Gras-Ellenbach
Gras-Ellenbach ist der namensgebende Ortsteil der Gemeinde Grasellenbach im südhessischen Kreis Bergstraße und deren zweitgrößter Ortsteil sowie ein anerkannter Kneippkurort[3].
Gras-Ellenbach Gemeinde Grasellenbach | |
---|---|
Höhe: | 398 m ü. NN |
Fläche: | 6,15 km²[1] |
Einwohner: | 962 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 156 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 64689 |
Vorwahl: | 06207 |
Geographische Lage
Gras-Ellenbach liegt 398 Meter hoch in der Talverzweigung am Zusammenfluss von Ulfenbach und Gaßbach im Odenwald. Südöstlich der Ortslage, im Wald am Nordhang des 547 Meter hohen Spessartskopfs liegt an einem alten Postweg in 500 Meter Höhe der Siegfriedbrunnen, dem Gras-Ellenbach seine überregionale Bekanntheit verdankt. Am Spessartkopf befindet sich zugleich der höchste Punkt der Gemarkung.
Geschichte
Überblick
Eine erste erhalten gebliebene urkundliche Erwähnung datiert von 1359 in den Regesten der Pfalzgrafschaft bei Rhein, als Pfalzgraf Ruprecht I. den Verkauf von Wahlen (Waldau), Scharbach (Scharpach) und Gras-Ellenbach (Ellenbach) durch Hartmud von Cronberg an Rudolf von Beckingen bewilligt.[4]
Später war Gras-Ellenbach im Besitz der Kreisen von Lindenfels die es 1439 wieder an die Kurpfalz verkaufen.
Während der Reformation wurde der Ort vorwiegend evangelisch und gehörte als Filialdorf zur reformierten Pfarrei Waldmichelbach und später zu Hammelbach. Am Ende des Dreißigjährigen Kriegs (1648) dürfte der Ort wie viele Gebiete der Kurpfalz fast menschenleer gewesen sein. Nach dem verheerenden Krieg betrieb die Kurpfalz auf ihrem Gebiet eine durch religiöse Toleranz geprägte Wiederansiedlungspolitik. Doch die in der unruhigen Folgezeit ausbrechenden Kriege wie der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688–1697) und der Spanische Erbfolgekrieg (1701–1714) machte viele der Bemühungen wieder zunichte und Zehntausende Pfälzer emigrierten u. a. nach Nordamerika und Preußen.
Auch in religiöser Hinsicht war die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg von großer Unruhe geprägt. 1685 starb die reformierte Linie Pfalz-Simmern aus und die katholischen Vettern der Linie Pfalz-Neuburg traten mit Kurfürst Philipp Wilhelm die Regierung in der Kurpfalz an. Dieser ordnete die Gleichstellung des katholischen Glaubens, in der mehrheitlich evangelischen bevölkerten Pfalz, an. Schon während des Pfälzischen Erbfolgekriegs hatte Frankreich versucht, in den eroberten Gebieten die Gegenreformation voranzutreiben, und etliche katholische Pfarreien gegründet. Der Krieg endete 1697 mit dem Frieden von Rijswijk, der die Stellung des zu diesem Zeitpunkt regierenden katholischen Kurfürsten Johann Wilhelm stärkte. Dies führte am 26. Oktober 1698 zum Erlass des Simultaneum. Danach waren die Katholiken berechtigt alle reformierten Einrichtungen wie Kirchen, Schulen und Friedhöfe mitzunutzen, während dies umgekehrt nicht erlaubt wurde. Weiterhin wurde die bis dahin selbständige reformierte Kirchenverwaltung dem Landesherren unterstellt. Erst auf Betreiben Preußens kam es 1705 zur sogenannten Pfälzische Kirchenteilung in der das Simultanum rückgängig gemacht wurde und die Kirchen im Land wurden mitsamt Pfarrhäusern und Schulen zwischen den Reformierten und den Katholiken im Verhältnis fünf zu zwei aufgeteilt. Sonderregelungen gab es für die drei Hauptstädte Heidelberg, Mannheim und Frankenthal sowie die Oberamtsstädte Alzey, Kaiserslautern, Oppenheim, Bacharach und Weinheim. In den Städten mit zwei Kirchen sollte die eine den Protestanten und die andere den Katholiken zufallen; in den anderen, wo nur eine Kirche bestand, der Chor vom Langhaus durch eine Mauer geschieden, und jener den Katholiken, dieses den Protestanten eingeräumt werden. Den Lutheranern wurden nur jene Kirchen zugestanden, die sie im Jahr 1624 besaßen oder danach gebaut hatten.
