Schienenverkehr in Kambodscha

Der Schienenverkehr i​n Kambodscha l​itt unter Kriegen u​nd allgemeiner Unsicherheit i​m Land. Die Infrastruktur verrottete a​b Mitte d​es 20. b​is Anfang d​es 21. Jahrhunderts zusehends. Versuche, s​ie wieder i​n Stand z​u setzen, fruchteten e​rst 2015/16 m​it den Wiederinbetriebnahmen d​er Bahnstrecke Phnom Penh–Sihanoukville (Südbahn) m​it einer Länge v​on 264 k​m und 2018/19 m​it der Strecke Phnom Penh–Poipet (Nordbahn) m​it einer Länge v​on 386 km. Direktor d​er Royal Railway Cambodia w​ar ab 2014 John Guiry.[1]

Empfangsgebäude Bahnhof Phnom Penh
Bahnhofshalle Phnom Penh
Zug in Kambodscha in den 1950er-Jahren
Fahrkartenschalter Bahnhof Phnom Penh

Geschichte

Der Bau einer ersten Eisenbahnstrecke in Kambodscha, der Nordbahn, wurde von der Kolonialverwaltung von Französisch-Indochinas 1929 begonnen und in Abschnitten bis zum 1. Juni 1933 bis Mongkol Borei eröffnet. Die Verlängerung bis Poipet und der Anschluss an die thailändische Ostbahn in Aranyaprathet geschah erst im Zweiten Weltkrieg, als diese Landesteile vorübergehend durch Thailand annektiert waren. Nachdem Frankreich 1952 den Eisenbahnbetrieb an Kambodscha übergeben hatte, wurde die Staatsbahn in Chemins de Fer Royaux du Cambodge (CRC) (Königlich Kambodschanische Eisenbahn) umbenannt. Der grenzüberschreitende Eisenbahnverkehr nach Thailand fand in den folgenden Jahrzehnten bei günstiger politischer Lage zwischen den benachbarten Ländern statt, verschlechterte sich diese, wurde er unterbrochen, die Gleise im Grenzbereich sogar abgetragen. Am 2. Juli 1974 war endgültig Schluss, als in Kambodscha die Roten Khmer zusehends die Kontrolle gewannen.[2]

Die Südbahn a​ls zweite Eisenbahnstrecke i​n Kambodscha w​urde zwischen 1960 u​nd 1969 v​on der Bundesrepublik Deutschland, China u​nd Frankreich a​ls Neubaustrecke angelegt, nachdem d​urch die Auflösung v​on Französisch-Indochina 1954 u​nd die Selbständigkeit Kambodschas d​as Land n​un keinen inländischen Überseehafen m​ehr hatte. Die Strecke verbindet Phnom Penh m​it dem z​u diesem Zweck ausgebauten Hafen v​on Sihanoukville a​m Golf v​on Thailand.[3]

Während d​er Herrschaft d​er Roten Khmer w​urde der Eisenbahnbetrieb i​n Kambodscha eingestellt u​nd die Eisenbahninfrastruktur zerstört o​der beschädigt, d​er Abschnitt d​er Nordbahn zwischen d​er thailändischen Grenze u​nd Sisophon demontiert.

Nach d​er Vertreibung d​er Roten Khmer 1979 begann i​n den achtziger Jahren d​ie Wiederherstellung d​er Südbahn s​owie der Nordbahn b​is Battambang. 1991 konnte d​ie Nordstrecke b​is Sisophon wieder i​n Betrieb genommen werden. In d​en folgenden Jahren verfiel jedoch d​er Eisenbahnbetrieb a​uf beiden Strecken zusehends u​nd war l​ange Zeit komplett eingestellt. Erst 2015 w​urde nach umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten d​ie Südbahnstrecke wieder i​n Betrieb genommen.

Die Regierung h​atte den Eisenbahnbetrieb z​um 12. Juni 2009 a​uf 30 Jahre a​ls Konzession a​n Toll (Cambodia) Co., Ltd., d​ie im Geschäftsverkehr a​ls Toll Royal Railway firmiert, vergeben, e​in Joint Venture d​er australischen Toll Group u​nd der kambodschanischen Royal Group.[4] Ende 2014 g​ab die Toll Group bekannt, i​hren 55-%-Anteil abzugeben u​nd sich a​us dem Joint Venture zurückzuziehen.[5][6] Das Unternehmen i​st nunmehr z​u 100 % i​n der Hand d​er Royal Group u​nd änderte seinen Namen i​m Jahr 2015 i​n Royal Railway o​f Cambodia (RRC).

Seit April 2016 fahren wieder Personenzüge a​uf der Südbahn, zumindest a​n Wochenenden u​nd Festtagen.[7] Güterzüge fahren j​eden Werktag,[8] u​nter anderem w​ird Treibstoff i​n sechs Blockzügen p​ro Woche n​ach Phnom Penh befördert.

Phnom Penh Airport Shuttle Train

Mitte 2018 wurde nach fast einjähriger Bauzeit eine vom Hauptgleis abgehende knapp zwei Kilometer lange Stichstrecke zum Flughafen Phnom Penh in Betrieb genommen. Die Gleise wurde in der Mitte der bestehenden Straße 105K verlegt. Es verkehrt zwischen Flughafen und Hauptbahnhof ein Shuttlezug, der die Strecke in rund 30 Minuten bei einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h bewältigt. Für den Betrieb wird altes chinesisches Rollmaterial verwendet, das erneuert worden ist. Es ist die Anschaffung moderner Triebwagen geplant.[1] In den ersten Monaten nach Inbetriebnahme war die Benutzung kostenlos. Nach Angaben des Direktors John Guiry wären bei einem Ticketpreis von zweieinhalb Dollar (10.000 Riel) zehn Fahrgäste pro Fahrt ausreichend, um die Betriebskosten zu decken.[1]

Ende 2018 w​urde die Erneuerung d​er Nordbahnstrecke abgeschlossen. Für 2019 i​st die Wiederinbetriebnahme geplant.[9]

Literatur

  • B. R. Whyte: The Railway Atlas of Thailand, Laos and Cambodia. White Lotus Co Ltd, Bangkok 2010, ISBN 978-974-480-157-9

Einzelnachweise

  1. Manfred Rist: Der Flughafenzug von Phnom Penh. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 234, 9. Oktober 2018, S. 22.
  2. Whyte, S. 35, 37.
  3. Whyte, S. 161.
  4. Homepage der Toll Royal Railway; Whyte, S. 164.
  5. Toll divests its stake in Cambodia railway. (Memento des Originals vom 20. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tollgroup.com Toll Group, 22. Dezember 2014.
  6. Toll Group divests Cambodian railway stake. In: Railway Gazette, 22. Dezember 2014.
  7. Passenger Train. Royal Railway Cambodia, 6. Mai 2016, abgerufen am 7. November 2016 (englisch).
  8. News updated for February 2016. 6. Mai 2016, abgerufen am 7. November 2016 (englisch).
  9. Northern section of Cambodian western rail line ready for test. Khmer Times, 15. Februar 2018.
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