Wittichenau
Wittichenau, obersorbisch , ist eine sächsische Kleinstadt im Landkreis Bautzen in der Oberlausitz. Wittichenau zählt zum amtlichen Siedlungsgebiet der Sorben, insbesondere in den Ortsteilen wird auch Sorbisch gesprochen.[2]
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Sachsen | |
Landkreis: | Bautzen | |
Höhe: | 127 m ü. NHN | |
Fläche: | 61,02 km2 | |
Einwohner: | 5723 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 94 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 02997 | |
Vorwahl: | 035725 | |
Kfz-Kennzeichen: | BZ, BIW, HY, KM | |
Gemeindeschlüssel: | 14 6 25 640 | |
Stadtgliederung: | 12 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Markt 1 02997 Wittichenau | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Markus Posch (CDU) | |
Lage der Stadt Wittichenau im Landkreis Bautzen | ||
Geographie
Lage
Wittichenau liegt etwa fünf Kilometer südlich der Stadt Hoyerswerda an der Schwarzen Elster. Durch das Stadtgebiet fließen als weitere kleine Flüsse das Schwarzwasser und das Klosterwasser, die hier in die Schwarze Elster münden. Als einer ihrer Seitenarme verläuft in der Nähe der Stadt der vom Reichsarbeitsdienst angelegte Hochwasserschutzkanal Wudra. Die Umgebung ist flach, wasserreich und teils dicht bewaldet.
Stadtgliederung
Die Stadt besteht aus folgenden zwölf Ortsteilen:
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Geschichte
Die erste Erwähnung fand Wittichenau im Jahre 1248 als Witigenow in der Stiftungsurkunde des Klosters St. Marienstern durch die Herren von Kamenz. Im Jahre 1286 wurde der Ort dann erstmals als Stadt, civitatem Witigenhaw, bezeichnet. Als Gründer des Ortes darf der in der Urkunde genannte Witego I. von Kamenz angenommen werden, auf den auch der Name Witigenow zurückgeht. Der Ursprung des sorbischen Namens stammt vom Namen des Nachbarortes Keula (Kulowc). Das bedeutet „kleines Runddorf“. Im Kontext mit der Belagerung der Sechsstadt Kamenz durch die Hussiten am 7. Oktober 1429 wurden das ungeschützte Landstädtchen und seine Herrschaft, das Zisterzienser-Kloster St. Marienstern, heimgesucht und ausgeplündert, weil sie das geforderte Lösegeld nicht bezahlen wollten.
Bis ins 18. Jahrhundert gehörte die Stadt gemeinsam mit vielen anderen sorbischen Siedlungen zum „Niederland“ der Klosterpflege St. Marienstern.
Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses kamen die Niederlausitz und Teile der Oberlausitz von Sachsen an Preußen, und so gehörte Wittichenau mit den näher umliegenden Dörfern zwischen 1815 und 1945 zum Königreich Preußen Provinz Schlesien.
Eingemeindungen
Am 1. Januar 1957 wurde Brischko eingemeindet. Am 1. Januar 1978 folgte Keula. Nach der Wende vergrößerte sich Wittichenau am 1. Januar 1994 um Dubring, Hoske (mit dem am 1. Juli 1950 eingegliederten Rachlau), Kotten (mit dem am 1. Juli 1950 eingegliederten Saalau), Maukendorf und Sollschwitz.[4] Am 1. Januar 1995 wurde Spohla eingemeindet.[5]
Wappen
Das Wappen zeigt in Gold die blau und rot gewandete, mit silbernem Heiligenschein versehene Jungfrau Maria. In der Linken hält sie das mit silbernem Heiligenschein versehene Jesuskind und in der Rechten einen Stab, auf dem eine stilisierte silberne Taube sitzt. Maria steht auf einer silbernen Mondsichel, deren nach oben zeigende Enden mit je drei stilisierten silbernen Blumen verziert sind.