Unter Pfälzer Herrschaft gehörte der Ort bis 1803 zur Eicher- oder Hammelbach-Zent des Oberamtes Lindenfels und kam dann infolge des Reichsdeputationshauptschlusses, der die Auflösung der Kurpfalz verfügte, nach Hessen. Dort wird er ab 1821 durch den Landratsbezirk Lindenfels verwaltet, wobei die Bürgermeisterei in Hammelbach auch für Gras-Ellenbach, teilweise Hiltersklingen, Litzelbach und Oberscharbach zuständig war. Später erhielt Gras-Ellenbach eine eigene Bürgermeisterei. Über mehrere Verwaltungsreformen in Hessen gelangt der Ort schließlich 1938 zum heutigen Landkreis Bergstraße.
Am 31. Dezember 1971 schlossen sich im Rahmen der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbstständigen Gemeinden Gras-Ellenbach, Hammelbach und Wahlen zur neuen Gemeinde Grasellenbach zusammen.[5]
Vom Anfang bis zum 18. Jahrhundert
Gras-Ellenbach entstand im Gebiet der ehemaligen Mark Heppenheim die ein Verwaltungsbezirk des Frankenreichs bezeichnete. Am 20. Januar 773 schenkte Karl der Große die Stadt Heppenheim nebst dem zugehörigen Bezirk, der ausgedehnten Mark Heppenheim, dem Reichskloster Lorsch. Von hier wurde die Urbarmachung und Besiedlung des Gebietes betrieben. Der Blütezeit des Klosters Lorsch, in dessen Gebiet Gras-Ellenbach lag, folgte im 11. und 12. Jahrhundert sein Niedergang. 1232 wurde Lorsch dem Erzbistum Mainz unterstellt. Nach langen Streitigkeiten konnten sich die Kurpfalz und das Erzbistum Mainz Anfang des 14. Jahrhunderts über das Erbe aus dem Lorscher Abtei einigen und die pfälzer Teile wurden durch die Amtsvogtei Lindenfels verwaltet.
Die früheste bekannte Erwähnung von Gras-Ellenbach erfolgte 1359, als Pfalzgraf Ruprecht I. den Verkauf von Wahlen (Waldau), Scharbach (Scharpach) und Gras-Ellenbach (Ellenbach) durch Hartmud von Cronberg an Rudolf von Beckingen bewilligt. Danach kommt Gras-Ellenbach in den Besitz der Kreisen von Lindenfels die es 1423 zusammen mit den Dörfern Wahlen und Scharbach, samt ihren Gerichten, Zehnten Leuten, Gütern und armer Leute, für 1700 fl. an den Pfalzgrafen Ludwig III. verkaufen. Weitere Erwähnung findet Gras-Ellenbach als[4]:
- 1439: Wahlen, Scharbach und Gras-Ellenbach zu 140 fl. pfälzische Landschatzung herangezogen werden.
- 1488: hat die Kurpfalz „Hauptrecht, Frevel, Unfel, Atzung, Gebot und Verbot“ über Wahlen. Der Pfalzgraf hat zwei Drittel des großen und kleinen Zehnten.
- 1568: Wahlen, Gras-Ellenbach und Nieder-Scharbach haben ein Niedergericht das viermal im Jahr vom Zentgrafen, der auch Schultheis ist, gehalten wird.
- 1613 ist belegt, dass das genannte Niedergericht zur Eicher- bzw. Hammelbacher Zent gehört, wo Kurpfalz viermal jährlich ein offenes Rugegericht hält.
