Michael Degen

Michael Max Degen (* 31. Januar 1932 in Chemnitz) ist ein deutsch-israelischer[1] Theater- und Filmschauspieler sowie Schriftsteller.

Michael Degen, 2012,
Studio Hamburg Nachwuchspreis (auf dem roten Teppich)

Leben und Wirken

Jugend

Michael Degen ist ein Sohn von Jacob Degen, Professor für Sprachen und Kaufmann[2] jüdischen Glaubens und russischer Herkunft,[3] und dessen Frau Anna. 1933 zogen sie mit ihm und seinem vier Jahre älteren Bruder Adolf von Chemnitz nach Berlin-Tiergarten. Im Winter 1939/40 wurde sein Bruder von den Eltern über Dänemark und Schweden nach Palästina geschickt, um ihn wegen seiner jüdischen Herkunft vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu retten. Im September 1939 deportierte die Gestapo seinen Vater. Er überlebte zwar das Konzentrationslager Sachsenhausen trotz schwerster Verletzungen, starb aber kurz nach seiner Freilassung an den Folgen der erlittenen Folter im April 1940.

Michael Degen besuchte die jüdische Schule bis zu ihrer Schließung im Jahr 1942.[4] Angesichts von Zwangsräumungen ihrer Nachbarn durch die Gestapo im Jahr 1943 beschloss seine Mutter spontan, sich und ihren Sohn vor dem Zugriff zu retten. Acht Mal mussten sie auf ihrer Flucht unter falscher Identität das Versteck wechseln,[3] bis sie in einer Laubenkolonie bei nichtjüdischen Freunden, den Kommunisten Marie-Luise und Carl Hotze[5] im Berliner Ortsteil Kaulsdorf bleiben und überleben konnten.[6] 2019 wurden vor dem Wohnhaus der Familie Hotze in der Straße An der Wuhle 41 Stolpersteine verlegt.[7]

Schauspielausbildung

Bereits 1946 begann Michael Degen mit Hilfe eines Stipendiums[8] eine Schauspielausbildung am Deutschen Theater im damaligen sowjetischen Sektor Berlins. Dort erhielt er auch sein erstes Engagement. 1949 emigrierte er auf Wunsch seiner Mutter in den jungen Staat Israel, dessen Staatsbürgerschaft der zuvor Staatenlose erhielt. Er diente dort bei den israelischen Streitkräften während des israelischen Unabhängigkeitskrieges, allerdings weigerte er sich, eine Waffe zu tragen und den Fahneneid abzulegen.[9]

Während dieser Zeit fand er auch seinen älteren, im Krieg verwundeten Bruder Adolf Degen in einem Lazarett wieder und lernte mit seiner Hilfe Neuhebräisch. Danach war er an den Kammerspielen in Tel Aviv engagiert. Nach zwei Jahren Aufenthalt verließ er Israel und kehrte nach Deutschland zurück.

Berufsleben

Michael Degen, 2006

In Berlin spielte er wieder im Ensemble von Bertolt Brecht am Deutschen Theater. Zahlreiche Engagements folgten in den nächsten Jahrzehnten auf den Bühnen von Köln, Frankfurt am Main, Berlin, München, Salzburg, Hamburg und Wien. Im Laufe seiner Theater- und Filmlaufbahn arbeitete er – neben dem bereits erwähnten Bertolt Brecht – mit bedeutenden Regisseuren wie George Tabori (Die Kannibalen, 1969), Ingmar Bergman (Fräulein Julie, 1981, Don Juan von Molière, Salzburger Festspiele 1983), Claude Chabrol (Die Wahlverwandtschaften von Goethe, 1981), Rudolf Noelte und Peter Zadek (Ghetto von Joshua Sobol, 1984) zusammen.

Michael Degen, 2011

Dem Fernsehpublikum wurde Michael Degen erstmals durch seine Rolle (Grünlich) in Franz Peter Wirths Fernsehserie Die Buddenbrooks (1979) bekannt. In den 1980er Jahren folgten Auftritte in Fernsehfilmen wie Dieter Wedels Mittags auf dem roten Platz (1983), Egon Monks Die Geschwister Oppermann (1983), Peter BeauvaisDie ewigen Gefühle (1984) und Michael Kehlmanns Geheime Reichssache (1987). Im letztgenannten Film, der die Blomberg-Fritsch-Krise 1938 thematisiert, spielte Degen die Rolle Hitlers.

Seit 1986 meidet Degen politische Stellungnahmen in der Öffentlichkeit, da er nach einem Protest gegen ein Treffen der „Leibstandarte SS Adolf Hitler“ Morddrohungen erhielt und seine Wohnung in Hamburg verwüstet wurde.

