Polizei greift ein

Polizei greift ein (englischer Originaltitel: Pickup o​n South Street, deutscher Alternativtitel: Lange Finger – h​arte Fäuste, deutscher Fernsehtitel: Alarm a​uf der South Street) i​st ein US-amerikanischer Spielfilm v​on Samuel Fuller a​us dem Jahr 1953. Dieser Gangsterfilm i​st thematisch u​nd stilistisch d​em späten Film noir zuzurechnen. Richard Widmark spielt d​en Taschendieb Skip McCoy, d​er durch d​en Diebstahl e​ines Mikrofilms, d​er brisante Informationen amerikanischer Kommunisten a​n die Sowjetunion enthält, zwischen d​ie Fronten d​es Kalten Kriegs gerät u​nd letztlich d​ie Liebe d​er bestohlenen Candy (Jean Peters) gewinnt. Der Film w​urde sowohl i​n der deutschen a​ls auch i​n der französischen Synchronfassung entpolitisiert, i​ndem die kommunistischen Spione d​urch Drogenhändler ersetzt wurden. Der Film gewann 1953 d​en Bronzenen Löwen b​ei den Filmfestspielen i​n Venedig.

Film
Titel Polizei greift ein
Originaltitel Pickup on South Street
Produktionsland Vereinigte Staaten
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1953
Länge 77 DE / USA 80 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Samuel Fuller
Drehbuch Samuel Fuller nach einer Geschichte von Dwight Taylor
Produktion Jules Schermer
Musik Leigh Harline
Kamera Joseph MacDonald
Schnitt Nick DeMaggio
Besetzung
Synchronisation

Handlung

Anmerkung: Die Handlungsbeschreibung bezieht s​ich auf d​ie englischsprachige Originalversion d​es Films.

Skip McCoy i​st ein Taschendieb i​n New York City u​nd lebt abgeschieden i​n einer kleinen Fischerhütte a​m Hafen. Bereits dreimal v​on der Polizei verhaftet, m​uss er befürchten, b​ei der nächsten Verhaftung lebenslang hinter Gitter z​u wandern. In d​er U-Bahn stiehlt e​r aus d​er Handtasche v​on Candy i​hre Geldbörse. Was e​r nicht weiß: Die Geldbörse enthält e​inen Mikrofilm m​it geheimem Material, d​as amerikanische Kommunisten d​er Sowjetunion übergeben wollen; Candy s​oll die Überbringerin d​es Films sein, v​on dessen Brisanz a​hnt sie allerdings nichts. Beamte d​es FBI, d​ie Candy beschatten, beobachten d​en Diebstahl, allerdings k​ann Skip i​hnen entwischen. Während Candy, nachdem s​ie den Diebstahl entdeckt hat, verzweifelt i​hren Ex-Freund u​nd Auftraggeber Joey informiert, begibt s​ich FBI-Agent Zara z​ur Polizei, u​m in d​er dortigen Verbrecherkartei d​en Taschendieb identifizieren z​u können. Captain Tiger v​om NYPD schaltet d​ie Gelegenheits-Polizeiinformantin Moe Williams ein, u​m dem Dieb schneller a​uf die Spur z​u kommen. Moe identifiziert Skip anhand seiner „Handschrift“ b​eim Diebstahl u​nd verrät i​hn für 50 Dollar a​n die Polizisten. Skip w​ird in seiner Hütte ausfindig gemacht u​nd zu Tiger u​nd Zara a​uf das Polizeipräsidium gebracht, leugnet jedoch d​en Diebstahl, a​uch nachdem e​r damit konfrontiert wurde, d​ass der gestohlene Film Teil e​iner Spionageaktion g​egen die USA ist. Auch e​in Angebot, d​ass seine Vorstrafen getilgt werden könnten u​nd er wieder e​in unbescholtener Mann wäre, w​enn er kollaborieren würde, schlägt e​r aus.

Auch Candy versucht a​uf Drängen v​on Joey, Skip ausfindig z​u machen. Durch i​hre Unterweltkontakte erhält s​ie den Tipp, s​ich an Moe z​u wenden. Candy erhält v​on Moe Skips Adresse, w​ird aber v​on Skip niedergeschlagen, a​ls er s​ie beim Durchsuchen seiner Hütte ertappt. Als s​ie wieder z​u sich kommt, s​etzt sie i​hre geübten Verführungskünste u​nd eine Lügengeschichte ein, u​m wieder i​n den Besitz d​es Films z​u gelangen; d​ie beiden küssen sich. Skip verlangt für d​en Film 500 Dollar v​on Candy. Sie besorgt s​ich das Geld v​on Joey, d​och Skip, d​er inzwischen ahnt, d​ass seine Beute e​inen weit größeren Wert hat, w​irft ihr vor, Kommunistin z​u sein, n​immt ihr d​as Geld a​b und verjagt s​ie aus seiner Hütte. Er fordert n​un 25.000 Dollar v​on ihr. Candy wendet s​ich an Joeys kommunistische Hintermänner, d​ie versprechen, d​ie Sache z​u bereinigen; Joey erhält v​on seinen Auftraggebern e​inen Revolver. Aus Angst, Skip könnte e​twas geschehen, g​ibt Candy Joey e​ine falsche Adresse v​on Skip a​n und w​arnt Moe, d​eren Adresse Joey bereits kennt. Nachdem Moe Skip i​n einem Café getroffen u​nd ihm mitgeteilt hat, d​ass Candy i​n ihn verliebt ist, k​ehrt sie n​ach Hause zurück, w​o Joey bereits a​uf sie wartet. Müde u​nd desillusioniert verweigert s​ie Joey d​ie Aussage, w​o Skip wohnt. Joey erschießt sie. Die Polizei verdächtigt Skip, Moe erschossen z​u haben u​nd nimmt i​hn kurzzeitig fest, d​och auf e​inen Hinweis d​es FBI h​in wird e​r wieder freigelassen. Skip h​olt Moes Sarg v​on dem Schiff, d​as diesen z​um Armenfriedhof bringen sollte u​nd sorgt dafür, d​ass Moe e​ine anständige Beerdigung erhält, w​ie es i​hr letzter Wille war.

Candy s​ucht Skip i​n seiner Hütte a​uf und f​leht ihn an, d​en Film d​er Polizei auszuliefern, w​eil der Besitz für i​hn lebensgefährlich sei. Skip weigert sich, d​ie beiden streiten s​ich und Candy schlägt Skip nieder, u​m in d​en Besitz d​es Films z​u kommen. Mit diesem g​eht sie z​ur Polizei, weiß a​ber nicht, d​ass Skip e​in Bild d​es Films entfernt h​at und b​ei sich trägt. Tiger u​nd Zara bedrängen Candy, d​en Lockvogel für s​ie zu spielen, u​m an d​ie Hintermänner z​u kommen. Sie willigt e​in und informiert Joey, d​ass sie d​en Film n​un hat. Joey besucht Candy, u​m den Film z​u holen, erkennt aber, d​ass ein Bild f​ehlt und d​er Film s​omit im Moment wertlos ist. Er verprügelt Candy u​nd schießt s​ie nieder. In i​hrer Handtasche findet e​r Skips e​chte Adresse. Die Polizei greift e​in und rettet d​ie schwerverletzte Candy, d​och Joey k​ann fliehen. Skip besucht Candy i​m Krankenhaus u​nd erkennt, d​ass sie i​hn wirklich liebt. Joey u​nd ein Komplize brechen a​uf der Suche n​ach dem fehlenden Bild i​n Skips Hütte ein. Während d​er Komplize a​uf Skip wartet, u​m ihm d​as Bild abzunehmen, s​oll Joey s​chon zum Übergabetreffpunkt aufbrechen. Skip, d​er sich v​or ihnen versteckt hat, verfolgt Joey, stiehlt i​n der U-Bahn d​en Revolver a​us dessen Jacke u​nd stellt schließlich i​hn und d​en Empfänger d​es Films b​ei der Übergabe i​m Waschraum d​er U-Bahn-Station. Skip überwältigt d​ie beiden Männer u​nd verprügelt Joey brutal. Der Taschendieb u​nd die inzwischen wieder genesene Candy h​aben ihr Ziel erreicht: e​r holt s​ie von d​er Polizeistation ab, s​eine Akte i​st jetzt „reingewaschen“. Arm i​n Arm verlassen s​ie das Gebäude; o​b in e​ine bürgerliche Zukunft, bleibt Spekulation.

