Atsabe (Verwaltungsamt)

Atsabe (in alten Quellen: Artessabe,[2] Atisasabo[3]) ist ein osttimoresisches Verwaltungsamt (portugiesisch Posto Administrativo) in der Gemeinde Ermera. Verwaltungssitz ist Atsabe.[4]

Verwaltungsamt Atsabe
Verwaltungssitz Atsabe
Fläche 164,44 km²[1]
Einwohnerzahl 18.563 (2015)[1]
SucosEinwohner (2015)[1]
Atara2.737
Baboi Craic1.965
Baboi Leten1.106
Batu Mano1.034
Lacao2.041
Laclo1.624
Laubono1.061
Leimea Leten12.234
Malabe1.566
Obulo1.022
Parami1.683
Tiarlelo490
Übersichtskarte
Atsabe (Verwaltungsamt) (Osttimor)

Geographie

Der Ort Atsabe liegt im Zentrum des Verwaltungsamts
Landschaft bei Batu Mano

Bis 2014 wurden die Verwaltungsämter noch als Subdistrikte bezeichnet. Vor der Gebietsreform 2015 hatte Atsabe eine Fläche von 167,90 km².[5] Nun sind es 164,44 km².[1]

Das Verwaltungsamt Atsabe bildet den Süden der Gemeinde Ermera. Nördlich liegen die ebenfalls zu Ermera gehörenden Verwaltungsämter Hatulia und Letefoho. Im Westen liegt das Verwaltungsamt Cailaco, im Süden Bobonaro (beide Gemeinde Bobonaro). Östlich befinden sich in der Gemeinde Ainaro die Verwaltungsämter Ainaro und Hatu-Builico.[6]

In Baboi Leten liegt an der Grenze zu Hatu-Builico der Gipfel des Tatamailaus (2963 m), Osttimors höchster Berg. Bei Laubono entspringt der Marobo, einer der wichtigsten Zuflüsse des Lóis. Auch die anderen Flüsse Atsabes gehören zu dessen System. Ein kleiner dieser Flüsse bildet an einen Steilhang den bekanntesten Wasserfall Osttimors, den Bandeira.[6]

Atsabe teilt sich in zwölf Sucos: Atara (Atare), Baboi Craic (Baboe Kraik, Boboe Craic, Baboi Kraik), Baboi Leten (Baboe Leten, Boboe Leten), Batu Mano (Batu Manu, Batumanu), Laclo (Laklo, Lado), Lacao (Lasaun), Laubono (Laubonu, Laubanu, Laubunu, Lau Buno), Leimea Leten (Limie Leten, Lemian, Lemia), Malabe (ehemals Atadame, Atu Dame, Acu Dame), Obulo (Obolu), Parami (Paramin) und Tiarlelo (Tirlelo, Tiar Lelo, Ciar Lelo).[7]

Einwohner

„Tanz des Schals“ in Atsabe

Im Verwaltungsamt Atsabe leben insgesamt 18.563 Menschen (2015), davon sind 9.223 Männer und 9.340 Frauen. Die Bevölkerungsdichte beträgt 112,9 Einwohner/km².[1] Die größte Sprachgruppe bilden die Sprecher der Nationalsprache Kemak. Die Bevölkerung ist durchweg katholisch.[9] Der Altersdurchschnitt beträgt 18,2 Jahre (2010,[5] 2004: 17,7 Jahre[10]).

