Frischborn
Frischborn ist ein Dorf mit rund 1000 Einwohnern und Ortsteil der Kreisstadt Lauterbach des mittelhessischen Vogelsbergkreises.
Frischborn Stadt Lauterbach | |
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Höhe: | 376 m ü. NHN |
Fläche: | 18,43 km²[1] |
Einwohner: | 938 (31. Dez. 2016)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 51 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1972 |
Postleitzahl: | 36341 |
Vorwahl: | 06641 |
Geschichte
Die urkundliche Erwähnung von Frischborns aus dem Jahr 1105 als Visgbrunnen ist nicht gesichert. Erst die Erwähnung von 1320 als Fihspurn gilt als gesichert.[1] Die Bedeutung des Ortsnamens wird als eine an fischreichem Quellwasser gelegene Siedlung gedeutet.
Frischborn hatte einst sehr viel Wald in seiner Gemarkung. Bis ins 16. Jahrhundert gab es in Frischborn mehrere Waldschmieden und etliche Mühlen, die durch das Wasser der Lauter angetrieben wurden. Die Kirche mit einem massiven Steinturm entstand 1704. Sie überragt das Dorfbild. 1881 entstand in Frischborn ein zweiklassiges Schulhaus. Um 1900 lebten in Frischborn viele Tagelöhner und Waldarbeiter. Es gab kleine Brauereien und Leinwandwebereien (ab 1902 eine mechanische, die 1932 durch eine Hutfabrik abgelöst wurde).
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Frischborn:
„Frischborn (L. Bez. Lauterbach) evangel. Pfarrdorf; liegt im Vogelsberg 1 St. von Lauterbach, und gehört dem Freiherrn von Riedesel. Man findet 91 Häuser 642 evangelische Einwohner, so wie 1 Kirche, 1 Schulhaus, 2 Mahl- und 1 Oelmühle. Die Einwohner beschäftigen sich stark mit der Spinnerei und Leineweberei, und unter den Leinewebern sind einige, die ihr Geschäft fabrikmäßig treiben; auch wird Rindvieh gemästet und ausgeführt. – Der Ort kommt zuerst 1320, gelegenheitlich eines Streits wegen der Gerichtsbarkeit, urkundlich vor.“[3]
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde Frischborn am 1. Februar 1972 auf freiwilliger Basis in die Kreisstadt Lauterbach eingegliedert.[4] Für Frischborn wie für die übrigen durch die Gebietsreform eingegliederten Gemeinden wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Frischborn lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6][7]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Gericht Engelrod[8]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
- ab 1623: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Engelrod (Freiherren Riedesel zu Eisenbach)[9]
- 1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Engelrod
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Ulrichstein, Gericht Engelrod[10][11]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Engelrod der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[12]
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Herbstein (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lauterbach; Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Riedesel zu Eisenbach) und Verwaltung)[13]
- ab 1825: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Umbenennung in Landratsbezirk Lauterbach
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Alsfeld
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Lauterbach
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Lauterbach
- am 1. Februar 1972 wurde Frischborn der neu gebildeten Stadtgemeinde Lauterbach eingegliedert.