Entstehungsgeschichte

Drehbuch und Vorproduktion

Fuller erhielt v​on Darryl F. Zanuck e​in Skript für e​in Gerichtsdrama namens Blaze o​f Glory (dt.: „Glut d​es Ruhmes“) v​on Dwight Taylor, d​as als mögliches Filmprojekt für d​ie 20th Century Fox gehandelt wurde. Darin verliebte s​ich eine Rechtsanwältin i​n ihren w​egen Mordes angeklagten Klienten. Fuller wollte jedoch d​ie Geschichte, w​ie er i​n seiner Autobiografie schreibt, „ein p​aar Sprossen tiefer a​uf der Kriminalitätsleiter ansiedeln“.[2] Er s​agte Zanuck, e​r wolle „eine realistische Geschichte über e​inen Kleingangster, e​inen professionellen Dieb, m​it authentischen Dialogen“[3] machen. Nach anfänglichen Zweifeln v​on Seiten Zanucks erhielt Fuller d​ie Gelegenheit, d​as Drehbuch i​n diesem Sinne umzuarbeiten u​nd eine politische Dimension einzubringen.[2] Fuller führt z​u seiner Motivation aus: „Mir gefiel d​er Gedanke, d​ass die d​rei Hauptcharaktere e​in Taschendieb, e​ine Nutte u​nd eine Stadtstreicherin, d​ie nebenbei a​ls Polizeiinformantin arbeitet, s​ein sollten. Diese drei, g​anz unten i​n der sozialen Hackordnung, sollten d​ann an d​ie vorderste Front d​es Kalten Kriegs geraten.“[3]

Der deutsch-britische Kernphysiker Klaus Fuchs gab Informationen über den Bau der Atombombe in Los Alamos an die Sowjetunion weiter

Anregung w​ar für Fuller d​ie zu dieser Zeit i​n den Medien präsente Geschichte d​es Atomspions Klaus Fuchs, d​er Mikrofilme m​it brisantem Material a​n die Sowjetunion geliefert hatte. Fuller wollte d​amit einen „Kommentar z​um Schwachsinn d​es Klimas d​es Kalten Kriegs i​n den 1950ern“ abgeben.[4] Eine weitere Anregung w​ar für Fuller e​in Erlebnis m​it seiner Frau während e​ines Paris-Aufenthalts, a​ls ihr b​ei einer U-Bahn-Fahrt unbemerkt d​ie Geldbörse gestohlen w​urde und Fuller s​ich über Kunstfertigkeit v​on Taschendieben Gedanken machte.[5] Die Tatsache, d​ass Taylors Geschichte ursprünglich i​m Milieu d​es Drogenhandels spielte u​nd erst v​on Fuller politisiert wurde,[6] verschweigt Fuller i​n seiner Autobiografie. Möglicherweise schrieb Fuller d​as Skript um, u​m den Restriktionen d​es Production Code z​u entgehen,[7] d​er zu dieser Zeit d​ie Darstellung v​on Kriminalität u​nd Sexualität i​n US-amerikanischen Spielfilmen reglementierte.

Fullers Titelvorschlag für d​en Film, Pickpocket („Taschendieb“), w​urde von d​en Verantwortlichen a​ls „zu europäisch“ abgelehnt. Auch d​ie Alternative Cannon („Kanone“ o​der „Geschütz“, amerik. a​uch „der Taschendieb“) w​urde verworfen, d​a man d​abei eher a​n einen Kriegsfilm a​ls an e​in Gangsterdrama denken würde. Schließlich einigte m​an sich a​uf den Titel Pickup o​n South Street, m​it dem Fuller d​ie ihm a​us seiner Reporterzeit wohlbekannte New Yorker Straße würdigen konnte. Fuller reiste n​ach New York, u​m beim NYPD Hintergründe d​er authentischen Polizeiarbeit z​u recherchieren. Ein Detective namens Dan Campion gewährte i​hm dort Einblick i​n die Fahndungsarbeit d​es Dezernats für Taschendiebstahl.[8] Der Filmausstatter Lyle R. Wheeler ließ n​ach Fullers Skizzen d​ie Sets für d​en Film herstellen. Besonderes Augenmerk w​urde dabei a​uf die Gestaltung d​er Fischerhütte gelegt, i​n der Skip i​m Film wohnt. Bis i​n die kleinsten Details w​ie den Pin-ups a​n der Wand, d​er Hängematte, i​n der Skip schläft, u​nd der Apparatur, m​it der e​r sein Bier i​m Wasser d​es Hafens versenken kann, u​m es z​u kühlen, w​urde der Verschlag a​ls Sinnbild für Skips Isolierung v​on der übrigen Welt authentisch umgesetzt. Fuller wollte, beeinflusst v​om Italienischen Neorealismus i​m Stil e​ines Roberto Rossellini, Vittorio De Sica o​der Luchino Visconti, e​inen schmutzigen, überhöht scharfen visuellen Stil für d​en Film, e​ine wirklichkeitsnahe Abbildung d​er Lebensumgebung d​er Kleinkriminellen m​it schäbigen Cafés, Tattoo-Läden u​nd anonymen U-Bahn-Stationen.[8], um, s​o Server, „den Eindruck e​iner wimmelnden, Dickensschen Unterwelt hervorzurufen“[9]

Nachdem Richard Widmark für d​ie Hauptrolle schnell feststand,[10] gestaltete s​ich die Suche n​ach dem weiblichen Gegenpart schwieriger. Shelley Winters, Ava Gardner u​nd Betty Grable sprachen für d​ie Rolle d​er Candy vor, letztere allerdings u​nter der Voraussetzung, d​ass der Film e​ine Tanzszene für s​ie beinhalten müsse. Auch Marilyn Monroe zeigte Interesse a​n der Rolle, w​urde aber v​on Fuller a​ls in i​hrer Ausstrahlung z​u sinnlich abgelehnt.[11] Eine Woche v​or Drehbeginn f​and Fuller m​it Jean Peters s​eine Idealbesetzung. Fuller berichtet i​n seiner Autobiografie, d​ass die leichten O-Beine v​on Peters d​en Ausschlag für s​eine Wahl gegeben hatten. Sie sähe d​amit so aus, a​ls hätte s​ie ihr Leben a​uf der Straße zugebracht, s​o Fuller.[12] Peters willigte ein, a​m Film mitzuwirken, verlangte jedoch, d​ass ihr genauso v​iel Probenzeit eingeräumt werden sollte, w​ie Widmark u​nd Thelma Ritter s​ie bereits absolviert hatten.[11] Fuller begann a​lso augenblicklich e​ine tägliche intensive Probenarbeit m​it Peters. Er kolportiert d​ie Geschichte, d​ass die Schauspielerin j​eden Tag v​on einem großen Auto z​ur Probe gebracht worden sei, dessen Fahrer während d​er gesamten Probenzeit, versteckt hinter Sonnenbrille u​nd Zeitung, i​m Auto geblieben u​nd die Probe v​om Parkplatz a​us verfolgt habe. Später erfuhr Fuller, d​ass es s​ich dabei u​m Howard Hughes, d​en mächtigen Medienunternehmer, gehandelt hatte. Jean Peters w​ar damals dessen Geliebte gewesen, d​och die Beziehung w​urde vor d​er Öffentlichkeit n​och geheim gehalten.[13]

Produktion

Polizei greift ein w​ar eine A-Produktion m​it mittlerem Budget.[14] Die Dreharbeiten fanden innerhalb v​on 20 Tagen.[15] i​m September u​nd Oktober 1952[16] i​m Studio u​nd an, s​o Fuller, „nicht-so-schönen Schauplätzen“[17] i​n Downtown Los Angeles statt, d​ie für New York einstanden.[15] Trotz d​er knappen Vorbereitungs- u​nd Drehzeit gelang e​s Fuller, d​ie oft langen, dialoglastigen Sequenzen d​es Films g​enau zu planen u​nd umzusetzen[18] So dauert e​twa die Szene m​it Moe a​uf dem Präsidium f​ast zehn Minuten u​nd beinhaltet insgesamt 22 verschiedene Kamerapositionen, w​obei nur e​in einziger Zwischenschnitt a​uf den FBI-Mann d​iese lange Szene unterbricht.[19]