Tiarlelo bildet das kulturelle Zentrum von Atsabe, da hier der Koronel bote der Region lebte. Allerdings werden die Koronel bote dieser Familie in einigen mündlichen Überlieferungen als Usurpatoren bezeichnet, welche die Herrschaft von Laclo und Leimea übernahmen. Laclo und Leimea werden in mündlichen Überlieferungen als Ursprung der Kemak bezeichnet. Leimea liegt am Berg Dar Lau und ist in drei Teile geteilt, wovon nur noch Leimea Leten („Ober-Leten“) Teil von Atsabe ist. Leimea-Craic („Unter-Leten“) und Leimea-Sarinbalo liegen heute im Verwaltungsamt Hatulia. Auch Baboi Craic und Baboi Leten bildeten ursprünglich einen gemeinsamen Suco. Von Atara wurde 2002 Malimea als eigenständiger Suco abgetrennt, 2003 aber wieder Atara angegliedert.[11] In Obulo haben sich die Kemak mit benachbarten Bunak vermischt.[9]

Geschichte

Traditioneller Tänzer (1968/70)
Zwei Frauen aus Atsabe, Álbum Fontoura, vor 1940
Hütte bei Atsabe (1968/70)

Atsabe war bereits vor der Kolonialzeit eines der Zentren Timors. Herrscher war der Koronel bote (Tetum: Liurai) der Atsabe-Kemak. Atsabe dominierte früher die gesamten von Kemak bewohnten Gebiete in Osttimor. Das betraf neben der Region von Atsabe Gebiete im Norden der heutigen Gemeinde Bobonaro, im nördlichen Ainaro und im Gebiet von Suai.[9] Die Atsabe-Herrscher standen im Ruf besonders dazu zu neigen gegen die Portugiesen und ihre Anwesenheit aufzubegehren. Sie leisteten wiederholt Widerstand gegen die Invasoren. Im 18. Jahrhundert beteiligte sich Atsabe bei der Cailaco-Rebellion gegen die Portugiesen.

1907 konnte Nai-Cau die Unabhängigkeit Soros vom Atsabe-Reich erringen.[2]

Während der japanischen Besatzung Timors (1942 bis 1945) leisteten die Atsabe-Kemak passiven Widerstand, indem sie sich weigerten Zwangsarbeit zu leisten oder Lebensmittel an die Japaner zu liefern. Die Besatzer inhaftierten daher den Koronel bote Dom Siprianu und sechs seiner Verwandte, die in Erbfolge zu ihm standen. Einer nach dem anderen wurden von den Japanern hingerichtet. Trotzdem widersetzten sich die Bewohner Atsabes weiterhin und versteckten zum Beispiel auch australische Soldaten, die hier einen Guerillakrieg führten.[9]

Ein nachgebautes Uma Lulik im Garten des port. Administrators von Atsabe (1969)

Der letzte Koronel bote von Atsabe und Sohn von Dom Siprianu, Dom Guilherme Maria Gonçalves, war ein starker Unterstützer der APODETI in den 1970er-Jahren. Zwischen 1978 und 1982 war er Gouverneur Indonesiens in Timor Timur.[9]

Am Tag des Unabhängigkeitsreferendums in Osttimor am 30. August 1999 griffen in Baboi Leten pro-indonesische Milizen mit Feuerwaffen und Steinen ein Wahllokal an und töteten zwei einheimische UNAMET-Mitarbeiter. Ein dritter entkam. Die anwesenden indonesischen Soldaten griffen nicht zum Schutz des Wahllokals ein.[12]

Anfang Januar 2003 wurden Tiarlelo und Laubono von bis zu 15 mit Sturmhauben maskierten Banditen mit automatischen Waffen und alten indonesischen Uniformen überfallen, 25 km von der Grenze zu Indonesien entfernt. Drei Menschen wurden getötet und fünf verletzt. Die Verteidigungskräfte Osttimors schickten daraufhin 180 Soldaten für Polizeiaufgaben in die Region.[13] Mitglieder von Colimau 2000 – einer Organisation, die von ehemaligen im Untergrund arbeitenden Jugendaktivisten gegründet wurde – wurden beschuldigt in die Überfälle verwickelt gewesen zu sein, bei denen insgesamt sieben Menschen starben. Massenverhaftungen folgten, doch von den Gerichten wurden alle Verdächtige wieder freigelassen.[14]

Am 23. August 2009 beendeten die Sucos Lacao und Atara eine jahrzehntelange Feindschaft durch eine offizielle Friedenszeremonie.[15]

