Wehren (Fritzlar)
Wehren ist ein Stadtteil von Fritzlar im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.
Wehren Stadt Fritzlar | |
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Höhe: | 183 m ü. NHN |
Fläche: | 4,2 km²[1] |
Einwohner: | 259 (31. Dez. 2020)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 62 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 34560 |
Vorwahl: | 05622 |
Geographie
Das Dorf mit seinen rund 300 Einwohnern liegt auf einem nach Osten zum Tal der Ems geneigten Schlepphang inmitten einer nahezu waldlosen, fruchtbaren und intensiv landwirtschaftlich genutzten Ebene, die zur Fritzlarer Börde gehört. Noch heute ist rund ein Viertel der Ortsbevölkerung in der Landwirtschaft tätig, die wegen der fruchtbaren Böden sehr ertragreich ist. In dem daher noch immer stark ländlich geprägten Dorf stehen noch viele regionstypische alte Fachwerkhäuser und zeugen von der Baukunst alter Meister. Etwa 300 m südöstlich des Dorfs am Eder-Zufluss Ems liegt die Wehrenmühle am Nordwestfuß des Mühlenbergs (207,2 m). Der von Haddamar im Westen heranfließende Bach Kingelborn mündet südlich von Wehren in die Ems.
Etwa 1 km westlich des Dorfs befinden sich die Reste der Forkenburg, einer frühmittelalterlichen Wallburg.[3]
Nachbarorte sind Dorla im Osten, Werkel im Südosten, Haddamar im Westen, Lohne im Nordwesten, Kirchberg im Norden und Gleichen im Nordosten. Die Kernstadt Fritzlar liegt etwa 4 km (Luftlinie) entfernt im Süden, Gudensberg etwa ebensoweit im Osten.
Geschichte
Der Ort wurde 1209 als „Werhene“ erstmals urkundlich erwähnt. Die schriftliche Wiedergabe des Ortsnamens, abgesehen von orthographischen Variationen, hat sich seitdem kaum geändert.[1]
1259 wurde der Ort als „villa“, 1272 als landgräfliche „curia“, und 1283 erneut als „villa“ bezeichnet. Erst später wurde von einem Dorf gesprochen. Es gehörte zur Landgrafschaft Hessen, die ab 1247 unter Sophie von Brabant und deren Sohn Heinrich I. aus den hessischen Besitzungen der im Mannesstamm erloschenen Ludowinger gebildet wurde. Die Niedere Gerichtsbarkeit lag zumeist bei in der näheren Umgebung ansässigen Adelsgeschlechtern, die vor Ort Besitz hatten und vom Landgrafen damit belehnt waren. So sind die Hess von Wichdorf 1345/46, die Herren von Linne 1360 und wohl auch noch 1370 (ihnen wurde 1370 durch Landgraf Heinrich II. ein Teil von Wehren versetzt), die Herren von Wehren von 1433 bis zu ihrem Aussterben Ende des 16. Jahrhunderts, und zuletzt die Herren von Heßberg von 1612 bis 1823 als örtliche Gerichtsherren beurkundet.
Neben diesen Grund- und Gerichtsherren und dem Landgrafen selbst hatten insbesondere kirchliche Einrichtungen Grundbesitz und/oder Einkünfte in Wehren. Das Fritzlarer St. Petri-Stift hatte bereits 1209 und noch mindestens bis 1450 Rent- und Zinseinkünfte zu Wehren. Der Deutsche Orden kaufte im Laufe des ausgehenden 13. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erheblichen Grundbesitz in Wehren: 1272 einen Hof von Landgraf Heinrich I., 1274 einen Hof vom Kloster Hasungen, 1277 eine Hube vom Kloster Breitenau, 1283 eine Hube von Heinrich von Treysa, 1318 eine Getreidegült von dem Gudensberger Schultheißen Wigand von Wehren sowie eine halbe Hube von Albert Hobemann von Wehren und schließlich 1348 einen Hof von Fritzlarer Bürgern. Das Kloster Hardehausen erwarb 1284 und 1288 Güter zu Wehren von den Herren von Gudensberg und 1333 zwei Mansen von Volpert von Alnhusen und Hermann von Borken. Auch das Kloster Weißenstein wird als Grundbesitzer erwähnt, als es im Jahre 1472 dem Priester Ludwig Holzhusen einen Zins aus zwei Höfen zu Wehren versprach.
Das Ortsadelsgeschlecht derer von Wehren ist von 1213 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts bekundet. Die Herren von Wehren hatten im Laufe der Jahrhunderte – allerdings nicht immer gleichzeitig – erheblichen Besitz, sowohl Allodien als auch Lehnsgüter und Burgsitze, in Dorla, Riede, Wichdorf, Venne,[4] Karlskirchen, Böddiger, Lembach, in Allendorf in den Wüsten, Ober- und Niedergude und die Burg Falkenstein mit dem Vorwerk Falkensteiner Hof, die Burg Heiligenburg, die Landwehr-Warte bei der heutigen Kalbsburg und den Weißenhof auf der Freiheit vor dem alten Tor zu Kassel.[5]
Während des Mainzisch-Hessischen Kriegs im Jahre 1427 wurde Wehren am 21. und 22. Juli von aus Fritzlar operierenden mainzischen Reitern und Fußtruppen unter Gottfried von Leiningen ausgeplündert und verwüstet, ebenso wie die Dörfer Geismar, Haddamar, Heimarshausen, Werkel, Lohne und Balhorn.
