Oberselters
Oberselters im Taunus ist mit über 1000 Einwohnern seit der Eingemeindung am 1. Juli 1974 der viertgrößte Stadtteil von Bad Camberg im mittelhessischen Landkreis Limburg-Weilburg.
Oberselters Stadt Bad Camberg | |
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Höhe: | 176 m ü. NHN |
Fläche: | 4,21 km²[1] |
Einwohner: | 1047 (31. Dez. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 249 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 65520 |
Vorwahl: | 06483 |
Kirche St. Antonius mit angebautem Pfarrheim im Vordergrund |
Geographie
Geographische Lage
Oberselters liegt im östlichen Hintertaunus im Goldenen Grund, rund drei Kilometer nordwestlich der Kernstadt Bad Camberg und rund 15 Kilometer südöstlich der Kreisstadt Limburg an der Lahn. Der Ort liegt an der Bundesstraße 8 im Tal des Emsbaches. Am westlichen Gemarkungsrand verlaufen die A 3 und die ICE-Strecke Köln–Rhein/Main. Die Main-Lahn-Bahn führt westlich am alten Ortskern vorbei, ist inzwischen aber an beiden Seiten von Häusern umgeben. Das Oberselterser Gebiet grenzt im Nordwesten an Niederselters und dann im Uhrzeigersinn an Eisenbach, Erbach und Dauborn.
Die grob rechteckige Gemarkung mit nach Nordosten auskragender Spitze wird in der nördlichen Ecke von Wald bedeckt und ist ansonsten vor allem landwirtschaftlich genutzt. Das Gelände steigt beidseitig des Emsbachtals an, im Osten auf bei zu 300 Meter, im Westen auf bis zu 264 Meter. Der Ort selbst liegt auf 183 Metern Höhe.
Geologisch befindet sich im Ostteil der Gemarkung eine Gemengelage aus eisenschüssigem Schiefer, Quarzitgängen und Quarzkies-Lagern, ebenso nordwestlich des Orts, wo auch ein kleines Diabasvorkommen besteht. Unmittelbar im Emsbachtal und im Westen der Gemarkung hat sich eine Lössschicht gebildet. Vom Südosten des Orts verläuft ein Bleierzgang weiter in Richtung Südosten.
Waldbestand
Oberselters hat eine Waldfläche von 80 ha, auf drei Wälder verteilt:[3]
Wald | Größe in ha |
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Jungewald | 11,9 |
Kühgraben | 46,4 |
Winterholz | 21,7 |
Geschichte
Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen
Die Rupertinerin Rachild schenkte Saltrissa, damals einer Ansammlung von herrschaftlichen Höfen und einer Waldschmiede, im Jahr 772 dem Kloster Lorsch. Aus dieser Waldschmiede entwickelte sich vermutlich die heute leerstehende Hammermühle am Ortsausgang in Richtung Niederselters.
Politisch war Oberselters schon früh fest an Camberg gebunden und damit zunächst konradinisch, dann Teil der Grafschaft Diez und machte ab etwa 1420 die komplizierten Besitzverhältnisse des Amts Camberg in geteiltem und gemeinsamen Besitz verschiedener regionaler Adelshäuser mit.
1448 entstand zunächst als Filiale der Pfarrei Camberg eine Kapelle in der Ortsmitte, die dem Heiligen Leonhard, ab 1526 dem Heiligen Antonius geweiht war. Da diese Kapelle baufällig geworden war, entstand 1776 an ihrer Stelle eine barocke Kirche. In ihrer Innenausstattung stechen eine stuckverzierte Spiegeldecke, barocke Statuen und eine Kanzel aus Nussbaumholz hervor. 1777 wurden aus dem vom Kirchenbau übriggebliebenen Holz die erste Schule und ein Backhaus errichtet. Zuvor war Bad Camberg der Schulort gewesen. Nach dem Anbau eines weiteren Klassenraumes 1831 fand in der Oberselterser Schule bis 1968 Unterricht statt. Seitdem besuchen die Kinder aus dem Ort die Mittelpunktschule "Goldener Grund" in Niederselters.
Die ersten Anordnungen der Verhütung eines Brandes im Zusammenhang mit häuslichen Feuerstätten in Textform im Kurfürstentum Trier vom 9. Mai 1721 führten auch in Oberselters zu erheblichen Verbesserungen der Bauweise der Gebäude.[4]
1901 entstand innerhalb der Pfarrei Bad Camberg ein Seelsorgebezirk Erbach-Oberselters, der 1913 zur eigenständigen Pfarrei wurde.