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen, und somit war für Frischborn ab 1806 das „Patrimonialgericht der Freiherren Riedesel zu Eisenbach“ in Engelrod zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Dafür wurde das standesherrliche „Landgericht Lauterbach“ geschaffen. Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[14]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lauterbach“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15]
Am 1. Januar 2005 wurde das Amtsgericht Lauterbach als Vollgericht aufgehoben[16] und zur Zweigstelle des Amtsgerichts Alsfeld.[17] Zum 1. Januar 2012 wurde auch diese Zweigstelle geschlossen.[18][19] Jetzt sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
• 1800: | 436 Einwohner[20] |
• 1806: | 489 Einwohner, 87 Häuser[11] |
• 1829: | 642 Einwohner, 91 Häuser[3] |
• 1867: | 815 Einwohner, 139 bewohnte Gebäude[21] |
• 1875: | 178 Einwohner, 104 bewohnte Gebäude[22] |
Frischborn: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2015 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1800 | 436 | |||
1806 | 489 | |||
1829 | 642 | |||
1834 | 759 | |||
1840 | 707 | |||
1846 | 801 | |||
1852 | 692 | |||
1858 | 783 | |||
1864 | 799 | |||
1871 | 777 | |||
1875 | 797 | |||
1885 | 787 | |||
1895 | 766 | |||
1905 | 718 | |||
1910 | 763 | |||
1925 | 756 | |||
1939 | 782 | |||
1946 | 1.099 | |||
1950 | 1.133 | |||
1956 | 1.001 | |||
1961 | 945 | |||
1967 | 1.034 | |||
1970 | 1.022 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2003 | 1.024 | |||
2005 | 1.014 | |||
2011 | 981 | |||
2015 | 943 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[23] |
Politik
Ortsvorsteher ist Berthold Habermehl (Stand: November 2016).[24]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Zum Stadtteil Frischborn gehört das Riedesel-Stammschloss Eisenbach, das gerne als „hessische Wartburg“ bezeichnet wird. Es wurde erstmals 1217 urkundlich erwähnt und nach seiner Zerstörung durch Fürstabt Leipolz von Fulda im Jahr 1269 von Trabodo von Eisenbach wieder aufgebaut (1289/90).
Regelmäßige Veranstaltungen
- Fasching (Winter)
- Hutzelfeuer (Winter)
- Hexennacht (Frühling, allerdings in der Nacht vom Pfingstsonntag zum Pfingstmontag)
- Dorffest (Sommer)
- Kirmes (Am 2. Wochenende im Oktober jeden Jahres)
- Lange Nacht (23. Dezember)
Verkehr
Frischborn lag an der Oberwaldbahn von Glauburg-Stockheim nach Lauterbach (Hess). Diese Strecke ist stillgelegt.
Persönlichkeiten
- Karl Georg Keutzer (* 1884 in Frischborn, † 1964), hessischer Politiker (CDU) und langjähriger Bürgermeister von Frischborn
- Peter Andreas Grünberg (* 1939 in Pilsen, † 2018), Nobelpreisträger für Physik, lebte von 1946 bis 1952 in Frischborn (Alte Obergasse 7)
- Eva Goldbach (* 1965), Ökonomin und Politikerin, wurde hier geboren
Weblinks
- Stadtteil Frischborn. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webauftritt der Stadt Lauterbach. Archiviert vom Original am 8. August 2015 .
- Frischborn, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Frischborn In: Hessische Bibliographie[25]
Einzelnachweise
- Frischborn, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 4. Mai 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Einwohnerzahlen nach Ortsteilen. (PDF; 55 kB) In: Internatauftritt. Stadt Lauterbach, archiviert vom Original; abgerufen im Mai 2018.
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 748 f. (Online bei google books).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 368.
- Hauptsatzung. (PDF; 30 kB) §; 6. In: Webauftritt. Stadt Lauterbach, abgerufen im März 2019.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Die Zugehörigkeit des Gerichts Engelrod anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 24 Punkt d) XI. (google books).
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 9 (Online bei google books).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 280 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 426 (online bei Google Books).
- Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 158 ff. (online bei Google Books).
- Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (GVBl. I S. 507–508) vom 20. Dezember 2004. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2004 Nr. 24, S. 507–508 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,4 MB]).
- Vierte Verordnung zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen. Art. 1 §4 Abs. 1 (GVBl. I S. 552) vom 29. Dezember 2004. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2004 Nr. 25, S. 552 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
- Fünfte Verordnung zur Änderung der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GVBl. I S. 709–710) vom 9. Dezember 2010. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2010 Nr. 25, S. 709–710 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 148 kB]).
- Gerichtsorganisationsgesetz. Amtsgericht Alsfeld ab 1. Januar 2012. In: Bürgerservice Hessen. Abgerufen im September 2019.
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 231 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 120 (Online bei google books).
- Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 17 (Online bei google books).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Ortsvorsteher in den Stadtteilen. In: Internetauftritt. Stadt Lauterbach, abgerufen am 22. Mai 2018.
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!