Marthalen
Marthalen (in einheimischer Mundart: Martaale, Maartel [5]) ist eine politische Gemeinde im Bezirk Andelfingen des Kantons Zürich in der Schweiz. Im Ortsbild des Dorfes Marthalen fallen die vielen noch erhaltenen Riegelhäuser auf.
Marthalen | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Zürich (ZH) |
Bezirk: | Andelfingen |
BFS-Nr.: | 0035 |
Postleitzahl: | 8460 Marthalen 8464 Ellikon am Rhein |
Koordinaten: | 691116 / 275815 |
Höhe: | 457 m ü. M. |
Höhenbereich: | 343–442 m ü. M.[1] |
Fläche: | 14,13 km²[2] |
Einwohner: | 1933 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 130 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 12,1 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | Matthias Stutz (SVP) |
Website: | www.marthalen.ch |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Marthalen liegt im Zürcher Weinland. Die Gemeinde Marthalen umfasst auf einer Fläche von 1'414 Hektar die Dörfer Marthalen und Ellikon am Rhein (Mundartname Elike) sowie die Weiler Niedermarthalen und Radhof. Mehr als ein Drittel der Fläche, nämlich 540 Hektar, sind von Wald bedeckt. Eine hoch entwickelte Landwirtschaft mit vorherrschendem Ackerbau prägt die Gemeinde.
Nachbargemeinden sind von Nordwesten aus im Uhrzeigersinn: Rheinau, Benken, Trüllikon, Kleinandelfingen und Flaach im Kanton Zürich, Buchberg und Rüdlingen im Kanton Schaffhausen, sowie Lottstetten im Landkreis Waldshut in Deutschland. Im Südwesten verläuft die Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |||||||||
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Jahr | 1649 | 1771 | 1850 | 1900 | 1920 | 1950 | 1980 | 2000 | 2010 |
Einwohner | 862 | 1012 | 1401 | 1164 | 1296 | 1215 | 1259 | 1803 | 1935 |
Rund 2000 Einwohner wohnen in der Gemeinde, davon etwa 100 in Ellikon.
Im Jahr 2010 gehörten 65,3 % der evangelisch-reformierten Konfession an, 15,2 % der römisch-katholischen, 19,5 % waren Mitglieder einer anderen Glaubensgemeinschaft oder konfessionslos.
Vereine
Marthalen hat einen eigenen Turnverein, einen Fussballclub (Ellikon/Marthalen) und ein Cevi. Daneben gibt es zwei Musikvereine, den Posaunenchor und den Musikverein Helvetia, ferner einen Kirchenchor sowie eine Guggenmusik. Ellikon hat seine Pontoniere.
Politik
Gemeindepräsident ist Matthias Stutz (SVP; Stand Februar 2019). Traditionell ist die Schweizerische Volkspartei (SVP) die stärkste Partei in der Gemeinde. Sie erreicht bei Nationalratswahlen rund 50 % der Wähleranteile.
Geschichte
Funde zeigen, dass die Gegend wohl bereits in der Stein- und Bronzezeit besiedelt war. Überreste von Töpfen aus einer Grube im Steinacker (Niedermarthalen) konnten der La-Tène-Zeit zugeordnet werden. Im Ortsteil Unterwil wurde im 17. Jahrhundert eine römische Niederlassung gefunden und nördlich von Ellikon am Rhein wurde die Ruine eines römischen Wachtturms entdeckt. Die Römerstrasse von Vitodurum (Oberwinterthur) nach Iuliomagus (Schleitheim) durchzog die Gegend. Gräber im Ortsteil Leeberen sowie der Name von Ellikon (Eleen-inc-hova = Wohnplatz der Eleninge) bestätigen die alemannische Besiedelung.
Marthalen und Ellikon wurden als Martella und Eleeninchova erstmals 858 im Zusammenhang mit der Übergabe von Besitzungen an den Grossgrundbesitzer Wolvene durch König Ludwig dem Deutschen, der diese seinerseits dem Kloster Rheinau vergabte, erwähnt. Ab 1408 gehörte die Vogtei als Rheinauer Lehen Schaffhauser Patriziern. Die hohen Gerichte wurden von der Landgrafschaft Thurgau und später von der Grafschaft Kyburg ausgeübt. Kyburg musste die Vogtei 1424 an die Stadt Zürich verpfänden und 1452 verkaufen. Im späteren 15. Jahrhundert ist die Abhaltung von «Gemeindeversammlungen» in Marthalen nachgewiesen. 1754 konnte sich Marthalen dank dem Verhandlungsgeschick des Untervogts Hans Jacob Wipf vom Kloster Rheinau freikaufen. 1798 tauschten die Kantone Schaffhausen und Zürich die Dörfer Dörflingen und Ellikon am Rhein.[6]
Sehenswürdigkeiten
- Schloss Marthalen (erbaut um 1440)
- „Unterer Hirschen“ (Gemeinderatskanzlei), erbaut 1715
- Obere Mühle
- Untere Schmiede
- Altes Wirtshaus, 1660 erbaut
- Altes Feuerwehrlokal, 1676 erbaut
- Kehlhof
- altes Schützenhaus
Landwirtschaft, Industrie und Verkehr
In der Landwirtschaft waren Getreidebau und Reben (1771 1'528 bzw. 224 Jucharten) dominierend. Daneben verfügten die Bauern über Wässerwiesen mit einem Kanalsystem, das bis in die 1950er Jahre erhalten blieb. Das 1725 von der Stadt Zürich verliehene Marktrecht führte zu einem Aufschwung der Gewerbe (Färbereien, Gerbereien, Büchsenschmied und Kupferschmied). Als erste industrielle Unternehmen entstanden 1843 eine Pferdehaarspinnerei und 1860 eine chemische Fabrik für Kunstdünger. Bei der Bahnstation der 1857 eröffneten Rheinfallbahn Winterthur–Schaffhausen folgte 1920 eine Leichtmetallgiesserei. In den 1960er Jahren wurde der Kiesabbau im Gebiet Niederwiesen intensiviert. Seit 1990 befindet sich in Marthalen die Landesproduktezentrale des Volg.
