Bahnstrecke Halle–Vienenburg
Die Bahnstrecke Halle–Vienenburg ist eine nicht elektrifizierte Hauptbahn in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Sie ist eine wichtige Verbindung zwischen dem Ballungsraum Halle und dem nördlichen Harzvorland. Sie wurde von 1862 bis 1872 in mehreren Teilabschnitten von der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft eröffnet und wird heute bis auf den stillgelegten Abschnitt zwischen Heudeber-Danstedt und Vienenburg durch DB Netz betrieben. Der Verkehr zwischen Heudeber-Danstedt und Vienenburg nutzt seit 1996 die weiter südlich verlaufende Bahnstrecke über Wernigerode.
Halle (Saale) Hbf–Vienenburg | |
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Streckennummer (DB): | 6344 6346 (Halle Gbf–Halle Thüringer Bf) 6050 (Halle Steintorbf–Halle-Trotha) |
Kursbuchstrecke (DB): | 330 |
Streckenlänge: | 125,9 km |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Streckenklasse: | Halle (Saale) Hbf–Wegeleben: D4 Wegeleben–Heudeber-Danstedt: CM4 |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h |
Zugbeeinflussung: | PZB |
Zweigleisigkeit: | Aschersleben–Frose Wegeleben–Halberstadt (ehemals durchgehend) |
Zwischen Halle (Saale) Hauptbahnhof und Halle-Trotha verläuft die eingleisige elektrifizierte Strecke, auf der die S-Bahn Mitteldeutschland verkehrt, parallel zur Bahnstrecke Halle (Saale)–Halberstadt. Seit 2015 besteht in Halle-Trotha wieder eine Weichenverbindung zwischen beiden Strecken.
Geschichte
Bereits 1840 beziehungsweise 1841 wurden die beiden späteren Streckenendpunkte Halle und Vienenburg an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Ebenfalls 1843 ging die Strecke Oschersleben–Jerxheim–Wolfenbüttel in Betrieb, wodurch bereits eine – wenn auch weiter nördlich verlaufende – Schienenverbindung bestand. Dennoch gab es weiterhin Planungen für eine Bahnstrecke näher am Harz, die Halberstadt direkt in Richtung Westen anschließen sollte.
Das erste Teilstück der heutigen Strecke von Halberstadt nach Wegeleben wurde 1862 mit der Bahnstrecke Halberstadt–Thale eröffnet.
1864 konnte ein Staatsvertrag zwischen Preußen und Braunschweig geschlossen werden, der eine Bahnverbindung Halberstadt–Vienenburg vorsah. Eine halbwegs flache Trasse mit Abstand vom Harz wurde über Heudeber-Danstedt und Wasserleben ausgewählt. Das Königreich Hannover, auf dessen Grund sich Vienenburg damals befand, lehnte dieses Vorhaben zunächst jedoch ab. Erst nach dem Sieg Preußens im Deutschen Krieg und der daraus resultierenden Annexion Hannovers konnte die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahngesellschaft (MHE) 1867 mit dem Bau auf diesem Abschnitt beginnen. Am 1. März 1869 wurde diese Verbindung in Betrieb genommen. Zuvor war schon 1865 der Abschnitt Wegeleben–Aschersleben eingeweiht worden. 1871 wurde diese Strecke bis ins benachbarte Könnern verlängert, und von dort wurde dann 1872 das letzte Teilstück bis Halle (Saale) fertiggestellt.
Ab 1875 stand von Vienenburg aus die Verbindung in Richtung Hildesheim über die Bahnstrecke Vienenburg–Langelsheim zur Verfügung. Der direkte Schienenweg Halle–Hannover war damit komplett.
Der Fernverkehr hatte sich nach der Verstaatlichung der MHE auf die weiter nördlich verlaufenden Staatsbahnstrecken verlagert, für den überregionalen Güterverkehr hatte die Strecke jedoch eine erhebliche Bedeutung.[7]
Während des Zweiten Weltkrieges steigerte sich der Verkehr weiter, die Strecke war wichtiger Teil der Verbindung zwischen Ruhrgebiet und Mitteldeutschland.[7] Am Ende des Krieges waren zahlreiche Bahnstationen der Strecke das Ziel alliierter Luftangriffe. Der Zugverkehr kam vorerst zum Erliegen, da die zurückweichende Wehrmacht weitere Zerstörungen anrichtete.
Durch die Teilung Deutschlands wurde die Strecke 1945 zwischen Vienenburg in der britischen Besatzungszone und Wasserleben in der sowjetischen Besatzungszone unterbrochen. Auf sowjetischer Seite wurde das zweite Streckengleis als Reparationsleistung demontiert, hinzu kam das Gleis von Wasserleben bis zur Grenze.
Nach der Wende 1990 gab es Bestrebungen, die Verbindung zwischen Halberstadt und Vienenburg wieder zu reaktivieren. Da die Bahn allerdings größere Orte wie Wernigerode und Ilsenburg auslässt, fiel die Entscheidung zu Gunsten der südlich verlaufenden Bahnstrecke Heudeber-Danstedt–Ilsenburg aus. Diese führte bis 1945 ebenfalls über die Landesgrenze hinaus nach Bad Harzburg.