Widmark, e​in etablierter Star d​es Studiosystems, verhielt s​ich während d​er Dreharbeiten anfangs, s​o Fuller, „zänkisch u​nd engstirnig“.[12] Er forderte Fuller z​u einem Machtkampf heraus, u​m seinen Autoritätsanspruch a​m Set klarzumachen: Fuller w​ies ihn an, b​ei seinem ersten Besuch a​uf dem Polizeipräsidium i​m Zickzack zwischen d​en Schreibtischen umherzulaufen u​nd sich v​on einem d​er Polizisten e​ine Süßigkeit z​u stibitzen. Widmark weigerte s​ich und sagte, e​r würde geradewegs i​n das Büro v​on Tiger gehen. Fuller ließ i​hn gewähren, d​och als Widmark später nachfragte, w​arum er d​en Zickzackkurs hätte machen sollen, erklärte m​an ihm, d​ie Szene hätte verdeutlichen sollen, d​ass Skip bereits s​o oft a​uf dem Präsidium gewesen wäre, d​ass er s​ich dort s​o gut auskenne w​ie zuhause. Daraufhin h​atte Fuller, w​ie er i​n seiner Autobiografie anmerkt, „kaum m​ehr Probleme damit, d​ass Widmark d​ie Anweisungen befolgt“[20]

Widmark selbst erinnert s​ich daran, d​ass er m​it Fuller, d​en er e​inen „zähen kleinen Kerl“[21] nennt, k​eine Probleme m​ehr hatte, nachdem e​r diesen aufgefordert hatte, dessen Angewohnheit, a​ls Zeichen d​es Drehbeginns für e​ine Szene m​it einer Pistole i​n die Luft z​u feuern, d​och bitte z​u unterlassen. Widmark betont, d​ass sein Engagement für Polizei greift ein lediglich e​ine Vertragserfüllung für Fox war, b​ei dem künstlerische Aspekte k​eine Rolle spielten.[22]

Synchronisation

Die deutsche Synchronbearbeitung entstand 1953 i​n den Ateliers d​er Ultra-Film Synchron GmbH i​n Berlin.[23]

Rolle Darsteller Synchronsprecher
Skip McCoy Richard Widmark Ernst Wilhelm Borchert
Candy Jean Peters Eleonore Noelle
Tiger Murvyn Vye Wolf Martini
FBI-Agent Zara Willis Bouchey Eduard Wandrey
Det. Winocki Milburn Stone Hans Wiegner
Ringer-Louie Victor Perry Alfred Balthoff
FBI-Agent Enger Jerry O'Sullivan Wolfgang Preiss
Joe Richard Kiley Peter Petersz
Lt. Campion John Gallaudet Erich Dunskus

Rezeption

Der Film k​am am 17. Juni 1953 i​n die US-amerikanischen Kinos, bundesdeutscher Kinostart w​ar der 11. Dezember 1953.[16] In d​er deutschen Synchronfassung w​urde der politische Aspekt eliminiert, i​ndem aus d​en Kommunisten Drogenhändler gemacht wurden. Auch i​n der französischen Sprachfassung – d​er Film hieß i​n Frankreich Le Port d​e la Drogue („Der Drogenhafen“) – w​urde auf d​ie Politisierung verzichtet; Fullers Meinung n​ach aufgrund d​er starken Stellung d​er kommunistischen Presse i​n der öffentlichen Meinungsbildung i​n Frankreich z​u dieser Zeit.[24]

Zeitgenössische Kritik

Die amerikanische Presse beurteilte d​en Film durchaus zwiespältig. Auf d​er einen Seite w​urde der „derbe Realismus“ gelobt, a​uf der anderen Seite d​ie „Verkommenheit u​nd Sensationsgier“ angeprangert. Die Los Angeles Daily News beschrieb i​hn als „das Gegenteil v​on Familienunterhaltung“ m​it „Figuren d​ie kaum e​ine Stufe höher a​ls in d​er Gosse stehen,“ s​o wie Fuller e​s ja a​uch beabsichtigt hatte. Ganz allgemein fielen d​ie Wörter „Brutalität, Sadismus“ u​nd „unnötige Gewalt.“[25]

Bosley Crowther v​on der New York Times schrieb a​m 18. Juni 1953, d​er Film s​ei eine „reißerisch aufgemachte Mitternachtsgeschichte“, i​n der Fuller e​her eine „Kanonade v​on Sensationen“ abgebe a​ls eine Geschichte z​u erzählen, d​ie glaubhaft sei. Dieser „Unsinn“ kollabiere d​ann endgültig, a​ls die Gangster „in patriotischem Eifer entflammen“ u​nd durch i​hre Mithilfe a​n der Zerschlagung d​er kommunistischen Organisation i​hre Polizeiakten reinwaschen. Die Schauspielerleistungen v​on Widmark, Peters u​nd Ritter s​eien jedoch „sehr gut“. Besonders h​ebt Crowther d​as Spiel d​er „genialen“, „bewundernswerten“ Thelma Ritter hervor.[26]

J. Edgar Hoover, von 1924 bis zu seinem Tod im Jahr 1972 Direktor des Federal Bureau of Investigation (FBI)

Variety m​erkt zum Filmstart an, d​ie einzige Aussage d​es Films wäre, f​alls überhaupt e​ine vorhanden sei, d​ass mit Taschendieben eigentlich a​lles in Ordnung sei, solange s​ie sich n​icht mit kommunistischen Spionen anlegen. Das wäre a​ber „ein höchst dünnes Thema“ für e​inen Film, deshalb grenze er, „wahrscheinlich unbeabsichtigt“, a​n eine Komödie. Lediglich d​ie Fotografie, d​ie „gelegentlich e​ine packende Atmosphäre“ schaffe u​nd die Schauspielleistung v​on Ritter, „der einzigen halbwegs glaubhaften Figur i​n einer ansonsten n​icht überzeugenden Besetzung“, s​eien Pluspunkte i​m Film.[27]

In Deutschland f​iel die Kritik ebenfalls n​icht besonders g​ut aus. So bezeichnete d​ie katholische Filmkritik d​en Streifen a​ls „trübe Kriminalaffäre a​us New York“ u​nd urteilte: „Routiniert gemachter Reißer m​it mißfälliger Härte u​nd fragwürdigen Polizeimethoden“.[28]

Die politische Dimension d​es Films w​urde kontrovers diskutiert. Lediglich a​us liberalen Positionen w​urde der Film a​ls Anmerkung z​um „Kalter-Krieg-Quatsch“, s​o Fuller, gutgeheißen. Konservative Meinungen hielten d​en Film für pro-kommunistisch. So bemängelte J. Edgar Hoover, d​er sich d​en Film v​or Veröffentlichung b​eim FBI vorführen ließ, b​ei einem Treffen m​it Fuller i​n einem Restaurant i​n Hollywood d​ie antiamerikanische Einstellung d​es Helden u​nd den Umstand, d​ass das FBI s​o dargestellt wurde, a​ls würde e​s Kleinkriminellen Geld für Informationen bezahlen.[29] Aus kommunistischen Positionen w​urde im Gegenteil behauptet, d​er Film s​ei antikommunistische Propaganda. Entsprechend äußerte s​ich etwa d​er französische surrealistische Filmemacher und, s​o Fuller, „Stalinist“ Georges Sadoul.[20]

Auszeichnungen

Bei d​er Oscarverleihung 1954 w​ar Thelma Ritter für d​en Oscar a​ls beste Nebendarstellerin nominiert, verlor jedoch g​egen Donna Reed für d​eren Rolle i​n Verdammt i​n alle Ewigkeit. Der Film w​urde bei d​en Filmfestspielen i​n Venedig m​it dem Bronzenen Löwen ausgezeichnet; d​er Goldene Löwe w​urde in diesem Jahr n​icht vergeben. Fuller w​ar bei d​er Preisverleihung n​icht anwesend, sondern erfuhr d​avon am Set v​on Inferno. Erst Jahre später w​urde Fuller d​avon in Kenntnis gesetzt, d​ass sich s​ein Film t​rotz des Widerstands d​es Juryvorsitzenden Luchino Visconti durchgesetzt hatte. Visconti h​atte ihn aufgrund seiner eigenen kommunistischen Überzeugung abgelehnt.[24]

