Collonil
Collonil ist ein Markenname für Schuh- und Autopflegemittel, der von dem Unternehmen Salzenbrodt GmbH & Co. KG genutzt wird.[1] Dieses Unternehmen wurde 1909 von einem Redakteur und zwei Kaufleuten in Berlin gegründet. Ein bekannter Werbeslogan lautet „Schuhe wollen Collonil“.
Salzenbrodt GmbH & Co. KG | |
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Rechtsform | Kommanditgesellschaft |
Gründung | 1909 |
Sitz | Berlin-Reinickendorf, Deutschland, Hermsdorfer Straße |
Leitung | Frank Becker, geschäftsführender Gesellschafter[1] |
Mitarbeiterzahl | 97[2] |
Umsatz | 40 Mio. € (2017)[3] |
Branche | Schuhpflege |
Website | collonil.com |
Stand: 2018 |
Geschichte
Der luxemburgische Zeitungsredakteur Karl Esslen[4], der einige Semester Medizin in Paris studiert hatte und bei seinem Vater in einer Zeitungsredaktion arbeitete, gab diese Tätigkeit bald auf und machte sich Anfang des 20. Jahrhunderts als Generalvertreter für den schwedischen Lederöl-Hersteller Olsen selbstständig. Er füllte das von Olsen bezogene Öl, das für die Pflege der Transmissionsriemen größerer Maschinen und später zum Imprägnieren der Seile von Luftschiffen eingesetzt wurde, in Flaschen ab und vertrieb es in Deutschland.[5] Zum weiteren Ausbau des Unternehmens nahm Esslen die Brüder Paul und Walter Salzenbrodt als Teilhaber auf. Der Umsatz war aber nicht zufriedenstellend, sodass die drei neue Kundschaft in Schuhträgern suchten und fanden. Dazu entwickelten sie aus Öl und südamerikanischem Baumharz eine eigene Schuhcreme und eröffneten 1909 in Berlin-Kreuzberg eine kleine Produktionsstätte in zwei gemieteten Räumen im Hinterhof des Hauses Köpenicker Straße 9. Zunächst galt das Unternehmen als Filiale von Olsen: „Die Collan Oelfabriken in Stockholm errichteten hier eine Filiale in der Köpenickerstr. 9a, die unter Leitung des Herrn Carl Eßlen steht“.[6][7] Die Nachfrage stieg so schnell und stark, dass Esslen und die Salzenbrodts zunächst in der Umgebung nach Erweiterungsmöglichkeiten suchten; im Jahr 1912 entstanden auf dem Grundstück Schlesische Straße 12 in Berlin-Kreuzberg die ersten Fabrikgebäude.[8] Ab 1914 firmierte das Unternehmen als Salzenbrodt & Co. KG, die Brüder Salzenbrodt waren als Geschäftsführer tätig. Die Erzeugnisse bekamen nun den Namen Collonil. Das Wort soll laut Eigendarstellung des Unternehmens auf das französische „coller“ (kleben) Bezug nehmen und damit auf die klebrige Konsistenz des zähflüssigen Pflegemittels hinweisen. Wesentlich wahrscheinlicher war die Namensgebung in Ableitung des schwedischen Erzeugnisses, das Collan-Oil (auch Collan Olja) hieß, daraus entstand das Kofferwort Collonil. Jedenfalls ließ das Unternehmen den Namen im Mai 1914 rechtlich schützen.[9]
Im Ersten Weltkrieg wurden die Salzenbrodts zum Kriegsdienst in die deutsche Armee einberufen. Esslen konnte wegen seiner luxemburgischen Staatsangehörigkeit Herstellung und Vertrieb des Lederpflegemittels gewinnbringend weiterführen. In einer Veröffentlichung zur Unternehmensgeschichte heißt es wörtlich: „Der erhöhte Bedarf wasserabweisender Pflegemittel für Soldatenstiefel tat den Umsätzen gut.“[7] Die Brüder Paul und Walter Salzenbrodt überstanden den Kriegsdienst und kehrten anschließend in das Unternehmen zurück. Es bekam nun die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Verantwortungsbereiche der drei Inhaber waren klar abgegrenzt: Esslen war für den Rohstoffeinkauf zuständig, Paul Salzenbrodt war der technische Leiter und Walter Salzenbrodt der kaufmännische Leiter.[7]