In den Anfängen der Reformation sympathisierten die pfälzischen Herrscher offen mit dem lutherischen Glauben, aber erst unter Ottheinrich (Kurfürst von 1556 bis 1559) erfolgte der offizielle Übergang zur lutherischen Lehre. Danach wechselten seine Nachfolger und gezwungenermaßen auch die Bevölkerung mehrfach zwischen der lutherischen, reformierten und calvinistischen Religion. Gras-Ellenbach wird Filialdorf der reformierten Pfarrei Wald-Michelbach und später von Hammelbach.[4]
Weitere Belege über Gras-Ellenbach ergeben für das Jahr 1613, dass der Ort sieben und ein Halb Huben und an Leibeigenen, fünf Männer und sieben Frauen hat. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) war der Ort, wie viele andere der Kurpfalz, fast ausgestorben und die Pfalzgrafen versuchten durch ein von religiöser Toleranz geprägte Wiederansiedlungspolitik das Land neu zu beleben. Die in der unruhigen Folgezeit ausbrechenden Kriege wie der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688–1697) und der Spanische Erbfolgekrieg (1701–1714) machte viele der Bemühungen wieder zunichte und Zehntausende Pfälzer emigrierten u. a. nach Nordamerika und Preußen.
Bis 1737 unterstand die Amtsvogtei Lindenfels dem Oberamt Heidelberg, danach wurde Lindenfels ein Oberamt der „Pfalzgrafschaft bei Rhein“ (im „Kurfürstentum Pfalzbayern“ ab 1777). Gras-Ellenbach war innerhalb des Amtes Lindenfels Teil der Zent Hammelbach (auch Eicher, Affolderbacher oder Wahlheimer Zent genannt).
Nach dem Verzeichnis von 1784 befanden sich damals in 11 Wohnstätten, 28 Familien mit 132 Seelen im Dorf. Die Gemarkung bestand aus 253 Morgen Äckern, 103 Morgen Wiesen, 2 Morgen Gärten, 100 Morgen Weide, und 106 Morgen Wald. Es gab einen Kurfürstlichen Förster, der sowohl über diese, als auch über alle anderen Waldungen der Zent Wald-Michelbach und der Zent Hammelbach die Aufsicht hatte. Vom Zehnten bezog Kurpfalz zwei Drittel und die Kurmainzische Hofkammer, noch aus der Zeit des Klosters Lorsch, ein Drittel.[4][6][7]
Im Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz am Rheine findet sich 1786 über Gras-Ellenbach:
„Gros-Ellenbach. Ist dritthalb Stunden von der Stadt Lindenfels südostwärts entfernet, und hat zu Nachbaren gegen Ost das Erbachische Hüttersklingen, und den Guttersbacher Wald; gegen Süd das vorgedachte Wahlen, und den Erbachischen Herrenwald; gegen West den Wahlener Wald; gegen Norden Hammelbach. Wie dieses Dorf im J. 1423 an die Pfalz gekommen, ist so eben bei Wahlen bemerket worden. Bei selbigem fliesen die daselbst erwähnten zwo Bächlein herunter nach der Ulvenbach.“[6]
Vom 19. Jahrhundert bis heute
Als Folge der Napoleonischen Kriege brachte das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert Europa weitreichende Änderungen. In der letzten Sitzung des Immerwährenden Reichstags in Regensburg wurde im Februar 1803 der Reichsdeputationshauptschluss verabschiedet, der die Bestimmungen des Friedens von Lunéville umsetzte, und die territorialen Verhältnisse im Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation) neu regelte. Er wies das Gebiet des Oberamts Lindenfels der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt als Ausgleich für verlorene linksrheinische Gebiete zu. Dort wurde das „Oberamt Lindenfels“ vorerst als hessische Amtsvogtei weitergeführt. Unter Druck Napoleons wurde 1806 der Rheinbund gegründet, dies geschah mit dem gleichzeitigen Reichsaustritt der Mitgliedsterritorien. Dies führte am 6. August 1806 zur Niederlegung der Reichskrone, womit das alte Reich aufhörte zu bestehen. Am 14. August 1806 wurde die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, gegen Stellung hoher Militärkontingente an Frankreich und den Beitritt zum Rheinbund, von Napoleon zum Großherzogtum Hessen erhoben, anderenfalls drohte er mit Invasion.
