Castel Gandolfo
Castel Gandolfo (auch Castelgandolfo, lateinisch Castrum Gandulphi) ist eine italienische Stadt[2] mit 8869 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2019), die zur Metropolitanstadt Rom Hauptstadt in der Region Latium gehört.
Castel Gandolfo | ||
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Staat | Italien | |
Region | Latium | |
Metropolitanstadt | Rom (RM) | |
Koordinaten | 41° 45′ N, 12° 39′ O | |
Höhe | 426 m s.l.m. | |
Fläche | 14 km² | |
Einwohner | 8.869 (31. Dez. 2019)[1] | |
Fraktionen | Mole di Castel Gandolfo, Pavona | |
Postleitzahl | 00073 | |
Vorwahl | 06 | |
ISTAT-Nummer | 058022 | |
Volksbezeichnung | Castellani | |
Schutzpatron | Hl. Sebastian | |
Website | Castel Gandolfo | |
Blick auf Castel Gandolfo und den Albaner See |
Bekannt ist die Stadt wegen der hier befindlichen Papstresidenz, die seit dem 17. Jahrhundert den Päpsten als Sommerresidenz dient und seit 21. Oktober 2016 als Museum allgemein zugänglich ist.
Geographie
Castel Gandolfo liegt 24 km südöstlich von Rom in den Albaner Bergen oberhalb des Albaner Sees. Das Gemeindegebiet erstreckt sich über eine Höhe von 155 bis 519 m s.l.m.
Die Gemeinde liegt in der Erdbebenzone 2 (mittel gefährdet).[3]
Castel Gandolfo teilt sich in vier Gebiete auf.
- Die Altstadt von Castel Gandolfo liegt auf dem Rand der Caldera eines erloschenen Vulkans.
- Der Albaner See, der zum Gemeindegebiet gehört, liegt auf dem Kratergrund, 130 m unterhalb der Stadt. Entlang des Ufers liegen Ausflugslokale und Strandbäder.
- Am Westhang der Caldera liegt der Stadtteil Mole mit moderner Wohnbebauung.
- Im Südwesten liegt um einen weiteren, heute trockengelegten Kratersee (Laghetto di Turno) der Ortsteil Pavona, der in den 1920er Jahren entstand. In ihm leben heute die meisten Einwohner der Gemeinde. Hier befindet sich auch das Gewerbegebiet.
Castel Gandolfo wird zu den Ortschaften der Castelli Romani gezählt und ist Mitglied der Vereinigung I borghi più belli d’Italia[4] (Die schönsten Orte Italiens).
Die Nachbarorte sind im Uhrzeigersinn: Marino, Grottaferrata, Rocca di Papa, Albano Laziale und Rom.
Verkehr
- Castel Gandolfo liegt 14 km von der Auffahrt Monteporzio Catone auf den Autobahnzubringer zur Autobahn A1 Autostrada del Sole entfernt.
- Castel Gandolfo liegt an der Staatsstraße 7 Via Appia, die den Ort mit Rom verbindet.
- Die Via Nettunense (Staatsstraße SS 207), die den Stadtteil Pavona durchquert, führt nach Anzio (41 km) ans Meer.
- Castel Gandolfo hat einen Bahnhof an der Regionalbahnstrecke FL4 Rom-Albano. Der Bahnhof Pavona an der Regionalbahnstrecke FL4 Rom-Velletri liegt bereits im Stadtteil Pavona von Albano Laziale.
Geschichte
Archäologische Ausgrabungen und historische Quellen lassen vermuten, dass an der Stelle des heutigen Ortes um etwa 1100 v. Chr. bis 600 v. Chr. die antike Stadt Alba Longa lag, die lange kultureller Mittelpunkt und Hauptstadt des Latinerbundes war. Alba Longa spielte in der römischen Mythologie bei der Gründung Roms eine herausragende Rolle. Die Vestalin Rhea Silvia, Tochter des Königs von Alba Longa, Numitor Silvius, eines Nachfahren des Aeneas, soll die Mutter der beiden ausgesetzten Zwillinge Romulus und Remus gewesen sein; daher gilt Alba Longa als die Mutterstadt Roms. 665 v. Chr. wurde Alba Longa jedoch von Rom zerstört.[5][6]
Auch aufgrund der günstigen Lage an der Via Appia (ab 312 v. Chr. erbaut) wurden in dem Gebiet zahlreiche Villen errichtet, darunter als größte die Villa des Kaisers Domitian. Sie ist der Vorgängerbau des heutigen Päpstlichen Palastes.
