Anne Spiegel
Anne Spiegel (* 15. Dezember 1980 in Leimen (Baden)[1]) ist eine deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen). Seit dem 8. Dezember 2021 ist sie Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Kabinett Scholz.
Von Mai 2016 bis Mai 2021 war sie Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz, ab Januar 2021 zusätzlich Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten. Vom 18. Mai 2021 bis zu ihrer Ernennung als Bundesministerin war sie Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität sowie Stellvertreterin der Ministerpräsidentin im rheinland-pfälzischen Kabinett Dreyer III.
Ausbildung, Beruf und Familie
Anne Spiegel hat unter anderem romanische Vorfahren, ihre Großmutter mütterlicherseits stammt aus Sizilien, ein Großvater aus Rumänien.[2] Spiegel wuchs in Speyer und Ludwigshafen am Rhein auf, besuchte die dortige Albert-Schweitzer-Grundschule und legte 2000 am Heinrich-Böll-Gymnasium ihr Abitur ab.[3] Anschließend studierte sie bis 2007 Politik, Philosophie und Psychologie an der TU Darmstadt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universität Mannheim und der Universität Salamanca in Spanien. Im Frühjahr 2007 legte sie ihren Abschluss als Magistra Artium an der Universität Mainz ab. Danach war sie von 2008 bis 2010 als Sprachtrainerin[4] bei Berlitz in Mainz, Mannheim und Heidelberg tätig.[1]
Spiegel hat mit ihrem schottischen Ehemann vier Kinder.[2]
Politisches Engagement
Spiegel gehörte von 1999 bis 2002 dem Landesvorstand der Grünen Jugend Rheinland-Pfalz an, davon zwei Jahre als Vorstandssprecherin. Danach gehörte sie bis 2004 dem Bundesvorstand der Grünen Jugend an.
2005 war Anne Spiegel die erste deutsche Jugenddelegierte bei den Vereinten Nationen[5]. Sie vertrat im Herbst 2005 Jugendliche aus der Bundesrepublik Deutschland bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen und traf dort auch den damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan.
Im November 2019 wurde Spiegel in den Parteirat von Bündnis 90/Die Grünen gewählt. Sie erhielt 64 Prozent der Stimmen und setzte sich gegen mehrere Kandidatinnen durch[6].
Landespolitik in Rheinland-Pfalz
Landtagsabgeordnete
Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2006 war sie Direktkandidatin im Wahlkreis Ludwigshafen am Rhein II und auf Listenplatz 7 von Bündnis 90/Die Grünen Rheinland-Pfalz, wurde jedoch nicht gewählt, da die Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten.
Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2011 wurde sie als Abgeordnete in den Landtag gewählt. Sie war Kandidatin im Wahlkreis Speyer. Anne Spiegel erreichte 17,1 % der Wahlkreisstimmen. Sie zog über die Liste (Listenplatz 3) von Bündnis 90/Die Grünen Rheinland-Pfalz in den Landtag Rheinland-Pfalz ein. Dort wurde sie zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden[7] gewählt. Die Fraktion bestätigte sie in der Mitte der Legislaturperiode in diesem Amt. Sie war Sprecherin für Frauen, Integration, Migration und Flüchtlingspolitik. Weiterhin war sie Mitglied im Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung, im Ausschuss für Integration, Kinder, Familie und Jugend sowie im Zwischenausschuss. Stellvertretend war sie im Ausschuss für Sozialpolitik und im Ältestenrat sowie in der Enquetekommission für Bürgerbeteiligung tätig.
Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2016 war sie erneut Direktkandidatin im Wahlkreis Speyer, sie erreichte dort 10,4 % der Wahlkreisstimmen. Spiegel zog aber wie 2011 über die Liste (Listenplatz 3) von Bündnis 90/Die Grünen in den Landtag Rheinland-Pfalz ein. Nach der Ernennung zur Ministerin legte sie jedoch ihr Mandat nieder, für sie rückte Pia Schellhammer in den Landtag nach.
Spiegel war Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen Rheinland-Pfalz bei der Landtagswahl 2021; sie wurde mit 95 Prozent der Delegiertenstimmen nominiert.[8] Daneben war sie erneut Direktkandidatin im Wahlkreis Speyer. Ihre Partei erreichte bei der Wahl 9,3 Prozent und konnte ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2016 fast verdoppeln. Spiegel verpasste das Direktmandat in Speyer, zog jedoch über Listenplatz 1 in den Landtag ein. Nachdem sie erneut zur Ministerin ernannt wurde, legte sie ihr Landtagsmandat nieder. Für sie rückte Lisett Stuppy nach.
Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz
Im Kabinett Dreyer II wurde Spiegel zur Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz vereidigt. Sie legte am 18. Mai 2016 ihr Landtagsmandat nieder.[9] Ihre Nachrückerin war Pia Schellhammer.
