Parmesan
Parmesan, umgangssprachlich auch Parmesankäse, von italienisch Parmigiano, bezeichnet einen besonders zum Reiben als Würzkäse geeigneten italienischen Extrahartkäse aus Kuhmilch. Er hat mindestens 32 % Fett in der Trockenmasse.
Der namensgebende Extrahartkäse Parmigiano Reggiano ist seit 30. Oktober 1955 mit dem DOP-Siegel geschützt und seit 12. Juni 1996 EU-weit als Produkt mit geschützter Ursprungsbezeichnung ausgewiesen.
Geschichte
Der Parmigiano hat eine sehr lange Tradition. Historische Quellen belegen, dass er in der Ursprungsregion seit mindestens 800 Jahren in nahezu unveränderter Form hergestellt wird. So erwähnt und beschreibt beispielsweise Giovanni Boccaccio im 14. Jahrhundert den Parmigiano namentlich bereits in seinem berühmten Decamerone:
„… et eravi una montagna di formaggio Parmigiano grattugiato, sopra la quale stavan genti, che niuna altra cosa facevan, che fare maccheroni e ravioli.“
„… und es gab [dort] einen Berg von geriebenem Parmesankäse, auf welchem Leute standen, die nichts anderes taten, als Makkaroni und Ravioli zu machen.“
Casanova behauptet in seinen Memoiren Histoire de ma vie, dass „dieser vortreffliche Käse […] aus Lodi und nicht aus Parma“ stammt.[1]
Im Simplicissimus von Grimmelshausen wird der Parmesan 1668 erwähnt: „… ich lehrete seine Kostgänger, wie sie die versalzene Butter wässern und dadurch das überflüssige Salz herausziehen, die harten Käs aber, wie die Parmesaner, schaben und mit Wein anfeuchten sollten“.[2]
Herstellung
Parmigiano Reggiano darf laut den DOP-Vorschriften[3] nur in den Provinzen Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna westlich des Reno sowie Mantua östlich des Po produziert werden.[4] Die Herstellung wird durch das Consorzio del Formaggio Parmigiano Reggiano überwacht, dem im Jahr 2018 in den fünf zugelassenen Provinzen 330 Molkereien mit 2820 Milchproduzenten angeschlossen waren, die zusammen 3,7 Millionen Laibe dieses Käses produzierten. Das ergibt bei einem Durchschnittsgewicht von 39,9 kg pro Laib an die 147.630 t, wovon 54.360 t in den Export gingen.[5]
Für ein Kilogramm Käse werden etwa 13,5 Liter Milch benötigt – ein Laib Parmigiano Reggiano benötigt demzufolge etwa 520 Liter Milch.[5] Die unbehandelte, silagefrei erzeugte Rohmilch wird innerhalb von zwei Stunden nach dem Melken in die Käserei gebracht. Die Milch des abendlichen Melkgangs ruht in der Käserei bis zum Morgen in niedrigen, großen Kupferkesseln, wobei sie auf natürliche Weise aufrahmt. Am folgenden Morgen wird die Rahmschicht abgeschöpft und die so erhaltene teilentrahmte Milch mit der Vollmilch des morgendlichen Melkens vermischt und danach in kegelstumpfförmigen Kupferkesseln behutsam angewärmt sowie Milchferment vom Käseprozess des Vortags hinzugefügt. Anschließend wird durch Zugabe von Kälberlab die Gerinnung eingeleitet. Mit einer großen, spino genannten Käseharfe wird aus der geronnenen Milch (sogenannte Dickete) der Bruch erzeugt: Das ausgefallene Kasein beginnt sich von der Molke zu trennen und wird mit ihr zu einem feinen Granulat zerteilt. Der Bruch wird unter sehr sorgfältiger Kontrolle weiter erwärmt, wodurch die Trennung von Kasein und Molke fortschreitet.[6]
Nach dem Beenden der Erwärmung sinkt das Käsegranulat auf den Boden des Kessels, aus dem es in großen Tüchern herausgehoben wird, wobei die überschüssige Molke abtropft; diese wird als Futtermittel zur Schweinemast (siehe hierzu insbesondere Parmaschinken) genutzt. Die durch diesen Prozess herausgehobene Käsemasse ruht nun für zwei bis drei Tage in runden, fascere genannten, Formen. Danach werden die so entstandenen runden Laibe während eines dreiwöchigen Zeitraums wiederholt in eine Salzlake getaucht. Hierbei nimmt der Käse die für Geschmack und lange Lagerfähigkeit nötige Salzmenge auf. Danach wird der Käse zur Reife in klimatisierte Lagerräume oder Keller verbracht, wo er mindestens zwölf Monate, normalerweise aber zwei Jahre und länger, lagert. Während der gesamten Reifezeit müssen die Laibe (Räder genannt) gepflegt, immer wieder gewendet, gesäubert und kontrolliert werden.
Nach der einjährigen Mindestreifezeit wird jeder einzelne Käselaib von Experten einer Prüfung unterzogen: Da sich für einen qualitativ einwandfreien Käse bei der Reifung im Teig keine Löcher bilden dürfen, wird dies durch den Geruch und den Klang beim Abklopfen sensorisch beurteilt. Die dabei festgestellte Fehlproduktion wird größtenteils als namenloser Reibkäse verkauft, ein kleinerer Teil wird innerhalb Italiens unter der Bezeichnung retinato gehandelt. Nur einwandfreie Laibe werden entnommen oder verbleiben für weitere Monate im Reifeprozess und dürfen nach dessen Abschluss mit Siegel des Konsortiums als Parmigiano Reggiano in den Handel gelangen.
