Territorium der Vatikanstadt
Das Territorium der Vatikanstadt wurde in Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Regierung des Königreichs Italien, welche in die Unterzeichnung der Lateranverträge (1929) mündeten, festgeschrieben. Die Vatikanstadt wurde mit 0,44 km² der kleinste Staat der Welt.
Ausdehnung des Territoriums
Das Staatsterritorium umfasst das mit einer Mauer umfriedete Gebiet des Vatikanischen Hügels. Es ist von römischem Stadtgebiet umgeben. Auf dem 0,44 km² großen Areal der Vatikanstadt befinden sich der Papstpalast, der Petersdom mit dem Petersplatz, die Vatikanischen Museen, die Vatikanischen Gärten, der Governatoratspalast, die Kasernen der Schweizergarde und der vatikanischen Gendarmerie, die Direktionen des Osservatore Romano und von Radio Vatikan, ein kleiner Teil der Audienzhalle Pauls VI. sowie weitere Verwaltungsgebäude.
Gemäß den Lateranverträgen blieben der Petersdom und der Petersplatz weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich. Die Sicherung des letzteren (obwohl Teil vatikanischen Territoriums) übernehmen normalerweise italienische Polizeikräfte. Ihre Autorität endet jedoch am Fuße der Treppen, die Richtung Basilika führen. Für die Dauer spezieller Zeremonien kann der Petersplatz für die Öffentlichkeit gesperrt werden. In solchen Fällen, und wenn sich der Papst auf dem Petersplatz befindet,[1] muss sich die italienische Polizei vom Platz auf italienisches Territorium zurückziehen.
Der Grenzverlauf zwischen der Vatikanstadt und Italien ist beim Campo Santo Teutonico und der Audienzhalle Pauls VI. (westlicher Rand des blau umrandeten Areals in der Karte) nicht genau kartiert, und wird je nach Quelle (selbst in offiziellen Karten) unterschiedlich verzeichnet. Da jedoch der Vatikan in diesem Bereich zwar an italienisches Territorium grenzt, dieses sich aber im exterritorialen Besitz des Heiligen Stuhls befindet, ist dieser unklare Grenzverlauf ohne praktische Relevanz. Die Grenze des Kerngebiets zu Italien umfasst 3,2 km.[2]
- _ Territorium der Vatikanstadt
- _ (Petersplatz): Territorium der Vatikanstadt, Sicherheitsagenden an italienische Sicherheitskräfte delegiert.
- _ Der schmale Streifen (ungefähr 3 m breit und 60 m lang) entlang der Außenseite der nördlichen Kolonnade Berninis ist nach den Lateranverträgen italienisches Territorium und unterliegt der italienischen Jurisdiktion. Diese Tatsache wurde von einer gemischten vatikanisch-italienischen Kommission, die bis 1932 tagte und die technischen Details der Verträge präzisierte, bestritten. Da diese Kommission jedoch von italienischer Seite nicht mit hochrangigen Juristen beschickt wurde und darüber hinaus nur beratende Funktion innehatte, wird die rechtliche Relevanz dieses Standpunktes von Italien nicht anerkannt.
- _ Das Gebiet ist zwar italienisches Territorium, steht jedoch im Besitz des Heiligen Stuhls und genießt exterritorialen Status. Es untersteht nicht der italienischen Jurisdiktion. Auf ihm befinden sich der Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, der größere Teil der Audienzhalle Pauls VI. sowie der Campo Santo Teutonico und das deutsche Kolleg.
- _ Das Areal südlich des vatikanischen Bahnhofs (stazione) wurde laut Notiz links unten auf der Karte als „Fläche auf italienischem Territorium zur Versorgung des Bahnhofs“ eingefärbt (dieser Bereich wurde in einer Karte der Gazetta Ufficiale von 1929 nicht hellgrau unterlegt).
Exterritoriale Besitzungen des Heiligen Stuhls
Neben der Schaffung des Staates der Vatikanstadt übertrugen die Lateranverträge dem Heiligen Stuhl auch den Besitz mehrerer Gebiete und Gebäude innerhalb und außerhalb Roms.
Viele dieser Areale genießen einen besonderen Schutz, der auch als exterritorialer Status bezeichnet wird. Sie sind jedoch keine Teile des vatikanischen Territoriums, sondern gehören zum italienischen Territorium. Ihr Status entspricht gemäß Art. 15 des Lateranvertrags[3] dem der nach dem Völkerrecht besonders geschützten Residenzen der diplomatischen Vertreter auswärtiger Staaten.[4] Sie sind demnach von der italienischen Jurisdiktion grundsätzlich nicht ausgenommen.
