Greigit
Greigit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Fe2+Fe3+2S4[1] und damit eine spezielle Form von Eisensulfid, genauer Eisen(II,III)-sulfid, das Eisen in zwei verschiedenen Oxidationsstufen enthält. Greigit ist zudem das Schwefel-Analogon von Magnetit.
Greigit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1963-007[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
2.DA.05 (8. Auflage: II/C.01) 02.10.01.10 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | kubisch |
Kristallklasse; Symbol | kubisch-hexakisoktaedrisch; 4/m 3 2/m |
Raumgruppe | Fd3m (Nr. 227)[2] |
Gitterparameter | a = 9,88 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 8[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4 bis 4,5 (VHN50 = 401 bis 423 kg/mm2)[3] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,049; berechnet: 4,079[3] |
Spaltbarkeit | fehlt[4] |
Farbe | bronzegelb, hellrosa; blauschwarz anlaufend[4][3] |
Strichfarbe | rußschwarz[5] |
Transparenz | undurchsichtig (opak) |
Glanz | Metallglanz[3] |
Magnetismus | stark magnetisch[3] |
Greigit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt kugelige Mineral-Aggregate aus miteinander verwachsenen Oktaedern mit abgerundeten Flächen von bis zu 0,5 mm Größe. Selten werden auch kubische Kristalle, Körner und feinkörnige Pulver gefunden. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und bergfrisch entnommen von bronzegelber oder hellrosa Farbe. Polierte Flächen erscheinen im Auflicht allerdings cremeweiß und an der Luft läuft das Mineral nach einiger Zeit metallisch blau an. In konzentrierter, pulvriger Form ist Greigit dagegen rußschwarz, was einer Strichfarbe gleichkommt.
Etymologie und Geschichte
Verschiedene magnetische, spinellartige Eisensulfide mit einer Zusammensetzung im Bereich von Fe3S4 bis Fe2S3 wurden von verschiedenen Autoren wie unter anderem M. R. Piggott und H. Wilman 1958 oder S. Yamaguchi und T. Katsurai 1960 vorhergesagt sowie künstlich im Labor synthetisiert wie unter anderem A. M. Freke und Donald Tate 1961.[5]
Als natürliche Mineralbildung wurde magnetischer Eisenspinell erstmals im sogenannten Kramers-Four Corners area (auch Four Corners No. 3, 4 & 5 wells) im Bergbaugebiet von Ost-Kramer des San Bernardino Countys im US-Bundesstaat Kalifornien gefunden. Die Erstbeschreibung erfolgte 1964 durch Brian J. Skinner, Richard C. Erd und Frank S. Grimaldi, die das Mineral nach dem amerikanischen Mineralogen und Physikochemiker Joseph Wilson Greig (1895–1977) benannten.[5]
Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung des National Museum of Natural History in Washington, D.C. unter den Sammlungs-Nr. 117502 und 136415 aufbewahrt.[6]
Klassifikation
Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Greigit zur „Spinell-Supergruppe“, wo er zusammen mit Cadmoindit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Indit, Joegoldsteinit, Kalininit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Violarit und Xingzhongit die „Linneit-Untergruppe“ innerhalb der „Thiospinelle“ bildet (Stand 2019).[7]
In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Greigit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit[dem Stoffmengenverhältnis] M : S < 1 : 1“, wo er zusammen mit Bornhardtit, Carrollit, Daubréelith, Indit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.01 bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.01-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Greigit zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuprokalininit, Daubréelith, Fletcherit, Florensovit, Indit, Kalininit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Gruppe“ bildet (Stand 2018).[4]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Greigit dagegen in die neu definierte Abteilung der „Metallsulfide mit M : S = 3 : 4 und 2 : 3“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 3 : 4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Ferrorhodsit (diskreditiert, da identisch mit Cuprorhodsit; IMA 2017-H), Fletcherit, Florensovit, Indit, Kalininit, Linneit, Malanit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit, Violarit und Xingzhongit die „Linneitgruppe“ mit der System-Nr. 2.DA.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Cuprorhodsit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Linneitgruppe (Isometrisch: Fd3m )“ mit der System-Nr. 02.10.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 3 : 4“ zu finden.
Chemismus
In der (theoretisch) idealen, das heißt stoffreinen Zusammensetzung von Greigit mit der Summenformel Fe3S4 besteht das Mineral aus Eisen (Fe) und Schwefel (S) im Stoffmengenverhältnis von 3 : 4, was einem Massenanteil (Gewichts-%) von 56,64 Gew.-% Fe und 43,36 Gew.-% S entspricht.[9]
Die mikrochemische Analyse von Mineralkonzentraten aus der Typlokalität Kramers-Four Corners area (Kalifornien), die allerdings aus 75 % Greigit, 10 % Markasit und 15 % organischem Material bestand, ergab neben dem Hauptbestandteil Eisen noch Beimengungen von Aluminium, Kupfer, Cobalt, Magnesium, Mangan, Natrium, Kalium, Nickel, Silicium, Titan und Fluor zwischen 0,1 und weniger als 0,001 %.[5] Weitere, mit der Mikrosonde analysierte Proben aus Zacatecas in Mexiko ergaben neben 56,5 Gew.-% Fe und 42,2 Gew.-% S zusätzlich geringe Gehalte von 0,38 % Arsen, 0,14 % Chrom, 0,10 % Nickel, 0,08 % Kupfer und 0,01 % Zink und eine Probe aus Cornwall in England (UK) neben 55,9 % Fe und 42,2 % S zusätzlich 1,3 % Antimon, 0,2 % Kupfer und 0,1 % Mangan (alle Angaben in Gew.-%).[3]
Greigit bildet zudem eine Mischkristallreihe mit Violarit (Fe2+Ni3+2S4), bei dem das dreiwertige Eisen durch Nickel ersetzt (substituiert) ist.[10]
Kristallstruktur
Greigit kristallisiert im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227) mit dem Gitterparameter a = 9,88 Å sowie acht Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Struktur entspricht einer Spinellstruktur, bei der Sauerstoff durch Schwefel ersetzt ist (Thiospinell).