Nährwert und Inhaltsstoffe
100 Gramm Parmesan (45 % Fett i. Tr.) hat einen Physiologischen Brennwert von 1655 Kilojoule (396 kcal) und enthält u. a. folgende Stoffe:[7]
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Verwendung
Es gibt Kochbücher, die sich nur mit der Parmesanküche beschäftigen. Außer der Reifedauer beeinflusst vor allem die Jahreszeit, in der die verwendete Milch gewonnen wurde, den Geschmack des Parmesans. Parmigiano Reggiano ist vor allem als würziger Reibekäse in italienischen Pasta- und Pesto-Gerichten bekannt. Zudem wird er bisweilen in dünnen Blättchen über gedünstetes oder gekochtes Gemüse wie Spargel oder Fenchel gehobelt.[8] Er wird auch pur, in Stückchen gebrochen und mit Honig bestrichen oder mit etwas Aceto balsamico verzehrt. Der Käse sollte mit einem speziellen kurzen, mandelförmigen Parmesanmesser angeritzt und gebrochen werden, damit die gewachsene Struktur erhalten bleibt. Geruch und Geschmack werden als fruchtig-süß, nussig und würzig beschrieben.[8]
Varianten
Altersklassen
Es gibt verschiedene Altersklassen:
- 12 Monate = nuovo
- 24 Monate = vecchio
- 36 Monate = stravecchio
- 48 Monate = stravecchione
- 72 Monate = extra stravecchione
72 Monate gereifter Parmigiano Reggiano extra stravecchione gelangt nur äußerst selten in den Handel, da nur sehr wenige Erzeuger ihren Käse sechs Jahre reifen lassen.
Ursprungsbezeichnung
Da nach einer früher verbreiteten Meinung nur der Name Parmigiano Reggiano geschützt gewesen sein soll, wurden vereinzelt auch andere Hartkäse von sehr verschiedener Qualität als Parmesan oder unter ähnlichen Namen gehandelt. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-132/05[9] steht seit 2005 fest, dass die Bezeichnung „Parmesan“ als Übersetzung oder Anspielung trotzdem unter die Ursprungsbezeichnung falle und daher ebenfalls dem originalen Parmigiano vorbehalten bleibe.
Der Schutz der Bezeichnung ist folgend durch Art. 13 der VO 510/2006 sehr weitgehend ausgestaltet worden. Auch zahlreiche andere ähnliche Bezeichnungen und Anspielungen auf die Begriffe Parmigiano oder Parmesan sind inzwischen von deutschen Gerichten untersagt worden. Auch in dem Halbfertiggericht Mirácoli war ein Trockenkäse namens Parmesello (er hieß später: Pamesello) mit einer solchen Anspielung enthalten. In einer rechtskräftigen Entscheidung gegen einen Allgäuer Käsehersteller hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin auch die Verpflichtung zum Schadensersatz für Vertriebshandlungen mit Käse ähnlicher Bezeichnungen festgestellt (Urteil vom 15. Juni 2010, Az. 5 U 97/08).[10]
Weiterer Grana-Käse
Eine ähnliche Käsesorte, Grana Padano, wird bisweilen als Alternative verwendet.[11]
Weblinks
- Consorzio del Formaggio Parmigiano Reggiano (italienisch und englisch)
Einzelnachweise
- Casanova, Memoiren 14, S. 151, W. Goldmann Verlag München in der Übersetzung v. Heinrich Conrad
- Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus. Viertes Buch, 1. Kapitel.
- Disciplinare di Produzione del Formaggio Parmigiano Reggiano Produktionsvorschriften für Parmesankäse
- Die Verbundenheit mit dem Ursprungsgebiet. In: parmigianoreggiano.com. Abgerufen am 10. August 2019.
- Parmigiano Reggiano in Figures 2018. In: parmigianoreggiano.it. Abgerufen am 27. November 2019 (englisch, italienisch).
- The art of making. In: parmigianoreggiano.com. Abgerufen am 29. März 2020 (englisch, italienisch).
- Heseker/Heseker: Die Nährwerttabelle. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.,. uZv (Umschau Zeitschriften Verlag), Wiesbaden 2020, ISBN 978-3-930007-60-8.
- Waldemar Ternes, Alfred Täufel, Lieselotte Tunger, Martin Zobel (Hrsg.): Lebensmittel-Lexikon. 4., umfassend überarbeitete Auflage. Behr, Hamburg 2005, ISBN 3-89947-165-2.
- Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Bundesrepublik Deutschland, eingereicht am 21. März 2005 (PDF)
- Markenrechtsverletzung und Wettbewerbsverstoß: Verwendung des Begriffs "Parmesan" als Gattungsbezeichnung für Hartkäse. KG Berlin 5. Zivilsenat, AZ 5 U 97/08. In: juris.de. 15. Juni 2010, abgerufen am 17. Januar 2018 (Dokumentauszug; Volltext kostenpflichtig).
- Katinka van Niekerk: The Food & Wine Pairing Guide. Penguin Random House South Africa, 2012, ISBN 978-1-4317-0196-4, S. 311 (google.com [abgerufen am 22. Dezember 2021]).