Im Großherzogtum wurde der Amtsbereich des „Amts Lindenfels“ 1812 aufgeteilt und Gras-Ellenbach dem Amt Fürth zugewiesen. Die Übergeordnete Verwaltungsbehörde war der „Regierungsbezirk Darmstadt“ der ab 1803 auch als „Fürstentum Starkenburg“ bezeichnet wurde.[8] Nach der endgültigen Niederlage Napoléons regelte der Wiener Kongress 1814/15 auch die territorialen Verhältnisse für Hessen, daraufhin wurden 1816 im Großherzogtum Hessen Provinzen gebildet. Dabei wurde das vorher als „Fürstentum Starkenburg“ bezeichnete Gebiet, das aus den südlich des Mains gelegenen alten Hessischen und den ab 1803 hinzugekommenen rechtsrheinischen Territorien bestand, in „Provinz Starkenburg“ umbenannt.
1821 wurden im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsreform die Amtsvogteien in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen des Großherzogtums aufgelöst und Landratsbezirke eingeführt, wobei Gras-Ellenbach zum Landratsbezirk Lindenfels kam. Im Rahmen dieser Reform wurden auch Landgerichte geschaffen, die jetzt unabhängig von der Verwaltung waren. Deren Gerichtsbezirke entsprachen in ihrem Umfang den Landratsbezirken. Für den Landratsbezirk Lindenfels war das Landgericht Fürth als Gericht erster Instanz zuständig. Diese Reform ordnete auch die Verwaltung auf Gemeindeebene neu. So war die Bürgermeisterei in Hammelbach auch für Gras-Ellenbach, teilweise Hiltersklingen, Litzelbach und Oberscharbach zuständig. Entsprechend der Gemeindeverordnung vom 30. Juni 1821 gab es keine Einsetzungen von Schultheißen mehr, sondern einen gewählten Ortsvorstand, der sich aus Bürgermeister, Beigeordneten und Gemeinderat zusammensetzte.[9]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Gras-Ellenbach:
„Grasellenbach (L. Bez. Lindenfels) reform. Filialdorf, liegt 2 1⁄2 St. von Lindenfels an dem Ulvenbach und hat 45 Häuser und 324 Einw., die bis auf 21 Luth. und 16 Kath. reform. sind. Unter diesen befinden sich 15 Bauern, 24 Handwerker und 36 Taglöhner. - Bernhard Kreiß von Lindenfels, Ritter, verkaufte 1423 diesen Ort sammt Gerichten, Herrschaften, Zehnten dem Pfalzgrafen Ludwig III. und 1802 kam das Dorf von Churpfalz an Hessen.“[10]
1832 wurden die Verwaltungseinheiten weiter vergrößert und es wurden Kreise geschaffen. Nach der am 20. August 1832 bekanntgegebenen Neugliederung sollte es in Süd-Starkenburg künftig nur noch die Kreise Bensheim und Lindenfels geben; der Landratsbezirk von Heppenheim sollte in den Kreis Bensheim fallen. Noch vor dem Inkrafttreten der Verordnung zum 15. Oktober 1832 wurde diese aber dahingehend revidiert, dass statt des Kreises Lindenfels neben dem Kreis Bensheim der Kreis Heppenheim als zweiter Kreis gebildet wurde, zu dem jetzt Gras-Ellenbach gehörte. 1842 wurde das Steuersystem im Großherzogtum reformiert und der Zehnte und die Grundrenten (Einnahmen aus Grundbesitz) wurden durch ein Steuersystem ersetzt, wie es in den Grundzügen heute noch existiert.