Politik

Administrator Graciano M. Hornai (2013)

Der Administrator des Verwaltungsamts wird von der Zentralregierung in Dili ernannt. 2015 war dies Graciano M. Hornai[16] und 2019 Juliâo de Deus.[17]

Wirtschaft

Reismühle in Atsabe (1968/70)

86 % der Haushalte in Atsabe bauen Mais an, 78 % Maniok, 67 % Kaffee, 55 % Gemüse, 34 % Kokosnüsse und 18 % Reis.[18] Daneben werden seit einigen Jahren auch Erbsen, Kohl und Zwiebeln angepflanzt. Geplant ist zudem eine Fischzucht. Atsabe war früher bekannt für die hohe Qualität seiner Tais, gewebte Textilien, die auch überregional verkauft wurden. Damals war in diesem Verwaltungsamt der Handel die wichtigste Einnahmequelle der Bevölkerung, noch vor der Landwirtschaft. Viele der Händler flohen infolge der Unruhen von 1999 nach Westtimor. 2001 war es noch unklar, ob sie nach Atsabe zurückkehren würden, um ihr Geschäft wieder aufzunehmen.

Persönlichkeiten

Literatur

Blick vom Pferd aus auf die Region um Atsabe
Commons: Atsabe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Direcção-Geral de Estatística: Ergebnisse der Volkszählung von 2015, abgerufen am 23. November 2016.
  2. Technische Universität Lissabon: History of Timor (Memento vom 24. März 2009 im Internet Archive; PDF; 824 kB) (englisch)
  3. 150 Anos da criação de distritos em Timor
  4. Jornal da República: Diploma Ministerial n.o 24/2014 de 24 de Julho – Orgânica dos Postos Administrativos (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  5. Direcção Nacional de Estatística: 2010 Census Wall Chart (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive; PDF; 2,5 MB) (englisch)
  6. Timor-Leste GIS-Portal (Memento vom 30. Juni 2007 im Internet Archive)
  7. Jornal da Républica mit dem Diploma Ministerial n.° 199/09 (Memento vom 3. Februar 2010 im Internet Archive) (portugiesisch; PDF; 323 kB)
  8. Seeds of Life
  9. Andrea K. Molnar: Died in the service of Portugal
  10. Direcção Nacional de Estatística: Census of Population and Housing Atlas 2004 (Memento vom 13. November 2012 im Internet Archive) (PDF; 14 MB)
  11. n.° 6/2003 De 29 De Julho SOBRE A FIXAÇÃO DO NÚMERO DE SUCOS EM TERRITÓRIO NACIONAL (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
  12. CAVR Chega Files: Part 7.3: Forced Displacement and Famine (Memento vom 28. November 2015 im Internet Archive; PDF; 1,3 MB) (englisch)
  13. The Age, Bericht über den Zwischenfall Jan. 2003 in Atsabe
  14. The Australian: Four believed dead in more Timor violence, 16. November 2006, abgerufen am 6. Februar 2016.
  15. United Nations Development Programme, 4. September 2009, Talking Peace in Timor-Leste (Memento vom 30. September 2009 im Internet Archive)
  16. Ministério da Administração Estatal: Administração Municipal (Memento vom 1. Juni 2016 im Internet Archive)
  17. Gesundheitsministerium Osttimors: Atsabe, 9 Janeiro 2019 : Vise Ministru Saúde ba Dezenvolvimentu Estratéjiku Saúde (VMSDES) Sr. Bonífacio Maucoli dos Reis, Lic. SP, ho ekipa husi Nasional hala’o Diagnostiko Situasional ba iha fasilidade saúde balun iha Postu Administrativu Atsabe Munisipiu Ermera., 9. Januar 2019, abgerufen am 9. April 2019.
  18. Direcção Nacional de Estatística: Suco Report Volume 4 (Memento vom 9. April 2015 im Internet Archive; PDF; 9,8 MB) (englisch)

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