Für viele Fernsehzuschauer blieb er am nachhaltigsten durch eine der populärsten Serien der späten 1980er Jahre an der Seite von Witta Pohl und Günter Strack in Erinnerung: Diese Drombuschs (ab 1989). Von 2000 bis 2019 war er in der ARD-Krimiserie Donna Leon in der Rolle des Vice-Questore Patta präsent.

Seit 2002 tritt Michael Degen auch als Schriftsteller in Erscheinung. Degens Autobiografie Nicht alle waren Mörder (1999) wurde 2006 für die ARD verfilmt. In Zusammenarbeit mit Degen verfasste Jo Baier das Drehbuch und führte auch Regie.

2010/11 und 2014 spielte Degen im Stück Heldenplatz von Thomas Bernhard und in Mir fällt zu Hitler nichts ein im Theater in der Josefstadt.

Privates

Degen hat je zwei Kinder aus zwei Ehen. Eine Tochter aus seiner ersten Ehe mit der Künstlerin Sarah Eckel[10] ist die Schauspielerin Elisabeth Degen (Aimée & Jaguar, Nach so vielen Jahren). 2009 waren beide gemeinsam im Kurzfilm Kriegerstock und 2017 im Film Winterjagd[11] zu sehen. Degen ist in dritter Ehe mit der Journalistin Susanne Sturm verheiratet und lebt in der Nähe von Hamburg.

Auszeichnungen

Filmografie (Auswahl)

Theater

Bücher

  • Nicht alle waren Mörder – Eine Kindheit in Berlin. Econ, München 1999, ISBN 3-430-12049-7; Ullstein, Berlin 2004, ISBN 3-548-84001-9; List, Berlin 2009, ISBN 978-3-548-60910-2, Autobiographie von 1943–1945.
  • Blondi. List, München 2004, ISBN 3-548-60409-9, Roman.
  • Der Steuerhinterzieher. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-550-08617-2, Roman.
  • Mein heiliges Land. Auf der Suche nach meinem verlorenen Bruder. Rowohlt Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-87134-559-3, Erlebnisbericht.
  • Familienbande. Rowohlt Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-87134-633-0, Roman über das Leben von Michael Mann.
  • Der traurige Prinz. Roman einer wahren Begegnung. Rowohlt Verlag, Berlin 2015, gebunden, ISBN 978-3-87134-768-9, Roman über Degens Begegnung mit Oskar Werner.

Hörspiele

Hörbücher

Literatur

Commons: Michael Degen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Interviews

Einzelnachweise

  1. Ralf Fischer und Jan Poppke: „Ich möchte einfach mehr Zeit haben.“ In: HaGalil.com, Interview auf der Leipziger Buchmesse, aufgerufen am 17. Mai 2015.
  2. Barbara Jänichen: Michael Degens Leben im Untergrund wird verfilmt. Schauspieler schreibt mit Joe Baier das Drehbuch. In: Die Welt, 8. Dezember 2004.
  3. Anja Höfer: Lachen gegen die Angst. Michael Degens jüdische Kindheit im Berlin der NS-Zeit. In: literaturkritik.de, 1. Mai 2000.
  4. Dieter Wunderlich: Michael Degen / Biografie, aufgerufen am 17. Mai 2015.
  5. Kristian Ronneburg: Gedenkspaziergang in Kaulsdorf – Stolperstein-Ausstellung im Kiezbüro
  6. Pressemitteilung: „Marzahn-Hellersdorf 1933 bis 1945“ – Eröffnung der neuen Ausstellung zum Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ – am 24.03. im Bezirksmuseum Marzahn-Hellersdorf. In: Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf, 12. März 2013.
  7. Stolpersteinverlegung für Marie-Luise und Carl Hotze. Pressemitteilung des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf, 21. November 2019.
  8. Biografie Michael Degen. In: whoswho.de, aufgerufen am 17. Mai 2015.
  9. Yvonne Weiß trifft Michael Degen. Vater Courage. (Memento vom 17. Mai 2015 im Webarchiv archive.today) In: Hamburger Abendblatt, Sonnabend/Sonntag, 4./5. Dezember 2010, Magazin, Stadtgespräch, Seite III.
  10. Sebastian Rattunde: Nachrufe. Sarah Brigitte Eckel (Geb. 1940). Ihr Weg zur Kunst ist einer mit vielen Anläufen und Talenten. In: Tagesspiegel, 10. März 2011.
  11. http://www.filmstarts.de/kritiken/251100.htmlWinterjagd
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