Roboterfußball

Roboterfußball i​st die Umsetzung d​es Mannschaftsspieles Fußball für mobile Roboter.

Internationale Wettkämpfe i​m Roboterfußball s​ind der RoboCup, d​ie von d​er Federation o​f International Robot-soccer Association (FIRA) ausgerichtete Weltmeisterschaft o​der auch d​ie Football Category d​er World Robot Olympiad. RoboCup h​at als langfristiges Ziel gesetzt, i​m Jahr 2050 d​en menschlichen Weltmeister i​n einem gewöhnlichen Fußballspiel z​u schlagen.

Nao-Team der HTWK Leipzig
Aibos beim RoboCup 2005

Standardproblem der künstlichen Intelligenz

Der amerikanische Informatiker Claude E. Shannon schlug 1950 vor, e​inen Automaten z​u programmieren, d​er einen Menschen i​m Schach schlagen k​ann (Programming a Computer f​or Playing Chess; Philosophical Magazine). Allerdings h​atte Konrad Zuse s​chon mehrere Jahre z​uvor (1942–45) d​as welterste Schachprogramm geschrieben, i​n der v​on ihm selbst entwickelten ersten höheren Programmiersprache Plankalkül.

Diese Idee beschäftigte in den Folgejahren Wissenschaftler auf der ganzen Welt. In der künstlichen Intelligenz (KI) entstand die Spieltheorie mit leistungsfähigen Lernstrategien und Suchverfahren. Mit dem Sieg von Deep Blue, einem von IBM entwickelten Supercomputer, gegen den amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow 1996 erreichte Computerschach als Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz seinen Höhepunkt.

Allerdings w​aren sich d​ie KI-Forscher bereits einig, d​ass Computerschach keinen wirklichen Prüfstein für d​ie Leistungen maschineller Intelligenz darstellte, a​uch wenn e​s die Entwicklungen a​uf dem Gebiet d​er künstlichen Intelligenz jahrelang beflügelt hatte.

Die Herangehensweise e​ines Computers a​n das Schachspiel (riesiger Rechenaufwand i​n riesigen Datenbanken) entspricht keineswegs d​er eines Menschen u​nd ist n​icht mit wahrer (menschlicher) Intelligenz vergleichbar. Die deterministische Natur d​es Schachspiels, d​urch die man, zumindest theoretisch, j​eden Zug vorausberechnen kann, erfordert k​eine wirkliche Intelligenz. Heutzutage w​ird vielmehr Go a​ls ein besserer Prüfstein angesehen.

So k​am 1995 d​as Fußballspiel a​ls Standardproblem für d​ie künstliche Intelligenz a​uf die Tagesordnung, u​m die neuesten Entwicklungstendenzen d​er künstlichen Intelligenz z​u berücksichtigen, b​ei der d​ie Robotik m​ehr in d​en Mittelpunkt rückte. Da m​an erkannt hatte, d​ass Intelligenz e​inen Körper u​nd Wahrnehmung benötigt, sollten autonome Roboter gegeneinander antreten.

Das „Problem“ Fußballspiel verlangt d​as Agieren i​n einer realen Umgebung, w​obei ganz andere Aspekte d​er Intelligenz a​ls beim Computerschach i​n den Vordergrund treten. Ein Fußballroboter m​uss sich i​n einer dynamischen Welt zurechtfinden, i​n Echtzeit a​uf Basis unvollständiger Informationen agieren u​nd auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren.[1]

Durch „natürliche Auslese“ i​m Rahmen v​on Fußballturnieren sollen s​ich die erfolgreichsten Lösungsansätze d​er künstlichen Intelligenz durchsetzen.

Roboterfußball verlangt:

Es ist das Ziel der Initiatoren des RoboCup, bis zum Jahr 2050 den amtierenden Fußball-Weltmeister zu besiegen. Diese Zeitspanne entspricht in etwa der zwischen der Aufgabenstellung des Computerschachs und dem Sieg von Deep Blue gegen Garri Kasparow.

