unten: in Schwarz ein dreiblättriges silbernes Kleeblatt (Familienwappen von Trohe) (nach: Alfred F. Wolfert: Aschaffenburger Wappenbuch Zeichnungen: Joachim von Roebel, Aschaffenburg 1983, S. 49)
- HStA München, Abt. I, Mainzer Urk. 3475, = Böhmer, Regg. der Ebb. von MainzI, Nr. 228
- StA Würzburg, Bücher versch. Inhalts 21. Blatt 191f, vgl. Kapitel „Stadtgründung“ in diesem Band.
- Die Regesten der Mainzer Erzbischöfe nach 1374/75 StA Wü, MIB 9 fol. 268 [02] (1381), StA Wü, MIB 10 fol. 045v (1382), StA Wü, MIB 12 fol. 111 [01] (1391)
- Trost 1991, S. 408.
- Zimmerische Chronik, Bd. 2. Hrsg. von Karl August Barack. 2. Aufl., Mohr, Freiburg 1881–1882, S. 333ff.
- Helmut Bode: Kronberg im Taunus: Beiträge zur Geschichte, Kultur und Kunst, Waldemar Kramer Frankfurt, Frankfurt am Main 1982, ISBN 978-3-78-290228-1. S. 201
- Trost 1991, S. 415f.
- Trost 1991, S. 417.
- StA Wertheim, Bestand R-J 1 Nr. 8, Bauwesen im Amt Klingenberg, 1736–1792 (Digitalisat).
- Darüber beklagt sich Zollverwalter Franz Ivo Kirchner in einem Bittgesuch 1786 an die Kurfürstliche Regierung in Mainz (StA Wü, Aschaffenburger Archivreste Akten Nr. 17/XLI 1/I-II; vgl. Berninger, Das Mainhochwasser von 1784, S. 46). Die Hochwassermarke 1784 Die Höhe des Meins den 29 Hornung ist heute noch am Torgewände zu sehen.
- Aschaffenburger Privilegiertes Intelligenzblatt Nr. 50 vom 10. Dezember 1798, Versteigerungsannonce der Amtskellerei Klingenberg mit Beschreibung des Schlosses und der zugehörigen Güter (Digitalisat). Vgl. Schreiner, „Ein ungeheueres Gebäud“, S. 19.
- Das 1906 nach einer undeutlichen Kartenvorlage des Geometers Johann Weygand von 1783 entstandene Gemälde im alten Rathaus zeigt irrtümlich eine Dreiflügelanlage.
- Die kleine bayrische Rute war 10 Fuß oder etwa 2,92m lang, damit die Quadratrute etwa 8,5 m2 groß
- Die Burgmauer war gleichzeitig südliches Ende der Stadtmauer des Ortes.
- Allgemeiner Anzeiger für das Königreich Bayern, Bekanntmachung 766, München 1843, elfter Jahrgang, S. 268