Amtsgericht Leipzig
Das Amtsgericht Leipzig ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit und eines von insgesamt 25 Amtsgerichten im Freistaat Sachsen.
Geschichte
Das Amtsgericht trat 1879 nach Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes an die Stelle des Bezirksgerichts Leipzig und der Gerichtsämter Leipzig I und II. Zum damaligen Zeitpunkt war das Gericht sowohl für die Stadt Leipzig als auch für 79 Landgemeinden zuständig. Dies waren: Leipzig, Abtnaundorf mit heiterem Blick, Anger, Baalsdorf, Barneck, Böhlitz, Breitenfeld, Burgaue, Burghausen, Connewitz, Cröbern mit Auenhain, Crostewitz, Crottendorf, Dechwitz, Dölitz mit Meusdorf, Dösen, Dreiskau, Ehrenberg, Engelsdorf, Eutritzsch, Gautzsch, Göbschelwitz, Göhren, Göltzschen, Gohlis, Großpösna mit Forsthaus im Oberholz, Großwiederitzsch, Großzschocher, Gruhna, Güldengossa, Gundorf mit Neuscherbitz, Hänichen, Hirschfeld, Holzhausen, Kleinwiederitzsch, Kleinzschocher, Kötzschwitz, Kospuden, Lauer, Leutzsch, Liebertwolkwitz, Lindenau, Lindenthal, Lößnig, Lützschena, Markkleeberg, Möckern, Mölkau, Neureudnitz, Neuschönefeld, Neusellerhausen, Oetzsch, Plagwitz, Podelwitz mit Kleinpodelwitz, Probstheida, Quasnitz, Raschwitz, Reudnitz mit neuem Anbau, Rödgen, Rüben, Schleußig, Schönau mit neuem Anbau, Schönefeld mit neuem Anbau, Seehausen, Sellerhausen, Sestewitz, Stahmeln, Störmthal, Stötteritz, Stünz, Tanzberg mit Magdeborn, Thonberg, Volkmarsdorf, Volkmarsdorfer Straßenhäuser, Wachau, Wahren, Windorf, Zehmen, Zuckelhausen, Zweinaundorf und das Zwenkauer Forstrevier (anteilig) sowie die Universitäts-Waldung, das Oberholz.[1] Das Amtsgericht Leipzig war eines von 15 Amtsgerichten im Bezirk des Landgerichtes Leipzig. Der Amtsgerichtsbezirk umfasste danach 233.387 Einwohner. Das Gericht hatte damals neunzehn Richterstellen und war mit Abstand das größte Amtsgericht im Landgerichtsbezirk.[2]
Nach der Auflösung des Amtsgerichts Taucha übernahm es 1933 dessen Aufgaben. Im Dritten Reich war das Amtsgericht Leipzig zudem einziges Erbgesundheitsgericht im Landgerichtsbezirk Leipzig. 1943 übernahm es zudem die Geschäfte der Amtsgerichte Markranstädt und Zwenkau. Im Zuge der Neuordnung der Justiz in der DDR erfolgte 1952 die Auflösung des Gerichts. Seine Aufgaben wurden von den neu errichteten Kreisgerichten der Stadtbezirke der Stadt Leipzig und dem Kreisgericht Leipzig-Land übernommen.[3] Das 1860 erbaute Königlich Sächsische Bezirksgericht befand sich im Peterssteinweg. Vor diesem Gericht fand 1872 der Leipziger Hochverratsprozess statt, woran eine Gedenktafel am Nachfolgebau erinnert. Im Zuge des 1874 beginnenden Baus des „Justizblocks“ gegenüber dem Reichsgerichtsgebäude wurde das alte Bezirksgericht durch einen Neubau ersetzt, dem 1877 bis 1881 von Landbaumeister Emil Anton Buschick und Oberbaurat Hugo Nauck erbauten Königlich Sächsischen Amtsgericht.[4] Das 1890 erweiterte Gebäude im Peterssteinweg 8 diente später der Universität Leipzig. Räume des Erdgeschosses wurden vom Institut für Kunsterziehung (heute Institut für Kunstpädagogik) genutzt. Zwei Abteilungen des Amtsgerichts befanden sich im Landgerichtsgebäude in der Elisenstraße 64.
Mit der Verordnung zur Änderung von Gerichtsbezirken im Lande Sachsen vom 5. Mai 1951 wurde die Gerichtsbezirke in der DDR an die Landkreise angepasst. Der Sprengel des Amtsgerichts Leipzig war damit der Land- und den Stadtkreis Leipzig.[5] Mit der Verwaltungsreform von 1952 wurde das Amtsgericht Leipzig aufgehoben und an seiner Stelle das Kreisgericht Leipzig errichtet. Gerichtssprengel blieb der Kreis Leipzig.
Das nach der deutschen Wiedervereinigung 1992 neu geschaffene Amtsgericht Leipzig hatte seinen Sitz zunächst in der Angerstraße 40–44 im Ortsteil Altlindenau. 1999 wurde es in die Bernhard-Göring-Straße 64 in der Südvorstadt verlegt.
