Gewissenruh
Gewissenruh ist ein Ortsteil der Gemeinde Wesertal im nordhessischen Landkreis Kassel.
Gewissenruh Gemeinde Wesertal | |
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Höhe: | 117 m ü. NHN |
Fläche: | 1,1 km²[1] |
Einwohner: | 120 ca.[1] |
Bevölkerungsdichte: | 109 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Eingemeindet nach: | Oberweser |
Postleitzahl: | 34399 |
Vorwahl: | 05572 |
Blick über die Weser auf Gewissenruh |
Geographie
Das Dorf Gewissenruh befindet sich im äußersten Norden von Nordhessen zwischen den Südausläufern des in Südniedersachsen gelegenen Sollings im Norden und der Nordabdachung des hessischen Reinhardswalds im Süden. Es liegt am linken bzw. westlichen Ufer der Weser, die hier die Grenze zu Niedersachsen bildet, am gegenüber liegenden Ufer erstreckt sich das niedersächsische Bodenfelde, östlich von Gewissenruh liegt Lippoldsberg, hinter dem sich südöstlich der Höhenzug Kiffing erhebt, und westlich befindet sich Wahmbeck (Gemeindeteil von Bodenfelde).
Gieselwerder, der Verwaltungssitz der Gemeinde Wesertal, liegt 3,5 km südlich, Bad Karlshafen 6 km nordwestlich, die Kleinstadt Uslar rund 8 km nordöstlich, Hann. Münden 25 km und Kassel 36 km südlich.
Gewissenruh liegt rund 40 m über dem hiesigen Weserpegel. Zu den Bergen nahe der Ortschaft gehören der Kuhläger Kopf (290,5 m) im Reinhardswald und jenseits bzw. nördlich der Weser der Kahlberg (224,7 m) im Solling.
Geschichte
Gewissenruh wurde im Jahr 1722 für waldensische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich durch Landgraf Karl von Hessen-Kassel als „Kolonie“ gegründet, ebenso wie das nahe gelegene Dorf Gottstreu. Die religiös geprägten Namen beider Orte wählte der Landgraf persönlich aus. Die Kolonien wurden als Straßendörfer mit 12 Parzellen angelegt. Die Neusiedler lebten von Landwirtschaft und Waldarbeit. Bis 1825 wurde im Gottesdienst und im Schulunterricht Französisch gesprochen. Französische Inschriften auf Hausbalken und französische Familiennamen zeugen noch heute von der Vergangenheit der im Volksmund als Franzosendörfer bezeichneten Orte.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten am 1. Februar 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Arenborn, Gewissenruh, Gieselwerder, Gottstreu und Oedelsheim freiwillig zur neuen Gemeinde Oberweser. Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Gieselwerder.[2] Am 1. August 1972 kam noch kraft Landesgesetz Heisebeck hinzu.[3] Zum 1. Januar 2020 fusionierten die Gemeinden Oberweser und Wahlsburg zur neuen Gemeinde Oberweser. Der Ortsbezirk Gewissenruh mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung blieb weiter bestehen.[4]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Territorien bzw. Verwaltungseinheiten denen Gewissenruh unterstand im Überblick:[5][6]
- ab 1722: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Sababurg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Sababurg
- ab 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Karlshafen
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sababurg[7]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar[8]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Lreis Hofgeismar
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Hofgeismar
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
Einwohnerzahlen
Gewissenruh: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 125 | |||
1840 | 135 | |||
1846 | 131 | |||
1852 | 120 | |||
1858 | 132 | |||
1864 | 124 | |||
1871 | 118 | |||
1875 | 124 | |||
1885 | 122 | |||
1895 | 134 | |||
1905 | 124 | |||
1910 | 110 | |||
1925 | 126 | |||
1939 | 113 | |||
1946 | 187 | |||
1950 | 158 | |||
1956 | 145 | |||
1961 | 147 | |||
1967 | 130 | |||
1970 | 119 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 117 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [5]; Zensus 2011[9] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Gewissenruh 117 Einwohner. Darunter waren keine Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 30 Einwohner unter 18 Jahren, 42 zwischen 18 und 49, 21 zwischen 50 und 64 und 24 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 54 Haushalten. Davon waren 21 Singlehaushalte, 12 Paare ohne Kinder und 12 Paare mit Kindern, sowie 6 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 12 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 36 Haushaltungen lebten keine Senioren.[10]
Religionszugehörigkeit
• 1885: | 116 evangelische (= 99,15 %), kein katholischer, ein anderer christlicher (= 0,85 %) Einwohner[5] |
• 1961: | 115 evangelische (= 78,23 %), 25 katholische (= 14,01 %) Einwohner[5] |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Für die unter Denkmalschutz stehenden Kulturdenkmäler des Ortes siehe die Liste der Kulturdenkmäler in Gewissenruh.
- Inschriften in Gottstreu und Gewissenruh erinnern an die französische Abstammung.
- Dorfstraße in Gewissenruh
- Waldenserkirche
Die Kanzel ist über dem Altar angeordnet. - Waldenserkirche
Blick zur Orgelempore
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Land- und Forstwirtschaft spielt in Gewissenruh, ebenso wie in den anderen Orten der Region, kaum noch eine Rolle, nennenswerte Industriebetriebe sind nicht vorhanden.
Tourismus
Es gibt eine touristische Infrastruktur. Der Ort ist ein staatlich anerkannter Erholungsort[11]. Gewissenruh liegt am Weserradweg. Reinhardswald und Wesertal bieten gute Wander- und Reitmöglichkeiten, zum Beispiel durch die Franzosenwiesen. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in Gasthäusern, Wanderreitstation und Pensionen im Ort. In der Nachbarschaft gibt es Frei- und Hallenbäder, Campingplätze und Orte mit alten Fachwerkhäusern, wie z. B. Uslar oder Höxter. Sehenswert sind der Mühlenplatz und die Burgen bzw. Burgruinen Sababurg (mit Wildpark), Trendel-, Bram- und Krukenburg.
Verkehr
Am Ortsrand verläuft die Bundesstraße 80. Bei Gieselwerder befindet sich eine Weserbrücke; in unmittelbarer Nähe gibt es zwei Gierseilfähren über die Weser zu den Orten Wahmbeck und Lippoldsberg. Bei Hann. Münden und Göttingen befinden sich die nächsten Autobahnausfahrten an der A 7 bzw. bei und Warburg jene der A 44.
Regionalbahnhöfe befinden sich in Hann. Münden, Hofgeismar und Bodenfelde; ICE/IC-Züge halten in Kassel, Göttingen und Warburg.
Überregional bedeutende Flughäfen befinden sich bei Hannover und Paderborn.
Ehrenbürger
- 1895 Otto von Bismarck (1815–1898), Reichskanzler
Einzelnachweise
- Gewissenruh In: Webauftritt der Gemeinde Oberweser. Abgerufen im August 2016.
- Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 29. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 7, S. 286, Punkt 362, Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,1 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 398 und 399.
- Vorläufige Gemeindevertretung und Ausschüsse der Gemeinde Wesertal. (PDF; 72 lB) In: Webauftritt. Gemeinde Oberweser, abgerufen im November 2020.
- Gewissenruh, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 49 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 70 f.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 84 .
- 77. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 17. November 2011. In: Staatszeiger für das Land Hessen. Nr. 7, 2012, ISSN 0724-7885, S. 221.
Weblinks
- Gewissenruh In: Webauftritt der Gemeinde Oberweser.
- Gewissenruh, Landkreis Kassel. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Gewissenruh nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie