Postkrieg

Als Postkrieg bezeichnet m​an es, w​enn die Post-Organisation e​ines Landes d​ie Postsendungen e​ines anderen Landes a​us politischen Gründen n​icht akzeptiert. Dabei i​st entscheidend, d​ass Marken u​nd Stempel o​der andere offizielle postalische Merkmale a​uf der Sendung Grund d​er Beanstandung sind. Dabei behandeln d​ie Postämter d​es Empfängerlandes d​ie Postsendung entsprechend: Sie schwärzen d​ie beanstandeten postalischen Merkmale, fordern e​ine Nachgebühr, senden d​as Poststück zurück o​der greifen z​u anderen Maßnahmen.

Beispiel eines Postkriegbeleges von 1951: Die Notopfermarke – damals auf Sendungen in die BRD vorgeschrieben – wurde in der DDR beanstandet, wenn sie auf einer Postsendung entdeckt wurde. In diesem Fall erfolgte die Rücksendung mit entsprechendem Rahmenstempel als Hinweis auf die Art der Beanstandung.
Beispiel eines Postkriegbeleges von 1971: Eine Marke der westdeutschen Bauwerkeserie 5 Pf. Stettin/Pommern auf einem Brief in die UdSSR wurde höchstwahrscheinlich wegen der Darstellung eines Gebäudes im polnischen Stettin (poln. Szczecin), das sich im sowjetisch beeinflussten Ostblock befand, und der Verwendung des deutschen Ortsnamens beanstandet – erkennbar der Retour-Stempel, mit dem der Brief von der sowjetischen Postdienststelle zurückgesandt wurde, und ein aufgeklebter Vermerk der Bundespost mit einer entsprechenden Gegenerklärung.

Weltweite Postkriege

In d​er Geschichte d​er Post g​ibt es Postkriege mindestens s​eit 1870, s​ie sind a​lso nicht n​ur ein Teil d​es Kalten Krieges. Dabei g​ibt es Postkriegsszenarien a​uf der ganzen Welt, v​iele Länder w​aren „Opfer“ o​der „Auslöser“ v​on Postkriegen. Der letzte b​is heute bekannte Postkrieg dauerte v​on 2000 b​is mindestens 2011 zwischen Mazedonien u​nd Griechenland.

Geschichte des Postkrieges

Hier e​ine chronologische Zusammenstellung bekannter Postkriege. Die Liste i​st unvollständig.

