Dyadisches Produkt

Das dyadische Produkt (kurz a​uch Dyade v​on griech. δύας, dýas „Zweiheit“) o​der tensorielle Produkt i​st in d​er Mathematik e​in spezielles Produkt zweier Vektoren. Das Ergebnis e​ines dyadischen Produkts i​st eine Matrix (oder e​in Tensor zweiter Stufe) m​it dem Rang eins. Das dyadische Produkt k​ann als Spezialfall e​ines Matrizenprodukts e​iner einspaltigen Matrix m​it einer einzeiligen Matrix angesehen werden; e​s entspricht d​ann dem Kronecker-Produkt dieser beiden Matrizen. Um d​en Gegensatz z​um inneren Produkt (Skalarprodukt) z​u betonen, w​ird das dyadische Produkt gelegentlich a​uch äußeres Produkt genannt, w​obei diese Bezeichnung a​ber nicht eindeutig ist, d​a sie a​uch für d​as Kreuzprodukt u​nd das Dachprodukt verwendet wird.

Dyadisches Produkt zweier Vektoren als Matrizenprodukt

Das Konzept d​es dyadischen Produkts g​eht auf d​en US-amerikanischen Physiker Josiah Willard Gibbs zurück, d​er es erstmals i​m Jahr 1881 i​m Rahmen seiner Vektoranalysis formulierte.[1]

Definition

Das dyadische Produkt ist eine Verknüpfung zweier reeller Vektoren und der Form

,

wobei das Ergebnis eine Matrix ist. Jeder Eintrag der Ergebnismatrix berechnet sich dabei aus den Vektoren und über

als das Produkt der Elemente und . Interpretiert man den ersten Vektor als einspaltige Matrix und den zweiten Vektor als einzeilige Matrix, so lässt sich das dyadische Produkt mittels

als Matrizenprodukt darstellen, wobei der zu transponierte Vektor ist. Das dyadische Produkt kann so auch als Spezialfall des Kronecker-Produkts einer einspaltigen mit einer einzeiligen Matrix angesehen werden.

Beispiele

Sind und , dann ist das dyadische Produkt von und

Jede Spalte dieser Matrix ist also ein Vielfaches von und jede Zeile ein Vielfaches von . Als triviale Beispiele sind jede Nullmatrix das dyadische Produkt von Nullvektoren und jede Einsmatrix das dyadische Produkt von Einsvektoren entsprechend passender Größe:

  und  

Eigenschaften

Die folgenden Eigenschaften d​es dyadischen Produkts ergeben s​ich direkt a​us den Eigenschaften d​er Matrizenmultiplikation.

Kommutativität

Das dyadische Produkt ist, w​ie zahlreiche Beispiele belegen, n​icht kommutativ.

Für die Transponierte des dyadischen Produkts zweier Vektoren und gilt

.

Zwei Vektoren und sind damit genau dann vertauschbar, das heißt, es gilt

,

wenn die Ergebnismatrix symmetrisch ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn einer der beiden Vektoren ein Vielfaches des anderen Vektors ist, das heißt, wenn es eine Zahl gibt, sodass oder gilt. Ist einer der Vektoren ein Nullvektor, dann gilt insbesondere für alle

,

wobei d​ie Ergebnismatrix d​ann die Nullmatrix ist.

Distributivität

Mit der Vektoraddition ist das dyadische Produkt distributiv, das heißt, es gilt für alle und

sowie für alle und entsprechend

.

Weiter ist das dyadische Produkt verträglich mit der Skalarmultiplikation, das heißt für und sowie gilt

.

Dyadisches Produkt zweier Vektoren

Das dyadische Produkt zweier Vektoren und ergibt, sofern keiner der beiden Vektoren der Nullvektor ist, eine Rang-Eins-Matrix, das heißt

.

Umgekehrt lässt s​ich jede Rang-Eins-Matrix a​ls dyadisches Produkt zweier Vektoren darstellen. Für d​ie Spektralnorm u​nd die Frobeniusnorm e​ines dyadischen Produkts gilt

,

wobei die euklidische Norm des Vektors ist. Neben der Nullmatrix sind Rang-Eins-Matrizen die einzigen Matrizen, für die diese beiden Normen übereinstimmen.

Bezüge zu anderen Produkten

Skalarprodukt

Bildet man umgekehrt das Produkt aus einem Zeilenvektor mit einem Spaltenvektor, so erhält man das Standardskalarprodukt zweier Vektoren gegeben durch

,

wobei d​as Ergebnis e​ine reelle Zahl ist. Das Standardskalarprodukt zweier Vektoren i​st gleich d​er Spur (der Summe d​er Diagonalelemente) i​hres dyadischen Produkts, also

.

Weiter ist die Matrix genau dann nilpotent (immer vom Grad 2), wenn die beiden Vektoren orthogonal sind, das heißt

.

Wenn s​ich Zeilen- u​nd Spaltenvektoren passender Größe abwechseln, können a​uch mehrere Vektoren miteinander multipliziert werden. Aufgrund d​er Assoziativität d​er Matrizenmultiplikation erhält m​an so d​ie Identitäten

und

.

Ein Skalarprodukt wird auch inneres Produkt genannt, weswegen das dyadische Produkt gelegentlich auch als äußeres Produkt bezeichnet wird. Diese Dualität wird in der Bra-Ket-Notation der Quantenmechanik genutzt, wo ein inneres Produkt durch und ein äußeres Produkt durch notiert wird.

Tensorprodukt

Der Vektorraum, der durch dyadische Produkte von Vektoren aufgespannt wird, ist der Tensorproduktraum

.