Gleichwohl sind auch diese exterritorialen Gebiete unter der Kontrolle und in Besitz des Heiligen Stuhls (als nicht-staatliches Völkerrechtssubjekt) und wurden in das vatikanische Post- und Fernmeldewesen integriert. Die öffentliche Ordnung in den exterritorialen Besitzungen wird durch die vatikanische Gendarmerie gewährleistet.
Folgende Gebiete und Gebäude haben exterritorialen Status (die Aufzählung ist nicht erschöpfend):[5]
- die Patriarchalbasiliken San Giovanni in Laterano, Santa Maria Maggiore und San Paolo fuori le Mura, sowie die angeschlossenen Gebäude
- der Palast der Glaubenskongregation, der größere Teil der Audienzhalle Pauls VI. sowie der Campo Santo Teutonico und das deutsche Kolleg (Collegio Teutonico di Santa Maria in Campo Santo) in der Nähe des Petersdoms
- der Palazzo di Propaganda Fide an der Piazza di Spagna
- das Gebiet, das den nordwestlichen Teil des Gianicolo-Hügels einnimmt, u. a. mit der Päpstlichen Universität Urbaniana, dem Päpstlichen Nordamerika-Kolleg, dem Päpstlichen Ukrainischen Kolleg, dem Päpstlichen Rumänischen Pius-Kolleg, dem Kinderkrankenhaus Bambino Gesù und der Kirche Sant’Onofrio al Gianicolo
- der Palazzo di San Callisto in Trastevere
- der Palazzo della Cancelleria am Corso Vittorio Emanuele II.
- der Palazzo Maffei Marescotti in Pigna
- die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo
- das Sendezentrum von Radio Vaticano in Santa Maria di Galeria (seit 1951)
- das Pontificio Seminario Romano Minore
Außerdem ist jede Kirche innerhalb Italiens, in der der Papst religiöse Zeremonien durchführt und zu der die Öffentlichkeit keinen Zutritt hat, während dieses Zeitraums exterritorial.
Da sich die stadtplanerischen Anforderungen der Stadt Rom bzw. von Castel Gandolfo und die Bedürfnisse des Heiligen Stuhls seit dem Inkrafttreten der Lateranverträge geändert haben, kam es seit 1929 mehrmals zu Gebietsabtäuschen beziehungsweise zu kleineren Korrekturen im Grenzverlauf der exterritorialen Gebiete. So wurde beispielsweise im Jahr 1979 der Palazzo della Dataria beim Quirinalspalast dem italienischen Staat übertragen, der im Austausch den Palazzo San Pio X an der Via della Conciliazione an den Heiligen Stuhl abtrat.
Sommerresidenz in Castel Gandolfo
Das exterritoriale Gebiet der päpstlichen Sommerresidenz erstreckt sich über eine Länge von etwas über 2 km entlang des Kraterrandes des Albaner Sees von Castel Gandolfo bis ins Ortsgebiet der Nachbargemeinde Albano Laziale. Mit einer Fläche von über 55 Hektar ist sie größer als das Territorium der Vatikanstadt selbst. Die „Direktion der Päpstlichen Villen“ (Direzione delle Ville Pontificie), eine Abteilung des Governatorats der Vatikanstadt, ist ausschließlich für die Verwaltung des Areals in Castel Gandolfo zuständig.[6]
Das exterritoriale Areal besteht aus drei großen Teilen:
- der Apostolische Palast an der Piazza della Libertà, mit der als Giardino del Moro bezeichneten Gartenanlagen (≈2 ha)
- der Garten der Villa Cybo, jedoch ohne die durch die Hauptstraße getrennte Villa selbst (≈3 ha)
- die Villa Barberini mit den dazugehörigen Ländereien und Gärten, das Areal des Sommersitzes des Pontificio Collegio Urbano, das Klarissinnen-Konvent in Albano Laziale, sowie landwirtschaftliche Nutzflächen (≈50 ha)
Der Apostolische Palast ist über einen loggiaartigen Straßenübergang mit dem Garten der Villa Cybo verbunden, und diese wiederum über ein Viadukt mit dem größten Teil des Komplexes, den Ländereien um die Villa Barberini.
Zwei kleinere, ebenfalls exterritoriale und vom Hauptareal getrennte, Gebiete sind im Gemeindegebiet von Albano Laziale der Olivenhain Oliveto ex-Bacelli (≈3 ha) und, an der Piazza della Libertà in Castel Gandolfo, die Kirche San Tommaso di Villanova von Gian Lorenzo Bernini und das daran angeschlossene Pfarrhaus (≈0,1 ha; mit Ausnahme der im Erdgeschoss befindlichen Räumlichkeiten der Post und der Apotheke).