  • 1870/72 Postkrieg zwischen Elsass-Lothringen als Teil des Deutschen Reiches und Frankreich. Die Besatzungs- und später Brustschildmarken wurden in Frankreich nicht als frankaturgültig anerkannt und mit Nachgebühr belegt. Im Gegenzug wurden französische Marken in Elsass-Lothringen nicht anerkannt und ebenfalls mit Nachgebühr belegt.
  • 1914 Postkrieg zwischen den USA und Mexiko. Die Besetzung von Veracruz durch die USA hatte postalische Folgen. Mexiko akzeptierte Sendungen aus Veracruz mit US-Marken nicht und belegte diese mit Nachgebühr. Daraufhin erlaubten die USA auch mexikanische Marken auf Sendungen des besetzten Veracruz nach Mexiko. Diese Sendungen wurden von Mexiko unbeanstandet transportiert.
  • 1924–35 Postkrieg zwischen der Mongolischen Volksrepublik und China. China erkannte die Unabhängigkeit der Äußeren Mongolei nicht an. Alle Marken der Mongolischen Volksrepublik wurden während dieses Zeitraums von China mit Nachgebühr belegt.
  • 1933–39 Postkrieg zwischen Ungarn und der ČSR. Beanstandet wurden von tschechoslowakischer Seite zwei Flugpostmarken Ungarns. Die entsprechende Sendungen gingen mit handschriftlichem Vermerk oder mit Aufkleber versehen zurück. Im Gegenzug wurden durch Ungarn bestimmte tschechoslowakische Marken beanstandet und Sendungen mit handschriftlichem Vermerk zurückgesandt.
  • 1934–37 Postkrieg zwischen Mandschukuo und China. China schwärzte Stempel mit Landesnamen und Jahreszahlangaben des japanischen Marionettenstaates.
  • 1948/49 Berliner Postkrieg – West-Berlin und die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) lieferten sich im Rahmen der Währungsreform in West- und Ostdeutschland einen Postkrieg. Dabei verweigerte die SBZ die Anerkennung der West-Berliner Marken, später reagierte auch die West-Berliner Post und erkannte die SBZ-Marken nicht mehr an. Im Wesentlichen kam es zu Zurücksendungen und Nachgebührenerhebungen.
  • 1949–56 Postkrieg wegen der Marke Notopfer Berlin zwischen der Bizone/Französische Zone/Bundesrepublik Deutschland und der SBZ/DDR. Auf Sendungen in die SBZ/DDR, nach Berlin und ins Ausland musste die Marke nicht verklebt werden. In der SBZ/DDR wurde die Marke wegen ihres Bezuges zu Berlin abgelehnt und, wenn angetroffen, beanstandet. Es kam zu Zurückweisungen (siehe Bild) und Schwärzungen.
  • 1959/60 Postkrieg wegen der Marken und Stempel Weltflüchtlingsjahr. Ca. 70 Postverwaltungen verausgabten entsprechende Marken. Viele dieser Marken und entsprechende Stempel wurden von Polen, der Tschechoslowakei, Rumänien und der UdSSR unter Unkenntlichmachung oder Zurücksendung beanstandet.
Briefmarke von 1965: 20 Jahre Vertreibung
Von der DDR geschwärzte Briefmarke 20 Jahre Vertreibung, 1965
Die Kennung D-2201 akzeptierte die Sowjetunion nicht
  • 1965–72 Postkrieg zwischen der Bundesrepublik und den Ostblockstaaten. Die Marke 20 Jahre Vertreibung der Bundespost wurde in den Ostblockländern als „revanchistisch“ abgelehnt und, wenn auf Sendungen angetroffen, „behandelt“. Die DDR nutzte dabei verschiedenste farbliche Übermalungen. Auch Polen, die ČSSR, die UdSSR, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, China, Nordkorea und die Mongolei „behandelten“ die Marke. Ähnliches geschah ab 1966 mit einzelnen Marken der westdeutschen Serie Deutsche Bauwerke aus zwölf Jahrhunderten. Betroffen waren Marken, die Bauwerke in der DDR, Polen oder der UdSSR darstellen. Dabei wurden auch die deutschen Ortsnamen verwendet. An der Ablehnung beteiligten sich die DDR, Polen, die ČSSR und die UdSSR. Die Maßnahmen waren im Wesentlichen Retoursendungen (siehe Bild) und Inschriftschwärzungen. Aber auch die 1969 von der Bundespost herausgegebene Marke 50 Jahre deutscher Luftpostverkehr, die eine Junkers JU 52 zeigt, wurde in der Sowjetunion nicht akzeptiert, da Adolf Hitler die Maschine mit der Kennung D-2201 bei seinen Propagandareisen nutzte.
  • 1965–71 Postkrieg zwischen (Süd-)Rhodesien und Großbritannien. Die Unabhängigkeit Rhodesiens wurde von Großbritannien nicht anerkannt und Markenausgaben Rhodesiens zu diesem Anlass in Großbritannien als frankaturungültig erklärt. Auch die ersten Marken Rhodesiens in Dezimalwährung wurden von Großbritannien nicht anerkannt. In beiden Fällen kam es zu Nachgebührerhebungen. Auch andere Länder des Commonwealth wie Indien, Mauritius, Malawi und Sambia schlossen sich dieser Maßnahme an.
  • 1967–72 Postkrieg zwischen Israel und einigen Ostblockstaaten. Die Marken Israels mit militärischen oder als politisch empfundenen Darstellungen (z. B. Darstellungen von Ost-Jerusalem) wurden in der DDR, der UdSSR und Polen beanstandet. Entsprechende Sendungen gingen mit Stempeln oder Aufklebern versehen zurück.
Briefmarke 1971
Unbesiegbares Vietnam
  • 1985–89 Postkrieg zwischen der Bundesrepublik und Ostblockländern. Die Marken 40 Jahre Heimatvertriebene, 30 Jahre Bundeswehr und Reichstagsgebäude wurden von verschiedenen Ostblockländern nicht akzeptiert und entsprechende Sendungen retourniert. In unterschiedlichem Ausmaß beteiligten sich die DDR, Polen, die ČSSR, Bulgarien, die Mongolei, die UdSSR und Afghanistan. Im gleichen Zeitraum wurde von der Bundesrepublik der DDR-Schmuckumschlag 25 Jahre antifaschistischer Schutzwall unter Zurücksendung abgelehnt.
  • 1989–92 Postkrieg zwischen China und Taiwan. Ab 1989 (Aufnahme des Postverkehrs) beanstandeten China und Taiwan jeweils die Marken des anderen Landes durch (Teil-)Schwärzungen.
  • 1999 Postkrieg zwischen Frankreich und dem Libanon. Die französische Marke 40 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Frankreich und Israel wurde auf Post in den Libanon beanstandet. Die französische Post schickte zurückkommende Briefe in einem Ersatzumschlag wieder in den Libanon.
  • 2000 bis mindestens 2011 zwischen Mazedonien und Griechenland. Griechenland störte sich am Namen Mazedonien auf den Briefmarken, da es eine gleichnamige Region in Griechenland gibt.[5] Entsprechende Sendungen wurden mit Stempeln abgeschlagen, die Mazedonien als "FYROM" (= Former Yugoslav Republic of Macedonia) deklarieren.

Sonstiges

Zeichnung von Walter Fürstenau zum Thema Postkrieg: Postaustausch an der Sektorengrenze 1949.

Während laufender Postkriege k​ommt es vor, d​ass größere Mengen v​on (aus Sicht d​es Empfängerlandes) z​u beanstandenden Sendungen dorthin geschickt werden, u​m entsprechend markierte Poststücke, z. B. für Sammlerzwecke, z​u „produzieren“.

Literatur

  • Jan Heijs: Postkrieg von 1870 bis heute: Ein doch nicht ganz abgeschlossenes Sammelgebiet: eine Bestandsaufnahme; in philatelie 67. Jahrgang, Heft 461 vom November 2015; (Philatelie und Postgeschichte Nr. 382); S. 49–53.
  • Dedo Burhop/Jan Heijs: Postkrieg-Spezialkatalog 1870–2008; 7. Auflage, 2011
  • Wolfgang Elsner: Die ‘Klassischen’ Postkriege – vor 1948; 2011
  • Wolfgang Elsner: Der Berliner Postkrieg 1949-49; 2005
  • Wolfgang Elsner: Das Ausland und die postalische Propaganda des Dritten Reichs in: Philatelie und Postgeschichte, Nr. 333, März 2005; S. 31.
  • Hans-Paul Engel: Über Postkriege in früherer Zeit in: Philatelie und Postgeschichte, Nr. 172, Mai 1997, S. 38.

Einzelnachweise

  1. philatelie 461; S. 51.
  2. Jan Rosenkranz: Salto postale. Der kalte Philateliekrieg nach dem Mauerbau, der Freitag vom 10. August 2001
  3. philatelie 461; S. 52.
  4. philatelie 461; S. 52.
  5. philatelie 461, S. 53.
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