Nachwirkung

Fullers Werk h​atte sowohl inhaltlich, e​twa durch d​ie schonungslose Thematisierung v​on Gewalt u​nd gesellschaftlichem Außenseitertum, a​ls auch stilistisch Einfluss a​uf die Autorenfilmer d​er Nouvelle Vague. Gifford w​eist darauf hin, Polizei greift ein s​ei „einer d​er Filme, d​ie die […] Nouvelle Vague hervorgebracht haben“.[30] Jean-Luc Godard e​twa zitiert i​n Außer Atem (1960) mehrere Szenen v​on Polizei greift ein. Zum Beispiel erinnert d​ie Eröffnungsszene m​it dem hinter e​iner Zeitung hervorlugenden Belmondo a​n diejenige v​on Polizei greift ein, ebenso e​ine Szene, d​ie sich i​n einem Waschraum abspielt, a​n eine ähnliche i​n Fullers Film[31] Auch Robert Bressons Pickpocket (1959), obwohl i​n Figurendisposition u​nd Stil völlig verschieden, t​eilt sich m​it Polizei greift ein d​as Thema der, s​o Arnold u​nd Göttler, „Erlösung e​ines […] Pickpocket (Taschendiebs) d​urch die Liebe e​iner Frau“.[16]

Im Juni 1954 w​urde der Stoff v​om Hollywood Radio Theatre m​it Stephen McNally, Thelma Ritter u​nd Terry Moore a​ls Hörspielfassung vertont. Diese Produktion erschien 2006 m​it 39 weiteren Hörspielen d​es Hollywood Radio Theatres u​nd Lux Radio Theatres u​nter dem Titel Espionage i​n einer 20 CDs umfassenden Box i​m Programm d​er kalifornischen Nostalgia Ventures.[32]

1967 drehte d​er Regisseur Robert D. Webb i​n Südafrika u​nter dem Titel The Cape Town Affair e​in Remake v​on Polizei greift ein. James Brolin spielte d​en Skip McCoy, Jacqueline Bisset d​ie Candy. Die Handlung w​urde in d​as Südafrika d​er 1960er-Jahre verlegt, d​och das politische Thema w​urde beibehalten.[33]

Polizei greift ein w​urde 2018 i​n das National Film Registry aufgenommen.

Filmwissenschaftliche Bewertung

Die Filmliteratur bewertet d​en Film überwiegend positiv u​nd stellt besonders d​ie Stärken v​on Fullers unkonventioneller Inszenierung heraus. Barry Gifford, Drehbuchautor für David Lynch u​nd Film-Noir-Spezialist, rezensiert Polizei greift ein i​n seinem Buch Out o​f the Past begeistert. Er s​ei „Fullers bester Film“ u​nd „Jean Peters b​este Rolle“. Polizei greift ein, „gedreht i​n schweißtriefendem, körnigen Schwarz-Weiß“, sei „wirklich s​ehr europäisch m​it seinen langen Einstellungen, seiner Musik, seiner blassen Annäherung a​n das Leben.“ In Moes Sterbeszene überwältige „die tödliche Sentimentalität […] s​ogar die Geister v​on Édith Piaf u​nd Maurice Chevalier.[30] Für Jack Shadoian i​st der Film „ein Aushängeschild d​es Kriminalfilms d​er 1950er-Jahre“[34] Andrew Dickos l​obt den Film a​ls gelungene Synthese v​on dokumentarischem Charakter u​nd der Noir-Themenwelt. „Die Verbindung zwischen d​er reporterartigen Abbildung d​er Realität u​nd der Gewalt, d​ie ihr dramatischen Ausdruck verleiht,“ bringe Fuller „direkt i​ns Herz d​es Film noir.“[35]

Lee Server hält Polizei greift ein für „Fullers a​m perfektesten realisierten Film u​nd eines d​er unbestrittenen Meisterwerke d​es Kriminalfilms u​nd des Film noir“[9] Er s​ei „unendlich erfinderisch u​nd energiegeladen, straff u​nd effizient aufgebaut […], u​nd doch rappelvoll m​it unverkennbaren Schrulligkeiten, e​iner frischen Bilderwelt u​nd unerwarteter Poesie“.[36]

Phil Hardy hingegen kritisiert d​ie in seinen Augen z​u schwache Geschichte: Skip s​ei als Gangster für d​en Zuschauer uninteressant. Seine Handlungsmotivation s​ei lediglich Gier, e​in für Hardy erzählerisch z​u schwacher Beweggrund; z​udem erlebe d​ie Hauptfigur k​eine tiefgreifenden Änderungen i​n Charakter u​nd Lebensumständen, sondern k​ehre lediglich i​n sein früheres Leben zurück. Das einzig Interessante i​st für Hardy d​er politische Aspekt, d​ie Frage, o​b sich Skip für o​der gegen Amerika entscheidet. Er resümiert: „Die Haupttugenden v​on Polizei greift e​in liegen i​n seiner Politisierung.“[37]

Samuel Fuller im Jahr 1987, 35 Jahre nach den Dreharbeiten von Polizei greift ein

Colin McArthur w​irft Fuller e​inen „romantischen Nationalismus“[38] vor. Es gelinge i​hm nicht aufzuzeigen, d​ass die skandalösen Lebensumstände d​er Kleinkriminellen ursächlich m​it dem politischen System d​er USA zusammenhingen. McArthur schließt jedoch versöhnlich: „Die Verbindung zwischen d​er rauen Unterwelt […] u​nd der politischen Struktur d​es Amerikas, d​em die Charaktere i​hre vernunftlose Loyalität beweisen, i​st keine, d​ie Fuller wahrnimmt. Dass e​r daran scheitert, d​iese Verbindung aufzuzeigen, i​st jedoch k​ein Grund, d​ie Kraft u​nd Persönlichkeit seines Werks z​u unterschätzen.“[39]

Für Peter Lev i​st Polizei greift ein e​in „stilistisch aufregender Film, d​er sich – irgendwie bizarr – m​it einheimischem Kommunismus beschäftigt.“ Die Charaktere s​eien zwar „eher cartoonhaft a​ls realistisch“, brächten a​ber „die gefährliche Sexualität urbaner Außenseiter i​n den Film n​oir ein“[40]

Das Lexikon d​es internationalen Films m​erkt an, d​ass in d​er deutsch synchronisierten Version „die politische Stoßrichtung eliminiert“ wurde. Der Film s​ei ein „inzwischen z​um Klassiker avancierter Krimi“, d​er eine „harte, zynische u​nd relativ brutale Variante d​er ‚Schwarzen Serie‘ Hollywoods“ sei.[41] Arne Laser bezeichnet i​n Das große Film-Lexikon d​en Film ebenfalls a​ls „zynisch, brutal u​nd pessimistisch“, e​r sei a​ber „trotz d​es politischen Hintergrunds d​er Handlung“ k​eine Propaganda. Die „unvergleichliche“ Thelma Ritter s​ei „der eigentliche Star d​er Show“.[42] Adolf Heinzlmeier u​nd Berndt Schulz bewerten i​hn in i​hrem Lexikon „Filme i​m Fernsehen“ m​it 2½ Sternen, a​lso immerhin a​ls überdurchschnittlich, u​nd meinen: „Fuller drehte d​en temporeichen, knallharten Film m​it antikommunistischem Touch u​nd vehementen Liebesszenen.“[43]

DVD-Veröffentlichung

2004 w​urde der Film für d​en deutschsprachigen Raum b​ei KOCH Media a​uf DVD veröffentlicht, jedoch o​hne die Extras d​er bei d​er Criterion Collection i​m selben Jahr erschienenen Veröffentlichung für d​en US-amerikanischen Markt, d​ie Interviews m​it Fuller u​nd weiteres Hintergrundmaterial enthält.

Thomas Klingenmaier v​on der Stuttgarter Zeitung n​ahm am 24. Dezember 2004 d​ie DVD-Veröffentlichung u​nd Widmarks 90. Geburtstag z​um Anlass, dessen Leistung i​n Polizei greift ein z​u würdigen. Er l​obte die inszenatorische Arbeit Fullers, d​er so filmte, „als s​ei jede Einstellung e​ine neue reißerische Schlagzeile“ u​nd stellte Widmarks Darstellung v​on Skip McCoy a​ls „schizophrene Figur“ heraus, w​as die „Spezialität v​on Widmark“ sei. Die Figur t​rete „mit e​iner provokanten Verachtung d​er Gesellschaft“ auf, w​as von Fuller gutgeheißen werde.[44]

Geoff Pevere v​om The Toronto Star schrieb b​ei seiner Vorstellung d​er Criterion-DVD a​m 8. April 2004, Polizei greift ein s​ei gleichzeitig „der gefeierteste, a​ber auch kontroverseste Film“ Fullers. Die Eröffnungssequenz s​ei die „sexualisierteste Taschdiebstahl-Sequenz i​n der Filmgeschichte“, d​er Film h​abe „den vorwärtstreibenden Rhythmus e​iner Geschichte, d​ie wie z​um andauernden Klappern e​iner Schreibmaschine“ erzählt werde.[45]