Seit der Unterzeichnung der Lateranverträge im Jahr 1929 wurde die Grenzziehung des Komplexes mehrmals verändert. So erwarb Pius XI. in den 1930er Jahren bei Albano Laziale Land, um eine kleine Landwirtschaft einzurichten, die seitdem den päpstlichen Hof und den vatikanischen Supermarkt mit Gütern versorgt. Im Jahr 1947 erhielten diese neu erworbenen Ländereien (zu denen auch der Olivenhain „ex-Bacelli“ gehört) gemeinsam mit dem angrenzenden Konvent der Klarissinnen den Status der Exterritorialität. Im Gegenzug verzichtete der Heilige Stuhl hinsichtlich des Gemeindefriedhofs von Albano Laziale (laut Annex der Lateranverträge exterritorial) auf dieses Privileg.
Ursprünglich genossen auch mehrere über Castel Gandolfo verstreute Einzelimmobilien das Privileg der Exterritorialität – so beispielsweise die Villa Cybo (von ihren Gärten durch eine Hauptstraße getrennt), die Casa Pio X oder die Casa Benedetto XV. Auch waren der Cortilone oder die Salita Sant'Antonio, über die das Viadukt von den Gärten der Villa Cybo zu den Ländereien der Villa Barberini führt, exterritoriale, jedoch öffentlich zugängliche Verkehrsflächen. Mit dem Wunsch der Gemeinde Albano Laziale, den Gemeindefriedhof zu erweitern, ergab sich im Jahr 1981 die Gelegenheit, die Grenzziehung der Sommerresidenz zu vereinfachen. Das Abkommen sah vor, dass der Heilige Stuhl ein ungefähr 2000 m² großes, an den Friedhof grenzendes, Grundstück der Gemeinde kostenlos übereignet, sowie dass er bei den unter seiner Kontrolle stehenden Einzelimmobilien und öffentlich zugängliche Verkehrsflächen auf den exterritorialen Status verzichtet. Im Gegenzug erklärte sich die italienische Regierung bereit, dem Areal des Sommersitzes des Pontificio Collegio Urbano (samt Gartenanlage) das Privileg der Exterritorialität zuzuerkennen.
- Papstpalast
- Pfarrkirche San Tommaso da Villanova
- Villa Barberini
- Theater der Villa des Kaiser Domitian
- Piazzale Quadrato in den Gärten der Villa Barberini
- Belvedere-Garten in den Gärten der Villa Barberini
- Spiegelgarten in den Gärten der Villa Barberini
Lateranverträge: Verhandlungen über die Ausdehnung des Territoriums
In den Verhandlungen, die schließlich in den Abschluss der Lateranverträge mündeten, wurde von beiden Seiten die Frage der Ausdehnung des zukünftigen Staates erörtert. In der Frühphase der Diskussion (1926) stand die Integration der Villa Doria Pamphili (ungefähr 2 km südlich der Vatikanstadt) in das Staatsterritorium im Raum (inklusive einer Verbindung mit der Vatikanstadt über die Villa Abamelek). Viele Kurienkardinäle begegneten diesem Vorschlag jedoch mit Skepsis, da bei einer zu großen Ausdehnung des zukünftigen Staates ein Übermaß an administrativen Problemen befürchtet wurde.
Weblinks
- Karte der extraterritorialen Gebiete auf OpenStreetMap
- Inter Sanctam Sedem et Italiae Regnum Conventiones initae die 11 Februarii 1929 (Text der Lateranverträge) (italienisch) in der WWW-Präsenz des Heiligen Stuhls
- Liste einiger Gesetze des Staats Vatikanstadt in der WWW-Präsenz des Staats Vatikanstadt
- Liste der extraterritorialen Gebiete (auf Italienisch)
Einzelnachweise
- Getting to know the Vatican gendarmerie (Englisch) Zenit. 30. September 2014. Abgerufen am 10. November 2014.
- www.cia.gov CIA World Factbook Aufgerufen am 28. Juli 2009
- Deutsche Übersetzung des Lateranvertrags, zitiert nach Friedrich Berber, Völkerrecht Dokumentensammlung Band I. Friedensrecht, abgerufen am 22. November 2014.
- Grundbegriffe des Rechts. Völkerrecht. Lexikon zentraler Begriffe und Themen. Burkhard Schöbner (Hrsg.), Seite 142
- Zone extraterritoriali vaticani (Italienisch) Sala Stampa della Santa Sede. 3. April 2001. Abgerufen am 2. Juni 2008.
- Direktion der Päpstlichen Villen. Staat der Vatikanstadt. Abgerufen am 12. März 2013.