Werner von der Schulenburg (Autor)
Gebhard Werner von der Schulenburg, Pseud. Gebhard Werner[1] (* 9. Dezember 1881 in Pinneberg; † 29. März 1958 in Magliasina) war ein deutscher Theaterautor, Romancier und Übersetzer.
Leben
Werner von der Schulenburg stammte aus dem Adelsgeschlecht von der Schulenburg. Sein Vater Hugo von der Schulenburg (1848–1930) war preußischer Hauptmann und Ehrenamtmann in Herford, seine Mutter war Klara Elisabeth geb. Richter (1858–1940).[2]
Er genoss die in seinen Kreisen standesübliche militärische Ausbildung im Kadettenkorps[3] und wurde zunächst Offizier. Er studierte Rechtswissenschaft in Straßburg, dann in München, Leipzig und Marburg. 1911 promovierte er zum Dr. jur. Danach studierte er Kunstgeschichte und schloss auch dieses Studium mit einer Promotion über Petrarca ab.[4]
Er veröffentlichte schon früh historisch-biographische Romane, zum Beispiel Malatesta (1911, über Sigismondo Malatesta).
1917 wurde er Militärattaché in Bern und trug in dieser Funktion bei Erich Ludendorff und Paul von Hindenburg vor. 1919 siedelte er nach Italien über und schrieb ab November 1930 im faschistischen Jahrbuch Gerarchia, unter anderem über Adolf Hitler und die NSDAP. Im März 1933 stellte Edgar Julius Jung von der Schulenburg für die Öffentlichkeitsarbeit im Büro von Franz von Papen ein, wo er das Zustandekommen und die Weiterentwicklung des Viererpaktes beobachtete, und von Papen zu den Verhandlungen des Reichskonkordats nach Rom begleitete. Werner von Schulenburg gehörte Anfang der 40er-Jahre zu den bezahlten Agenten des Reichssicherheitshauptamtes (Amt VI) in Italien, mit einem eigenen Büro in Rom. Er lieferte von dort aus politisch oder militärisch relevante Informationen von in Italien lebenden Personen (einschließlich Mitarbeitern des Vatikans) an den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS.[5] Während des schrittweisen Zusammenbruchs der Achsenmächte wechselte er seinen Wohnort über Paris nach St. Moritz.
Seit 1919 wohnte von der Schulenburg in Italien, ab 1934 in der italienischsprachigen Schweiz auf dem Kastaniengut La Monda oberhalb von Auressio im Valle Onsernone. Er forschte zur italienischen Kulturgeschichte und übersetzte mehrere italienische Bühnenstücke, darunter das von Benito Mussolini und Giovacchino Forzano gemeinsam verfasste Schauspiel Villafranca (1932), ins Deutsche (1940, unter dem Titel Cavour).
1936 gehörte Schulenburgs Komödie Schwarzbrot und Kipfel zu den meistaufgeführten deutschen Komödien (in München, Stuttgart, Jena und Dessau). 1950 erschien sein erfolgreicher Roman Der König von Korfu über Matthias Johann Graf von der Schulenburg (1661–1747), den Verteidiger der damals venezianischen Insel Korfu gegen die Türken.
Sein Privatarchiv lagerte er in das Staatsarchiv Basel aus. Seit dem Sommer 1990 befindet es sich bei der Witwe Isa von Schulenburg.[6]
Werke
- Chronik der Stadt Söderborg, historischer Roman, 1909
- Eine Winterfahrt durch die Provence, Dichtung, 1910
- Sanssouci, Lustspiel, 1911
- Malatesta. Der Roman eines Renaissancemenschen, 1911
- Stechinelli. Der Roman eines Kavaliers, 1911 (Digitalisat der 4. Auflage von 1921 im Internet Archive)
- Eulenspiegel. Ein Heidebuch, 1911 (Digitalisat im Internet Archive)
- Die zehn katholischen Novellen, 1912
- Hamburg. Eine Romanreihe
- Teil 1: Don Juan im Frack, 1912
- Teil 2: Antiquitäten, 1913
- Teil 3: Thomas Dingstäde. Roman aus der Zeit vor dem Kriege, 1916
- Judas, ein Epos, 1914
- Deutsche Flamme, Balladen, 1915
- Ein neues Porträt Petrarcas. Eine Studie über die Wechselwirkung zwischen Literatur und bildender Kunst zu Beginn der Renaissancezeit, 1918 (auf Grundlage der Habilitationsschrift von 1915)
- Meine Kadetten-Erinnerungen. Ein Beitrag zur Lösung einer Zeitfrage, 1919
- Dante und Deutschland. Europäisches Denken und die deutsche Kaiseridee im 14. und im 20. Jahrhundert. Eine Betrachtung, 1921
- Dr. Boétius der Europäer, Roman, 1922 (Digitalisat im Internet Archive)
- Diplomatische Halbwelt. Aus den Papieren eines verstorbenen Diplomaten, Roman, 1922[7]
- Herostrat, Schauspiel, 1922
- Briefe vom Roccolo. Eine Tessiner Novelle, 1924 (Neuauflagen u. a. 1944, 1958 u. 1962)
- Don Juans letztes Abenteuer, Roman, 1924
- Könige. Novellen aus dem Riesengebirge, 1925 (Sammlung „Der Rosenstock“)
- Der junge Jacob Burckhardt. Biographie, Briefe und Zeitdokumente (1818-1852), 1926