Das Wappen basiert auf dem einzig bekannten Wappen der Stadt aus dem 17. Jahrhundert, welches wiederum aus dem Wappen des Klosters der Zisterzienserinnen St. Marienstern entstanden ist. |
Bevölkerung und Sprache
Für seine Statistik über die sorbische Bevölkerung in der Oberlausitz ermittelte Arnošt Muka in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Bevölkerungszahl von 2500, davon eine Hälfte sorbisch- und die andere deutschsprachig.[6] Ernst Tschernik zählte 1956 in der Stadt Wittichenau (mit Neudorf-Klösterlich) noch einen sorbischsprachigen Anteil von 32,4 % der Bevölkerung.[7] Bis heute wird in Wittichenau und insbesondere seinen Ortsteilen auch Sorbisch gesprochen.
Laut einer Umfrage unter 12.700 Lesern der Sächsischen Zeitung leben in Wittichenau die glücklichsten Menschen in Sachsen.[8]
Konfessionsstatistik
Laut der Volkszählung von 2011 waren zu diesem Zeitpunkt von 5.879 Einwohnern 3.397 römisch-katholisch (57,8 %), 467 evangelisch (7,9 %) und 2.015 gehörten einer anderen oder keiner Religionsgemeinschaft an (34,3 %).[9] 2018 waren 56 % der Einwohner katholisch, weitere 8 % evangelisch.[10]
Politik
Stadtrat
Nach den Kommunalwahlen in Sachsen 2019 sitzen 15 Stadträte im Stadtrat von Wittichenau. Es entfielen sieben Sitze auf die CDU (2014: 9), sechs auf die Allgemeine Bürgervertretung (5), einer auf die AfD (0) sowie einer auf die SPD (0). Die Wählervereinigung Maukendorf und die Alternative für Stadt und Land, welche zuvor jeweils mit einem Sitz vertreten waren, konnten nicht erneut in den Stadtrat einziehen. Ein Sitz bleibt unbesetzt, da die AfD, der rechnerisch zwei Sitze zustünden, nur mit einem Kandidaten antrat.
Bürgermeister
Markus Posch wurde im Juni 2014 im zweiten Wahlgang mit 63 % der Stimmen als Nachfolger von Udo Popella zum neuen Bürgermeister gewählt.[12] Sieben Jahre später wurde er bei der Wahl ohne Gegenkandidaten in seinem Amt bestätigt.
Städtepartnerschaften
Partnerschaften bestehen mit Tanvald (Tschechien), Bad Honnef (Deutschland) und Lubomierz (Polen).
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Sehenswürdigkeiten
Zu den wichtigsten Baudenkmälern gehört die Katholische Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt im Stadtzentrum, die nach der Zerstörung durch die Hussiten im Jahr 1429 in den Folgejahren bis 1440 wiederaufgebaut wurde. Die dreischiffige Stufenhalle wurde 1527 nach Osten verlängert und mit einem Gewölbe vollendet. Der Hauptaltar aus Stuckmarmor wurde 1722/23 von Mathias Wenzel Jäckel (Prag, aus Wittichenau gebürtig) entworfen. Die Ausstattung der Kirche ist weitgehend barock.
In Wittichenau befinden sich zudem mehrere historische Mühlen, darunter die Schowtschickmühle – bis 1560 Kubitzmühle – die letzte von drei Wassermühlen am Rande des Dubringer Moores. Die Pasternakmühle und die Mittelmühle wurden um 1900 abgetragen. Die Kober-Mühle (früher Koßlickmühle) war bis in die 1920er Jahre Papiermühle und dient heute als Getreidemühle. Die Stadtmühle wurde um 1650 erstmals erwähnt.
Auf dem Marktplatz des Städtchens befinden sich sowohl eine rekonstruierte kursächsische Postmeilensäule von 1732, deren Originalschriftblock im Schlossmuseum Hoyerswerda steht, als auch die Krabatsäule, welche an den kroatischen Obristen Johann Schadowitz erinnert, auf den die sorbische Sage vom Krabat zurückgeht. An seinem Grab in der katholischen Kirche erinnert eine Gedenktafel an ihn. Heutzutage verläuft außerdem der Radwanderweg „Auf den Spuren des Krabat“ durch Wittichenau.
Regelmäßige Veranstaltungen
Zu den kulturellen Höhepunkten gehören unter anderem das Osterreiten und die Karnevalszeit (Wittichenauer Karnevalsverein e.V.). Den Karneval in Wittichenau gibt es bereits seit dem Jahr 1706.