Ihre Vorgängerin Irene Alt hatte sich bereits für die Öffnung der Ehe eingesetzt.[10] Anne Spiegel übernahm die Aufgabe und setzte sich für eine Abstimmung im Bundestag ein. Unter anderem schrieb sie im November 2016 einen Protestbrief[11] des Bundesrates an Norbert Lammert, den damaligen Bundestagspräsidenten.
Als erste Ministerin in Rheinland-Pfalz ging sie im April 2018 in den Mutterschutz, um ihr viertes Kind zur Welt zu bringen.[12] Spiegel nahm ihr Baby im November 2018 mit in eine Sitzung des Bundesrates.[13]
Im November 2018 vertrat sie die Bundesregierung bei der Women MPs Conference zum Thema „100 Jahre Frauenwahlrecht“ in London. Dort traf sie auch mit der damaligen britischen Premierministerin Theresa May zusammen. Spiegel forderte sie auf, vom Brexit Abstand zu nehmen.[14]
Anne Spiegel war Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) 2019[15] und der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister der Länder (GFMK) 2019[16] Die VSMK beschäftigte sich 2019 mit Algorithmen und der Lebensmittelkennzeichnung.[17] Spiegel sprach sich dort für die Lebensmittelampel (Nutri-Score) aus.[18] Spiegel forderte außerdem, dass Algorithmen besser kontrolliert werden müssten[19]. Algorithmen entscheiden nach Auffassung Spiegels beispielsweise über Kreditwürdigkeit und Produktempfehlungen. Sie seien missbrauchs- und fehleranfällig und könnten zu diskriminierenden Entscheidungen führen. Die GFMK verfasste in diesem Jahr auf Betreiben der vorsitzenden Frauenministerin Anne Spiegel einen Appell gegen Sexismus.[20] Weitere Themen der GFMK waren Sexismus in der Werbung, am Arbeitsplatz von Behörden und gewaltsame Übergriffe, die durch die Verabreichung von K.-o.-Tropfen ermöglicht werden.[21]
Spiegel nahm an der 25. Welt-Klimakonferenz in Madrid teil.[22]
Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität
Nachdem Ulrike Höfken als rheinland-pfälzische Umweltministerin mit Ablauf des 31. Dezember 2020 infolge rechtswidriger Beförderungspraktiken in ihrem Ministerium zurückgetreten war, übernahm Spiegel am 1. Januar 2021 das Umweltministerium. Daneben blieb sie weiterhin auch Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz.[23]
Nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2021, in deren Folge eine erneute Ampelkoalition gebildet wurde, wechselte Spiegel in der neuen Landesregierung am 18. Mai 2021 in das neue Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität und wurde Stellvertreterin der Ministerpräsidentin.[24] In ihre Amtszeit fiel die Flutkatastrophe am 14. Juli 2021 im Ahrtal, nach der Spiegel das zerstörte Gebiet mehrmals besuchte.[25]
Am 7. Dezember 2021 trat sie als Klimaschutzministerin zurück, um am darauf folgenden Tag ins Bundesfamilienministerium zu wechseln.[26] Das Amt der Vizeministerpräsidentin und kommissarisch das Amt der Klimaschutzministerin übernahm Katharina Binz,[27] am 15. Dezember 2021 wurde Katrin Eder die reguläre Nachfolgerin von Spiegel im Klimaministerium.[28]
Bundespolitik
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen zur Ampel-Koalition nominierte der Grünen-Bundesvorstand Spiegel am 25. November 2021 als Nachfolgerin von Christine Lambrecht im Amt der Bundesfamilienministerin im neuen Kabinett.[29] Am 8. Dezember 2021 wurde sie von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offiziell ernannt und leistete anschließend ihren Amtseid im Deutschen Bundestag.[30]
Kurz nach ihrem Amtsantritt benannte Spiegel den Kampf gegen Gewalt an Frauen als einen ihrer Arbeitsschwerpunkte. Hierzu solle die Istanbul-Konvention weiter umgesetzt werden und das Schutz- und Unterstützungssystem von Frauen finanziell besser ausgestattet werden.[31]
Kritik
Im Januar 2021 entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, dass die Besetzung einer Referatsleiterstelle in Spiegels Integrationsministerium rechtswidrig gewesen sei. Grund sei die nicht ausreichende Einbindung des Personalrats, die einen „erheblichen und offenkundigen formellen Mangel“ darstelle. Das Ministerium teilte daraufhin mit, dass es den Fehler bedauere und die Stelle unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben neu besetzen werde. Ferner wurde der Vorwurf der Verschwendung von Steuergeldern laut, nachdem sich das Ministerium von einer Kanzlei statt von hauseigenen Juristen hatte vertreten lassen und dafür rund 22.000 Euro bezahlt hatte, was nach Angaben des Gerichts „sehr selten“ vorkommt.[32]
Verweise
- annespiegel.de; Spiegels Netzauftritt
- Spitzenkandidatencheck: Anne Spiegel (B90/Die Grünen) beantwortet Ihre Fragen SWR, 6. März 2021 (Interview, 39 min)
Einzelnachweise
- Anne Spiegel: Biografie. (PDF; 685 kB) Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz, 12. Januar 2017, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- Stefan Groß-Lobkowicz: Mit Anne Spiegel hat sich Scholz eine echte Gender-Verfechterin ins Boot geholt. Focus Online, 19. Dezember 2021, abgerufen am 2. Januar 2022.
