Misery (Film)
Misery ist eine US-amerikanische Verfilmung des Stephen-King-Romans Sie aus dem Jahr 1990. Die Regie in diesem Psychothriller führte Rob Reiner; das Drehbuch schrieb William Goldman. Die Hauptrollen spielen James Caan und Kathy Bates.
Film | |
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Titel | Misery |
Originaltitel | Misery |
Produktionsland | USA |
Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 1990 |
Länge | 103 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 16 |
Stab | |
Regie | Rob Reiner |
Drehbuch | William Goldman |
Produktion | Rob Reiner Andrew Scheinman |
Musik | Marc Shaiman |
Kamera | Barry Sonnenfeld |
Schnitt | Robert Leighton |
Besetzung | |
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Handlung
Paul Sheldon, ein erfolgreicher Romanautor, beendet sein neuestes Buch in einer entlegenen Hütte in den Bergen im Clear Creek County in Colorado. Er ist als Autor der Misery-Saga bekannt. Als er den Roman beendet hat, macht er sich mit dem Manuskript auf den Nachhauseweg nach New York City. Wegen eines Schneesturms kommt er von der Straße ab und wird schwer verletzt. Annie Wilkes rettet ihn aus dem Autowrack und nimmt ihn bei sich im Haus auf, in dem sie zurückgezogen mit einem Schwein namens Misery lebt. Die ehemalige Krankenschwester stellt sich als „sein größter Fan“ vor. Da der Schneesturm jeglichen Kontakt nach außen unterbrochen hat, versucht sie selbst, ihn gesund zu pflegen.
Zum Dank lässt Paul sie einen Blick auf das Manuskript seines neuen Buchs werfen, was sie begeistert. Doch sie ist entsetzt über die vulgäre Sprache der Protagonisten. Nachdem Annie zunächst liebenswürdig und schrullig erschien, lernt Sheldon schnell ihre andere Seite kennen: Annie bekommt Wutanfälle und teilt dem entsetzten Sheldon mit, dass sie niemandem seinetwegen Bescheid gegeben habe und er ihr hilflos ausgeliefert sei. Sie zwingt ihn, sein Manuskript zu verbrennen, in Kenntnis von Pauls Aberglauben, niemals Kopien seiner Original-Manuskripte zu machen. Als sie dann auch noch das vorerst letzte Buch der Misery-Reihe liest, in dem Paul die Romanheldin sterben lässt, stellt sie ihn aggressiv zur Rede. Da ihr klar ist, dass kein weiterer Misery-Roman vorgesehen ist, lässt Annie ihren Zorn an dem von ihr ans Bett gefesselten Paul aus und zwingt ihn, die Misery-Saga fortzusetzen.
Paul kann sich mittlerweile in einem Rollstuhl wenigstens im Zimmer bewegen. Die Tür zu seinem Zimmer wird von Annie abgeschlossen. Paul gelingt es jedoch, mit einer zufällig auf dem Boden liegenden Haarklammer die Tür zu öffnen. Neben umfangreichen Medikamentenvorräten entdeckt Paul ein rotes Fotoalbum, in dem Annie zahlreiche Zeitungsausschnitte sammelt, etwa aktuelle Berichte über Sheldons plötzliches Verschwinden als berühmter Starautor, aber auch alte Artikel über Annie Wilkes' Vergangenheit: Die Zeitungstexte geben Hinweise auf Morde an ihrem Vater, einer Schwesternschülerin und einem Kinderarzt. Demnach wurde Annie als Oberschwester der Säuglingsstation eingesetzt und später wegen Tötungsfällen an Babys verhaftet. Paul entwendet aus der Küche ein langes Messer, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, das er unter der Matratze seines Betts versteckt. Trotz seiner Vorsicht kommt Annie hinter seine Absichten: Als sich Paul während ihrer Abwesenheit aus seinem Zimmer befreien konnte und im Rollstuhl durch die Räume fuhr, um sich im Haus umzusehen, stieß er versehentlich mit dem linken Bein gegen ein Holzschränkchen, von dem ein kleiner Keramikpinguin herunterfiel, den Paul mit der Hand auffing und wieder an seinen Platz stellte – jedoch mit dem spitzen Schnabel in die falsche Richtung blickend, was die pedantische Annie hinterher umgehend bemerkte. Daraufhin fixiert sie Paul mit Seilen an sein Bett und bricht ihm mit einem Vorschlaghammer die Füße, um ihn an weiteren Fluchtversuchen zu hindern.