Da die Trasse der alten Strecke im Bereich Bad Harzburg nicht mehr nutzbar war, beschloss die Deutsche Bahn den Bau einer Neubaustrecke, die ab Stapelburg aus der ursprünglichen Strecke ausfädelt und in Richtung Norden zur Verbindung Halberstadt–Vienenburg verläuft. Kurz vor der Landesgrenze fädelt sie in die alte Trasse ein und folgt dieser bis nach Vienenburg. Da die Strecke auf niedersächsischem Boden die alte Trasse nutzt, konnte das Vorhaben vor Ort als Renovierung einer bestehenden Strecke betrachtet werden, was wiederum die Einrichtung von Bahnübergängen ermöglichte. Am 2. Juni 1996 erfolgte die Eröffnung des rund zehn Kilometer langen Abschnittes. Die Personenzüge zwischen Halberstadt und Vienenburg nutzen seitdem von der alten Strecke den Abschnitt Halberstadt–Heudeber-Danstedt sowie den drei Kilometer langen Abschnitt auf niedersächsischem Boden und verkehren sonst über die südlich verlaufende Verbindung via Ilsenburg und Wernigerode.
Der Streckenabschnitt zwischen Heudeber-Danstedt und Wasserleben wurde bis zum 28. September 2002 noch von Personenzügen genutzt, die weiter über die Strecke der ehemaligen Osterwieck-Wasserlebener Eisenbahn nach Osterwieck fuhren. Dann wurde der Verkehr eingestellt, zum 30. Juni 2003 wurde die Strecke durch das Eisenbahn-Bundesamt stillgelegt.[8]
Ab Ende der 1990er Jahre erfolgte ein Komplettumbau des Abschnittes Halle–Halberstadt, der diese für den Einsatz von Neigetechnikzügen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h nutzbar machte. Die Leit- und Sicherungstechnik wurde modernisiert und in Sandersleben (Anh) ein elektronisches Stellwerk errichtet. Die Gleisanlagen vieler Bahnhöfe wurden auf das heute nötige Maß zurückgebaut; einige Bahnhöfe wurden aufgelassen.
Ende 2009 traten Probleme mit dem Untergrund im Streckenabschnitt zwischen Frose und Nachterstedt auf, die Höchstgeschwindigkeit musste daraufhin in diesem Abschnitt auf 50 km/h gesenkt werden. Zwischen August und Dezember 2012 erfolgte im Zuge einer Totalsperrung dieses Abschnitts eine Sanierung. Der Untergrund wurde verdichtet, um mögliche Hohlräume unter der Strecke zu beseitigen, anschließend wurden die Streckengleise neu verlegt. Hierfür wurden 5,5 Millionen Euro investiert.[9]
Die Verbindung von Halberstadt über Wernigerode nach Vienenburg wurde im Jahre 2007 für den Betrieb mit Neigetechnikzügen umgebaut. Zum Fahrplanwechsel 2008 verkürzte sich die Fahrzeit auf Grund des Abschlusses von Sanierungsarbeiten erneut.[10]
Seit Dezember 2015 wird die Neigetechnik jedoch nicht mehr genutzt.
Als Vorbereitung für den Umbau des Eisenbahnknotens Halle wurde im Sommer 2015 eine neue Weichenverbindung im Bahnhof Halle-Trotha eingebaut. Dadurch werden direkte Zugfahrten von der Bahnstrecke Halle–Vienenburg auf die parallele eingleisige S-Bahnstrecke ermöglicht.[11]
Ausblick
Ein im August 2021 veröffentlichter Entwurf für die Infrastrukturliste zum 3. Gutachterentwurfs des Deutschlandtakts enthält ein „Kreuzungsgleis Nauendorf“, um den unterstellten Güterverkehr bewältigen zu können. Dafür sind, zum Preisstand von 2015, Kosten von fünf Millionen Euro geplant.[12][13] Damit würde die derzeitige Anschlussstelle Nauendorf (Saalkr) wieder zu einem Bahnhof.
Betrieb
Zwischen Halle, Halberstadt und Hannover verkehrten bis 2014 im jeweils Zwei-Stunden-Takt Regional-Express-Züge der Deutschen Bahn (HarzExpress) sowie Nahverkehrszüge des Nordharznetzes der Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt mit Halt an allen Stationen. Am Wochenende betreibt Veolia eine Verbindung zwischen Berlin und Wernigerode, die den Abschnitt Halberstadt–Heudeber-Danstedt mitnutzt.
Die Stationen am separaten Streckengleis zwischen Halle (Saale) Hauptbahnhof und Halle-Trotha werden von der Linie S3 der S-Bahn Mitteldeutschland und den Regionalbahnen bedient.