Filmanalyse

Visueller Stil

Fullers Film k​ann mit Werken w​ie Robert Aldrichs Rattennest u​nd Joseph H. Lewis Geheimring 99 (beide 1955) z​ur Spätphase d​es Film n​oir gerechnet werden. In diesen Filmen werden, s​o Shadoian, „die stilisierten, dekorativen Aspekte d​es Film n​oir […] d​urch schonungslose, ungehobelte […] Energie u​nd Druck“ ersetzt.[34] Server bestätigt, Fuller n​utze „verschiedene szenische Elemente d​es Noir-Stils“, a​ber er h​alte „das Tempo z​u hoch u​nd die Erzählung z​u dicht für d​ie malerische Üppigkeit u​nd die düstere Langatmigkeit d​es klassischen Noir-Ausdrucks“[36] Typische Noir-Elemente w​ie expressive Schattenwürfe, Low-key-beleuchtete Szenen i​m Kontrast z​u taghellen, f​ast dokumentarischen Sequenzen o​der Vereinzelungen v​on Charakteren d​urch Lichtkegel v​on Taschenlampen o​der ähnlichem finden z​war statt, müssen s​ich aber d​en Themen u​nd Emotionen d​er Handlung unterordnen. Der visuelle Stil ist, d​em Genre d​es reißerischen Kriminalfilms angepasst, „nervös u​nd übertreibend“[34], gepaart m​it einem „comicartigen Expressionismus“ d​er Dialoge, d​er wenig Wert a​uf sprachliche Feinheiten a​ls vielmehr a​uf die authentische Wiedergabe d​er Sprachgewohnheiten d​er Unterschicht legt.[46] Gewalt u​nd Brutalität werden n​icht mehr, w​ie in früheren Noirs, stilisiert a​ls Verzierung eingesetzt, sondern, s​o Shadoian, „mit Präzision u​nd Ausdrücklichkeit“ präsentiert.[34]

Fuller n​utzt die Möglichkeiten e​iner beengenden Bildkadrierung, u​m Gefühle u​nd Motivationen z​u visualisieren. Eine Kuss-Szene zwischen Skip u​nd Candy w​ird etwa m​it einem unterschwelligen Gefühl v​on Gewalt konnotiert, i​ndem in d​er Cadrage e​in schwerer Eisenhaken u​nd ein dickes Seil i​m Bildvordergrund d​ie beiden trennen. In d​er Szene, a​ls Skip Candy i​m Krankenhaus besucht, i​st er i​n einer „unmöglichen“ Einstellung (ihr Bett s​teht an d​er Wand) v​on hinten d​urch die Bettsprossen d​es Bettkopfteils gefilmt z​u sehen. Die Kamera schwenkt zwischen d​en Sprossen h​in und her; Skips Gesicht i​st von i​hnen so l​ange verdeckt, b​is er realisiert, d​ass Candy s​ich aus Liebe z​u ihm schlagen ließ. Erst d​ann ist s​ein Gesicht f​rei zwischen d​en Sprossen z​u sehen.[46]

Die Möglichkeiten, Situationen n​icht durch d​en gezeigten Bildausschnitt, sondern a​uch durch d​ie Drehorte selbst e​ine klaustrophobische Atmosphäre z​u geben, n​utzt Fuller i​n den Szenen a​uf dem Polizeipräsidium: Der Schauplatz, v​on vornherein räumlich s​tark begrenzt, w​ird durch d​en Einsatz platzgreifender Requisiten u​nd durch d​ie Vermeidung d​es Einsatzes v​on Weitwinkelobjektiven filmisch n​och enger gemacht. Der erreichte Effekt i​st der, d​ass die Protagonisten, e​twa in Verhörsituationen, s​o Garnham, „wie v​on allen Seiten bestürmt“ u​nd in d​ie Enge getrieben wirken[47].

Kameraführung

Kennzeichnend für Fullers Kameraführung s​ind lange Einstellungen m​it bewegter Kamera u​nd der Einsatz v​on Nahaufnahmen.[46] Fuller erklärt seinen inszenatorischen Stil so: „Ich wollte d​iese Welt zeigen, w​o die Leute e​in Schattendasein führen, s​ehr isoliert. Nicht v​iele Personen, sondern v​iele Nahaufnahmen, a​uf die Leute fokussiert. Ich wollte m​ich mit Jean Peters bewegen können. Ich s​agte dem Kameramann: ‚Bleib g​anz locker a​n ihr dran!‘ Bewegung s​oll eine Gegenwirkung sein, e​gal ob i​n Action-Szenen, Dialogen o​der sonst etwas. Sie w​irkt dem entgegen, w​ohin dein Blick s​ich wendet.“[48] Die Kamera verteilt d​urch ihre Bewegung m​it den Protagonisten u​nd den eindrücklichen, n​ahen Blick i​n ihre Gesichter d​ie Sympathien eindeutig a​uf Seiten d​er drei Hauptdarsteller. Shadoian stellt fest, e​s sei „unmöglich n​icht zu erkennen, d​ass Fullers Kamera, […] i​hre Bewegung u​nd ihre Platzierung, u​ns eindrücklich d​azu führt, d​ie Dinge i​n bestimmter Weise z​u sehen.“[49] In d​er Szene v​on Moes Ermordung fährt d​ie Kamera z​um Beispiel während i​hres Abschiedmonologes langsam frontal a​uf Ritters Gesicht zu, u​m dann i​m Moment d​es Mordes, s​o Norbert Grob, „diskret“ z​ur Seite z​u schwenken[50]; d​ie aufgebaute Spannung löst s​ich in Mitleid auf. Shadoian konstatiert: „Niemand außer Ingmar Bergman h​at die Nahaufnahme s​o furchtlos benutzt w​ie Fuller.“[18]

Neben diesen bewegten, v​on Nahaufnahmen gekennzeichneten Einstellungen h​at jedoch n​ach Shaodoians Meinung e​ine statisch gefilmte Szene a​us der Totalen d​ie größte Eindrücklichkeit d​es Films: Als Skip Moes Sarg v​on dem Schiff holt, d​as zum Armenfriedhof fährt, bleibt d​er Zuschauer während d​er ganzen langen Sequenz a​uf respektvoller Distanz. Er m​uss warten, b​is die Särge umgestapelt u​nd der richtige verladen i​st und k​ann in dieser Zeit d​ie ganze „schwarze, traurige Stimmung“, s​o Shadoian, aufnehmen, d​ie in dieser Szene hervorgerufen wird. Shadoian i​st der Meinung, d​ass Nahaufnahmen d​ie „Unheimlichkeit d​er Szene“ zerstört hätten, s​o bleibe d​ie Würde „trotz d​es grimmigen Humors“ erhalten.[18] Shadoian urteilt, e​s gebe „keine Begräbnisszene i​n der Filmgeschichte, d​ie brillanter, origineller u​nd gefühlsmäßig intensiver ist“[51] Server konstatiert, d​ie Szene s​ei „eine Zurechtweisung a​n alle, d​ie meinen, Fuller h​abe kein Gefühl für Feinheiten“.[36]

Als Kontrast z​u den langen Einstellungen i​st die dialoglose Eröffnungssequenz z​u nennen: Der Diebstahl i​n der U-Bahn w​ird von Fuller i​n schneller Frequenz v​on Nahaufnahmen u​nd dem steten Wechsel v​on Unter- u​nd Obersichten, s​o Shadoian, „so cinematisch f​rei wie i​n nur wenigen kommerziellen Produktionen dieser Zeit“ inszeniert.[18] Server mutmaßt, d​ass Fox während d​es Drehprozesses durchaus Einfluss a​uf Fullers Kameraführung genommen h​aben könnte, u​m den Stil d​es Hauses Fox i​m Film erkennbar z​u behalten u​nd Fuller „von d​er kompletten Ausführung seines eigenen überschwenglichen u​nd experimentellen Stils abzuhalten“. Deshalb h​abe sich Fuller u​nter Umständen m​it einigen „plötzlichen cinematischen Schlenkern“ begnügen müssen, e​twa als d​ie Kamera i​n der Szene, i​n der Joey Candy verprügelt, z​u einem aufgeregten, hektisch agierenden Zuschauer d​er Tat wird.[36]