Verkehr
Der Bahnhof Marthalen wurde ins Gebiet Fleudenbüel südlich der Ruedelfingerstrasse verlegt. Dadurch können seit Dezember 2014 auch 200 Meter lange Doppelstock-Züge der S-Bahn halten.[7] Der Bahnhof entwickelt sich zu einem immer wichtigeren Verkehrsknotenpunkt. Von 5:30 Uhr bis 0:30 Uhr verkehren mindestens zwei Züge pro Stunde und Richtung der S33. Während der Hauptverkehrszeit verkehrt zudem die beschleunigte S11, die zwischen Schaffhausen und Winterthur nur in Neuhausen und Marthalen hält, direkt bis nach Zürich. Ausserdem wird der Bahnhof mittlerweile von 4 Postautolinien bedient, die zahlreiche Pendler aus den umliegenden Gemeinden zum Bahnhof bringen.
Aktuell (Fahrplanjahr 2014) verkehren folgende Linien ab Marthalen:
- S 12 Brugg – Altstetten – Zürich HB – Stadelhofen – Winterthur – Schaffhausen/Wil – Schaffhausen (SBB)
- S 33 Winterthur – Schaffhausen (Thurbo)
- SN3 Winterthur – Schaffhausen (– Stein am Rhein) (Thurbo)
- 620 Marthalen -Rheinau (Postauto)
- 621 Marthalen -Ossingen (Postauto)
- 630 Marthalen -Schaffhausen (Postauto)
- 847 Marthalen -Schlatt TG (Postauto)
Die Rheinfähre Ellikon–Nack verkehrt von Ellikon nach Nack (Gemeinde Lottstetten in Deutschland).
Möglicher Endlager-Standort
Schon seit den 1990er Jahren gilt das Zürcher Weinland aufgrund seiner Opalinuston-Gesteinsschichten im geologischen Untergrund als möglicher Standort für ein Endlager von radioaktiven Abfällen. Im Januar 2015 hat die Nagra ihre ergebnisoffene Suche mit drei Standorten für hoch radioaktive Abfälle (HAA) und sechs Standorten für schwach- und mittel radioaktive Abfälle (SMA) auf zwei Standorte eingeschränkt: Die Region Bözberg im Aargau und das Zürcher Weinland. Beide Standorte eignen sich demnach auch für ein kombiniertes Lager HAA und SMA und werden von der Nagra als die geologisch-technisch geeignetsten Standorte eingestuft. Welcher Standort (allenfalls wären es auch beide, einer für HAA und einer für SMA) schliesslich ausgewählt wird, entscheiden im weiteren Verlauf des Verfahrens Nagra und ENSI, sowie auf politischer Ebene das Bundesparlament und allenfalls eine Volksabstimmung.
Die Oberflächen-Anlagen für das Lager befänden sich auf dem Gebiet der Gemeinden Rheinau ZH und Marthalen.[8]
Alte Familiennamen
- Spalinger, um 1340 zu Niedermarthalen sesshaft (ältestes Rheinauer Urbar)
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Ferdinand Keller (1800–1881), Archäologe und Altertumsforscher
- Ferdy Kübler (1919–2016), Radrennfahrer und der erste Schweizer Tour-de-France-Sieger
- Markus Schulze (* 1960), Theologe
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Heinz Gallmann: Zürichdeutsches Wörterbuch. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2009.
- Roland E. Hofer, Markus Höneisen, Oliver Landolt, Eduard Joos, Markus Späth-Walter: Schaffhausen (Kanton). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 20. Dezember 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen am: 21. Februar 2012).
- Standortgebiete für geologische Tiefenlager, sicherheitstechnischer Vergleich: Vorschläge für Etappe 3 (Memento des Originals vom 11. Februar 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (pdf, 7,5 MB) der Nagra vom Januar 2015, abgerufen am 11. Februar 2015