Templerhaus (Amorbach)
Das Templerhaus in Amorbach ist ein mittelalterliches Gebäude im Bautyp eines Festen Hauses im unterfränkischen Landkreis Miltenberg.
Geschichte
Erster urkundlich bekannter Besitzer des Gebäudes war die Adelsfamilie Rüdt von Collenberg. Sie nutzte das Gebäude bis zum Bau der Burg Bödigheim (ca. 1286–1296). Das Templerhaus wurde anschließend veräußert. Ein Umbau erfolgte 1291, bei dem der steinerne Unterbau teilweise abgetragen und die beiden, dendrochronologisch auf dieses Jahr datierten Fachwerkobergeschosse aufgesetzt wurden. Das Templerhaus ist damit das älteste erhaltene Fachwerkhaus in Bayern.[1]
In der Folgezeit befand sich das damals Rüdenhof genannte Anwesen in der Hand niederadliger Besitzer, bis es im 15. Jahrhundert in bürgerlichen Besitz gelangte. Im Jahr 1981 erwarb die Stadt Amorbach das Templerhaus und ließ es fachgerecht sanieren, was baugeschichtliche Untersuchungen durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ermöglichte.
Die Dachkonstruktion des Templerhauses wurde 2000/2001 zur Rekonstruktion der Bachritterburg Kanzach herangezogen. Als Baumuster diente die Wasserburg Eschelbronn in ihrer Bauphase um 1270, für die es jedoch im Dachbereich keine Befunde gibt. Das nur wenig später stark umgebaute Templerhaus dürfte demselben, im 13. Jahrhundert in ganz Südwestdeutschland verbreiteten Baumuster folgen.[2]
Gebäude
Das Templerhaus ist ein turmartiges Gebäude auf einem leicht schiefwinkligen steinernen Unterbau (7,60 × 6,80 m). Dieser stellt vermutlich den ältesten Teil des Gebäudes dar und besteht aus geschichtetem Mauerwerk mit sorgfältiger behauenen Eckquadern. Die einzige Öffnung ist ein schmaler Lichtschlitz. Darüber befindet sich ein zweigeschossiger, qualitätvoller Fachwerkaufsatz.
Die Ausdehnung des zugehörigen Hofes und die Frage einer Befestigung der Anlage ist weitgehend unklar. Anscheinend war sie nicht, wie andere Gebäude dieser Art, von einem Weiher oder See umgeben (Weiherhaus).
Deutung
Unter zahlreichen sehr ähnlichen Gebäuden dieser Art ist das Templerhaus in Amorbach eines der bekanntesten. Die Häuser stellen eine typische Form eines kleinen, burgartigen Adelssitzes dar, der vor allem im süddeutschen Raum sehr verbreitet ist (Weiherhaus). Sehr ähnliche Anlagen liegen vor mit dem Topplerschlösschen bei Rothenburg ob der Tauber, regional im Odenwald mit dem Erbacher Templerhaus, dem Mühlhäuser Schlößchen sowie mit dem Götzenturm von Hettigenbeuern.
Die regional häufige Bezeichnung Templerhaus gibt es auch in Erbach, und ehemalige Templerhäuser existierten mit dem Tempelhaus Neckarelz sowie in Uissigheim und Kleinwallstadt. Diese relativ große Verbreitung steht im Widerspruch dazu, dass der Templerorden in Deutschland kaum vertreten war. Meist entstanden die Bezeichnungen erst in der Neuzeit, beim Amorbacher Templerhaus geht sie auf eine Beschreibung Amorbachs von 1856 zurück.
Literatur
- Thomas Platz: Pfostenbauten, Wohntürme und Fachwerk. Wohnen und Bauen in der Stadt. In: C. Sebastian Sommer (Hrsg.): Archäologie in Bayern, Fenster zur Vergangenheit. Pustet, Regensburg 2006, ISBN 3-7917-2002-3, S. 276–278.
- Thomas Steinmetz: Spätmittelalterliche Wohntürme im Odenwaldraum. In: Der Odenwald. Zeitschrift des Breuberg-Bundes, Jg. 41, 1994, Heft 3, S. 87–102, bes. S. 93f.
Weblinks
- Eintrag von Thomas Steinmetz zu Amorbach, Templerhaus in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts
Einzelnachweise
- Thomas Platz: Pfostenbauten, Wohntürme und Fachwerk. Wohnen und Bauen in der Stadt. In: C. Sebastian Sommer (Hrsg.): Archäologie in Bayern, Fenster zur Vergangenheit. Pustet, Regensburg 2006, ISBN 3-7917-2002-3, S. 277.
- Tilman Mittelstraß: Die Rekonstruktion einer hölzernen Turmburg des Mittelalters aus dem Kraichgau. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung. Folge 17, 2002, S. 43–50.