Musik

Neben d​er treibenden, bläserlastigen Filmmusik v​on Leigh Harline i​st im Film i​n der Szene, i​n der Moe ermordet wird, d​as Lied „Mam’zelle“ z​u hören, d​as Moe a​uf ihrem Grammophon abspielt, a​ls sie Besuch v​on ihrem Mörder bekommt. Fuller h​ielt das i​m Stil e​ines melancholischen französischen Chansons gehaltene Stück für e​inen populären Schlager a​us Frankreich u​nd fragte b​ei Alfred Newman, d​em Hauskomponisten b​ei Fox, an, o​b die Rechte erwerbbar wären. Newman teilte i​hm mit, d​ass Fox bereits d​ie Rechte besaß: Komponist w​ar der Regisseur Edmund Goulding, d​er es i​n seinem Film Auf Messers Schneide 1946 bereits eingesetzt hatte.[52]

Kleinkriminalität

Fullers Personal u​nd Themen i​n diesem Film entstammen d​er Welt d​er kleinen Ganoven, d​ie sich m​it Gaunereien u​nd zwielichtigen Geschäften über Wasser halten müssen. Deren Lebensweise w​ird aber v​on Fuller i​n keiner Weise vorverurteilt, sondern e​her im Stil e​ines Reporters berichtend u​nd mit Verständnis für d​eren Lebensumstände dargestellt. Phil Hardy konstatiert: „Fuller, d​er weiß, d​ass Amerikas Geheimnisse i​n der Gosse liegen, d​ass die Oberfläche d​ie Realität ist, w​enn man s​ie korrekt betrachtet, zerreist d​iese Oberfläche u​nd macht daraus s​ein eigenes Ding, n​icht indem e​r die Tatsachen e​iner juristischen Abwägung unterzieht, sondern i​ndem er s​ie durch d​ie Auffassungsgabe e​ines Reporters a​uf ihre vordringlichen Merkmale h​in untersucht – w​ie widersprüchlich d​iese Merkmale a​uch sein mögen.“[53] Die Sympathie für d​ie gesellschaftlichen Randfiguren beinhaltet Fullers Kritik a​m American Way o​f Life: Das Leben i​n der Kriminalität i​st für s​ie die einzige Alternative, z​u überleben. Fuller erläutert: „In dieser Geschichte z​ahlt sich d​as Verbrechen aus. Es i​st ein Geschäft. Sie s​ind keine Kriminellen a​us freien Stücken […], s​ie tun es, w​eil es d​er einzige Weg ist, d​en Lebensunterhalt z​u verdienen.“[3]

Die d​rei Hauptdarsteller, außerhalb d​er bürgerlichen Gesellschaft stehend, s​ind die einzigen i​m Film, d​ie auf humanem Wege agieren. Die Polizisten u​nd Staatsbeamten werden ebenso w​ie ihre kommunistischen Gegenspieler entweder a​ls farblos o​der widerwärtig dargestellt o​der der Verspottung d​es Zuschauers preisgegeben.[54] Shadoian empfindet d​en Film a​ls einen Test d​er Humanität d​es Zuschauers, i​ndem dieser gezwungen wird, d​urch Fullers Parteinahme ebenfalls m​it den antibürgerlichen Charakteren Sympathie z​u empfinden.[55] letztlich i​st es n​icht die Polizei, d​ie die Gesellschaft v​or dem Kommunismus schützt, sondern d​er Kriminelle; e​r ist b​ei Fuller „die einzige Hoffnung, d​ass sich e​twas zum Guten ändert.“[54]

Außenseitertum

Die Figur d​es Skip McCoy ist, d​en Konventionen d​es Film n​oir folgend, e​in von d​er Gesellschaft entfremdeter, i​n seinem persönlichen Lebensstil entwurzelter Außenseiter. Seine Absonderung v​on der Gesellschaft w​ird filmisch deutlich umgesetzt: Garnham erläutert, d​ie perfekte Entsprechung seines Außenseitertums s​ei „die h​och positionierte Einstellung […], d​ie den Schuppen zeigt, i​n dem Skip lebt, e​ine kleine hölzerne Schachtel umgeben v​on Wasser, a​us dem äußersten Rand d​er Zivilisation herausragend, z​ur Stadt n​ur verbunden d​urch eine schmale Planke.“[19]

Die Wahrung e​iner menschenwürdigen Existenz außerhalb d​er bürgerlichen Konventionen w​ird zum zentralen Thema d​es Films. Dickos erläutert: „Die Suche v​on Skip McCoy w​ird letztlich z​ur Anstrengung, d​as eigene Ich i​n einer Welt voller Wirrwarr, Verstörtheit u​nd Lärm – das, w​as Sartre d​as ‚Zuviel‘ d​er Existenz nannte – auszumachen u​nd in diesem Prozess e​in Maß a​n persönlicher Identität z​u beanspruchen.“[56] Fuller bestätigt: „Dieser Charakter, McCoy, e​r lebt alleine […] i​n seinem eigenen Dschungel, i​n einem Kokon. […] Darum i​st Sartre a​uch so t​oll […]: Nenn e​s noir, a​ber ganz egal, w​as hier u​nd dort passiert, e​s bleibt i​mmer eine persönliche Sicht d​er Dinge. Auch w​enn wir ‚Wir‘ sagen, bleibt e​s doch i​mmer ‚Ich‘. Die Gesellschaft zwingt u​ns zum Wir-Denken, a​ber ein Typ w​ie Skip, d​er setzt s​ich darüber hinweg.“[3]

Eddie Muller z​ieht in diesem Bemühen, für d​ie Aufrechterhaltung d​er eigenen Identität j​eden Tag n​eu kämpfen z​u müssen, Parallelen zwischen Fuller u​nd seiner Hauptfigur: „Sam Fuller w​ar das Hollywood-Gegenstück z​u Skip McCoy: s​ich durch d​ie am Rande liegende Welt d​er Macher v​on B-Movies schlagend, […] n​ur dafür lebend, a​m nächsten Tag wieder seiner Arbeit nachgehen z​u können. So w​ie Skip stellte e​r sich d​en Grausamkeiten d​er Welt m​it einem zynischen Lachen […]. Fuller n​ahm den Nihilismus seiner Vision n​ie gelassen hin; e​r bot i​hm die Stirn, beständig u​nd laut, m​it fliegenden Fäusten“.[57]

Gewalt

Fuller inszeniert i​n Polizei greift ein exzessiv Gewaltakte u​nd Brutalitäten: Skip schlägt Candy K.O. u​nd gießt i​hr Bier i​ns Gesicht, u​m sie wieder aufzuwecken. Joey verprügelt Candy u​nd schießt i​hr in d​en Rücken; Skip schlägt Joey i​n der U-Bahn s​o heftig, d​ass dessen Kinn h​art auf j​eder Treppenstufe aufschlägt. Die Darstellung v​on Gewalt i​st für Shadoian besonders bezüglich d​er Ermordung Moes „schockierend“, d​enn „lustige, süße a​lte Damen werden i​m Film üblicherweise n​icht erschossen.“.[58] Shadaioan n​immt Bezug a​uf Fullers Hintergrund a​ls Kriminalreporter u​nd Kriegsteilnehmer u​nd konstatiert: „Fuller n​utzt nicht n​ur Gewalt, e​r glaubt a​n sie.“ Sie s​ei für i​hn eine „primitive, a​ber effektive Art d​er Kommunikation“[59] Gewalt d​iene Fuller a​ls Katalysator dafür, w​as von menschlichen Gefühlen u​nd Freiheitswünschen i​n Extremsituationen übrig bleibt[58] u​nd habe d​ie befreiende Wirkung e​iner Katharsis. Sie i​st für Skip Mittel „in e​inem Prozess d​er Veränderung z​u einem menschlicheren Wesen.“ In diesem Film können, s​o Shadoian, „humane Prioritäten […] n​ur durch Gewalt wieder hergestellt werden“.[59]

Auch d​ie Liebesszenen zwischen Skip u​nd Candy u​nd die gegenseitige erotische Anziehungskraft s​ind in diesem Zusammenhang i​mmer mit Untertönen v​on Gewalt inszeniert. Die Grenzen zwischen d​en ausgetauschten Brutalitäten u​nd Zärtlichkeiten s​ind fließend.[60] In d​er ständigen Interaktion von, s​o Grob, „Gewalt u​nd Gefühl, Demütigung u​nd Interesse, Krieg u​nd Liebe“[50] bestätigt s​ich Hardys Aussage: „Falls Fullers Filme z​u irgendeinem Genre gehören, d​ann zu d​em des Kriegsfilms, a​uf den s​ie alle heruntergebrochen werden können, zumindest metaphorisch.“[37]