Das Unternehmen brachte eine Serie Schuhpflege für höchste Ansprüche heraus: Edelcreme, Lackleder-Pflege, Wildleder-Dressing und einen Rau(h)leder-Stift. Wieder stieg die Nachfrage, die Fabrik in Berlin wurde bald zu klein und so wich man ins brandenburgische Mühlenbeck aus, wo 1921 eine neu erbaute größere Produktionsstätte in Betrieb genommen werden konnte.[5] Das Sortiment wurde auch stetig erweitert und neuen Erfordernissen angepasst. Mit großem Erfolg verkaufte sich das Leder-Glanz-Fett, mit dem die Nachteile des Imprägnierens und des dadurch fehlenden Glanzes beseitigt wurden.[10]
Steigende Produktionszahlen führten zu einem florierenden Geschäft, auf das die politischen Änderungen keinen nachweisbaren Einfluss hatten. Einschneidend waren hingegen der plötzliche Tod von Karl Esslen im Jahr 1930 und von Paul Salzenbrodt im Jahr 1935. Der verbliebene Inhaber Walter Salzenbrodt schaffte es jedoch allein, das Unternehmen über die Zeit des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg hinweg weiterzuführen. Hilfreich war hier auch die Markteinführung neuer Pflegemittel für Leder-Oberbekleidung.[7] Aus der NS-Zeit sind Werbeanzeigen in NS-nahen Zeitschriften wie NS-Frauen-Warte, Wille und Macht, Führerorgan der nationalsozialistischen Jugend, Das Junge Deutschland, amtliches Organ des Jugendführers des Deutschen Reichs oder Der Pimpf, nationalsozialistische Jugendblätter überliefert. Ab 1930 unterhielt das Unternehmen in Wien (Holochergasse 34a) ein Zweigwerk, das unter anderem kosmetische Artikel vertrieb.[7]
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Mühlenbeck in der sowjetischen Besatzungszone, die dortige Fabrik wurde enteignet.[11] Dagegen gründete ein Sohn von Walter Salzenbrodt im Jahr 1947 in Schildow bei Berlin die Kosmetikfabrik WaSalCo (Walter Salzenbrodt & Co.). Im Rahmen der Verstaatlichung von Betrieben in der DDR wurde auch WaSalco 1953 enteignet, die Produktionsstätte hieß fortan VEB Gerdeen.[12]
Walter Salzenbrodt setzte sich im Jahr 1948 samt seiner Familie wegen der Enteignungen nach West-Berlin ab, das von den westlichen Alliierten verwaltet wurde. Esslens Witwe und Kinder folgten der Rückkehr nach Berlin nicht. Im Norden Berlins, Eichborndamm 103 in Berlin-Borsigwalde,[13] fanden Salzenbrodt und seine Familie gute Bedingungen für einen Neuanfang und stellten ab zirka 1953 nun als Familienunternehmen wieder Collonil-Schuhpflegemittel her. Dank des beginnenden Wirtschaftswunders stieg auch der Bedarf an hochwertigen Schuhen und damit an guten Pflegemitteln. Das steigerte den Gewinn im westdeutschen Markt, außerdem konnten Collonil-Mittel auch nach Frankreich, Dänemark und in die Niederlande exportiert werden. Weil der Nutzungsvertrag für das Werksgelände in Borsigwalde zeitlich begrenzt war, musste ein neuer Standort gefunden werden. So wurde in Berlin-Wittenau in den 1950er Jahren noch einmal ein neues Werk aufgebaut.[14] In dieser Zeit übergab Paul Salzenbrodt die Unternehmensleitung an seinen Sohn Rolf. Dieser führte die Geschäfte bis 1985 und übergab sie dann an Sohn Michael. Nach dessen plötzlichem Tod 1997 übernahm der langjährige Prokurist Gert Thuner die Geschäftsführung und behielt diese bis zu seinem Ruhestand.[7]
Einige Jahre nach der Wiedervereinigung erhielt die Collonil – Salzenbrodt GmbH & Co. KG den Grundbesitz in Mühlenbeck zurück und errichtete darauf bis 2013 ein Logistikzentrum.[5] Inzwischen sind hier auch die Bereiche Materialwirtschaft, Organisation und IT ansässig.[15]
Das Unternehmen geriet in den 1990er Jahren jedoch in finanzielle Schwierigkeiten; der Geschäftsmann Frank Becker übernahm es als Geschäftsführer. Ihm gelang ab 1998 die Sanierung durch Modernisierung der Produktionsanlagen, Einführung zeitgemäßer Produkte und der Erschließung neuer Absatzmärkte in Australien, Asien und Russland.[7] Zwischen 1998 und 2018 stieg so der Exportanteil von acht auf 65 Prozent; das Unternehmen exportierte seine Erzeugnisse in über 100 Länder, nur der südamerikanische Markt ist nicht erschlossen.[14]