Im Neuestes und gründlichstes alphabetisches Lexicon der sämmtlichen Ortschaften der deutschen Bundesstaaten von 1845 heißt es:
„Grasellenbach. – Dorf, zur evangelischen Pfarrei Hammelbach, resp. kathol. Pfarrei Waldmichelbach gehörig. – 45 H. 324 E. – Großherzogth. Hessen. – Provinz Starkenburg. – Kreis Heppenheim. – Landger. Fürth. – Hofgericht Darmstadt. – Das Dorf Grasellenbach, am Ulvenbach gelegen, ist im Jahre 1802 von Churpfalz an Hessen gelangt.“[11]
Infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[12] Darüber hinaus wurden in den Provinzen, die Kreise und die Landratsbezirke des Großherzogtums am 31. Juli 1848 abgeschafft und durch „Regierungsbezirke“ ersetzt, wobei die bisherigen Kreise Bensheim und Heppenheim zum Regierungsbezirk Heppenheim vereinigt wurden. Bereits vier Jahre später, im Laufe der Reaktionsära, kehrte man aber zur Einteilung in Kreise zurück und Gras-Ellenbach wurde Teil des neu geschaffenen Kreises Lindenfels.[13]
Die im Dezember 1852 aufgenommenen Bevölkerungs- und Katasterlisten[14] ergaben für Grasellenbach[15]: Reformatorisches Filialdorf mit 368 Einwohnern. Dazu gehören zwei Mühlen und eine Ziegelhütte. Die Gemarkung besteht aus 2462 Morgen, davon 601 Morgen Ackerland, 415 Morgen Wiesen und 1385 Morgen Wald.
In den Statistiken des Großherzogtums Hessen werden, bezogen auf Dezember 1867, für das Filialdorf Gras-Ellenbach mit eigener Bürgermeisterei, 52 Häuser, 397 Einwohnern, der Kreis Lindenfels, das Landgericht Wald-Michelbach, die evangelische reformierte Pfarrei Hammelbach des Dekanats Lindenfels und die katholische Pfarrei Wald-Michelbach des Dekanats Heppenheim, angegeben. Die Bürgermeisterei in Gras-Ellenbach war außerdem für die Streitmühle (ein Häuser, 6 Einw.) zuständig.[16]
Nachdem das Großherzogtum Hessen ab 1871 Teil des Deutschen Reiches war, wurden 1874 eine Reihe von Verwaltungsreformen beschlossen. So wurden die landesständige Geschäftsordnung sowie die Verwaltung der Kreise und Provinzen durch Kreis- und Provinzialtage geregelt. Die Neuregelung trat am 12. Juli 1874 in Kraft und verfügte auch die Auflösung der Kreise Lindenfels und Wimpfen und die Wiedereingliederung von Gras-Ellenbach in den Kreis Heppenheim.[17]
Die hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen wurden 1937 nach der 1936 erfolgten Auflösung der Provinzial- und Kreistage aufgehoben. Zum 1. November 1938 trat dann eine umfassende Gebietsreform auf Kreisebene in Kraft. In der ehemaligen Provinz Starkenburg war der Kreis Bensheim besonders betroffen, da er aufgelöst und zum größten Teil dem Kreis Heppenheim zugeschlagen wurde. Der Kreis Heppenheim übernahm auch die Rechtsnachfolge des Kreises Bensheim und erhielt den neuen Namen Landkreis Bergstraße.[18][1]
Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 ein Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes und danach ein Bundesstaat des Deutschen Reiches. Es bestand bis 1919, nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Großherzogtum zum republikanisch verfassten Volksstaat Hessen. 1945 nach Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich das Gebiet des heutigen Hessen in der amerikanischen Besatzungszone und durch Weisung der Militärregierung entstand Groß-Hessen, aus dem das Bundesland Hessen in seinen heutigen Grenzen hervorging.
Im Jahr 1961 wurde die Gemarkungsgröße mit 615 ha angegeben, davon waren 229 ha Wald.[1]
Am 31. Dezember 1971 schlossen sich im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbstständigen Gemeinden Wahlen, Hammelbach und Gras-Ellenbach freiwillig zur neuen Gemeinde Grasellenbach zusammen. Ortsbezirke nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden nicht errichtet.