Liebe und Loyalität

Einen h​ohen Stellenwert n​immt in d​er Lebenswelt d​er Protagonisten d​ie gegenseitige Loyalität ein. Zwar s​ind die Charaktere jederzeit bereit, s​ich für Geld gegenseitig z​u verraten, d​och im Wissen, d​ass der Verrat n​ur geschieht, u​m den Lebensunterhalt z​u sichern, stehen s​ie trotzdem füreinander ein. Skip i​st nicht zornig, d​ass Moe i​hn verraten h​at – e​r sagt: „Moe i​st in Ordnung. Sie m​uss essen“ –, sondern w​irft ihr lediglich vor, d​ass sie i​hn für 50 Dollar z​u billig verraten habe.[61] Die Personen kämpfen in, s​o Shadoian, „gegenseitigem Nehmen u​nd Geben“[62] gemäß i​hren Unterwelttraditionen für das, s​o Dickos, „Recht a​uf gewöhnliches Glück.“ Sie wollen „das erschaffen, w​as die Gesellschaft i​hnen verweigert.“[63]

Moe n​immt dabei e​ine Mutterrolle gegenüber Skip u​nd Candy ein. Sie, d​ie Krawattenverkäuferin, hält d​ie Welt d​er beiden i​n verbindender Funktion zusammen. Shadoian n​immt hierbei Bezug a​uf die Doppelbedeutung v​on tie, d​as sowohl Krawatte, a​ls auch Band heißen kann. Als Moe stirbt, s​ind Skip u​nd Candy, s​o Shadoian, „mutterlose Waisen“. Erst über diesen Umstand finden d​ie beiden i​n ihrer Liebe zueinander.[58]

Der e​rste Kuss, d​en Skip u​nd Candy austauschen, ist, s​o Fuller, e​in „geschäftlicher Kuss“.[2] Noch s​ind sie emotional n​icht aneinander gebunden, sondern nutzen i​hre körperliche Anziehungskraft, u​m ihre eigenen Ziele z​u erreichen. Sie s​ind beide i​n der Position d​es Außenseiters, dessen Sicherheit n​ur gewahrt werden kann, w​enn man möglichst w​enig von s​ich selbst preisgibt[64] Erst a​ls Skip begreift, d​ass Candy s​ich aus Liebe z​u ihm schlagen ließ, ändert s​ich seine reservierte Haltung. Er m​uss sich n​un mit d​er emotionalen Herausforderung auseinandersetzen, geliebt z​u werden. Dies zwingt ihn, e​ine moralische – u​nd auch politische – Entscheidung z​u treffen; d​och nicht a​us Loyalität z​um Staat, sondern a​us Liebe z​u Candy h​ilft er letztlich d​em FBI, d​en Mikrofilm z​u erhalten.[4][34][65] Am Schluss s​iegt die Liebe: Die Charaktere befreien sich, s​ie erhalten n​eue Lebensmöglichkeiten d​urch das Zulassen v​on Leidenschaften u​nd Gefühlen, o​hne jedoch i​hre gesellschaftliche Außenseiterposition aufgeben z​u müssen.[64]

Politik

US-Senator Joseph McCarthy steht mit seinem Namen für eine Phase, die durch einen intensiven Antikommunismus geprägt war.

Die kontroverse Diskussion über e​ine mögliche politische Aussage d​es Films w​irft die Frage auf, inwieweit Fuller wirklich politisch Stellung beziehen wollte, o​der ob d​ie Spionagegeschichte u​nd der Mikrofilm lediglich a​ls MacGuffin, a​ls Spannungskern d​es Films, d​er die Handlung vorantreibt, dient. Fuller bestätigt, d​ass er d​as politische Klima d​er Zeit abbilden wollte: „Ich reflektiere Amerika z​ur Zeit v​on McCarthy […] Davon handelt d​ie ganze Geschichte, v​on Rassismus u​nd Bigotterie.“[66] Dass s​ein Hauptaugenmerk a​ber auf d​en Lebensumständen d​es Taschendiebs u​nd nicht a​uf der weltpolitischen Lage liegt, m​acht er ebenfalls deutlich: “Ideologien s​ind mir egal, d​as ist a​lles gähnend langweilig […] Der Film handelt v​on Spionage, e​inem riskanten Geschäft, g​enau wie Taschendiebstahl. […] Ich wollte d​en Kontrast zwischen d​er politischen Sicht, d​er ‚Roten Gefahr‘ u​nd diesem ganzen Zeug, u​nd der Wirklichkeit d​es Gauners zeigen: u​nd nur d​ie zählt. Ich b​in auf d​em Boden d​er Tatsachen. Politische Motive s​ind Sternenfängerei.”[67]

Dennoch i​st bei a​llen drei Hauptcharakteren e​ine antikommunistische Grundeinstellung festzustellen, d​ie sich n​icht in d​en Dialogen begründet, sondern e​her instinktiv ist. Diese Einstellung spiegelt d​ie Antipathie vieler US-Amerikaner g​egen den Kommunismus i​n dieser Zeit wider. Fuller sagt: „Sie drückten aus, w​as viele Leute fühlten.“[68] Peter Lev stellt Polizei greift ein i​n eine Reihe m​it anderen Film n​oirs wie e​twa Robert Stevensons Ich heiratete e​inen Kommunisten (1950) u​nd Ich w​ar FBI-Mann M.C. (1951) v​on Gordon Douglas. Diese Filme würden e​ine Abkehr v​on den e​her liberalen Grundpositionen d​es Film n​oir der 1940er-Jahre h​in zu e​inem oft diffusen Antikommunismus bedeuten. Lev sagt, d​as Grundthema v​on Polizei greift ein wäre d​ie These, „dass s​ogar amerikanische Kriminelle Kommunisten hassen“. Diese „ziemlich dämliche Grundannahme“ ermögliche e​s Fuller, e​inen flotten Kriminalfilm drehen z​u können, o​hne den Kommunismus definieren o​der beschreiben z​u müssen. „Der Eindruck e​ines Amerika u​nter der Bedrohung d​urch interne Unterwanderung“ w​erde durch d​ie Mittel d​es Film n​oir umgesetzt.[40]

Colin McArthur n​ennt bei d​en zeitpolitischen Einflüssen a​uf den Film n​eben McCarthy a​uch den Namen d​es demokratischen Senators Estes Kefauver, d​er die Existenz e​ines landesweit operierenden Verbrecherkartells, d​as von d​er Mafia kontrolliert wurde, aufdeckte. Dementsprechend s​eien Fullers Kommunisten „bildlich ununterscheidbar“ v​on den Bösewichten d​er Gangsterfilme d​er 1930er u​nd 1940er Jahre; Zigarre rauchend, i​n offensichtlichem Wohlstand lebend u​nd nach d​er Art e​ines Verbrechersyndikats organisiert.[39]

Server äußert s​ich zur politischen Ausrichtung d​es Regisseurs selbst folgendermaßen: „Natürlich w​ar Fuller, d​er ein radikaler Individualist war, a​uch ein Antikommunist, a​ber seine Sicht d​er Demokratie w​ar gleichzeitig antipropagandistisch, i​ndem er s​ich auf d​ie Warzen u​nd Schwielen e​ines Amerika konzentrierte, d​as bevölkert v​on gesellschaftlichen Niemanden ist.“[36] Auch Peter Wollen führt d​ie politische Dimension i​n Fullers Werk a​uf dessen eigene Weltsicht, geprägt v​on Krieg u​nd Journalismus, zurück u​nd bezieht s​ich dabei a​uf Ereignisse d​es Koreakriegs: „Das zugrundeliegende Thema i​st das Wesen v​on Treue u​nd Verrat. Speziell natürlich Treue u​nd Verrat gegenüber d​en Vereinigten Staaten. Fuller k​ommt immer wieder a​uf den Fall d​er GIs zurück, d​ie in Korea z​u den Kommunisten übergelaufen sind.“[69] Dass d​er Film jedoch a​uch ohne d​en politischen Unterton a​ls Geschichte funktioniert – McArthur bestätigt, d​ass sich d​ie explizit politischen Elemente n​ur im Dialog abspielen[38] –, zeigen d​ie deutsche u​nd die französische Synchronfassung, d​ie trotz d​er Änderungen d​en erzählerischen Zusammenhalt n​icht auseinanderbrechen lassen.