Im Ersten Weltkrieg fielen 19 Oberselterser, im Zweiten Weltkrieg 42.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Ort vor allem westlich der Bahnlinie, wo das so genannte "Oberdorf" entstand. 1962 wurde ein Pfarrheim neben der Kirche fertiggestellt.
Seit der Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen stimmte die Gemeindevertretung mit sieben zu sechs Stimmen für die Eingemeindung nach Camberg, und gegen die Eingemeindung nach Selters (Taunus). Am 1. Januar 1974 trat dann die Eingliederung als Stadtteil nach Camberg durch Landesgesetz in Kraft.[5][6] Für den Stadtteil wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[7]
1980 wurde ein Bürgerhaus mit angrenzendem Feuerwehrhaus fertiggestellt.
Mineralbrunnen
Im Jahr 1784 brach in Oberselters eine Mineralquelle auf, was zum Rückgang der Wassermenge an den älteren Quellen im benachbarten aber kurtrierischen Niederselters führte. In den folgenden Jahren kam es zunächst zu schriftlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fürstentümern. 1794 ließ Kurtrier eine 800 Mann starke Militäreinheit mit zwei Kanonen vor Oberselters aufmarschieren und erzwang so das Zuschütten der Oberselterser Quelle. Nachdem beide Orte 1803 in das Herzogtum Nassau eingegliedert wurden, öffneten die Oberselterser ihre Quelle wieder, was erneut Auseinandersetzungen zwischen beiden Orten auslöste. Im folgenden Jahr musste Oberselters die Quelle wieder schließen. Erst seit 1870 wird dort fortgesetzt Mineralwasser gewonnen und vermarktet.
1871 wurde die Nassau-Selterser Mineralquellen AG gegründet, die im Frühjahr 1873 mit dem Abfüllen des in Oberselters geförderten Mineralwassers begann und im ersten Jahr 300.000 Krüge verkaufte. Einer der Mitbegründer war August Velde, der Bruder des Architekten Heinrich Velde. Der Mineralbrunnen war über Jahrzehnte der größte Gewerbebetrieb im Ort. Vor dem Ersten Weltkrieg umfasste die Belegschaft 60 Männer und Frauen. In den 1950er Jahren begann der Ertrag der Quelle nachzulassen. Um den Betrieb zu erhalten, übernahm die Gemeinde Oberselters 1956 die Aktienmehrheit und wandelte das Unternehmen in eine GmbH um. In den folgenden Jahren wurden neue Quellen erschlossen und die Produktion ausgeweitet. 1995 wurden mehr als 60 Millionen Flaschen verkauft. 2003 schloss sich die Brunnengesellschaft mit der Frankenbrunnen GmbH zur Oberselters Mineralbrunnen Vertriebs GmbH zusammen.
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Oberselters lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8]
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Amt Camberg (Kurfürstentum Trier, Unteres Erzstift und Fürstentum Diez jeweils zur Hälfte)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Nassau-Weilburg (durch Reichsdeputationshauptschluss), Amt Camberg
- ab 1806: Herzogtum Nassau, Amt Camberg
- ab 1816: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Idstein
- ab 1849: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Kreisamt Idstein
- ab 1854: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Idstein
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Untertaunuskreis
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Untertaunuskreis
- ab 1886: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Limburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Limburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Kreis Limburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Limburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreis Limburg
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Limburg
- am 1. Juli 1974 wurde Oberselters als Stadtteil nach Bad Camberg eingegliedert.
