Martin Luther (DDR 1983)

Martin Luther i​st ein i​n der DDR gedrehter Spielfilm i​n fünf Teilen a​us dem Jahr 1983 v​on Kurt Veth m​it dem Schauspieler Ulrich Thein i​n der Hauptrolle d​es Martin Luther. Der Film w​urde zum 500. Geburtstag Luthers i​m Jahr 1983 gesendet.

Film
Originaltitel Martin Luther
Produktionsland DDR
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1983
Länge 450 Minuten
Stab
Regie Kurt Veth
Drehbuch Hans Kohlus,
Kurt Veth
Produktion DEFA
im Auftrag des Fernsehens der DDR
Musik Karl-Ernst Sasse
Kamera Erich Gusko
Schnitt Renate Bade,
Christine Schöne
Besetzung

Handlung

Das Leben u​nd Wirken d​es Mönchs u​nd späteren Reformators Martin Luther w​ird in dieser Verfilmung i​n fünf Teilen behandelt:

Teil 1: Der Protest Es ist das Jahr 1517, der Dominikaner Johann Tetzel reist durchs Land und verkauft Ablässe. In der Nähe von Wittenberg angekommen, hofft er auch dort bald Ablässe unter die Leute bringen zu können. Doch Kurfürst Friedrich der Weise verweigert ihm das Betreten seines Landes. Dr. Luther, Dozent an der Universität Wittenberg, hört von Tetzels Ablasspredigten und schreibt 95 Thesen gegen den Ablasshandel. Johann von Staupitz, Beichtvater und Generalvikar des Augustinerordens, versucht ihn zu besänftigen. Doch Luther lässt sich nicht milde stimmen. Er lässt seine 95 Thesen vom Drucker Grunenberg drucken und schlägt sie sodann an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Sie werden zudem durch den Buchdruck verbreitet und so erhält auch Tetzel Kunde davon. Tetzel schäumt und fordert Luthers Verbrennung. Als er erfährt, dass Luther die Tochter einer Bäuerin und Hexe in die Obhut von Lucas Cranach gegeben haben soll, nennt er ihn in gesteigerter Rage sogleich den Sohn des Teufels. Tetzel fasst den Beschluss, zusammen mit Professor Koch Gegenthesen zu formulieren, und lässt Luther als Ketzer anzeigen.

Teil 2: Der Sohn der Bosheit Es ist das Jahr 1518. Luthers Thesen und Schriften verbreiten sich über das ganze Land und er gewinnt Anhänger. Luther wird nach Augsburg bestellt und er geht tatsächlich. Dort wird er von Kardinal Cajetan aufgefordert, seine Thesen zu widerrufen, aber er folgt der Aufforderung nicht.

Teil 3: Die Geheimnisse des Antichrist Luther erkennt, dass der Papst der Antichrist sein muss, und lässt dies verkündigen. Die Bannbulle, die Johannes Eck beim Papst gefordert und erwirkt hat, verbrennt er mit seinen Anhängern vor den Toren der Stadt Wittenberg. Zu diesem Anlass singen sie Luthers neues Lied Ein feste Burg ist unser Gott.

Teil 4: Hier stehe ich … Es ist das Jahr 1521. Luther, vor den Reichstag in Worms zitiert, steht dort vor Kaiser Karl V. Erneut wird er aufgefordert zu widerrufen, was er verweigert. Der Kaiser handelt und verhängt die Reichsacht über ihn. Auf dem Rückweg nach Wittenberg wird Luther im Auftrag seines Landesherrn Kurfürst Friedrich auf die Wartburg verschleppt, die unter dem Kommando des Hauptmanns Berlepsch steht. In diesem Versteck übersetzt Luther das Neue Testament ins Deutsche. Unterdessen kommt es in Wittenberg zu Ausschreitungen. Wittenberger Bürger, die unter dem Einfluss von Karlstadt stehen, haben die Kirchen verwüstet. Sie haben die Bilder und Statuen von Heiligen vernichtet. Der entsetzte Luther kehrt eiligst nach Wittenberg zurück und hilft die Ordnung wiederherzustellen.

Teil 5: Das Gewissen Die letzte Episode behandelt die Jahre 1523 bis 1527. Luther heiratet die ehemalige Nonne Katharina von Bora. Im Süden des Reiches kommt es zu Bauernaufständen. Luthers ehemaliger Anhänger Thomas Müntzer befürwortet die Aufstände und heizt sie weiter an. Luther stellt sich gegen Thomas Müntzer und die aufständischen Bauern. Die Bauernaufstände, die später von der Geschichtsschreibung der DDR als sogenannte „Frühbürgerliche Revolution“ bezeichnet wurden, scheitern.[1] Thomas Müntzer wird hingerichtet. In Wittenberg bricht die Pest aus und auch Luther fühlt sich schlecht und krank. Die Verfilmung endet mit dem wieder zu Kräften gekommenen Luther, der weiß, dass die Reformation durch Krieg gefährdet ist.