Gerichtszugehörigkeit in Hessen
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg wurde das „Hofgericht Darmstadt“ als Gericht zweiter Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde weiter durch die Ämter, die Standesherren und Patrimonialgerichte wahrgenommen. Für die Rechtsprechung in Gras-Ellenbach war das Amt Fürth zuständig. Ab 1813 war das neu gebildete Justizamt in Fürth die erste Instanz. Das Hofgericht Darmstadt war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Diesem übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit Einrichtung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Fürth das Gericht erster Instanz. 1853 wurde daraus ein neuer Landgerichtsbezirk ausgegliedert, das Landgericht Waldmichelbach, zu dem auch Gras-Ellenbach gehörte. Die erwähnten Obergerichte in Darmstadt waren weiter zuständig.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, wurde nun das Amtsgericht Wald-Michelbach im Bezirk des Landgerichts Darmstadt zuständig.[19]
1943 wurde der Amtsgerichtsbezirk Wald-Michelbach kriegsbedingt vorübergehend aufgelöst, dem Amtsgericht Fürth zugeordnet und dort als Zweigstelle geführt[20], was nach dem Krieg wieder rückgängig gemacht wurde. Zum 1. Juli 1968 wurde dann das Amtsgericht Wald-Michelbach aufgelöst[21], womit Gras-Ellenbach endgültig in die Zuständigkeit des Amtsgerichts Fürth kam.
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Gras-Ellenbach lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][22][23]
- vor 1777: Heiliges Römisches Reich, Pfalzgrafschaft bei Rhein, Oberamt Heidelberg, Amt Lindenfels, Zent Hammelbach
- ab 1777: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Pfalzbayern, Pfalzgrafschaft bei Rhein, Oberamt Lindenfels, Zent Hammelbach
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (durch Reichsdeputationshauptschluss), Fürstentum Starkenburg, Amt Lindenfels
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Lindenfels
- ab 1812: Großherzogtum Hessen, Fürstentum Starkenburg, Amt Fürth
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Fürth
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Lindenfels (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Fürth) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Heppenheim
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Lindenfels
- ab 1867: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Lindenfels
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Lindenfels
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Heppenheim
- ab 1938: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Bergstraße (Im Zuge der Gebietsreform 1938 werden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Bergstraße
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Bergstraße
- am 31. Dezember 1971 zur Gemeinde Grasellenbach
Einwohnerentwicklung
• 1784: | 132 Seelen, 28 Familien in 11 Wohnstätten[6] |
• 1829: | 324 Einwohner, 45 Häuser[10] |
• 1867: | 403 Einwohner, 53 Häuser[16] |
Gras-Ellenbach: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2011 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1829 | 324 | |||
1834 | 356 | |||
1840 | 407 | |||
1846 | 387 | |||
1852 | 368 | |||
1858 | 369 | |||
1864 | 401 | |||
1871 | 399 | |||
1875 | 416 | |||
1885 | 415 | |||
1895 | 401 | |||
1905 | 423 | |||
1910 | 421 | |||
1925 | 348 | |||
1939 | 317 | |||
1946 | 520 | |||
1950 | 471 | |||
1956 | 455 | |||
1961 | 544 | |||
1967 | 653 | |||
1970 | 664 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2005 | 870 | |||
2011 | 962 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1][24]; Zensus 2011[2] |
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 21 lutheranische (= 6,48 %), 287 reformierte (= 88,58 %) und 16 katholische (= 4,94 %) Einwohner[10] |
• 1961: | 412 evangelische (= 75,74 %), 123 katholische (= 22,61 %) Einwohner |
Wappen und Flagge
Wappen
Blasonierung: „Im von Blau und Gold schräggevierten Schild, oben in Blau der stilisierte silberne Kopf des Hessischen Löwen, mit roter Zunge und roten Querstreifen, rechts und links in Gold je ein rotes Lindenblatt und unten in Blau, zwei gewellte silberne Balken.“[25]
Das Wappen wurde der Gemeinde Grasellenbach am 9. August 1966 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.
Der Löwenkopf verweist auf die Zugehörigkeit zu Hessen, die beiden Wellenbalken auf die zahlreichen Bachläufe in und um Gras-Ellenbach. Die beiden Lindenblätter verweisen auf den Bezug des Ortes zur Nibelungensage, da einer der möglichen Orte, an dem Siegfried gestorben sein soll am Gras-Ellenbacher Siegfriedsbrunnen ist.[26]
Flagge
Gemeinsam mit dem Wappen wurde der Gemeinde auch eine Flagge genehmigt, wie folgt beschrieben wird:
Flaggenbeschreibung: „Auf breiter weißer Mittelbahn, beseitet von schmalen roten Seitenbahnen, im oberen Teil aufgelegt das Gemeindewappen.“
Verkehr
Für den Straßenverkehr ist Gras-Ellenbach durch die Landesstraße L 3105 erschlossen, die in Nord-Süd-Richtung verläuft und von der Bundesstraße 460, der Siegfriedstraße nach Süden in das Ulfenbachtal abzweigt und über Wald-Michelbach nach Hirschhorn (Neckar) führt.