Inzwischen hat auch der Sheriff Verdacht geschöpft, weshalb er Nachforschungen über das Vorleben von Annie Wilkes anstellt. In einem Zeitungsarchiv erfährt der recherchierende Sheriff, dass es sich bei der mysteriösen Frau um eine verurteilte Krankenschwester handelt, die in einem Hospital mehrere Säuglinge umgebracht haben soll. Mit diesem Wissen sucht der Sheriff das abgelegene Haus von Annie Wilkes auf. Als er den um Hilfe rufenden Paul Sheldon im dortigen Keller vorfindet, wird der Sheriff von Annie hinterrücks mit einem Gewehr erschossen. Als Annie danach Paul unterbreitet, dass sie sich zusammen mit ihm das Leben nehmen will, bittet er um etwas Zeit, um den Roman für die Nachwelt zu vollenden. Danach wolle er mit ihr das Ereignis feiern, bevor sie beide gemeinsam den Freitod wählen. Als es soweit ist, verbrennt Paul das erzwungene Manuskript und tötet Annie in einem Kampf.
18 Monate später sieht man Paul Sheldon in New York City. Er kann wieder laufen, wenn auch hinkend. Er trifft sich mit seiner Verlegerin Marcia im Restaurant und lehnt einen Tatsachenroman über seine schrecklichen Erlebnisse mit Annie Wilkes ab: „Ich soll den schlimmsten Horror meines Lebens rauskramen, nur damit wir ein paar Mäuse machen?“ Er erzählt ihr, dass er manchmal noch glaube, Annie in anderen Menschen zu erkennen, obwohl er wisse, dass sie tot ist. Dies geschieht auch, als eine Kellnerin auftaucht, die ihm sagt, dass sie sein größter Fan sei. Sheldon kann das auf Grund seiner Erfahrung nur mit einem gequälten Lächeln quittieren.
Entstehung
Stephen Kings Roman Sie erschien 1987. Wie die meisten King-Bücher war es ein großer Erfolg, und Hollywood riss sich um den Stoff. Da King jedoch mit den wenigsten Verfilmungen seiner Romane glücklich war, hielt er die Filmrechte zunächst zurück. Erst als ihn Rob Reiner anrief, ließ sich King auf Verhandlungen ein. Reiner hatte zuvor schon Die Leiche (als Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers) verfilmt, eine der wenigen Filmadaptionen von Kings Romanen, die King mochte. Er verkaufte die Filmrechte an Castle Rock Entertainment mit der Auflage, dass Rob Reiner entweder produzieren oder Regie führen müsse.[1][2]
Um den Roman zu einem Drehbuch zu adaptieren, wandte sich Reiner an William Goldman, der den Auftrag annahm.[3] Es war folgende Szene (Goldman nannte sie die „Metzger-Szene“), die ihn letztlich dazu trieb, den Auftrag anzunehmen: Annie Wilkes trennte ihrem Opfer Paul Sheldon ein Bein mit einer Axt ab und versengte die Wunde mit einem Propangasbrenner. Goldman wusste, dass er vor der Möglichkeit stand, für eine Szene mitverantwortlich zu sein, die sich im Gedächtnis der Zuschauer einprägen würde und Filmgeschichte schreiben könnte. Die nächsten sechs Monate verbrachte er mit Rob Reiner und dessen Geschäftspartner Andy Scheinman mit der Arbeit für verschiedene Drehbuchentwürfe.[4][2] Dann begann die Suche nach einem geeigneten Regisseur. Die Wahl fiel auf George Roy Hill, der erst zusagte, dann jedoch aufgrund Bedenken über besagte Szene absagte. Rob Reiner nahm sich der Aufgabe selbst an. George Roy Hills Einwände warfen allerdings Fragen auf. Eine firmeninterne Umfrage sollte klären, ob die „Metzger-Szene“ tatsächlich zu hart sei. Und tatsächlich rieten die meisten Mitarbeiter davon ab.[2][5]
