Großpaschleben
Großpaschleben ist ein Ortsteil der gleichnamigen Ortschaft der Gemeinde Osternienburger Land im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt, (Deutschland).
Großpaschleben Gemeinde Osternienburger Land | ||
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Höhe: | 75 m | |
Fläche: | 9,6 km² | |
Einwohner: | 813 (31. Dez. 2014)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 85 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 2010 | |
Postleitzahl: | 06386 | |
Vorwahl: | 03496 | |
Lage von Großpaschleben in Sachsen-Anhalt | ||
Barockes Herrenhaus Großpaschleben |
Geografie
Großpaschleben liegt zwischen Bernburg (Saale) und Köthen (Anhalt) am Rande des Biosphärenreservates Flusslandschaft Mittlere Elbe.
Die Ortschaft Großpaschleben bildet sich durch die Ortsteile Frenz und Großpaschleben.
Geschichte
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Die Gemeinde wurde erstmals im Jahr 1159 urkundlich erwähnt. Nach der Ortschaft war eine Adelsfamilie benannt, die gegen Ende des 14. Jahrhunderts ausstarb. Ab 1602, nach genealogischen Quellenlage schon ab 13. Mai 1594, war Großpaschleben Eigentum der Familie von Wuthenau, die sich hier 1706/07 ein von einem Teich umgebenes Schloss erbaute und fortan die Ortshistorie wesentlich prägte. Nachfolgend begann eine längere Ahnenreihe der Familie auf dem hiesigen Gut. Adam von Wuthenau-Großpaschleben agierte als fürstlich-anhalt-cöthenscher Stallmeister.[2]
19. Jahrhundert
Karl von Wuthenau (1787–1863) war nicht nur Gutsherr, er führte auch einige Ehrentitel, unter anderem herzoglich anhaltinischer Landesdirektor, Stiftsdirektor von Mosigkau und des Gisela-Agnes-Stiftes zu Köthen. Der preußische Major war mit Amalie Marie von Renthe liiert. Ihr zweiter Sohn Fedor wurde der Gutserbe auf Großpaschleben. Er besaß noch weitere Güter und übernahm ebenso die Titulatur des Stiftsdirektors. Angeschlossen an den Gutshof entstand in Großpaschleben im Jahr 1835 die erste Zuckerfabrik Anhalts. Diese ging später ein und wurde abgerissen.[3][4][5] Fedors Sohn Karl von Wuthenau[6] führte den Grundbesitz vor Ort weiter, war Kammerherr, Stiftsdirektor[7] und Rittmeister.[8] Fedor jun. von Wuthenau (1821–1894) und seine erste Ehefrau Elise von Kotze übernahmen den Besitz,[9] ihnen folgte Carl Hans Fedor als Fideikommissherr auf Basis einer Stiftung zum Erhalt des Gutes für die Gesamtfamilie.
20. Jahrhundert
Letzter Gutsbesitzer auf Großpaschleben sowie den Nebengütern in Thurau und Geuz war Carl-Adam von Wuthenau (1882–1959), verheiratet mit Gisela Gräfin Lichtenau (1876–1963). Die Familie lebte nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Töchtern in Niedersachsen und in Bayern, die beiden Söhne starben im Krieg.[10] Zur heutigen Familienlinie von Wuthenau-Großpaschleben gehören unter anderem die Nachfahren des Oberst a. D. Wilhelm von Wuthenau, Rechtsritter des Johanniterorden.
Am 15. April 1945 gab es schweren Beschuss durch US-Artillerie auf den Ort und Kämpfe, bei denen 26 überwiegend jugendliche Soldaten der Infanterie-Division Potsdam und eine unbekannte Zahl amerikanischer Soldaten getötet wurden.[11] Die deutschen Gefallenen wurden auf dem Friedhof Wülknitzer Str. 2 in einem ca. 5 × 13 m messenden Sammelgrab beerdigt.[12] Der damalige Bürgermeister Bäckermeister Liebrecht bettete die Toten zu ihrer letzten Ruhe und legte die Totenliste an. Im Jahr 1952 gab die Gemeinde einen schönen großen Granitstein frei, aus dem mit Spenden der Hinterbliebenen bis 1953 ein würdiger Gedenkstein als Ersatz für die verwitterten Namenstafeln gefertigt wurde.