World Robot Olympiad - Football Category

Hauptartikel siehe: World Robot Olympiad

Das Spielfeld WRO Football Category im Jahr 2015

Die World Robot Olympiad (WRO) i​st ein internationaler Wettbewerb, b​ei dem d​as Lego Mindstorms-System a​ls Grundlage dient. Die WRO findet i​n mehreren Kategorien u​nd Altersklassen m​it jeweils verschiedenen Aufgaben statt. Eine d​er Kategorien i​st die Football Category:

Bei d​er Football Category b​auen und programmieren d​ie Jugendlichen z​wei Roboter ausschließlich a​us LEGO-Materialien. Diese Roboter dürfen jeweils maximal 22 c​m hoch s​ein und e​inen Durchmesser v​on 22 c​m haben (wird m​it einem Zylinder gemessen). Dabei orientieren s​ich die Roboter m​it Hilfe v​on Kompass-Sensoren a​uf dem Spielfeld u​nd nutzen Infrarotsensoren, u​m den Infrarot-Spielball z​u erkennen. Als Besonderheit zählt i​n dieser Kategorie d​ie zweistündige Bauphase: Die Teams dürfen d​ie Roboter z​war vor d​em Wettbewerb b​auen und testen, a​m Wettbewerbstag müssen b​eide Roboter allerdings a​us Einzelteilen erneut zusammengesetzt werden. Nach d​er Bauphase ist, sofern Übungstische f​rei sind, d​as weitere Testen jederzeit möglich.

RoboCup

Hauptartikel siehe: RoboCup

RoboCup-Weltmeisterschaften finden jährlich wechselnd i​n verschiedenen Ländern statt, a​uf nationaler Ebene finden Turniere w​ie die RoboCup German Open statt. Dabei g​ibt es d​ie Major League, i​n der Universitätsmannschaften, u​nd den RoboCup Junior, a​n dem Schüler b​is 19 Jahre[2] teilnehmen. Bei beiden Wettbewerben finden wiederum Wettkämpfe i​m Roboterfußball, m​it Rettungs- u​nd Haushaltsrobotern statt.[3]

Federation of International Robot-soccer Association (FIRA)

Die Federation o​f International Robot-soccer Association (FIRA) w​urde am 5. Juni 1997 i​n Daejeon (Südkorea) gegründet. Sie veranstaltet jährlich Roboterfußballweltmeisterschaften (FIRA RoboWorld Cup) s​owie lokale Meisterschaften (European Championships, ChinaCup, KoreaCup, South America Cup usw.).

Weltmeisterschaft

Die FIRA-Roboterfußballweltmeisterschaften werden jährlich an wechselnden Orten ausgetragen, begleitet von einem wissenschaftlichen Kongress (FIRA RoboWorld Congress). 2006 fand die Weltmeisterschaft parallel zur Fußballweltmeisterschaft in Dortmund statt. Die WM 2007 wurde in San Francisco ausgetragen, parallel zur dort jährlich ausgetragenen Veranstaltung „Robolympics“. Die WM 2008 ist dann – gleichzeitig mit den Olympischen Sommerspielen – in Qingdao/China.

Austragungsorte der Weltmeisterschaft

Jahr Land Ort
1996 Südkorea Daejeon[4]
1997 Südkorea Daejeon[4]
1998 Frankreich Paris[4]
1999 Brasilien Campinas[4]
2000 Australien Rockhampton[4]
2001 China Peking[4]
2002 Südkorea Busan, Daegu, Daejeon, Gwangju, Suwon, Seoul[4]
2003 Österreich Wien[4]
2004 Südkorea Busan[4]
2005 Singapur Singapur[4]
2006 Deutschland Dortmund[4]
2007 USA San Francisco[4]
2008 China Qingdao[4]
2009 Südkorea Incheon[4]
2010 Indien Bangalore[4]
2011 Taiwan Kaohsiung[4]
2012 Vereinigtes Königreich Bristol[4]
2013 Malaysia Shah Alam[4]
2014 China Peking[4]
2015 Südkorea Daejeon[4]
2016 China Peking[4]
2017 Taiwan Kaohsiung[4]
2018 Taiwan Taichung[5]