Literatur
- Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz am Rheine. Band 1, Leipzig 1786–1788. (Online bei Hathi Trust, digital library)
- Georg W. agnber: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg, Band 1. Oktober 1829
- Christoph Friedrich Moritz Ludwig Marchand: Lindenfels. Ein Beitrag zur Ortsgeschichte des Großherzogthums Hessen. Darmstadt 1858 (Online bei google books).
- Philipp Alexander Ferdinand Walther: Das Großherzogthum Hessen nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. Jonghans, Darmstadt 1854. (Online bei google books)
- Literatur über Gras-Ellenbach In: Hessische Bibliographie[27]
Weblinks
- Internetauftritt der Gemeinde Grasellenbach
- Gras-Ellenbach, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Gras-Ellenbach, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 24. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- 79. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 21. November 2012. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr. 9, 2014, ISSN 0724-7885, S. 187.
- Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch - Starkenburg, Darmstadt 1937, Seite 238
- Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 206.
- Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der Kurfürstl. Pfalz am Rheine. Erster Theil. Frankfurt und Leipzig 1786, OCLC 1067855437, S. 527 f., 6) Gros-Ellenbach (Online bei googe books).
- Christoph Friedrich Moritz Ludwig Marchand: Lindenfels. Ein Beitrag zur Ortsgeschichte des Großherzogthums Hessen. Darmstadt 1858, S. 48 (Online bei google books).
- Heinrich Karl Wilhelm Berghaus: Deutschland seit hundert Jahren: Abth. Deutschland vor fünfzig Jahren. Band 3. Voigt & Günther, Leipzig 1862, OCLC 311428620, S. 358 ff. (Online bei google books).
- M. Borchmann, D. Breithaupt, G. Kaiser: Kommunalrecht in Hessen. W. Kohlhammer Verlag, 2006, ISBN 3-555-01352-1, S. 20 (Teilansicht bei google books).
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 88 (Online bei google books).
- Johann Friedrich Kratzsch: Neuestes und gründlichstes alphabetisches Lexicon der sämmtlichen Ortschaften der deutschen Bundesstaaten. Teil 2. Band 1. Zimmermann, Naumburg 1845, OCLC 162810696, S. 472 (Online bei google books).
- Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
- Verordnung, die Eintheilung des Großherzogtums in Kreise Betreffend vom 12. Mai 1852. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1852 Nr. 30. S. 224–229 (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek digital [PDF]).
- Wolfgang Torge: Geschichte der Geodäsie in Deutschland. Walter de Gruyter, Berlin, New York 2007, ISBN 978-3-11-019056-4, S. 172 (Teilansicht bei google books).
- Ph. A. F. Walther: Das Großherzogthum Hessen: nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. G. Jonghaus, Darmstadt 1854, DNB 730150224, OCLC 866461332, S. 342 (Online bei google books).
- Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 32 (Online bei google books).
- Martin Kukowski: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt: Überlieferung aus dem ehemaligen Grossherzogtum und dem Volksstaat Hessen. Band 3, K.G. Saur, 1998, ISBN 3-598-23252-7
- Schlagzeilen aus Bensheim zum 175-jährigen Bestehen des „Bergsträßer Anzeigers“. (PDF; 9,0 MB) Die Entstehung des Kreises Bergstraße. (Nicht mehr online verfügbar.) 2007, S. 109, archiviert vom Original am 5. Oktober 2016; abgerufen am 9. Februar 2015.
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Wald-Michelbach, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 9. September 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 1 g) und Artikel 2, Abs. 1 c) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
- Auszug aus den Statistiken der Gemeinde aus dem Jahr 2005 (Memento vom 2. Juli 2007 im Internet Archive)
- Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Gras-Ellenbach, Landkreis Bergstraße vom 9. August 1966. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1966 Nr. 34, S. 1114, Punkt 877 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,9 MB]).
- „Gras-Ellenbach“ auf Heraldry of the world
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!