Seit Dezember 2014 endet der Regionalexpress/jetzt Harz-Elbe-Express von Halle (Saale) in Goslar, zwischen Vienenburg und Goslar wird er direkt ohne Halt in Bad Harzburg geführt. Zusätzlich wird die Regionalbahn-Linie der Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt aus Halberstadt regelmäßig nach Goslar durchgebunden. So ergaben sich stündliche Verbindungen zwischen Halle und der Kaiserstadt am Harz, wo jeweils Anschluss nach Hannover besteht.[14] Im Rahmen einer freihändigen Vergabe wurde der Betrieb des Regionalexpresses Halle–Goslar ab Dezember 2015 für zwei Jahre an die Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt vergeben. Zum Einsatz kommen Dieseltriebzüge vom Typ LINT 41. Durch den Verzicht auf den Neigetechnikbetrieb hat sich die Fahrzeit nach Halle verlängert, allerdings wurde durch die Beschleunigung der Regionalbahn-Linie ein stündliches Angebot zwischen Goslar und Halle eingerichtet. Die Halte der bisherigen Regionalbahn-Linie zwischen Halberstadt und Aschersleben werden von einer zusätzlichen Linie bedient.[15]
Galerie
- Bahnhof Aschersleben
- Bahnhof Sandersleben
- Bahnhof Könnern
- Haltepunkt Teicha
Literatur
- Dirk Endisch: Die Strecke Halberstadt–Vienenburg. Verlag Dirk Endisch, Stendal 2009, ISBN 978-3-936893-36-6.
- Josef Högemann: Eisenbahnen im Harz (I). Band 1: Die Staatsbahnstrecken. Verlag Kenning, Nordhorn 1995, ISBN 3-927587-43-5.
- Wolfgang Fiegenbaum, Wolfgang Klee: Rückkehr zur Schiene. Reaktivierte und neue Strecken im Personenverkehr 1980–2001. transpress, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-71185-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- DB Netz AG: DB Netze Infrastrukturregister. Abgerufen am 28. August 2021.
- Europa im 19. Jahrhundert. In: www.arcanum.com. Abgerufen am 28. August 2021.
- Deutsche Reichsbahn: Reichsbahndirektionsbezirk Halle. In: www.blocksignal.de. 1943, abgerufen am 28. August 2021.
- Deutsche Reichsbahn: Übersichtskarte des Reichsbahndirektionsbezirks Halle. In: www.blocksignal.de. Juli 1966, abgerufen am 28. August 2021.
- Deutsche Reichsbahn: Übersichtskarte des Reichsbahndirektionsbezirks Magdeburg. In: www.blocksignal.de. Februar 1988, abgerufen am 28. August 2021.
- Klaus Erbeck: Halle (Saale) Hbf - Aschersleben - Halberstadt - Vienenburg Gbf - Grauhof Gbf - LangeIsheim. In: www.klauserbeck.de. Abgerufen am 28. August 2021.
- Josef Högemann: Eisenbahnchronik Harz – Die Geschichte der Eisenbahnen im Harz, EK-Verlag, Freiburg 2007, ISBN 3-88255-722-2, S. 25
- Liste der seit 1994 stillgelegten bundeseigenen Strecken im Land Sachsen-Anhalt. (XLSX) Eisenbahn-Bundesamt, abgerufen am 24. Juni 2019.
- Streckensanierung mit High-Tech: DB beginnt im August mit der Modernisierung von Frose–Nachterstedt. (Nicht mehr online verfügbar.) Deutsche Bahn AG, 11. Juli 2012, ehemals im Original; abgerufen am 12. Juli 2012. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Nordharzstrecke für den Neigetechnikverkehr freigegeben. In: bahninfo.de. 16. Juni 2008, abgerufen am 20. November 2018.
- Michael Falgowski: Nach Trotha fährt vorerst keine S-Bahn mehr. In: Mitteldeutsche Zeitung. 20. Februar 2015, abgerufen am 23. September 2016.
- Marten Maier: Infrastrukturliste Bewertung: Maßnahmen des Planfalls „Deutschlandtakt“, laufende Nummer 44 des Unterabschnitts 2, Vorhaben des Potentiellen Bedarfs des Bedarfsplans der Bundesschienenwege. (PDF) In: bmvi.de. SMA und Partner, 17. August 2021, S. 33, abgerufen am 20. August 2021 („2-00“, „Entwurf“).
- Deutschlandtakt: Bewertung Infrastrukturmaßnahmen für den 3. Gutachterentwurf. (PDF) In: downloads.ctfassets.net. Intraplan Consult, TTS TRIMODE Transport Solutions, 17. August 2021, S. 2, abgerufen am 20. August 2021 („Entwurf, Stand: 17.08.2021“).
- Harz-Elbe-Express fährt bald regelmäßig bis Goslar. In: zughalt.de. 25. März 2014, abgerufen am 20. November 2018.
- NASA, Zuschlag im Vergabeverfahren „RX Halle (Saale) – Goslar“ (Memento vom 20. Oktober 2014 im Internet Archive)