Goßfelden

Goßfelden ist nach der Einwohnerzahl der größte Ortsteil der Gemeinde Lahntal im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Goßfelden
Gemeinde Lahntal
Höhe: 216 m ü. NHN
Fläche: 6,96 km²[1]
Einwohner: 2212 (30. Jun. 2014)[2]
Bevölkerungsdichte: 318 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Eingemeindet nach: Lahnfels
Postleitzahl: 35094
Vorwahl: 06423

Geschichte

Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen

Kirche in Goßfelden

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Goßfelden erfolgte unter dem Namen Gozfeldene marcha um das Jahr 850 in im Codex Eberhardi des Reichsklosters Fulda.[3] Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wurde das Dorf, welches beiderseits der Lahn liegt, zweigeteilt: Der südlich der Lahn liegende Ortsteil gehörte seit 1273 zum Gericht Goßfelden, während der nördlich der Lahn gelegene Ortsteil seit 1374 und zur Grafschaft (und später dem Amt) Wetter gehörte. Erst 1809 wurden beiden Ortsteile nach der Aufhebung des Deutschen Ordens im Kanton Caldern vereinigt.

Im Jahre 1601 wurde im Ort ein Rathaus erbaut. Unter Anleitung des landgräflichen Baumeisters Giovanni Ghezzy entstand 1749 die Kirche in Goßfelden, neben der 1809 eine Schule erbaut wurde.

Nach dem von 1900 bis 1922 in Goßfelden lebenden Otto Ubbelohde wurde 1964 eine neu erbaute Schule benannt.

Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten Goßfelden und der Nachbarort Sarnau zum 31. Dezember 1970 auf freiwilliger Basis zur Gemeinde Lahnfels.[4] Diese wurde jedoch am 1. Juli 1974 kraft Landesgesetz in die erweiterte Großgemeinde Lahntal eingegliedert.[5][6] Beide Ortsteile bildeten gemeinsam mit fünf weiteren Orten die Großgemeinde Lahntal. Für Goßfeldenwurde, wie für die übrigen ehemaligen Gemeinden von Lahntal, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]

Blick von der Weinstraße auf Goßfelden, die Wetschaft-Senke und das Rothaargebirge;
gut erkennbar von links nach rechts der Wollenberg (474 m), der Kohlenberg (583 m), die Ziegenhelle (816 m), der Heidekopf (704 m), der Bollerberg (757 m), der Reetsberg (792 m), der Schloßberg (790 m) und der Burgwald mit Burg Mellnau

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Goßfelden lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[3][8]

Gerichte seit 1821

Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. In Marburg wurde der Kreis Marburg für die Verwaltung eingerichtet und das Landgericht Marburg war als Gericht in erster Instanz für Goßfelden zuständig. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[12] 1850 wurde das Landgericht Marburg in Justizamt Marburg umbenannt.

Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt Marburg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Marburg. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[13] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[14]

Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. 1948 wurde Goßfelden dem Amtsgericht Kirchhain zugeteilt. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Goßfelden 2130 Einwohner. Darunter waren 93 (4,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 402 Einwohner unter 18 Jahren, 924 zwischen 18 und 49, 249 zwischen 50 und 64 und 195 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 924 Haushalten. Davon waren 270 Singlehaushalte, 249 Paare ohne Kinder und 303 Paare mit Kindern, sowie 84 Alleinerziehende und 21 Wohngemeinschaften. In 144 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 669 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[15]

Einwohnerzahlen

Quelle: Historisches Ortslexikon[3]
 1577:38 Hausgesesse
 1580:7 Ackerleute, 15 Einläuftige
 1681:44 hausgesessene Mannschaften
 1747:49 Haushalte
 1788:drei Juden und Jüdinnen, drei vierspännige, zwei dreispännige, sieben zweispännige Wagen, 31 Karren.
 1838:Familien: 56 nutzungsberechtigte, 24 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 16 Beisassen
Goßfelden: Einwohnerzahlen von 1788 bis 2014
Jahr  Einwohner
1788
 
356
1800
 
?
1834
 
567
1840
 
543
1846
 
540
1852
 
581
1858
 
578
1864
 
568
1871
 
513
1875
 
548
1885
 
603
1895
 
619
1905
 
648
1910
 
643
1925
 
702
1939
 
788
1946
 
1.081
1950
 
1.127
1956
 
1.067
1961
 
1.090
1967
 
1.159
1970
 
1.202
1980
 
?
1990
 
2.260
2003
 
2.266
2008
 
2.387
2011
 
2.130
2014
 
2.212
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[3]; Gemeinde Lahntal[2]; Zensus 2011[15]

Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[3]
 1861:534 evangelisch-lutherische, drei evangelisch-reformierte, 25 jüdische Einwohner
 1885:581 evangelische (= 96,35 %), ein katholische (= 0,17 %), 24 jüdische (= 3,48 %) Einwohner[3]
 1961:951 evangelische (= 87,25 %), 112 katholische (= 10,28 %) Einwohner

Erwerbstätigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[3]
 1788:Erwerbspersonen: 1 Wirt, 1 Müller, 4 Zimmerleute, 2 Maurer, 2 Schmiede, 2 Dachdecker, 2 Schneider, 24 unzünftige Leineweber, 3 Lohnschaffner, 7 Tagelöhner, 4 Tagelöhnermnnen, 3 Juden und Jüdinnen, 3 vierspännige, 2 dreispännige, 7 zweispännige Wagen, 31 Karren
 1838:Familien: 37 Ackerbau, acht Gewerbe, 25 Tagelöhner.
 1961:Erwerbspersonen: 152 Land- und Forstwirtschaft, 202 produzierendes Gewerbe, 70 Handel und Verkehr, 83 Dienstleistungen und Sonstiges.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Grenzgang Goßfelden