Noch während der Drehbucharbeiten begann das Casting für den Film. William Goldman schrieb Kathy Bates die Rolle der Annie auf den Leib. Er kannte sie aus einigen Bühnenstücken und bewunderte sie für ihr Talent. Rob Reiner, der sie schon auf dem Broadway gesehen hatte, engagierte sie sofort.[2][5]
Das Casting für Paul Sheldon war um einiges schwieriger, weil eine solche Rolle für Hollywoodstars wenig attraktiv ist. Paul Sheldon ist fast den ganzen Film über ans Bett gefesselt und einer Frau ausgeliefert. Die Liste der Stars, an welche die Rolle herangetragen wurde, ist lang: William Hurt, Kevin Kline, Michael Douglas, Harrison Ford, Dustin Hoffman, Robert De Niro, Al Pacino, Gene Hackman und Robert Redford sagten alle ab. Warren Beatty zeigte großes Interesse, hatte aber ebenfalls Bedenken wegen der Brutalität. Und obwohl Goldman davon überzeugt war, dass sie unverändert bleiben müsse, entfernten Scheinman und Reiner die umstrittene Szene. Goldman war wütend, aber machtlos. Beatty übernahm die Rolle trotzdem nicht. Die Story wurde dahingehend geändert, dass Annie die Fußgelenke ihres Opfers mit einem Vorschlaghammer zertrümmert.[2][5]
Richard Dreyfuss sagte zu, ohne das Drehbuch zu lesen. Er hatte 1989 Reiners Angebot abgelehnt, die Hauptrolle in Harry und Sally zu übernehmen. So einen Fehler wollte er kein zweites Mal machen. Nachdem ihm Rob Reiner das Drehbuch dann geschickt hatte, zog aber auch er sein Angebot zurück. Schließlich fiel die Wahl auf James Caan, der zu dieser Zeit lange keinen Erfolg mehr verbuchen konnte und für seine Drogenprobleme bekannt war.[2]
Dreharbeiten und Erfolg
Die Dreharbeiten begannen im Januar 1990 und dauerten bis zum 31. Mai. Reiner drehte den Film in chronologischer Reihenfolge. Der Film kam am 30. November 1990 in die US-Kinos. Nachdem William Goldman den fertigen Film gesehen hatte, war er ebenso wie Stephen King vom Endergebnis begeistert.
Mit einem Budget von etwa 20 Millionen US-Dollar nahm der Film allein durch die Kinoauswertung in den USA 61 Millionen US-Dollar ein und wurde zu einem der größten Hits von Castle Rock.
Trivia
- In der Zeichentrickserie Family Guy wird der Film in der Episode Dreimal King (S8E15) parodiert.
- In der Zeichentrickserie Drawn Together wird die Szene, in der Sheldon die Fußknöchel mit einem Vorschlaghammer gebrochen werden, in der Folge Unrestrainable Trainable von Clara und Wollknäuel Sockenbart parodiert.
- Von der Stop-Motion-Serie Robot Chicken wurde in der Folge 10 der Staffel 3 eine Sequenz des Filmes mit den (animierten) Peanuts nachgestellt.
- In der Szene, in der Annie den bewusstlosen Paul ans Bett fesselt und mit einem Vorschlaghammer seine Fußgelenke zertrümmert, erklingt leise im Hintergrund der erste Satz Adagio der Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven.
Kritiken
Quelle | Bewertung |
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Rotten Tomatoes | |
Kritiker | [6] |
Publikum | [6] |
IMDb | [7] |
- Stephen King selbst sagt in seinem Buch Das Leben und das Schreiben, er habe sich jeden anderen Hauptdarsteller als James Caan in der Person des Sheldon gewünscht.
