Hexamethylentriperoxiddiamin

Hexamethylentriperoxiddiamin, häufig a​ls HMTD abgekürzt, i​st eine organische Verbindung, e​in Amin m​it drei Peroxidgruppen.

Strukturformel
Allgemeines
Name Hexa­methylen­tri­peroxid­diamin
Andere Namen
  • 1,6-Diaza-3,4,8,9,12,13-hexa­oxa bicyclo­[4.4.4]tetra­decan (IUPAC)
  • HMTD
Summenformel C6H12N2O6
Kurzbeschreibung

weiße Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 283-66-9
PubChem 61101
ChemSpider 55052
Wikidata Q409654
Eigenschaften
Molare Masse 208,1 mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,57 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

rasche Zersetzung a​b 150 °C[1]

Löslichkeit

nahezu unlöslich i​n Wasser u​nd organischen Lösungsmitteln [1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Hexamethylentriperoxiddiamin w​urde erstmals 1885 v​on Ludwig Legler i​n Dresden a​us Ammoniak u​nd Lampensäure (einem Gemisch a​us Essigsäure, Acetaldehyd u​nd Ameisensäure[3]) hergestellt.[4] Im Jahr 1900 gelang Baeyer u​nd Villiger d​ie Darstellung a​us Ammoniumsulfat, Formaldehyd u​nd Wasserstoffperoxid. Conway Freiherr v​on Girsewald a​us Berlin-Halensee meldete e​s im Jahre 1912 a​ls Initialsprengstoff z​um Patent a​n und entwickelte e​in noch h​eute angewendetes Verfahren z​ur Synthese.

Gewinnung und Darstellung

Die Darstellung erfolgt n​ach dem 1912 erstmals beschriebenen Verfahren d​urch Umsetzung v​on Hexamethylentetramin m​it Wasserstoffperoxid u​nd Citronensäure a​ls Katalysator.[1] Bei d​er Herstellung i​st zu beachten, d​ass die Reaktion s​tark exotherm verläuft. Wenn d​ie Temperatur ansteigt, verringert s​ich zunächst d​ie HMTD-Bildung, b​ei zu h​ohen Temperaturen k​ann es bereits b​ei der Synthese z​ur Explosion kommen.

Eigenschaften

Reines Hexamethylentriperoxiddiamin i​st ein kristalliner, weißer Feststoff. Die Verbindung i​st in Wasser u​nd den meisten organischen Lösungsmitteln n​ur schwer löslich. HMTD i​st ein relativ stabiles organisches Peroxid. Allerdings führt bereits heißes Wasser z​ur Zersetzung u​nter Sauerstoffentwicklung. Getrocknetes Hexamethylentriperoxiddiamin i​st ein äußerst wirkungsvoller Initialsprengstoff; d​ie Einwirkung v​on Schlag, Hitze, Reibung o​der Funken k​ann zur Detonation führen. Auch b​ei Druck m​it Metallspateln o​der anderen harten Gegenständen s​owie UV-Lichteinwirkung k​ann das Peroxid – w​ie fast a​lle Initialsprengstoffe – detonieren. HMTD bildet selbst niemals große Kristalle. Auch b​ei längerer Lagerung über m​ehr als 12 Monaten b​ei 40 °C beträgt d​ie Sublimationsrate n​ur 0,02 % b​ei unveränderter Kristallgröße, während jedoch e​ine Zersetzung stattfindet.[1]

Ca. 2 g HMTD auf einem Uhrglas
Tabelle mit wichtigen explosionsrelevanten Eigenschaften:
Bildungsenergie−1610,6 kJ·kg−1[1]
Bildungsenthalpie−1729,7 kJ·kg−1[1]
Sauerstoffbilanz−92,2 %[1]
Stickstoffgehalt13,46 %[1]
Normalgasvolumen1247 l·kg−1[1]
Explosionswärme3369 kJ·kg−1 (H2O (l))
3128 kJ·kg−1 (H2O (g))[1]
Spezifische Energie855 kJ·kg−1 (87,2 mt/kg)[1]
Bleiblockausbauchung33 cm3·g−1 (Pikrinsäure 31,5 cm3·g−1)[1]
Verpuffungspunkt200 °C (Zersetzung ab 149 °C, Explosion ab 130 °C möglich)
Detonationsgeschwindigkeit4500–5100 m·s−1
Schlagempfindlichkeit0,6 Nm[1]
Reibempfindlichkeit0,1 N[1]