Am 20. Mai 1952 ging Ihnen von Herrn Liebrecht bzw. meiner Frau ein Schreiben zu, mit dem Ihnen mitgeteilt wurde, daß das Soldatengrab neu gestaltet und mit einem Granitstein versehen werden sollte. Dieses ist nun beendet. Sie erhalten anbei zwei Aufnahmen des Grabes. Die eine zeigt den Stein mit den Namen der Gefallenen, und zwar liegen unsere Jungen von links nach rechts im Grabe, so, wie Sie die linke Reihe von oben nach unten und anschließend die rechte Reihe lesen... heißt es in einem Brief von Fritz und Martha Techritz aus Dresden vom 25. Juni 1953 An die Angehörigen der in Großpaschleben beigesetzten deutschen Soldaten.
21. Jahrhundert
Das mittlerweile denkmalgeschützte Wasserschloss sowie der ehemalige Guts- und Landbesitz derer von Wuthenau wurde von der Unternehmensgruppe Burchard Führer erworben und zu einem Seniorenheim umgestaltet.[13]
Am 1. Januar 2010 schlossen sich die bis dahin selbstständigen Gemeinden Großpaschleben, Chörau, Diebzig, Dornbock, Drosa, Elsnigk, Zabitz, Kleinpaschleben, Libbesdorf, Micheln, Osternienburg, Reppichau, Trinum und Wulfen zur Einheitsgemeinde Osternienburger Land zusammen.[14] Gleichzeitig wurde die Verwaltungsgemeinschaft Osternienburg, zu der diese Gemeinden gehörten, aufgelöst.
Politik
Ortschaftsrat
Als Ortschaft der Einheitsgemeinde Osternienburger Land übernimmt ein so genannter Ortschaftsrat die Wahrnehmung der speziellen Interessen des Ortes innerhalb bzw. gegenüber den Gemeindegremien. Er wird aus sieben Mitgliedern gebildet.
Bürgermeister
Als weiteres ortsgebundenes Organ fungiert der Ortsbürgermeister, dieses Amt wird zur Zeit von Gernot Panitz wahrgenommen.[15]
Wappen
Das Wappen wurde am 14. Juni 2007 durch den Landkreis Köthen genehmigt.
Blasonierung: „Geviert von Blau und Silber; Feld 2 ein steigender roter Löwe mit ausgeschlagener Zunge, Feld 3 eine schwarze Krähe.“
Die Wappensymbole gründen sich auf das Wappen des im 15. Jahrhundert erloschenen Geschlechts derer von Paschleben, die ab 1244 im Ort begütert waren. Diese führten einen steigenden Löwen mit ausgeschlagener Zunge in ihrem Wappen. Das zweite Wappensymbol, die Krähe, nimmt Bezug auf den slawischen Wortstamm des Ortsteils Frenz = Krähe, der zu Großpaschleben zählt. Beide Inhalte beruhen auf dem Beschluss der Gemeindeversammlung vom 18. September 2006.
Das Wappen wurde vom Magdeburger Kommunalheraldiker Jörg Mantzsch gestaltet.
Die Farben des Ortes sind Weiß (Silber) - Blau.
Flagge
Die Flagge ist weiß - blau (1:1) gestreift und das Wappen ist mittig auf die Flagge aufgelegt.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Auf dem Friedhof findet sich hinten rechts ein Gemeinschaftsgrab (Lage) für 26 deutsche Gefallene vom 15. April 1945.[16]
- Grabstätten auf dem Ortsfriedhof für vier namentlich bekannte Frauen und Männer sowie einen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion, die während des Zweiten Weltkrieges Opfer von Zwangsarbeit wurden.
- Mittelalterlicher Bauernstein auf dem Dorfplatz, der 1959 zum Gedenkstein für Ernst Thälmann umgewidmet wurde, dem 1944 im KZ Buchenwald ermordeten KPD-Vorsitzenden.
Wirtschaft und Infrastruktur
Direkt durch die Gemarkung führt die Bahnstrecke Köthen–Aschersleben (Haltepunkt Frenz) sowie die Bundesstraße 185 (Bernburg (Saale)–Köthen (Anhalt)).
Durch den Ort, sowie auch durch die Ortslage Frenz, verläuft der Europaradweg R1, der das französische Boulogne-sur-Mer mit Sankt Petersburg in Russland verbindet. Auf derselben Routenführung verläuft auf diesem Abschnitt ebenfalls der Radweg Deutsche Einheit sowie der D11.
Persönlichkeiten
- Hermann Wäschke, Autor der Paschlewwer Jeschichten
Einzelnachweise
- Gemeinde Osternienburger Land – Großpaschleben. In: Gemeinde Osternienburger Land. Abgerufen am 21. Oktober 2021.