In Europa gründete sich im Jahr 1930 die erste ausländische Niederlassung in Wien, 1971 bzw. 1972 eröffneten weitere Niederlassungen in Frankreich (Collonil France) und Dänemark (Collonil Danmark).[16]
Produkte (Auswahl)
- Schuhcremes in Dosen
- Lederöl
- Lederfett
- Glanz-Fett
- Sport-Wax für Bergsteiger- und Wintersportschuhe (ab den 1960er Jahren)[7]
- Aerosole, die anstelle von Cremes ohne Mühe lückenlosen Schutz schaffen, der auf dem Leder unsichtbar bleibt (späte 1960er Jahre)[14]
- Selbstglanz mit dem von Collonil selbst entwickelten Schwammaufträger (in den 1970er Jahren)
- Luftdruck-Sprays zum Ersatz der mit FCKW gefüllten Spraydosen (ab den späten 1980er Jahren)
- Komplette Sets
- Collonil Car Care: Pflegemittel für Autozubehör
- Collonil Carbon Lab: Pflegemittel für Sneaker: ein atmungsaktives wasser- und schmutzabweisendes Carbonschutz-Spray, das aber Feuchtigkeit und Wärme nach außen dringen lässt (ab den 1990er Jahren)[14]
- Collonil Ped: Unter der Serienbezeichnung produziert das Unternehmen im 21. Jahrhundert – nach Firmenübernahmen – Fußzubehör wie Einlegesohlen, Gelpolster, Fersenkissen, Schuhspanner und anderes wie Bürsten und Tücher.
- Virus Stop: Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 entwickelte das Unternehmen ein Desinfektions-Pumpspray und produziert es seither.[5]
Literatur
- Kim Himer, Axel Himer: Das große Buch der Lederpflege. Schuhpflege – Bekleidung – Möbelpflege. Heel Verlag, 2014, ISBN 978-3-86852-458-1.
Weblinks
- Homepage Collonil Berlin
- Videos zur Firmengeschichte: eine Kurzdarstellung und Einzelvideos zu einzelnen Produktgruppen
- Franziska Achatzi: Collonil Fabrikgebäude. In: wernerduettmann.de. Brücke-Museum
Einzelnachweise
- Impressum der Website, auf collonil.com, abgerufen am 21. April 2020
- Bundesanzeiger: Salzenbrodt GmbH & Co. KG, Berlin. Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018, auf bundesanzeiger.de, abgerufen am 21. April 2020. (Da es nicht möglich ist, einen deeplink anzugeben, muss der Firmenname in die Suchmaske eingegeben werden.)
- „Wir haben den Sneaker für eine vorübergehende Mode gehalten“, welt.de, 23. November 2018
- auch Carl Eßlen geschrieben – Eßlen, Carl; Köpenicker Straße 9a. In: Berliner Adreßbuch, 1911, I, S. 596.
- Jochen Knoblach: Lederfett und Virenkiller. In: Berliner Zeitung vom 3. April 2020, S. 16.
- Bericht von Olsen in der Zeitschrift Der Motorwagen, automobil- und flugtechnische Zeitschrift, Jahrgang 1909.
- Kim Himer, Axel Himer: Das große Buch der Lederpflege. Schuhpflege, Bekleidung, Möbelpflege. in der Google-Buchsuche, Verlag Heel, 2011, ISBN 978-3-86852-458-1.
- Die Geschichte von Collonil
- Official Gazette of the United States Patent Office, Band 773, veröffentlicht 1961; abgerufen im April 2020.
- Werbedruck zu Collonil aus dem Jahr 1924: „Collonil – anerkannt bestes Lederöl“; mit dem Hinweis auf die Fabrik in Mühlenbeck und deren Name Esslen & Co GmbH, abgerufen am 6. April 2020.
- Werbedruck zu Collonil aus dem Jahr 1947, abgerufen am 6. April 2020.
- Chronik im Mühlenspiegel, Heft 2, 2016. Abruf am 12. April 2020.
- Collonil Salzenbrodt und Co. GmbH in: Berliner Adressbuch 1955; S. 374.
- Susanne Kollmann: In Reinickendorf stehen die heiligen Hallen der Schuhcreme. Berliner Morgenpost, 1. Dezember 2018, abgerufen am 3. April 2020.
- Helge Treichel: Schuhpflege von Oberhavel in die Welt. MAZ online, 5. September 2013, abgerufen am 4. April 2020.
- Info zu Collonil im Ausland auf www.leder-wagner.de; abgerufen am 17. März 2021.