Eigenschaften
Wie Magnetit ist Greigit stark magnetisch. Dieser Magnetismus bewirkt auch das Zusammenballen kleinerer Greigit-Körner zu größeren Aggregaten.[5]
Thermisch ist das Mineral bis zu 282 °C stabil. Beim Erhitzen des Minerals auf Temperaturen oberhalb von 282 °C in einer geschlossenen Ampulle wandelt es sich in Pyrrhotin (Fe0,85-1S), bei höheren Temperaturen auch zu Pyrit FeS2 um.[5]
Greigit löst sich nur langsam in Fluss- und Salzsäure.[5]
Bildung und Fundorte
Greigit bildet sich in Sedimenten von Gewässern. Verantwortlich für die Bildung sind einerseits sulfatreduzierende Bakterien wie Desulfovibrio desulfuricans, die unter anaeroben und neutralen bis alkalischen Bedingungen Sulfat zu Sulfid reduzieren.[5] Andererseits werden Greigitkristalle in den Zellen magnetotaktischer Bakterien gebildet, die sich mit Hilfe einer in einer Reihe angeordneten Greigitkristallen im Erdmagnetfeld ausrichten.[11]
Greigit fand sich in der Typlokalität vergesellschaftet mit Calcit, Mineralen der Chloritgruppe, Colemanit, Montmorillonit und Veatchit beziehungsweise mit Calcit, Dolomit, Galenit, Markasit, Pyrit und Sphalerit in Zacatecas in Mexiko.
Als seltene Mineralbildung konnte Greigit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 60 Fundstätten dokumentiert wurden (Stand 2020).[12] Außer an seiner Typlokalität im Kramers-Four Corners area im San Bernardino County trat das Mineral in den Vereinigten Staaten noch in mehreren Borat-Lagerstätten bei Boron im Kern County sowie bei Coyote Peak im Humboldt County und der Leviathan Mine im Alpine County in Kalifornien, im Alger County in Michigan, im Madison County in Missouri, im Churchill County in Nevada und im Eddy County in New Mexico auf.
In Deutschland konnte Greigit bisher in der Tongrube Moorberg bei Sarstedt in Niedersachsen, am Moschellandsberg in Rheinland-Pfalz sowie in den Gruben Herzog Friedrich und Neuglück mit Fluoritgängen in Granit bei Reinerzau und Segen Gottes mit Pb-Zn-Vererzungen bei Wiesloch in Baden-Württemberg
Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist die Grube Staubmann bei Kliening im Kärntener Bezirk Wolfsberg. Auch in der Schweiz ist mit dem Steinbruch Lengenbach bei Fäld im Binntal (Kanton Wallis) bisher nur ein Fundort bekannt.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Albanien, der Antarktis, Argentinien, Australien, Belgien, Bulgarien, Chile, China, Costa Rica, Finnland, Frankreich, Italien, der Hatrurim-Formation in Israel, Japan, Kanada, Nordmazedonien, Polen, Russland, der Slowakei, Südafrika, Tschechien und Ungarn.[13]
Daneben fand sich Greigit in Mineralproben aus dem Hydrothermalfeld Ashadze 1 am Mittelatlantischen Rücken und konnte außerdem im Meteoriten Yamato 691, einem Chondrit vom Typ EH 3, nachgewiesen werden, der 1969 in der Antarktis entdeckt wurde.[14][15]
Siehe auch
Literatur
- Brian J. Skinner, Richard C. Erd, Frank S. Grimaldi: Greigite, the thio-spinel of iron; a new mineral. In: American Mineralogist. Band 49, Nr. 5–6, 1964, S. 543–555 (englisch, rruff.info [PDF; 838 kB; abgerufen am 3. Dezember 2020]).
Weblinks
- Greigit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Greigite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- Greigite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Greigite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
Einzelnachweise
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2020. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 93.
- Greigite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 3. Dezember 2020]).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Brian J. Skinner, Richard C. Erd, Frank S. Grimaldi: Greigite, the thio-spinel of iron; a new mineral. In: American Mineralogist. Band 49, Nr. 5–6, 1964, S. 543–555 (englisch, rruff.info [PDF; 838 kB; abgerufen am 3. Dezember 2020]).
- Catalogue of Type Mineral Specimens – G. (PDF 77 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch, online zum Download verfügbar bei pubs.geoscienceworld.org [abgerufen am 3. Dezember 2020]).
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- Greigit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Greigite–Violarite Series. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- Bruce M. Moskowitz: Biomineralization of magnetic minerals. In: Reviews of Geophysics. Band 33, Nr. 51, Juli 1995, S. 123–128, doi:10.1029/95RG00443 (englisch).
- Localities for Greigite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).
- Fundortliste für Greigit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Meteorit Yamato 691. In: lpi.usra.edu. Meteoritical Bulletin Database, abgerufen am 3. Dezember 2020.
- Yamato 691 meteorite (Y-691), Queen Fabiola Mts (Yamato Mts), Queen Maud Land, Eastern Antarctica, Antarctica. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. Dezember 2020 (englisch).