Produktionsumstände

Der 500. Geburtstag Martin Luthers i​m Jahr 1983 g​ab Anlass, Sendungen z​u seinem Leben u​nd Wirken z​u produzieren. So w​urde 1981 b​is 1983 dieser DDR-Fernsehfilm i​n fünf Teilen gedreht. In d​er gleichen Zeit w​urde auch i​n der Bundesrepublik Deutschland e​in neuer Lutherfilm namens Martin Luther produziert. In beiden Produktionen schlug s​ich nieder, d​ass sie i​n der Zeit d​es Kalten Krieges gedreht wurden. Der DDR-Film w​urde im DEFA-Studio für Spielfilme für d​as Fernsehen d​er DDR i​n Zusammenarbeit m​it dem Barrandov-Studio i​n Prag hergestellt. So wurden n​icht nur Drehorte i​n der DDR, sondern a​uch im sozialistischen Ausland genutzt.[2] Im Gegensatz z​ur bundesdeutschen Verfilmung v​on Rainer Wolffhardt w​urde ein großer Aufwand betrieben; b​is heute i​st der DDR-Film d​er längste Lutherfilm überhaupt. Fachberater w​aren der Theologe Herbert Trebs u​nd der Historiker Gerhard Brendler. Bei d​er Verwirklichung d​es DDR-Films mussten d​ie Filmemacher jedoch a​uf politische Vorgaben achten.[3] Der Film w​urde im Oktober 1983 i​m Fernsehen d​er DDR ausgestrahlt. 1985 w​urde er i​n den Dritten Programmen gezeigt.

Ähnlichkeiten und gravierende Unterschiede zu anderen Lutherfilmen

  • Ulrich Thein (1930–1995) ist im Vergleich zu den Lutherdarstellern aus den anderen Verfilmungen der älteste Luther.
  • Das sogenannte Gewittererlebnis bleibt gänzlich unerwähnt, und Luthers Aufnahme in den Augustinerorden wird in der Verfilmung nur kurz als Rückblick behandelt.
  • Luther nagelt die 95 Thesen wie in vielen anderen Verfilmungen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Jedoch ist er bei seiner Tat nicht allein. Zwei Studenten begleiten ihn. Parallel in die Szene geschnitten, prophezeit ein Bücherverkäufer laut herausschreiend, dass ein Erlöser vom Kyffhäuser kommen werde. Die Szene verdeutlicht damit einen gravierenden Unterschied zwischen dieser und der bundesdeutschen Verfilmung Martin Luther von Rainer Wolffhardt. In der DDR-Verfilmung werden wesentlich stärker soziale Prozesse hervorgehoben. Luther wird weniger als Held dargestellt, sondern als Person, die von der Gesellschaft getragen wird.
  • Auf dem Reichstag zu Worms schreit Luther in dieser Verfilmung das „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ laut heraus. Der Wortlaut ist in den erhaltenen Abdrucken der Rede nicht vorhanden.[4] Deshalb sind viele Historiker der Ansicht, dass dieser Satz nie gesprochen wurde. Abgesehen davon, dass die Rede auf Latein gehalten wurde, muss der Satz bei einer Bejahung der mündlichen Überlieferungsmöglichkeit sehr laut (und vermutlich auf Deutsch) gesprochen worden sein. In der Verfilmung Martin Luther von Rainer Wolffhardt ist dies im Vergleich nicht der Fall.
  • Luther wirft auf der Wartburg mit seinem Tintenfass, ganz ähnlich wie es in der bekannten Sage geschildert wird.[5] Der Tintenfasswurf ist jedoch nur eine Sage.[6]
  • Thomas Müntzer wird wesentlich positiver dargestellt als in der Verfilmung Martin Luther von Rainer Wolffhardt, da Friedrich Engels in seinem Buch „Der deutsche Bauernkrieg“ die Ereignisse um Müntzer zu präsozialistischen Ereignissen verklärt hatte[7][1] und Müntzer unter seinen Nachfolgern als Märtyrer des Sozialismus galt.[7] Das Zentralkomitee der SED hatte daher vorgegeben, dass in der Verfilmung auf das „stimmige Verhältnis zwischen Luther und Müntzer zu achten“ sei.[8]
  • In der Szene, in der Thomas Müntzer hingerichtet wird, gibt es einen auktorialen/autoritären Erzähler. Damit ist diese Verfilmung eine der wenigen Lutherverfilmungen, in denen ein solcher Erzähler vorkommt. Sonst gibt es nur noch in der Verfilmung Der arme Mann Luther einen solchen Erzähler, der dort aber kein propagandistisches Element darstellen soll.

Kritiken

„... d​ie bundesdeutschen Rezensenten zeigten s​ich komplett beeindruckt, feierten d​en DDR-Film u​nd kritisierten ARD u​nd ZDF, d​ie nichts Vergleichbares z​u Stande gebracht hatten.“[9]

„Den Kritikern i​n der Bundesrepublik gefiel d​er DDR-Luther-Film mindestens ebenso g​ut wie d​ie Eigenproduktionen v​on ARD[10] u​nd ZDF, vielen s​ogar besser.“[11]

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Michael Schmidt [u. a.]: Die Deutsche Geschichte. Band 2. 1348–1755. Augsburg, 2001, S. 246.
  2. vgl. Horst Dähn: Luther und die DDR. Berlin 1996, S. 121–127.
  3. Siehe beispielsweise EKD – Martin Luther im Film (Memento des Originals vom 17. Mai 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ekd.de.
  4. Vgl. WA 7, S. 832 ff.
  5. Vgl. Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Nr. 562.
  6. In der Weimarer Ausgabe, Abteilung Tischreden, Nr. 6816 steht nur eine ähnliche, aber nicht identische Geschichte wie bei den Brüdern Grimm.
  7. Johann Baptist Müller: Luther und die Deutschen. Stuttgart 1996, S. 152 ff.
  8. EKD – Martin Luther im Film (Memento des Originals vom 17. Mai 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ekd.de.
  9. Torsten Wahl: Ein Film wird zum Staatsakt. In: Berliner Zeitung im Rückblick vom 13. Oktober 2003. Zugriff am 20. Februar 2013.
  10. Siehe Bruder Martin (1981)
  11. Horst Dähn: Luther und die DDR. Berlin 1996, S. 116.

Literatur

  • Horst Dähn: Luther und die DDR. edition ost, Berlin 1996, ISBN 3-929161-81-8
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