- Die Stellvertreter des freien Volkes. Die Abgeordneten der Beratenden Landesversammlung und des Landtags Rheinland-Pfalz von 1946 bis 2015. Der Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz, Wiesbaden 2016.
- S. W. R. Aktuell: Anne Spiegel (Grüne): Die wenig bekannte Powerfrau. Abgerufen am 21. Februar 2021.
- Ehemalige Jugenddelegierte auf jugenddelegierte.de. Abgerufen am 18. September 2019.
- S. W. R. Aktuell: Spiegel in Grünen-Parteirat gewählt. Abgerufen am 13. November 2020.
- ZWD: Spiegel legt Schwerpunkt auf Beseitigung von geschlechtsspezifischer Diskriminierung in der Arbeitswelt. Abgerufen am 18. September 2019.
- Anne Spiegel zur Grünen-Spitzenkandidatin gewählt - Pfalz-Ticker. Abgerufen am 13. November 2020.
- Landtag Rheinland-Pfalz: Biografie ausgeschiedener Abgeordneter. Abgerufen am 18. September 2019.
- Ehe für alle. Deutschlandfunk, abgerufen am 18. September 2019.
- "Frechheit gegenüber den Lesben und Schwulen in Deutschland". In: Der Tagesspiegel. Abgerufen am 18. September 2019.
- Florian Schlecht: Landespolitik: Porträt: Integrationsministerin Anne Spiegel kehrt nach Mutterschutz in Landespolitik zurück. Abgerufen am 18. September 2019.
- Familienministerin Spiegel mit Baby bei Bundesratssitzung. Die Welt, 19. Oktober 2018, abgerufen am 18. September 2019.
- Rheinland-pfälzische Ministerin Anne Spiegel in 10 Downing Street - Wormser Zeitung. Allgemeine Zeitung, abgerufen am 18. September 2019.
- VSMK. Verbraucherschutzministerkonferenz, 24. Mai 2019, abgerufen am 18. September 2019.
- GFMK. Gleichstellungsministerkonferenz, 21. Juni 2019, abgerufen am 18. September 2019.
- Lebensmittelkennzeichnung. Familienministerium Rheinland-Pfalz, 24. Mai 2019, abgerufen am 18. September 2019.
- Verbraucherminister beraten über Lebensmittelkennzeichnung (Memento vom 7. Oktober 2019 im Internet Archive)
- Verbraucherschutzminister diskutieren Lebensmittel-Ampeln. In: Die Zeit. Abgerufen am 18. September 2019.
- Frauenminister*innen positionieren sich gegen Sexismus. ZWD Politikmagazin, abgerufen am 18. September 2019.
- Frauenministerkonferenz in Deidesheim vereinbart Appell gegen Sexismus. Familienministerium Rheinland-Pfalz, 21. Juni 2019, abgerufen am 18. September 2019.
- Zwei Landesministerinnen zum Weltklimagipfel nach Madrid. Die Welt, 26. November 2019, abgerufen am 12. November 2020.
- Südwestrundfunk: Anne Spiegel ab sofort auch Umweltministerin. Abgerufen am 29. November 2021.
- Spiegel und Binz sollen "grüne" Ministerien in Rheinland-Pfalz führen. Südwestrundfunk, abgerufen am 29. November 2021.
- Steinmeier & Spiegel: Wir vergessen die Menschen im Ahrtal nicht. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, abgerufen am 12. Dezember 2021.
- Klimaschutzministerin Anne Spiegel beendet ihre Tätigkeit für das Land Rheinland-Pfalz. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, abgerufen am 12. Dezember 2021.
- Volksfreund: Politik: Katharina Binz wird stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. 8. Dezember 2021, abgerufen am 12. Dezember 2021.
- Neue Klimaschutzministerin Katrin Eder vereidigt. Abgerufen am 16. Dezember 2021.
- Urabstimmung über Koalitionsvertrag. In: www.gruene.de. 25. November 2021, abgerufen am 26. November 2021.
- Anne Spiegel ist Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In: www.bmfsfj.de. Abgerufen am 8. Dezember 2021.
- Bundesregierung: Anne Spiegel will mehr zum Schutz von Frauen gegen Gewalt tun. In: Der Spiegel. 21. Dezember 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 30. Dezember 2021]).
- OVG Rheinland-Pfalz stoppt Stellenbesetzung, SWR, 8. Januar 2021.