Alle sieben Jahre wird, wie in weiteren Gemeinden Mittelhessens, ein Grenzgangsfest in Goßfelden begangen. Meist Ende Juni gibt es ein fünftägiges Dorffest mit Grenzbegang, historischem Festzug sowie Vereins- und Tanzabenden mit Partybands. Das Fest geht zurück auf einen 600 Jahre alten Brauch. Die Grenzen der Gemarkung von Goßfelden waren in damaliger Zeit öfter umstritten. Um sie den Einwohnern und ihren Kindern einzuprägen, wurden die Gemeindelandgrenzen gemeinsam abgeschritten. An den wichtigsten Orten gab man angeblich den Kindern Ohrfeigen, damit das Schmerzerlebnis ihnen die Bedeutung „einbläute“. Auf den Frühstücksplätzen dieser mehrere Kilometer langen Prozession gab es Süßigkeiten. Dokumentiert finden sich solche Details laut Bericht der Oberhessischen Presse in alten Gerichtsprotokollen. Anlässlich der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde wurde 1953 die wegen der Weltkriege fortgefallene Tradition wiederbelebt. Erstmals war 1889 der wegen verlorengegangener Notwendigkeit eingestellte Brauch folkloristisch neu aufgelegt worden.[16]

Zum Grenzgangsfest vom 25. bis 29. Juni 2009 hatte der Grenzgangsverein Goßfelden eine 200 Seiten starke Festschrift mit vielen Bildern herausgegeben. In einem historischen Teil geht es um die Figur des peitschenschwingenden Grenzläufers, um den Gründer Arnfried, das Festspiel zur 1200-Jahr-Feier und die Entstehung des Ortsnamens sowie um Ordensritter. Ein solcher in Plattenrüstung vor der Wahrzeichen-Brücke Goßfeldens dekoriert auch das Wappen des Vereins. Im volkskundlichen zweiten Teil der Schrift geht es um Brauchtum und ländliches Handwerk. Viele historische Fotos von früheren Festzügen und Ortsansichten sind enthalten. Der siebenköpfige Festschrift-Ausschuss hatte das Material aus Kirchenbüchern, privaten Quellen und Dokumenten des Hessischen Staatsarchivs in Marburg zusammengetragen. Seit 1953 ist anlässlich des Grenzgangs jedes Mal eine Festschrift erschienen.

Bauwerke

Zu den Sehenswürdigkeiten Goßfeldens zählen die 1802 erbaute alte Brücke über die Lahn, die Kirche, sowie das als Museum eingerichtete ehemalige Wohnhaus des Malers und Grimms-Märchen-Illustrators Otto Ubbelohde, das Ubbelohde-Haus.

Sport

  • SG Lahnfels, Fußballverein mit Schwerpunkt in der Jugendarbeit
  • TV 1906 Goßfelden, Turnverein mit langjähriger Sportabzeichenförderung[17]
  • RV Edelweiß 1921 Goßfelden e.V. Der Verein fördert Radsport, Nordic Walking, Boule und insbesondere den Kinder- und Jugendsport.[18]

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Goßfelden ist über die Bundesstraße 62 zu erreichen, die in westliche Richtung nach Siegen führt und nach Osten Anschluss an die Bundesstraße 3 nach Marburg im Süden bietet. Außerdem gibt es in Nord-Süd-Richtung eine Landesstraße von Wetter (Hessen) im Norden, die nach Süden nach Wehrda und etwas direkter nach Marburg führt. Über die Obere Lahntalbahn gibt es stündliche Bahnverbindungen nach Marburg und über Biedenkopf und Bad Laasphe nach Erndtebrück. Der Bahnsteig des Haltepunktes wurde Mitte der 2000er Jahre erneuert und ist nun auch für mobilitätseingeschränkte Personen problemfrei erreichbar. Er ist mit Fahrkartenautomat, Beleuchtung, Wetterschutzhäuschen und taktilen Blindenleitstreifen ausgestattet. Die Bahnsteighöhe beträgt seit der Modernisierung 55 Zentimeter.

Persönlichkeiten

  • Wigand Orth (1537–1566), evangelischer Theologe (starb in Goßfelden)
  • Otto Ubbelohde (1867–1922), Maler und Illustrator (lebte in Goßfelden)
  • Heinrich Ubbelohde-Doering (1889–1972), Archäologe und Museumsdirektor (starb in Goßfeldern)
  • Felix Römer (* 1979), Autor und Slam-Poet (in Goßfelden aufgewachsen)
  • Franz Frank (1897–1986), Maler und Graphiker (lebte in Goßfelden)
Commons: Goßfelden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationen zum Ort. In: Webauftritt. Gemeinde Lahntal, archiviert vom Original am 27. Januar 2016; abgerufen am 15. Januar 2016.
  2. Lahntal in Zahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Lahntal, archiviert vom Original am 27. Januar 2016; abgerufen am 15. Januar 2016.
  3. Goßfelden, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Lahnfels“, Landkreis Marburg vom 6. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 140, Punkt 164 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 5 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 402–404.
  7. Hauptsatzung. (PDF; 111 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Lahntal, abgerufen im August 2020.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  9. Die Zugehörigkeit des Amtes Wetter anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  10. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 123 f. (online bei Google Books).
  11. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f..
  12. Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
  13. Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
  14. Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224)
  15. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 68;.
  16. Oberhessische Presse vom 23. Juni 2009, S. 9
  17. tv06-gossfelden.de, abgerufen am 21. April 2021>
  18. RV Goßfelden – Satzung. Abgerufen am 4. Januar 2021.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.