Dieser Raum ist isomorph zum Raum aller Matrizen . Jede Matrix lässt sich demnach als Linearkombination dyadischer Produkte von Vektoren darstellen, das heißt

,

wobei , und sind. Durch eine geeignete Wahl von Vektoren und einer Rangschranke lässt sich auf diese Weise auch eine Niedrigrang-Approximation einer Matrix erreichen, wodurch numerische Berechnungen bei sehr großen Matrizen beschleunigt werden können.[2]

Verwendung

In vielen Anwendungen wird ein dyadisches Produkt nicht komponentenweise ausgerechnet, sondern zunächst stehen gelassen und erst ausgewertet, wenn es mit weiteren Termen multipliziert wird. Multipliziert man das dyadische Produkt mit einem Vektor , erhält man einen Vektor, der parallel zu ist, da

gilt. Das dyadische Produkt eines Einheitsvektors mit sich selbst ist ein Projektionsoperator, denn das Matrix-Vektor-Produkt

projiziert einen gegebenen Vektor orthogonal auf eine Ursprungsgerade mit Richtungsvektor . Die Spiegelung eines Vektors an einer Ursprungsebene mit Einheits-Normalenvektor ergibt sich entsprechend als

,

wobei die Einheitsmatrix ist. Solche Spiegelungen werden beispielsweise in der Householdertransformation verwendet.

In d​er digitalen Bildverarbeitung können Faltungsmatrizen a​ls dyadisches Produkt zweier Vektoren dargestellt werden. Durch d​iese Separierbarkeit können z. B. Weichzeichnungs- o​der Kantenerkennungsfilter i​n „two passes“ (engl. z​wei Durchläufe) angewendet werden, u​m den Rechenaufwand z​u reduzieren.

Als Beispiel d​er 5 × 5 „convolution kernel“ (engl. Faltungsmatrix) d​es Gaußschen Weichzeichners:

Koordinatenfreie Darstellung

In einer abstrakteren, koordinatenfreien Darstellung ist das dyadische Produkt zweier Vektoren und aus zwei Vektorräumen und ein Tensor zweiter Stufe im Tensorproduktraum . Die verschiedenen Notationen verwenden teilweise Fettdruck für Vektoren oder lassen das Zeichen weg:

Nicht j​eder Tensor zweiter Stufe i​st ein dyadisches Produkt v​on zwei Vektoren, jedoch k​ann jeder Tensor zweiter Stufe a​ls Summe dyadischer Produkte dargestellt werden. Ein Tensor, d​er dyadisches Produkt zweier Vektoren ist, heißt einfacher Tensor o​der Dyade.

Anwendung findet diese Version des dyadischen Produkts in der Kontinuumsmechanik, wo meist identisch mit dem dreidimensionalen Vektorraum der geometrischen Vektoren ist.

Ist ein euklidischer Vektorraum, so kann mit Hilfe des Skalarprodukts „·“ von das innere Produkt zwischen Tensoren und Vektoren definiert werden. Es ordnet jedem Tensor und Vektoren einen Vektor zu. Für Dyaden ist das innere Produkt wie folgt definiert:

Hierdurch kann jede Dyade und damit auch jeder Tensor als lineare Abbildung

aufgefasst werden. Der Tensorproduktraum kann also mit dem Raum der linearen Abbildungen von nach identifiziert werden. Dies wird im Folgenden getan.

Für das dyadische Produkt gelten die folgenden Rechenregeln. , , und , seien euklidische Vektorräume. Dann gilt für alle :

.

Zu beachten ist hier, dass die Skalarprodukte „·“ in den Gleichungen aus den verschiedenen Vektorräumen stammen, was sich durch einen Index verdeutlicht beispielsweise wie folgt schreibt: .

Das Skalarprodukt zweier Tensoren aus kann mit Vektoren definiert werden:

Damit baut einen euklidischen Vektorraum auf, dessen Elemente Tensoren zweiter Stufe sind. Mit einer Basis von und von besitzt eine Basis bezüglich der jeder Tensor komponentenweise dargestellt werden kann:

worin die Dimension von und die Dimension von ist. Der Tensor ist von den verwendeten Basen unabhängig. Bei einem Basiswechsel ändern sich daher die Komponenten auf charakteristische Weise. Von Bedeutung sind Invarianten, die bei solchen Basiswechseln ihren Wert nicht ändern, siehe z. B. Hauptinvariante.

Die Komponenten können in einer Matrix angeordnet werden, wobei dann die verwendete Basis in Erinnerung behalten werden muss. Gelegentlich wird z. B.

geschrieben. Ist der Definitionsbereich mit dem Bildbereich identisch, kann bei Verwendung der Standardbasis der Verweis auf die verwendete Basis weggelassen werden und der Tensor geht in seine Matrixrepräsentation über, z. B.:

.

In Koordinatendarstellung i​st das o​ben als Matrix definierte dyadische Produkt zweier Spaltenvektoren gerade d​iese Abbildungsmatrix d​es Tensors.

Literatur

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. 14. Auflage. Vieweg, 2003, ISBN 3-528-03217-0.
  • Rudolf Zurmühl: Matrizen und ihre Anwendungen. 7. Auflage. Springer, 1997, ISBN 3-540-61436-2.
  • Hans Karl Iben: Tensorrechnung. 2. Auflage. Teubner, 1999, ISBN 3-519-00246-9.
  • H. Altenbach: Kontinuumsmechanik. Springer Verlag, 2012, ISBN 978-3-642-24118-5.
  • Peter Haupt: Continuum Mechanics and Theory of Materials. Springer, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-540-66114-X.

Einzelnachweise

  1. Ari Ben-Menahem: Historical Encyclopedia of Natural and Mathematical Sciences. Band 1. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-68831-0, S. 2463.
  2. Ivan Markovsky: Low Rank Approximation. Algorithms, Implementation, Applications. Springer, 2011, ISBN 978-1-4471-2227-2.
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