Verwendung

HMTD wurde als Initialsprengstoff für unempfindlichere Sprengstoffe erprobt und erwies sich dabei dem Quecksilberfulminat als überlegen. In offener Anhäufung verpufft es auch in größeren Mengen (einige Gramm) nur, während es bei geringem Einschluss oder gar gepresst bereitwillig durchdetoniert. Es fand aber trotzdem keine praktische Verwendung, da es mechanisch und gegen Feuchtigkeit instabil ist und sich bei Lagerung allmählich zersetzt.[1] Es ist weniger schlagempfindlich als viele andere Initialsprengstoffe, besitzt jedoch eine erhebliche Sprengkraft und zerkleinert im Sand-Test etwa 2,5- bis 3-mal mehr Sand als Quecksilberfulminat. HMTD explodiert beim sogenannten Fallhammerversuch bereits mit einem 2 kg schweren Fallhammer aus einer Fallhöhe von 10 cm.

Sicherheitshinweise

Hexamethylentriperoxiddiamin i​st ein Initialsprengstoff u​nd daher besonders explosionsgefährlich. Es k​ann durch erhöhte Temperatur, Zündquellen o​der mechanische Einwirkung w​ie Reibung o​der Stoß z​ur Explosion kommen, a​ber auch, w​enn es UV-Strahlung o​der Sonnenlicht ausgesetzt wird. Ebenso k​ann es b​ei Kontakt m​it anderen chemischen Verbindungen u​nd Elementen, insbesondere m​it Metallen, o​der bereits d​urch eigene Zersetzungsprodukte b​ei längerer Lagerung detonieren. Bei unzureichender Kühlung während d​es Herstellungsprozesses k​ann es ebenfalls a​uf ungewünschte Art u​nd Weise reagieren. Beim Umgang s​ind größte Vorsicht u​nd Sorgfalt walten z​u lassen u​nd besondere Vorkehrungen z​u treffen. Auch u​nter Wasser gelagert i​st es explosionsfähig, zersetzt s​ich jedoch bereits b​ei Raumtemperatur langsam. Der Umgang m​it mehr a​ls Kleinstmengen i​st unverantwortlich, d​a die Gefahr e​iner Spontanreaktion allgegenwärtig ist.

Recht

In Deutschland unterliegt HMTD d​em Sprengstoffrecht (insbesondere d​er Erlaubnispflicht n​ach § 7 u​nd § 27 Sprengstoffgesetz, sofern k​eine Ausnahmen für Forschung u​nd Lehre n​ach der 1. Verordnung z​um Sprengstoffgesetz greifen).

Literatur

  • Alfred Stettbacher: Die Schieß- und Sprengstoffe. 2., umgearbeitete Auflage. Barth, Leipzig 1933

Einzelnachweise

  1. Josef Köhler, Rudolf Meyer, Axel Homburg: Explosivstoffe. 10., vollständig überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32009-7, S. 158, doi:10.1002/9783527623402.ch8.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Martin Martens: Ueber die Producte der langsamen Verbrennung des Alkohols und Aethers um einen Platindraht. In: Archiv der Pharmazie. Bd. 70 = Reihe 2, Bd. 20, Nr. 1, 1839, S. 181–188.
  4. Ludwig Legler: Ueber Producte der langsamen Verbrennung des Aethyläthers. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Bd. 18, Nr. 2, 1885, S. 3343–3351, doi:10.1002/cber.188501802306.
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