Verwaltungszugehörigkeit
Das Dorf gehörte bis 1821 zum landgräflich hessischen, später hessen-kasselischen Amt Gudensberg, unterbrochen nur durch die kurze Zugehörigkeit zum Kanton (und Friedensgericht) Fritzlar während des kurzlebigen Königreichs Westphalen von 1807 bis 1813. Bei den im Kurfürstentum Hessen 1821, 1848 und 1851 durchgeführten Verwaltungsreformen kam das Dorf sukzessive zum Kreis Fritzlar, zum Bezirk Fritzlar und wieder zum Kreis Fritzlar. 1932 wurde es Teil des zusammengelegten Kreises Fritzlar-Homberg (1939 umbenannt in Landkreis Fritzlar-Homberg), und seit 1974 gehört es zum Schwalm-Eder-Kreis.
Am 31. Dezember 1971 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbständige Gemeinde Wehren in die Stadt Fritzlar eingemeindet.[6]
Bevölkerung
Einwohnerentwicklung
- 1575/85: 21 Hausgesesse
- 1639: 7 verheiratete, 2 verwitwete Hausgesesse
- 1735: 29 Mannschaften
- 1742: 32 1⁄2 Häuser
- 1747: 33 Hausgesesse, 196 Einwohner
Wehren: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2018 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 279 | |||
1840 | 291 | |||
1846 | 296 | |||
1852 | 282 | |||
1858 | 255 | |||
1864 | 265 | |||
1871 | 278 | |||
1875 | 277 | |||
1885 | 274 | |||
1895 | 256 | |||
1905 | 262 | |||
1910 | 279 | |||
1925 | 259 | |||
1939 | 246 | |||
1946 | 465 | |||
1950 | 445 | |||
1956 | 344 | |||
1961 | 313 | |||
1967 | 304 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2007 | 298 | |||
2011 | 294 | |||
2018 | 256 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Stadt Fritzlar; Zensus 2011[7] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1834: | alle Einwohner evangelisch-reformiert |
• 1885: | 270 evangelische (= 99,63 %), ein jüdischer (= 0,37 %) Einwohner |
• 1961: | 267 evangelische (= 85,30 %), 34 katholische (= 10,86 %) Einwohner |
Politik
- Ortsvorsteher ist Joachim Zaschka. (Stand: August 2016)
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Dorfkirche
Die kleine Dorfkirche befindet sich auf einer leichten Erhebung in der Ortsmitte. Es ist ein gestreckter gotischer Rechteckbau, der möglicherweise einige noch romanische Teile enthält. In den Jahren 1687 und 1765 wurde die Kirche erneuert; dabei wurde der alte Westturm abgebrochen. Die Emporen stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die Kanzel ist aus dem Jahr 1687.[8]
Der einstige Kirch- und Friedhof ist heute ein von Bäumen umstandener kleiner Park; der neue Friedhof liegt rund 150 weiter östlich in der Nähe des östlichen Ortsrands.
Gerichtslinde
Südlich vor der Kirche steht am Fuße der Kirchhofmauer, direkt an der Straße, eine alte Dorflinde, einst wohl eine Gerichtslinde. Ihr Alter wird auf 200–300 Jahre geschätzt. Die markanten Wurzeln der 19 Meter hohen, als Naturdenkmal ausgewiesenen Sommerlinde verlaufen über Straßenniveau entlang der Stützmauer.[9]
Verkehr
Im Ortsbereich treffen sich die Kreisstraßen K 79 von Werkel im Süden nach Kirchberg im Norden und die in Ost-West-Richtung verlaufende K 80 von Dorla zur Bundesstraße 450 unweit nördlich von Haddamar. Die Bundesautobahn 49 verläuft etwa 1 km südöstlich des Dorfs und kann in Gudensberg erreicht werden. Die B 450 von Fritzlar nach Wolfhagen verläuft in Nord-Süd-Richtung 1,5 km westlich des Dorfs.
Literatur
- Hartmut Laumann, Otto-Herman Frey: Eine spätlatenezeitliche Töpferei bei Wehren, Gemeinde Fritzlar, Schwalm-Eder-Kreis, Fundberichte Hessen 17/18 (1977/78) 137–150.
- Literatur über Wehren In: Hessische Bibliographie[10]
Einzelnachweise
- Wehren, Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 12. November 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Domstadt Fritzlar – Zahlen Daten Fakten. Abgerufen am 30. November 2021.
- Bis 1986 war die Forkenburg als "Flächenhaftes Naturdenkmal (FND)" ausgewiesen. (Verordnung zum Schutze der Naturdenkmale im Schwalm-Eder-Kreis vom 28.04.1986; Anlage: Tabelle 1 - gelöschte Naturdenkmäler (ND 634.110)) Heute ist dort eine Reaktivierung ehemaliger Magergrünlandflächen in Planung. (http://suedlink.tennet.eu/fileadmin/antrag/antrag_dateien_final/15_Anhang_XV_Hinweise_Raumrelevanz_141212.pdf)
- Rittervenne, Mittelvenne und Langenvenne sind heute Wüstungen westlich und nördlich von Gudensberg.
- „Kassel, Kugelhaus, Stadt Kassel“. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 392.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Kirchenkreis Fritzlar-Homberg
- „Gerichtslinde in Wehren“ im Baumregister bei www.baumkunde.de
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!
Weblinks
- Wehren In: Webauftritt der Stadt Fritzlar.
- Wehren, Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).