Christoph Probst
Christoph Hermann Ananda Probst (* 6. November 1919 in Murnau am Staffelsee; † 22. Februar 1943 in München-Stadelheim) war ein deutscher Medizinstudent und Mitglied der Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus der Weißen Rose.
Leben
Christoph „Christl“ Probst war der Sohn einer relativ wohlhabenden Familie. Durch seinen Vater, den promovierten Chemiker Hermann Probst (1886–1936), lernte er kulturelle und religiöse Freiheit kennen und schätzen. Hermann Probst war Privatgelehrter und Sanskritforscher, beschäftigte sich mit indischer Philosophie und pflegte Kontakte mit Künstlern, die im Nationalsozialismus als „entartet“ galten. Nach der Scheidung 1925 von seiner ersten Frau, Christoph Probsts Mutter Katharina, geb. von der Bank, heiratete er 1928 die Jüdin Elise Jaffée, geb. Rosenthal, die Tante des Historikers Joseph Rovan, mit der Christoph auch nach dem Tod des Vaters eine enge Verbindung hielt.[1] Auch seine Mutter schloss eine zweite Ehe und zog nach Mittelfranken. Christoph lebte abwechselnd bei seinen Eltern.
Probst besuchte von 1930 bis 1932 das Neue Gymnasium in Nürnberg und ab 1932 die Internatsschule Marquartstein, welche, wie auch das Landerziehungsheim Schondorf, Distanz zu den Ideen des Nationalsozialismus wahrte. Christophs Schwester Angelika Probst erinnerte sich daran, dass ihr Bruder schon früh an den menschenverachtenden Ideen des Nationalsozialismus starke Kritik übte. Er besuchte 1935 gemeinsam mit Alexander Schmorell das Neue Realgymnasium in München. Nach dem Suizid seines Vaters im Mai 1936 wechselte Probst an das Landheim Ammersee, wo er Freundschaft mit dem Lehrer Bernhard Knoop, seinem späteren Schwager, schloss und 1937, mit nur 17 Jahren, das Abitur ablegte. Nach dem Arbeits- und Militärdienst bei der Luftwaffe in Oberschleißheim begann er im Sommer 1939 sein Medizinstudium an den Universitäten München, Straßburg und Innsbruck. Im Zweiten Weltkrieg leistete er Kriegsdienst an der Ostfront.[2] Mit 21 Jahren heiratete er Herta Dohrn (1914–2016), die Stieftochter des Regimekritikers Harald Dohrn.
Probst, der während seines Medizinstudiums in München die Geschwister Scholl kennengelernt hatte, stieß erst im Januar 1943 zur Weißen Rose, da er nicht zur selben Studentenkompanie wie Alexander Schmorell, Hans Scholl und Willi Graf gehörte, und blieb bei den Aktivitäten im Hintergrund, weil er auf seine Familie Rücksicht nahm. Er verfasste, trotz Einflussnahme auf die Texte, selbst keines der von der Weißen Rose verbreiteten Flugblätter, nur einen Entwurf für das siebte Flugblatt, den Hans Scholl bei sich trug, als er mit dessen Schwester Sophie am 18. Februar 1943 in der Universität in München die übrig gebliebenen Exemplare des sechsten Flugblattes verteilte. Als die Geschwister Scholl verhaftet wurden, hatte die Gestapo somit einen Beweis gegen Probst. Während der Verhöre und der Gerichtsverhandlung am Volksgerichtshof bat er um Gnade wegen seiner drei Kinder im Alter von drei Jahren, zwei Jahren und vier Wochen und wegen seiner Frau, die am Kindbettfieber litt. Auch die Geschwister Scholl hatten erfolglos versucht, Probst zu schützen und möglichst viel Schuld auf sich zu nehmen, um ihn vor der Verurteilung zum Tode zu retten. Kurz vor seiner Hinrichtung ließ Probst sich vom katholischen Gefängnisgeistlichen taufen.[3]
Am 22. Februar 1943 wurde Christoph Probst mit der Guillotine hingerichtet. Noch am selben Tag hatte ihn ein Dreierausschuss des Rektorats der Universität Innsbruck (damals Deutsche Alpenuniversität) „dauernd vom Studium an allen deutschen Hochschulen ausgeschlossen“. Die NS-Propaganda berichtete in sehr knapper Form über die Hinrichtung:
„Der Volksgerichtshof verurteilte am 22. Februar 1943 im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes in München den 24 Jahre alten Hans Scholl, die 21 Jahre alte Sophia Scholl, beide aus München, und den 23 Jahre alten Christoph Probst aus Aldrans bei Innsbruck wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode. Das Urteil wurde am gleichen Tag vollzogen.“
Am 21. Februar 2019 wurde er im Rahmen einer gemeinsamen Gedenkstunde der Medizinischen Universität Innsbruck und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck rehabilitiert und seine Exmatrikulation symbolisch rückgängig gemacht.[5][6]
Sein Grab befindet sich auf dem an den Hinrichtungsort angrenzenden Friedhof am Perlacher Forst (Grab Nr. 73-1-18/19).
Probst war verheiratet mit Herta Dohrn und Vater von drei Kindern: Michael (1940–2010), Vincent (* 1941) und Katharina (1943–1959). Seine Witwe heiratete 1947 Helmut Siebler († 1993).[7]
Erinnerung und Gedenken
Schulen
Gegenüber fast 200 Geschwister-Scholl-Schulen in Deutschland gibt es nur drei Schulen, die nach Christoph Probst benannt sind:
- die Christoph-Probst-Realschule in Neu-Ulm
- das Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching, das eine eingehende Veröffentlichung zu ihm verfasst hat (Wir müssen es wagen (1993) sowie ...damit Deutschland weiterlebt! (2000))
- die Christoph-Probst-Mittelschule in Murnau am Staffelsee
Kaserne
- Am 6. November 2019, am 100. Geburtstag des neuen Kasernenpatrons, hat die Bundeswehr die „Liegenschaft Hochbrück“ im Norden von München in Christoph-Probst-Kaserne umbenannt.[8]
Denkmäler
- In Murnau am Staffelsee ist am Christoph-Probst-Haus, Kohlgruber Straße 20, eine Gedenktafel angebracht. Ebenfalls in Murnau gibt es am Staffelsee-Gymnasium seit 1993 eine Gedenksäule für Probst.