Im Mittelalter gehörte die Domitianvilla unter dem Namen Massa Caesariana den Grafen von Tusculum. 1221 erwarben sie die Savelli und bauten sie zu ihrer Burg um. 1596 wurde sie aufgrund unbeglichener Schulden der Familie Savelli von der Apostolischen Kammer beschlagnahmt und in der Folge zum barocken Palast umgebaut. Seit 1628 wird dieser Palazzo Pontificio (oder Palazzo Apostolico di Castel Gandolfo) als Sommerresidenz des Papstes genutzt. Papst Franziskus ließ 2016 Teile des Palastes als Museum öffnen.
Als 1798 Castel Gandolfo von französischen Soldaten besetzt wurde, schloss es sich der kurzlebigen Republik von Albano an. 1870 wurde der Kirchenstaat aufgelöst und Castel Gandolfo ins Königreich Italien eingegliedert.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | 1881 | 1901 | 1921 | 1936 | 1951 | 1971 | 1991 | 2001 | 2011 | 2016 |
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Einwohner | 1767 | 1980 | 2577 | 2955 | 4172 | 4709 | 6843 | 7930 | 9091 | 8971 |
Quelle: ISTAT
Politik
Milvia Monachesi (PD) wurde im Mai 2012 zur Bürgermeisterin gewählt und im Juni 2017 im Amt bestätigt. Ihr Vorgänger und Parteifreund Maurizio Colacchi amtierte von 2002 bis 2012. Bei den Wahlen 2002, 2007 und 2012 erreichte die rot-grüne Bürgerliste Arcobaleno (Regenbogen) immer die absolute Mehrheit der Sitze im Gemeinderat.[7] 2017 trat die Nachfolgeliste Insieme (Zusammen) an, die 8 der 12 Gemeinderatssitze gewann.[8]
Partnerstädte
- Châteauneuf-du-Pape, die ehemalige Sommerresidenz der Päpste in der Provence
- Curepipe auf Mauritius
Religion
Die Einwohner von Castel Gandolfo gehören mehrheitlich der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft an. Die Stadt gehört zum Bistum Albano.[9]
Papstresidenz
Castel Gandolfo beherbergt eine Residenz des Papstes. Ursprünglich von Kaiser Domitian erbaut, war es später der Adelssitz der Familie Gandolfi und dann der Savelli. Die Residenz wurde von Papst Clemens VIII. 1596 beschlagnahmt und unter Urban VIII. (Maffeo Barberini) von 1624 bis 1629 zum Papstpalast umgebaut. Seither wurde der Palast von fast allen Päpsten vor allem in den Sommermonaten als Residenz genutzt. Traditionell finden dann auch die Generalaudienzen dort im Innenhof des Papstpalastes statt. Papst Benedikt XVI. nutzte die Residenz während seines Pontifikats das ganze Jahr über häufig zur Erholung. Er hat sich nach seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 nach Castel Gandolfo zurückgezogen, bis er am 2. Mai 2013 endgültig seinen Altersruhesitz im Kloster Mater Ecclesiae nahm.[10][11] Im Sommer 2015 nutzte der emeritierte Papst Benedikt XVI. die Residenz für einen zweiwöchigen Aufenthalt erneut. Castel Gandolfo ist Sterbeort von Pius XII. (1958) und Paul VI. (1978).
Die Residenz ist ein Komplex von drei Villen, der Villa del Moro, Villa Cybo und Villa Barberini, auf einer Fläche von 55 Hektar. Der Kaiserpalast des Domitian war einst ein System von Gebäuden, Höfen und Gärten, das sich dort erstreckte und von denen sich Überreste noch in den Gärten der Villen finden. In den 1930er Jahren wurde der Apostolische Palast mit den Villen und Gärten als päpstliche Sommerresidenz zusammengefasst. Die Gärten des Palasts wurden im 17. Jahrhundert angelegt. Zwischen den Gewölben der Villa des Domitian, deren Cryptoporticus, Theater und Nymphäum, verläuft eine über 400 Jahre alte Eichenallee.
In den Lateranverträgen von 1929 wurde die Sommerresidenz (welche den Papstpalast, die Villa Cybo, die Villa Barberini, die Gärten des Belvedere, sowie einen Gutshof mit einer kleinen Landwirtschaft umfasst) als exterritoriale Besitzung des Heiligen Stuhls bezeichnet (mit einer Ausdehnung von 55 Hektar). Die Sicherungsaufgaben innerhalb der päpstlichen Güter werden von der vatikanischen Gendarmerie wahrgenommen. Im Gebiet der Villa Cybo befindet sich das „Internationale Kongresszentrum Mariapoli“ der Fokolarbewegung. Zu Beginn des Pontifikats von Johannes Paul II. wurde von amerikanischen Katholiken ein überdachtes Schwimmbad gespendet. Benedikt XVI. bewohnte den Palast regelmäßig, auch noch nach dem Ende seines Pontifikats 2013.