- Johann Caspar Goethe. Vater eines Genies, Biographie, Reihe Menschen & Menschenwerk, 1926
- Jesuiten des Königs, Roman, 1927
- Vor dem Hafen. Novelle, 1928 (Manuskript[8])
- Der Ring der Marquise, Komödie, 1930
- Schattenspiel der Liebe. Eine Komödie, 1930
- Venus im Ersten Haus, Komödie, 1930
- Zaungast der Weltgeschichte, 1930 (Skalden-Bücher Bd. 29)
- Glas von Murano, Schauspiel, 1932
- Der Ring der Marquise, Komödie 1932
- O.H.L. befiehlt, Schauspiel, 1932
- Land unter dem Regenbogen, Roman, 1934
- Diana im Bade, Lustspiel, 1935
- Die Secretessa. Ein Gesellschaftsstück in 3 Akten, um 1935 (Typoskript[9])
- Schwarzbrot und Kipfel, Lustspiel in drei Akten, 1935
- Fürst Pückler, Komödie, 1936 (Überarbeitung von „Venus im Ersten Haus“)
- Sonne über dem Nebel. Roman aus der Lombardei, 1936 (überarbeitete Fassung des Romans Land unter dem Regenbogen)
- Der Umweg, Komödie, 1937
- Eine Frau erklärt den Krieg, Komödie, 1937
- Der graue Freund. Ein Roman aus Übersee, 1938
- Die Götter lachen, Komödie, 1938
- Licht aus dem Westen, Schauspiel, 1938
- Die Uhren unseres Tals, Schauspiel, 1938
- Rosenrote Ochsen, Komödie in drei Akten, 1939
- Die Perlen Karls des Kühnen, Komödie, 1941
- Hinter den Bergen. Erzählung, 1944 (s. Es weht ein Wind von Afrika, 1953)
- Goldoni, Komödie, 1945
- Artemis und Ruth. Erzählung, 1947 (Untertitel der Ausgabe von 1953: Eine Erzählung aus dem Tessin)
- Beglänzte Meere, 1947 (Mosaik-Bücherei Bd. 2)
- Revolution in Venedig, Komödie, 1947
- Stundenbuch der Liebe, Essay, 1947
- Der König von Korfu, historischer Roman, 1950
- Das Mädchen mit den Schifferhosen. Eine Erzählung, 1951
- Der Papagei der Konsulin, Roman, 1952
- Es weht ein Wind von Afrika. Eine Erzählung von der Riviera, 1953 (neuer Titel von Hinter den Bergen, 1944)
- Der Genius und die Pompadour, Roman, 1954 (über Madame de Pompadour, Johann Joachim Winckelmann und den Chevalier d’Éon)
- Crème à la Cocotte. Ein heiterer Roman zwischen Pinneberg und Monte Carlo, 1956
- Tre Fontane. Tessiner Roman. Aus dem Nachlaß hrsg. von Isa von der Schulenburg, 1961
- Die Verfolgten. Gedichte 1935 (Margherita G. Sarfatti „sowie allen meinen jüdischen Freunden gewidmet“), aus nachgelassenen Entwürfen ausgewählt und im Sinne des Autors überarbeitet von Jsa von der Schulenburg (PDF, 321 KB)
Übersetzungen aus dem Italienischen
(Auswahl; umfassendere Übersicht bei wernervonderschulenburg.com)
- Alessandro Pavolini: Die Lichter des Dorfes, Novellen, 1940 (italienische Vorlage bzw. Originalausgabe unklar)
- Benito Mussolini, Giovacchino Forzano: Cavour (Villafranca). Schauspiel in drei Akten. Übersetzung und Einführung von Werner von der Schulenburg. Hamburg 1940 (Villafranca, 1932)
- Giuseppe Fanciulli: Marschall Balbo, 1943 (L’ eroica vita di Italo Balbo narrata ai giovani, Turin 1940)
- Carlo Goldoni: Der Murrkopf. Komödie in 3 Akten. Unter Berücksichtigung der von Goldoni herausgegeben italienischen Fassung aus dem Französischen übersetzt von Werner von der Schulenburg, 1947
Weblinks
- Literatur von und über Werner von der Schulenburg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- www.wernervonderschulenburg.com – dem Dichter gewidmete Internetseite mit ausführlicher Biografie, Werkverzeichnis und Informationen zu Schulenburgs Beziehungen zum Widerstand (dt. und it.)
- Um 1940 entstandenes Porträtfoto Schulenburgs
- Werner von der Schulenburg im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Jobst C. Knigge: Werner Graf von der Schulenburg – Kulturvermittler zwischen Italien und Deutschland, Humboldt-Universität Berlin 2016 (PDF, 1,4 MB)
Einzelnachweise
- Schweizer Lexikon. Band 5 (Obs-Soy). Horw/Luzern: Verlag Schweizer Lexikon Mengis + Ziehr 1993, S. 622
- Genealogisches Handbuch des Adels, Band A XV, Seite 447, C. A. Starke-Verlag, Limburg, 1979
- Die autobiographischen Aufzeichnungen Schulenburgs in: ,Meine Kadettenerinnerungen', 1919
- Bernadette Ott: Werner von der Schulenburg. In Walther Killy: Literaturlexikon, Bertelsmann Lexikon-Verlag, Band X (1991), S. 423
- Beetz File, OSS-Protokoll vom 8. Oktober 1945 (PDF-Datei (S 2); abgerufen am 30. März 2017)
- Paul Meier-Kern: Ein unbeachtes Privatarchiv. Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde,, abgerufen am 3. Juni 2020.
- Manfred Bosch: Boheme am Bodensee. Lengwil am Bodensee: Libelle 1997, S. 436
- antiquarisches Angebot, abgerufen am 24. Juni 2018
- Katalog der DNB, abgerufen am 24. Juni 2018