Eichamt Flensburg
Das Eichamt Flensburg ist ein 1912–1913 errichtetes Gebäude in Flensburg-Jürgensby, das unter Denkmalschutz steht und damit zu den Kulturdenkmalen des Stadtteils gehört.[1][2] Gebaut wurde es als Dienstsitz für das Königlich Preußische Eichamt Flensburg, dessen Nachfolgeeinrichtung 2010 geschlossen wurde.
Hintergrund
Zeugnis der Preußenzeit
Über der Tordurchfahrt des Eichamts erinnert der große Scheitelstein mit dem preußischen Wappenadler und dem Schriftzug „Kgl. Eichamt“ besonders deutlich an die Preußenzeit Flensburgs. Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864) wurde Flensburg 1867 Teil der neuen preußischen Provinz Schleswig-Holstein und war somit zu einer Grenzstadt[3] geworden, weshalb die dänischen Absatzmärkte verloren gingen. Nach ersten Anpassungsschwierigkeiten – Flensburgs Wirtschaft musste nach dem Krieg mit der moderneren deutschen Industrie konkurrieren – erholte sich die städtische Wirtschaft schließlich. Seitdem begann die Stadt umfangreich zu wachsen. Die Reparationszahlungen Frankreichs nach dem Deutsch-Französischen Krieg ermöglichten dem Deutschen Kaiserreich umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur.[4] In der Provinz Schleswig-Holstein und insbesondere in Flensburg entstanden neue Gebäude, die von der Baupolitik Preußens stark beeinflusst waren: neue Schulbauten, Kasernen, öffentliche Gebäude wie beispielsweise Gerichtsgebäude oder Postämter.[5] Zum Fortschritt durch die preußische Verwaltung in Flensburg gehörten so auch die Entstehung der Handelskammer und der Handwerkskammer, die sich unweit des Eichamts befinden, sowie Einführung von einheitlichen Maßeinheiten und Eichverfahren.[4][6]
Einrichtung des Eichamtes und Bau durch Paul Ziegler
Flensburgs Eichamt entstand in einer Zeit, als die Eichämter allgemein verstaatlicht wurden.[7] Als Standort wurde ein Grundstück im Johannisviertel in der Karlstraße 6. ausgewählt. Die Entwürfe des Gebäudes stammten von Paul Ziegler, der sich für viele bedeutsame Bauwerke der Stadt verantwortlich zeigte.[8] Zeitgleich zum Eichamt entstand nach Zieglers Entwürfen zudem auch die Hebbelschule, die heute als Haus B der Auguste-Viktoria-Schule dient.[9] Er gestaltete seine Bauwerke im Sinne der Heimatschutzarchitektur. Beim Bau des Eichamts kamen zudem barockisierende Stilelemente hinzu.[10] Einige Terrakotta-Medaillons an der Fassade des Gebäudes verweisen auf die Eichamts-Funktion.[11]
Das Eichamt heute
Kurz vor dem 100-jährigen Jubiläum des Gebäudes wurde das Eichamt im Jahr 2010 geschlossen. Die Flensburger Mitarbeiter wurden mit der Schließung im Grunde zu Außendienstmitarbeitern des Eichamts Kiel, auch wenn das Eichamt Flensburg mit seinem Zuständigkeitsbereich offiziell noch weiter besteht. Das Eichamts-Gebäude dient heute zu Wohnzwecken.[12][13]
- Tordurchgang des Eichamts
- Scheitelstein der Tordurchfahrt mit Preußischen Wappenadler und Schriftzug „Kgl. Eichamt“
- Terrakotta-Medaillon am Eichamt, das auf die Funktion des Bauwerks hinweist
- Hinterhof des Eichamts
- benachbartes Tiefbauamt von 1917, dass gestalterisch am Eichamt orientiert wirkt
Einzelnachweise
- Flensburg Online, Eichamt Flensburg, abgerufen am 5. März 2016
- Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 290
- beziehungsweise präziser: Stadt in einer Grenzregion
- 150 Jahre Flensburger Tageblatt. Flensburg unter der Pickelhaube. In: Flensburger Tageblatt vom 29. Januar 2015; abgerufen im März 2016
- Das Flensburger Kunstgewerbemuseum im Kaiserreich - Schleswig-Holstein und heimatliche Identität, Flensburger Kultur und nationales Bewusstsein (Memento vom 30. Juli 2015 im Internet Archive), abgerufen am: 23. März 2016
- Außerdem existieren noch heute weitere Gebäude, die sehr deutlich an die Preußen- und die Kaiserzeit Flensburgs erinnern: das Gerichtsgebäude der Stadt (vgl. Landgericht Flensburg und Amtsgericht Flensburg. Dort ist auch heute noch ein Standbild des Kaisers Wilhelm I. zu finden); sodann die das Gebäude der Alten Post, die Kaiserliche Post im Stadtteil Mürwik, die Junkerhohlweg-Kaserne und die Marineschule Mürwik, das sogenannte „Rote Schloss“, das nach dem Vorbild der Marienburg in Westpreußen entstand. — Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden viele Heimatvertriebene aus Ostpreußen in Flensburg eine neue Heimat. Viele siedelten sich in Fruerlund an, wo das Viertel „Flüchteby“ entstand, dass auch Klein Ostpreußen oder Klein Königsberg genannt wird. In diesem Viertel steht am Nettelbeckplatz das Turmhaus, an dem die Wappen Schlesiens, Ostpreußens, Danzigs, Westpreußens, Pommerns sowie das Flensburger Stadtwappen als Sgraffito angebracht sind. Diese Wappen stammen also nicht aus der Kaiserzeit. Vgl. Fruerlund, Stadtumbau in Flensburg, Ein Quartier erfindet sich neu, Flensburg 2016, Seite 21
- Informationsblatt „Paul Ziegler - Magistratsbaurat in Flensburg 1905-1939 - Wege zu seinen Bauten“, vgl. Flensburger Tageblatt: Denkmäler: Die Spuren des Paul Ziegler, vom 12. September 2009, abgerufen am 6. März 2016
- Informationsblatt „Paul Ziegler - Magistratsbaurat in Flensburg 1905-1939 - Wege zu seinen Bauten“, vgl. Flensburger Tageblatt: Denkmäler: Die Spuren des Paul Ziegler, vom 12. September 2009, abgerufen am 6. März 2016
- Lutz Wilde: Flensburg. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2.) S. 290 und S. 394.
- Lutz Wilde: Flensburg. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2.) S. 290.
- Informationsblatt „Paul Ziegler - Magistratsbaurat in Flensburg 1905-1939 - Wege zu seinen Bauten“, vgl. Flensburger Tageblatt: Denkmäler: Die Spuren des Paul Ziegler, vom 12. September 2009, abgerufen am 6. März 2016
- Flensburg: Eichamt weg - kurz vor dem Jubiläum, vom: 12. Januar 2011 sowie: Eichdirektion Nord, jeweils abgerufen am 6. März 2016
- Eichamt Karlstraße, abgerufen am 26. Februar 2018