Im Ostflügel der Anlage befindet sich seit 1930 die Vatikanische Sternwarte Specola Vaticana, die den römischen Standort der Sternwarte wegen der Lichtverschmutzung der Großstadt ersetzte. Sie verfügt über zwei Teleskope aus den 1950er Jahren, die aber mittlerweile veraltet sind. Deshalb wurde 1981 die Forschungsabteilung des Institutes durch deren damaligen Leiter George Coyne nach Arizona an die dortige Universität verlegt.
Im Oktober 2016 kündigte Papst Franziskus an, Castel Gandolfo künftig nicht mehr als Sommerresidenz nutzen zu wollen. Am 21. Oktober 2016 wurde die Papstwohnung in ein für die Öffentlichkeit zugängliches Museum umgewandelt.[12][13]
Rechtlicher Status
Gemäß den Lateranverträgen von 1929 sind die päpstliche Residenz in Castel Gandolfo und die päpstlichen Güter nicht Teil des Territoriums des Staates der Vatikanstadt, sondern italienisches Staatsgebiet, welches sich im Eigentum des Heiligen Stuhls befindet. Das Staatsgebiet genießt Exterritorialität und ist damit vergleichbar mit diplomatischen Missionen: Es ist von italienischen Steuern und Enteignungen befreit, italienische Behörden dürfen sie ohne Zustimmung des Heiligen Stuhls nicht betreten.[14] Der Vertrag beschreibt dies als Exterritorialität, ein Begriff, der im heutigen Völkerrecht wegen seiner Missverständlichkeit nicht mehr verwendet wird.
Bilder
- Blick auf den Papstpalast
- Portal des päpstlichen Palastes
- Blick aus dem Papstpalast auf den Giardino del Moro
- Saal der Schweizer Garde im Palast
- Pfarrkirche San Tommaso da Villanova von Gian Lorenzo Bernini
- Piazza della Libertà
- Villa Barberini
- Garten der Villa Barberini
- Theater des Domitian im Barberinigarten
- Antiker Stuckdekor im Theater
- Jacob Philipp Hackert: Blick auf den Albaner See mit Castel Gandolfo (1800)
- Blick auf Castel Gandolfo, von Eduard Agricola (1800–1872)
Literatur
- Christoph Henning: Latium. Das Land um Rom. Mit Spaziergängen in der Ewigen Stadt (= DuMont Kunst-Reiseführer). 3., aktualisierte Auflage. DuMont, Köln 2006, ISBN 3-7701-6031-2.
- Anton Henze, Kunibert Bering, Gerhard Wiedmann: Kunstführer Rom. 5., neu bearbeitete Auflage. Philipp Reclam GmbH, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-010402-5.
- Mario Galgano: Castel Gandolfo – Wo Päpste Urlaub machen. 1. Auflage. Kunst-Verlag Fink, 2015.
Weblinks
Einzelnachweise
- Statistiche demografiche ISTAT. Monatliche Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2019.
- Staatsarchiv 1994 bekam Castel Gandolfo das Stadtrecht
- Italienischer Zivilschutz
- I borghi più belli d’Italia. Borghipiubelliditalia.it, abgerufen am 31. August 2017 (italienisch).
- Christian Hülsen: Alba Longa. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 1301 f.
- Gisela M. A. Richter: Alba Longa (Castel Gandolfo) Latium, Italy. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3.
- Information des Innenministeriums, abgerufen am 11. Januar 2016
- Information des Innenministeriums, abgerufen am 12. Januar 2018
- Diözese Albano (italienisch), abgerufen am 20. Dezember 2015
- Castel Gandolfo rüstet auf: „Alle fiebern Benedikt XVI. entgegen“. Radio Vatikan, 22. Februar 2013, abgerufen am 22. Februar 2013.
- Papst Franziskus heißt Benedikt XVI. im Vatikan willkommen. Radio Vatikan, 3. Mai 2013, abgerufen am 4. Mai 2013.
- Papst verzichtet auf Sommerresidenz Castel Gandolfo
- Päpstliche Sommerresidenz wird zum Museum
- Lateranvertrag (http://www.verfassungen.eu/va/lateranvertrag1929.htm), Artikel 15 und Anhang II.