Bildung
Die Stadt Wittichenau verfügt über die Krabat-Grundschule sowie die Oberschule „Korla Awgust Kocor“.
Wirtschaft
Der größte Arbeitgeber in Wittichenau ist die Möbelfabrik Maja-Möbel mit 630 Beschäftigten (Stand: April 2016).[13]
Persönlichkeiten
- Georg August Swotlick (1650–1729), übersetzte die Bibel ins Sorbische und schuf das erste gedruckte sorbische Wörterbuch
- Mathias Wenzel Jäckel (1655–1738), bedeutender Barockbildhauer, Werke in der Wittichenauer Pfarrkirche und auf der Karlsbrücke in Prag.
- Xaver Jakub Ticin (1656–1693), verfasste die erste obersorbische Grammatik, fiel als Feldkaplan im Türkenkrieg vor Belgrad
- Franz Georg Lock (1751–1831), Bischof, bedeutender Vertreter der Katholischen Aufklärung in der Oberlausitz
- Theodor Warnatsch (1820–1894), Priester
- Herta Nikovich (1923–1994) hinterließ als Stifterin der „Wittichenauer Kinder – Mrs. Nikovich-Stiftung“ 102.000 Dollar für die Förderung der Erziehung, der Volks- und Berufsbildung, der Jugendpflege und der Jugendfürsorge aller Kinder der Stadt Wittichenau, verbrachte ihr Leben in den Vereinigten Staaten
- Günter Särchen (1927–2004), katholischer Sozialpädagoge, Publizist und Wegbereiter der deutsch-polnischen Aussöhnung, Ehrenbürger von Wittichenau
- Werner Osterbrink (* 1935), katholischer Pädagoge am KSI, Kommunalpolitiker in Bad Honnef, Ehrenbürger von Wittichenau
- Hubertus Zomack (1941–2019), katholischer Theologe und Priester, Generalvikar und Dompropst des Bistums Görlitz
- Waltraut Skoddow (1942–2014), Schriftstellerin
- Peter Schowtka (* 1945), Politiker (CDU), Abgeordneter im Sächsischen Landtag 1991–2014 und von 1990–1994 Bürgermeister von Wittichenau
- Ulrich Pogoda (* 1954), Komponist
- Thomas Sauer (* 1954), Kirchenmusiker, Domorganist an der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin
Literatur
- Groeger: Aus der Vergangenheit Wittichenaus. in: Scholz: Heimatbuch des Kreises Hoyerswerda. Verlag Ziehlke, Bad Liebenwerda 1925, S. 245–252 (Digitalisat)
- Arnold Spruck: Wittichenau und die Länder der böhmischen Krone. Geschichte einer Nachbarschaft über 760 Jahre (= Studien des Hauses Königstein Band 1). Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2010, ISBN 978-3-87336-928-3.
Weblinks
- Linkkatalog zum Thema Wittichenau bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Wittichenau im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
Einzelnachweise
- Bevölkerung des Freistaates Sachsen nach Gemeinden am 31. Dezember 2020 (Hilfe dazu).
- Anlage (zu § 3 Abs. 2) des Sächsischen Sorbengesetzes
- Angaben der Stadtverwaltung; Stand: 31. Dezember 2016
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
- StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1995
- Ernst Tschernik: Die Entwicklung der sorbischen Bevölkerung. Akademie-Verlag, Berlin 1954.
- Ludwig Elle: Sprachenpolitik in der Lausitz. Domowina-Verlag, Bautzen 1995, S. 250.
- Elke Görlitz, Sebastian Böttler: Wo das Glück zu Hause ist. In: Sächsische Zeitung. 11. Oktober 2014, ZDB-ID 2448502-0, S. 2.
- Zensusdatenbank auf zensus2011.de
- Stadt Wittichenau Daten Fakten Informationen
- https://www.lr-online.de/lausitz/hoyerswerda/posch-wird-wittichenaus-buergermeister_aid-2651721
- Christine Scharrenbroch: Sachsen produzieren für Ikea. Für seinen größten Kunden lässt der Möbelhersteller Maja in einem hochautomatisierten Werk nahe Hoyerswerda fertigen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. April 2016, S. 18.