- epd Film 5/1991 schrieb: „Daß Reiner sich mit diesem Horrorstoff nicht wohlgefühlt hat, sieht man dem Film an. Seine Inszenierung kann sich nicht so recht entscheiden, ob sie die psychische Grausamkeit und physische Brutalität des Szenarios akzentuieren oder entschärfen soll. Für das Grauen findet Reiner nur die konventionellen filmischen Entsprechungen, er betont die Klaustrophobie der Situation vorwiegend durch extreme Weitwinkel, durch Untersichten und verkantete Perspektiven – als wolle er auf Nummer Sicher gehen. Die Qualitäten des Films beruhen eher auf der intelligenten und komplexen Konstruktion des Plots durch Goldman, der die Geschichte immer über das Schreiben fortschreibt.“
- Im Filmdienst 8/1991 war zu lesen: „Der auf einer Stephen-King-Vorlage basierende Zweikampf wurde filmisch suggestiv und mit viel Galgenhumor umgesetzt, erfordert aber die Bereitschaft, die abwegige Grundkonstellation zu akzeptieren.“[8]
- Auf treffpunkt-kritik.de zog man das Fazit: „Misery ist ein sehenswerter und außerordentlich spannender Thriller mit hervorragender Besetzung, der sich durchaus mit der Romanvorlage messen lassen kann und […] zu den besten Stephen-King-Verfilmungen überhaupt zählt.“[9]
- filmstarts.de war der Meinung, Rob Reiner halte „einige durchaus spannende Momente und Nervenkitzel bereit, und auch der Showdown [lasse] nicht viel zu wünschen übrig. Insgesamt eine solide, wenn auch nicht weltbewegende Inszenierung“.[10]
- Für Kino.de stellte sich der Film als „perfekte Mischung aus klassischem Suspense à la Hitchcock und mitleidslosem modernen Horror“ dar.[11]
Auszeichnungen
- Oscar in der Kategorie
- „Beste Hauptdarstellerin“ für Kathy Bates
- Golden Globe Award in der Kategorie
- „Beste Hauptdarstellerin“ für Kathy Bates
- Chicago Film Critics Association Award in der Kategorie
- „Beste Hauptdarstellerin“ für Kathy Bates
- Saturn Award
- Nominierung in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ – Kathy Bates
- Nominierung in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ – James Caan
- Das American Film Institute wählte die Figur Annie Wilkes auf Platz 17 der „bösesten Schurken der Filmgeschichte“.
Literatur
- William Goldman: Wer hat hier gelogen. Bastei Lübbe, Köln 2001, ISBN 3-404-94010-5.
- Stephen King: Sie. Ullstein tb, Berlin 2005, ISBN 3-548-26313-5.
Weblinks
- Misery in der Internet Movie Database (englisch)
- Misery bei Rotten Tomatoes (englisch)
- Misery Review von Roger Ebert (englisch)
- Misery bei nightmare-horrormovies.de
Einzelnachweise
- Misery bei echolog.de. Abgerufen am 6. September 2016.
- Peter Shelley: Grande Dame Guignol Cinema: A History of Hag Horror from Baby Jane to Mother, S. 280 ff., McFarland & Company, Inc., Publishers ISBN 978-0-7864-4569-1
- Ein Mann des Wortes In: Die Welt. Abgerufen am 6. September 2016.
- William Goldman: Which Lie Did I Tell?: More Adventures in the Screen Trade, Knopf Doubleday, Publishing Group. 2001 – Misery 1990 ISBN 978-0-7475-5317-5
- Misery Trivia in der IMDb (englisch)
- Misery. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 11. Juli 2021 (englisch).
- Misery in der Internet Movie Database (englisch)
- siehe auch Misery. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 1. Juli 2017.
- Misery bei treffpunkt-kritik.de
- Misery bei filmstarts.de. Abgerufen am 6. September 2016.
- Misery. In: Kino.de. Abgerufen am 11. Juli 2021.