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Limburg-Weilburg
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Limburg-Weilburg
Einwohnerzahlen
• | 1585: 41 Haushalte[9] |
Oberselters: Einwohnerzahlen von 1650 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1650 | 29 | |||
1834 | 480 | |||
1840 | 538 | |||
1846 | 551 | |||
1852 | 590 | |||
1858 | 560 | |||
1864 | 536 | |||
1871 | 526 | |||
1875 | 584 | |||
1885 | 567 | |||
1895 | 543 | |||
1905 | 550 | |||
1910 | 587 | |||
1925 | 575 | |||
1939 | 601 | |||
1946 | 782 | |||
1950 | 763 | |||
1956 | 809 | |||
1961 | 839 | |||
1967 | 963 | |||
1970 | 1.004 | |||
1974 | 1.017 | |||
1987 | 1.002 | |||
1998 | 1.221 | |||
2005 | 1.173 | |||
2011 | 1.050 | |||
2016 | 1.022 | |||
2019 | 1.047 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; ab 1970: Stadt Camberg[10][2]; Zensus 2011[11] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Oberselters 1050 Einwohner. Darunter waren 42 (4,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 147 Einwohner unter 18 Jahren, 435 zwischen 18 und 49, 291 zwischen 50 und 64 und 177 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 465 Haushalten. Davon waren 129 Singlehaushalte, 138 Paare ohne Kinder und 147 Paare mit Kindern, sowie 45 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 78 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 330 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]
Religionszugehörigkeit
• 1885: | 10 evangelische (= 1,76 %), 554 katholische (= 97,71 %), und ein anderes christliche-konfessioneller (= 0,18 %), zwei jüdische (= 0,35 %) Einwohner[1] |
• 1961: | 35 evangelische (= 4,17 %), 804 römisch-katholische (= 95,83 %) Einwohner[1] |
Politik
Ortsbeirat
Seit nach der Kommunalwahl in Hessen 2021 besteht der Ortsbeirat von Oberselters aus fünf Mitgliedern der CDU und einem Mitglied der SPD. Ortsvorsteher ist Ottmar Stahl (CDU).[12]
Bürgermeister 1848–1974
Bürgermeister[13] | Amtszeit |
---|---|
Anton Brahm | 1848–1869 |
Anton Schwarz | 1870–1881 |
Jakob Bauer | 1881–1889 |
Jakob Stahl | 1900–1917 |
Peter Deisel | 1918–1924 |
Heinrich Müller | 1925–1933 |
Anton Zimmermann | 1933–1934 |
Josef Zimmermann | 1934–1945 |
Wilhelm Pabst | 1945–1950 |
Josef Zimmermann | 1950–1968 |
August Weil | 1968–1974 |
Infrastruktur
Seit dem Jahr 1934 sorgt die Freiwillige Feuerwehr Oberselters (ab 4. Juni 1974 mit Jugendfeuerwehr) für den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe in diesem Ort.
Kultur
Vereine
Die Freiwillige Feuerwehr Oberselters besteht seit 1934. Seit dem 4. Juni 1974 führt sie eine Jugendfeuerwehr. Der 1921 gegründete Sportverein bildet zusammen mit Niederselters und in einigen Bereichen auch mit Erbach eine Spielgemeinschaft. Der Gesangverein "Liederkranz" setzt sich zusammen aus einem Männerchor (gegründet 1896) und einem Frauenchor (gegründet 1997). Seit 2018 trägt der Chor den Namen „Gesangverein Liederkranz 1896 e.V“.[14] Der Chorleiter ist seit 2001 Georg Hilfrich. Der Verschönerungsverein Oberselters besteht seit 1956.
Kerb
Die Kerb, das Kirchweihfest, ist eine der wichtigsten Veranstaltung im Kalender des „Brunnendorfes“. Sie wurde jahrelang im Jahresrhythmus von den ortsansässigen Vereinen am ersten Wochenende im September veranstaltet. Seit dem Jahr 2018 ist der Kerbeverein Oberselters e.V. Ausrichter dieses Events.
Literatur
- Eisenbach, Ulrich: Oberselters und seine Geschichte, hrsg. vom Magistrat der Stadt Bad Camberg, Stadtarchiv. 1993, DNB 940796562
- Literatur über Oberselters nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Stadtteile: Oberselters. In: Internetauftritt. Stadt Bad Camberg
- Oberselters, Landkreis Limburg-Weilburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Oberselters, Landkreis Limburg-Weilburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Oberselters. In: Webauftritt. Stadt Bad Camberg, abgerufen am 2. Dezember 2021.
- Oberselters und seine Geschichte, S. 111
- Franz-Josef Sehr: Brandschutz im Heimatgebiet vor 300 Jahren. In: Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg (Hrsg.): Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2022. Limburg 2021, ISBN 3-927006-59-9, S. 223–228.
- Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Limburg und des Oberlahnkreises. (GVBl. II 330-25) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 5, S. 101, § 9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 809 kB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 369.
- Hauptsatzung. (PDF; 174 4B) § 6. In: Webauftritt. Stadt Bad Camberg, abgerufen im Dezember 2021.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Oberselters und seine Geschichte, S. 95
- 1998; 2005; 2016:Statistische Daten. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original; abgerufen am 19. Februar 2021.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 18 und 58 .
- Ortsbeirat des Ortsbezirkes Oberselters. Stadt Bad Camberg, abgerufen im Dezember 2021.
- Oberselters und seine Geschichte, S. 36
- Liederkranz 1896 Oberselters e. V. Chor gibt sich neuen Namen. Nassauische Neue Presse, 2. März 2018, abgerufen am 27. März 2018.