Das 1902 bis 1906 nach Entwürfen von Arwed Roßbach und Theodor Kösser errichtete Gebäude in der Bernhard-Göring-Straße (bis 1950 Elisenstraße) beherbergte ehemals das Königlich Sächsische Landgericht. Die große Vierflügelanlage in Formen der Neorenaissance diente bis nach dem Zweiten Weltkrieg ausschließlich als Gerichtsgebäude. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erfolgte ein stark vereinfachter Wiederaufbau ohne die beiden polygonalen Ecktürme und ohne die bewegte Dachlandschaft mit ihren Renaissancegiebeln. Das Gebäude gehörte nun zum VEB Bau- und Montagekombinat Süd, der rückwärtig zwischen Arndtstraße und Alfred-Kästner-Straße befindliche Zellentrakt wurde jedoch weiterhin als Justizvollzugsanstalt genutzt. Nach Auflösung des Kombinats kaufte Jürgen Schneider das Grundstück. Nach Schneiders Konkurs ersteigerte eine Bank die Immobilie, die schließlich durch einen Tauschvertrag am 31. Dezember 1996 in den Besitz des Freistaats Sachsen gelangte.[6] Vor Einzug des Amtsgerichts erfolgte eine umfassende Sanierung des Baukomplexes, der Zellentrakt an der Rückseite wurde abgerissen. An seiner Stelle wurde von 2017 bis 2021 ein Neubau für 300 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Leipzig errichtet.[7] Entwurf: kister scheithauer gross architekten.[8]
Die Grundbuchabteilung des Amtsgerichts befindet sich in der Schongauerstraße 5 im Behördenzentrum Paunsdorf in direkter Nachbarschaft zum Paunsdorf Center.
Gerichtsbezirk und Zuständigkeit
Der Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Leipzig umfasst den Bereich der kreisfreien Stadt Leipzig (§ 1 Abs. 4, Anlage Nr. 16 Sächsisches Justizgesetz). In diesem Gebiet lebten im Jahr 2006 etwa 505.000 Menschen. Über seinen Gerichtsbezirk hinaus sind dem Amtsgericht Leipzig auch folgende weitere Zuständigkeiten zugewiesen:[9]
- Urheberrechtsstreitsachen, die in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fallen für alle Amtsgerichte des Freistaates Sachsen
- Verfahren der Insolvenzordnung sowie Führung der Güterrechts-, Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister für die Amtsgerichte Borna, Eilenburg, Grimma, Leipzig, Oschatz und Torgau
- Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung für die o. g. Amtsgerichte
- bestimmte Wirtschaftsstrafsachen, insbesondere Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie den Steuerstrafsachen gleichgestellte Taten und Ordnungswidrigkeiten, für die die Finanzbehörde die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde ist, soweit das Amtsgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist, für die o. g. Amtsgerichte
- bestimmte Entscheidungen in Strafsachen einschließlich Jugendstrafsachen für die o. g. Amtsgerichte
Beschäftigte
Das Amtsgericht Leipzig hat 521 Beschäftigte (Stand: 31. Dezember 2010). Darunter sind 74 Richter, 133 Beamte im gehobenen Dienst, 107 Beamte im mittleren Dienst, 20 Beamte im einfachen Dienst, 34 Gerichtsvollzieher, 151 Angestellte und 2 Auszubildende. Der Anteil an weiblichen Beschäftigten beträgt 76,0 %.[10]
Übergeordnete Gerichte
Dem Amtsgericht Leipzig übergeordnet ist das Landgericht Leipzig. Im weiteren Instanzenzug sind das Oberlandesgericht Dresden sowie der Bundesgerichtshof übergeordnet.
Das Amtsgericht Leipzig ist – neben den Amtsgerichten Chemnitz und Dresden – eines der drei Präsidialamtsgerichte in Sachsen. Die Dienstaufsicht über das Amtsgericht Leipzig als Justizverwaltungsbehörde (d. h. die nicht-richterliche Tätigkeit) obliegt daher dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Dresden. Dienstaufsichtsbehörde aller anderen Amtsgerichten ist der Präsident des jeweiligen örtlichen Landgerichtes und danach der Präsident des Oberlandesgerichtes.
Einzelnachweise
- Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt von 1879 S. 247 ff., Digitalisat
- Carl Pfafferoth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung, 1888, S. 423 online
- Staatsarchiv Leipzig: Informationen zum Archivbestand Bestand 20124 – Amtsgericht Leipzig.
- Wolfgang Hocquél: Leipzig. Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. Passage-Verlag, Leipzig 2010, ISBN 978-3-932900-54-9, S. 204 ff.
- Verordnung zur Änderung von Gerichtsbezirken im Lande Sachsen vom 5. Mai 1951; GBl. DDR 1951, S. 404
- Medienservice Sachsen: Bald neues Amtsgericht Leipzig. Medieninformation vom 2. April 1998.
- Sabine Kreuz: Neue Leipziger Staatsanwaltschaft ist noch im Bau aber bereits zu klein. In: Leipziger Volkszeitung. 16. Juli 2019, abgerufen am 28. August 2019.
- http://www.zwp.de/de/projekte/buerogebaeude/justizzentrum-leipzig/
- Vgl. dazu die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über gerichtliche Zuständigkeiten in Justizverwaltungssachen (Justizzuständigkeitsverordnung – JuZustVO) vom 6. Mai 1999, SächsGVBl, S. 281.
- Statistik des Amtsgerichts Leipzig (PDF; 11 kB), abgerufen am 29. Juni 2011.
Weblinks