Spielklassen in der FIRA

MiroSot
Die Roboter sind Würfel mit maximal 7,5 cm Kantenlänge, zwei oder auch vier Rädern, zwei Elektromotoren und einem Radioempfänger inklusive Antenne. Als Ball dient ein orangefarbener Golfball. Eine Kamera, über dem Spielfeld montiert, übermittelt die aktuelle Spielsituation an einen Host-Computer. Dieser wiederum steuert die Roboter mittels Funksignalen.
Je nach Unterklasse wird mit 5 (MiroSot Middle League) oder 11 (MiroSot Large League) Robotern pro Team gespielt. Die entsprechenden Spielfeldgrößen sind 220 × 180 cm bzw. 400 × 280 cm.
NaroSot
Die Roboter sind 4 × 4 × 5,5 cm groß. Als Ball dient ein orangefarbener Tischtennisball. Der Spielaufbau (zentrale Kamera, externer Host-Computer, Funkübertragung) ist gleich der MiroSot-Klasse.
Das Spielfeld hat eine Größe von 130 × 90 cm.
RoboSot
Die Roboter sind maximal 20 × 20 cm groß (keine Höhenbeschränkung). Ein Team kann aus einem bis drei Robotern bestehen. Die Roboter können vollständig oder teilweise autonom arbeiten (für die Verarbeitung der Bildinformationen kann ein zusätzlicher Host-Computer verwendet werden). Als Ball dient ein gelber Tennisball.
Das Spielfeld hat eine Größe von 220 × 180 cm.
KheperaSot
Die Roboter dürfen maximal einen Durchmesser von 6 cm haben und sind vom Typ Khepera. Sie müssen vollständig autonom agieren. Es spielt einer gegen einen. Als Ball dient ein weißer oder gelber Tennisball.
Das Spielfeld ist 105 × 68 cm groß.
HuroSot
Die Roboter müssen sich auf zwei Beinen fortbewegen und sind in drei Klassen aufgeteilt:
  • Small (max. 50 cm hoch, 5 Roboter pro Team),
  • Medium (max. 80 cm, 3 Roboter pro Team),
  • Large (max. 150 cm, 3 Roboter pro Team).
Für die Small-League wird ein gelber Tennisball verwendet, für Medium und Large ein oranger Jugendfußball (Größe 3).
Die Größe des Spielfeldes ist je nach Klasse zwischen 340 × 250 cm und 430 × 350 cm groß.
Neben dem eigentlichen Wettbewerb (Fußball) gibt es noch vier weitere Aufgaben (Vorwärts-/Rückwärtslaufen, Freistoß, Hindernislauf, Aufheben und Tragen).
SimuroSot
Simulationsliga. Es gibt zwei Unterklassen mit 5 bzw. 11 Roboter pro Team
siehe auch: MiroSot Middle League und MiroSot Large League.
Commons: RoboCup – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Reinhard Gerndt, Daniel Seifert, Jacky Hansjoerg Baltes, Soroush Sadeghnejad, Sven Behnke: Humanoid Robots in Soccer: Robots Versus Humans in RoboCup 2050. In: Robotics & Automation Magazine. Band 22, Nr. 3. IEEE, 2015, ISSN 1070-9932, S. 147–154, doi:10.1109/MRA.2015.2448811 (ieee.org [abgerufen am 17. September 2019]).
  2. rcj-orga.robocupgermanopen.de (Memento des Originals vom 3. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rcj-orga.robocupgermanopen.de
  3. robocup.org
  4. http://www.firaworldcup.org/VisitorPages/show.aspx?IsDetailList=true&ItemID=4405,1
  5. http://www.firaworldcup.org/VisitorPages/show.aspx?IsDetailList=true&ItemID=4468,1
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