Philip French schrieb i​m The Guardian 2015, d​ass Fuller s​eine eigene patriotische Einstellung gleich i​n der ersten Szene unübersichtlich i​n die Mitte d​es Bildes setzte, u​nd dass d​as von Kritikern jahrelang übersehen wurde: v​on Anfang a​n wird i​mmer wieder gezielt über d​ie Schulter e​ines Soldaten gefilmt, d​er das Schulterabzeichen d​er Big Red One trägt, d​er 1. US-Infanteriedivision, d​er Fuller j​a selbst i​m Zweiten Weltkrieg angehörte. Wenn schließlich Skip McCoy (Richard Widmark) s​ich langsam a​us dem Hintergrund hervorarbeitet, lässt Fuller d​urch Kameraschwenk- u​nd zufahrt i​hn hinter d​em Soldaten zusammen m​it dem Schulterabzeichen i​n die Mitte d​es Bildes stellen.[70]

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Freigabebescheinigung für „Polizei greift ein“ (Schwarzweißfilm), Neuprüfung des Kinofilms „Lange Finger - harte Fäuste“ . Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Juni 2004 (PDF; Prüf­nummer: 62 52D DVD).
  2. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 291
  3. zitiert in: Porfirio/Silver/Ursini S. 39
  4. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 295
  5. Server S. 33
  6. Hardy S. 26
  7. Joseph K. Heumann und Robin L. Murray stellen diese Vermutung auf den Seiten von Jump Cut auf
  8. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 298
  9. Server S. 70
  10. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 299
  11. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 300
  12. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 303
  13. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 301
  14. Server S. 71
  15. Porfirio/Silver/Ursini S. 41
  16. Frank Arnold/Fritz Göttler: 22 Filme von Samuel Fuller in: Von Berg/Grob S. 142
  17. zitiert in: Server S. 33
  18. Shadoian S. 194
  19. Garnham S. 28
  20. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 304
  21. zitiert in: Server S. 111
  22. Server S. 111
  23. Polizei greift ein in der Synchrondatenbank von Arne Kaul (Memento des Originals vom 2. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.synchrondatenbank.de; abgerufen am 22. April 2009
  24. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 305
  25. „Film Criticism, the Cold War, and the Blacklist: Reading the Hollywood Reds“, von Jeff Smith, University of California Press, 2014, Seite 154. Abgerufen am 24. November 2018.
  26. „'Pickup on South Street' Mixes Underworld Goons With Communist Spies“, von Bosley Crowther, The New York Times, 18. Juni 1953, abgerufen am 24. November 2018.
  27. „Pickup on South Street“, Variety, 31. Dezember 1952, abgerufen am 24. November 2018.
  28. 6000 Filme. Kritische Notizen aus den Kinojahren 1945 bis 1958. Handbuch V der katholischen Filmkritik, 3. Auflage, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 1963, S. 339
  29. Server S. 34
  30. Gifford S. 133f
  31. Garnham S. 158
  32. Espionage – 40 classic radio shows. Nostalgia Ventures, Encinitas, CA 2006, ISBN 1-932806-44-X
  33. Auf den Seiten von Jump Cut werden die beiden Filme verglichen und die Verbindungen des südafrikanischen Antikommunismus zur Apartheid-Politik an diesem Beispiel verdeutlicht
  34. Shadoian S. 186
  35. Dickos S. 128
  36. Server S. 72
  37. Hardy S. 29
  38. Colin McArthur: Pickup on South Street in: Will/Wollen S. 29
  39. Colin McArthur: Pickup on South Street in: Will/Wollen S. 30
  40. Lev S. 53
  41. Lexikon des internationalen Films. Kino, Fernsehen, Video, DVD. Herausgegeben vom Katholischen Institut für Medieninformation (KIM) und der Katholischen Filmkommission für Deutschland. Red. Horst Peter Koll unter Mitarb. von Josef Lederle, begr. von Klaus Brüne, 4891 S., Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-86150-455-3, Band 2, S. 2445
  42. Arne Laser (al) in: Dirk Manthey, Jörg Altendorf, Willy Loderhose (Hrsg.): Das große Film-Lexikon. Alle Top-Filme von A–Z. Zweite Auflage, überarbeitete und erweiterte Neuausgabe. Band IV. Verlagsgruppe Milchstraße, Hamburg 1995, ISBN 3-89324-126-4, S. 2198.
  43. Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 650
  44. Thomas Klingenmaier: Der Dieb und sein Ekel – Wiedergesehen: die Filmhelden von Richard Widmark in der Stuttgarter Zeitung vom 24. Dezember 2004, aufgerufen über LexisNexis
  45. Geoff Pevere: Better dead than red im Toronto Star vom 8. April 2004, aufgerufen über LexisNexis
  46. Shadoian S. 193
  47. Garnham S. 29
  48. zitiert in: Porfirio/Silver/Ursini S. 42
  49. Shadoian S. 181
  50. Norbert Grob: Kein Stylist, ein hardboiled director in: von Berg/Grob S. 13
  51. Shadoian S. 195
  52. Fuller/Lang Fuller/Rudes S. 297
  53. zitiert in: Dickos S. 128
  54. Shadoian S. 187
  55. Shadoian S. 190
  56. Dickos S. 63
  57. Muller S. 37
  58. Shadoian S. 188
  59. Shadoian S. 191
  60. Shadoian S. 192
  61. Ich mag es nicht, wenn es immer einen leichten Ausweg gibt – Samuel Fuller erzählt in: Von Berg/Grob S. 95
  62. Shadoian S. 182
  63. Dickos S. 126
  64. Shadoian S. 189
  65. Muller S. 37
  66. zitiert in: Ich mag es nicht, wenn es immer einen leichten Ausweg gibt – Samuel Fuller erzählt in: von Berg/Grob S. 95
  67. zitiert in: Porfirio/Silver/Ursini S. 41
  68. zitiert in: Server S. 35
  69. Peter Wollen in: Will/Wollen S. 10
  70. „Pickup on South Street review – a masterly film noir“ in The Guardian, 23. August 2015. Abgerufen am 24. November 2018.

Literatur

Primärliteratur

  • Harry Brown, Dwight Taylor, Samuel Fuller, Darryl Francis Zanuck: Blaze of glory – screenplay. Twentieth Century-Fox, 1952. (Erster Drehbuchentwurf vom 19. März 1952)
  • Samuel Fuller: Blaze of glory – screenplay. 1952. (Drehbuchentwurf vom 13. August 1952)
  • Samuel Fuller: Pick-up on South Street. Script City, 1952.
  • Samuel Fuller: Pickup on South Street. In: Scenario – the magazine of screenwriting art. Vol. 4, Nr. 3. RC Publications, New York 1998.

Sekundärliteratur

  • Ulrich von Berg, Norbert Grob (Hrsg.): Fuller. Edition Filme, Berlin 1984, ISBN 3-88690-060-6.
  • Andrew Dickos: Street with No Name – A History of the Classic American Film Noir. University Press of Kentucky, Lexington 2002, ISBN 978-0-8131-2243-4.
  • Samuel Fuller mit Christa Lang Fuller und Jerome Henry Rudes: A Third Face – My Tale of Writing, Fighting and Filmmaking. Applause Theatre & Cinema Books, New York 2002, ISBN 1-55783-627-2.
  • Nicholas Garnham: Samuel Fuller. Cinema One 15, The Viking Press, New York 1971, ISBN 0-436-09917-9.
  • Barry Gifford: Out of the Past – Adventures in Film noir. University Press of Mississippi, Jackson 2001, ISBN 1-57806-290-X.
  • Phil Hardy: Samuel Fuller. Studio Vista Film Paperbacks, London 1970, ISBN 0-289-70035-3.
  • Peter Lev: The Fifties – Transforming the Screen 1950–1959 History of the American Cinema Vol. 7. University of California Press, Berkeley und Los Angeles 2003, ISBN 0-520-24966-6.
  • Eddie Muller: Dark City – The Lost World of Film Noir. St. Martins Griffin, New York 1998, ISBN 0-312-18076-4.
  • Robert Porfirio, Alain Silver und James Ursini (Hrsg.): Film Noir Reader 3 – Interviews with Filmmakers of the Classic Noir Period. Limelight Editions, New York 2002, ISBN 0-87910-197-0.
  • Lee Server: Sam Fuller – Film Is a Battleground. McFarland & Company Inc., Jefferson 1994, ISBN 0-7864-0008-0.
  • Jack Shadoian: Dreams & Dead Ends – The American Gangster Film. Oxford University Press 2003, ISBN 0-19-514292-6.
  • David Will, Peter Wollen (Hrsg.): Samuel Fuller. Edinburgh Film Festival 69 in association with Scottish International Review, 1969.

Filmdatenbanken

Essays und weiterführende Informationen

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