- Christian Friedrich Hempel (Hrsg.): Helden Staats und Lebens Geschichte Des Allerdurchlauchigsten, Großmächtigsten Königs und Herrn, Herrn Friedrichs des A(e)ndern. Jetzt glorwürdigst regierenden Königs in Preussen, Churfürsten von Brandenburg, souverainen und obersten Herzogs von Schlesien etc. Achter Theil. Welcher die Geschichte vom März 1763 bis zum Oktober des 1765sten Jahres enthält, Königs Friedrich II. in Preuss.1765. § 748. Eigenverlag, Frankfurt, Leipzig 1766, S. 631 (google.de [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Verein der Deutschen Zucker-Industrie (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie im Zollverein. 1851. Erster Band, Lieferung I. bis IX. enthaltend. Gedruckt auf Kosten des Vereines bei C. Feister, Berlin 1851, S. 205 (google.de [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Ute Nicklisch: «Was de Leite nich alles verkoofen». In: Mitteldeutsche Zeitung. 7. Juni 2010, abgerufen am 23. Januar 2022.
- 19. Jahrhundert. Stadt Köthen (Anhalt), abgerufen am 23. Januar 2022.
- Staats- und Adreß-Handbuch für die Herzogthümer Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen 1851. In: Johann Friedrich Melchert (Hrsg.): Adressbuch. II. Landtag. Anhaltische Landschaft (Ritterschaft). Moritz Katz (Gebrüder Katz) Aue’sche Buchhandlung (C. Aug. Stange), Dessau 1851, S. 44 (google.de [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Wilhelm Hosäus (Hrsg.): Mittheilungen des Verein für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde. 1877. Band 1, Mittheilungen aus dem Leben der Aebtissin Johanne von Treskow zu Stift Mosigkau bei Dessau. Eigentum des Vereins, Dessau 1877, S. 315 (google.de [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1900. Erster Jahrgang. Justus Perthes, Gotha Januar 1900, S. 919–920 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Jürgen v. Flotow, Carola v. Ehrenkrook geb. v. Hagen, Else v. Bethmann geb. v. Werner, Otto Reichert, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker u. Ehrenkrook, Wilhelm v. Blaschek, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel/ bis 1400 nobilitiert) 1953. In: Ausschuss für adelsrechtlichen Fragen der deutschen Adelsverbände in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA – Genealogisches Handbuch des Adels, von 1951 bis 2014. Band I, Nr. 5. C. A. Starke, 1953, ISSN 0435-2408, S. 453–456 (d-nb.info [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Otto Reichert, Carola v. Ehrenkrook geb. v. Hagen, Friedrich Wilhelm Euler, Jürgen v. Flotow: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel) 1965. In: Dt. Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA. Band VII, Nr. 34. C. A. Starke, 1965, ISSN 0435-2408, S. 410–416 (d-nb.info [abgerufen am 2. Dezember 2021]).
- Jürgen Möller: Endkampf an der Mulde 1945. 2012. S. 78
- Ute Hartling-Lieblang: 87-Jährige pflegt seit Jahren liebevoll ein Soldatengrab. In: Mitteldeutsche Zeitung. Köthen. 13. November 2009.
- Amalienhof Pflegezentrum GmbH Dessau: Wasserschloss Großpaschleben. Abgerufen am 9. Oktober 2019.
- StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2010
- Angaben zu den Ortsbürgermeistern auf der Internetseite der Einheitsgemeinde
- Jürgen Möller: Endkampf an der Mulde. Rockstuhl-Verlag, Bad Langensalza 2012. ISBN 978-3-86777-334-8. S. 319
Literatur
- Kurt Brandt u. Siegried Schenner: Paschlewwer Warterbuch. Dessau: Anhaltische Landesbücherei 2005 (Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde, Bd. 14). ISSN 1430-3647
- Hermann Wäschke: Paschlewwer Jeschichten. 6 Bde. Köthen: Schettler 1900–1911 (Anhältsche Dorfgeschichten, Bd. 1–2, 5–8)
- Hermann Wäschke: De Miehme Wewern ihr Wattenrock. Köthen: Schettler 1901 (Anhältsche Dorfgeschichten, Bd. 4)
- Hermann Wäschke: Töffchen un sein Notizbuch. Köthen: Schettler 1902 (Anhältsche Dorfgeschichten, Bd. 5)