- Am Staatlichen Landschulheim Marquartstein befindet sich neben dem Haupteingang eine Gedenktafel. Sie erinnert an die Jahre 1933–1935, in denen Probst dort Schüler des Gymnasiums war.
- In Innsbruck erinnert seit 1984 eine Gedenktafel vor dem Universitätsgebäude an Probsts dortige Studienzeit 1942/1943. Ab 1994 wurde der Platz vor der Universität Christoph-Probst-Platz benannt.
Straßennamen
In den folgenden Orten wurden eine Straße bzw. ein Weg nach Christoph Probst benannt:
- Pfaffenhofen an der Ilm
- München-Freimann (seit 1947)
- Murnau am Staffelsee, in der Nähe seines noch erhaltenen Geburtshauses (seit 1983)
- Leipzig (seit 1950)
- Im Hamburger Stadtteil Eppendorf (seit 2003)
- Crailsheim (seit 2004)
- Halle (Westfalen)
- Neusser Stadtteil Weckhoven
- Dormagener Stadtteil Delhoven
- Köln Stadtteil Longerich
- Meilenhofen in der Gemeinde Berg bei Neumarkt in der Oberpfalz
- In Ruhpolding, Kreis Traunstein/Oberbayern, wurde die Straße, in der Christoph Probst einst lebte, in „Christl-Probst-Straße“ umbenannt. Man bediente sich dabei des Spitznamens des Widerstandskämpfers.
- In Innsbruck/Österreich trägt der Platz, auf dem das Hauptgebäude der Universität Innsbruck steht, seinen Namen.
Weisse Rose Institut e. V.
- Christoph Probsts Witwe Herta Siebler-Probst (geb. Dohrn), der Sohn Michael Probst, Marie-Luise Schultze-Jahn, Hubert Furtwängler, Alexander Schmorells Halbgeschwister Erich Schmorell und Natascha Lange-Schmorell sowie Wolfgang Huber gründeten 2003 in München das Weisse Rose Institut, das die Biographien und Geschichte der Weißen Rose noch gründlicher untersuchen und würdigen soll.
Martyrologium
- Die katholische Kirche hat Christoph Probst als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.
Literatur
- Robert Volkmann, Gernot Eschrich und Peter Schubert: …damit Deutschland weiterlebt. Christoph Probst 1919–1943. (Christoph-Probst-Gymnasium) Gilching 2000, ISBN 3-00-007034-6.
- Michael Probst: Probst, Christoph Ananda. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 733 f. (Digitalisat).
- Christiane Moll (Hrsg.): Alexander Schmorell, Christoph Probst. Gesammelte Briefe. Lukas Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86732-065-8.
- Jakob Knab: Die innere Vollendung der Person. Christoph Probst. In: Detlef Bald, Jakob Knab (Hrsg.): Die Stärkeren im Geiste. Zum christlichen Widerstand der Weißen Rose. Essen 2012.
- Thomas Mertz: Christoph Probst – Ein Student der Weißen Rose. Paulinus-Verlag, Trier 2020, ISBN 978-3-7902-1741-4.
Filme
- Die weiße Rose, deutscher Spielfilm von 1982, Regie: Michael Verhoeven, Werner Stocker als Christoph Probst
- Sophie Scholl – Die letzten Tage, deutscher Spielfilm von 2005, Regie: Marc Rothemund, mit Florian Stetter als Christoph Probst
- Die Widerständigen – Zeugen der Weißen Rose, deutscher Dokumentarfilm von 2008, Buch und Regie: Katrin Seybold
Weblinks
- Literatur von und über Christoph Probst im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Kurzbiografie christoph-probst-gymnasium.de (Klick auf „Christoph Probst“ im Menü rechts)
- Widerstandsgruppe Weiße Rose weisse-rose-stiftung.de
- Christoph Probst – Märtyrer der „Weissen Rose“: Ein österlicher Sieg Auszug aus der Zeitschrift Kirche heute, Ausgabe April 2018 (PDF, 9 Seiten)
Einzelnachweise
- Christoph Probst (Memento vom 29. November 2006 im Internet Archive) S. 3 unten.
- Ulli Stang (Hrsg.): Sophie und Hans Scholl: 22. Febr. 1943 von Nazis ermordet. Hrsg. von DKP Marburg, Stadtteilgruppe Nord Am Grün 9, Marburg 1983, S. 3.
- Christoph Probst Biographie
- Todesurteile vollstreckt. In: Salzburger Zeitung. Salzburger Landeszeitung. Salzburger Volksblatt, 24. Februar 1943, S. 5 (online bei ANNO).
- Uni Innsbruck arbeitet NS-Geschichte auf und rehabilitiert Christoph Probst - derStandard.at. Abgerufen am 22. Februar 2019 (österreichisches Deutsch).
- Veranstaltungskalender der Universität Innsbruck: Gedenkstunde der beiden Universitäten. Abgerufen am 22. Februar 2019.
- Herta Probst wird heute 100 Jahre alt. In: Traunsteiner Tageblatt. 21. Juli 2014, abgerufen am 19. Februar 2022.
- Garchinger Kaserne wird nach Widerstandskämpfer benannt auf br.de