Vrin
Vrin () ist ein Dorf in der Gemeinde Lumnezia, Kanton Graubünden, Schweiz. Es liegt in der Val Lumnezia (Lugnez), ca. 21 km von Ilanz entfernt.
Vrin | ||
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Staat: | Schweiz | |
Kanton: | Graubünden (GR) | |
Region: | Surselva | |
Politische Gemeinde: | Lumnezia | |
Postleitzahl: | 7149 | |
frühere BFS-Nr.: | 3606 | |
Koordinaten: | 727161 / 168431 | |
Höhe: | 1448 m ü. M. | |
Fläche: | 71,25 km² | |
Einwohner: | 242 (31. Dezember 2012) | |
Einwohnerdichte: | 3 Einw. pro km² | |
Website: | www.lumnezia.ch | |
Ortskern von Vrin | ||
Karte | ||
Bis Ende 2012 bildete Vrin eine eigene politische Gemeinde. Am 1. Januar 2013 fusionierte sie mit den damaligen Gemeinden Cumbel, Degen, Lumbrein, Morissen, Suraua, Vignogn und Vella zur neuen Gemeinde Lumnezia.
Wappen
Blasonierung: In Rot ein silbernes (weisses) Agnus Dei (Gotteslamm), ein goldenes (gelbes) Kreuz tragend, überhöht von einem goldenen, sechsstrahligen Stern
Die Figuren weisen auf das Doppelpatrozinium der Pfarrkirche hin: das Gotteslamm auf Johannes den Täufer und der Stern auf Maria.
Geografie
Das Bergdorf liegt auf einer Terrasse am Talschluss des Lugnez und im Quellgebiet des Glenners, umgeben von steilen Graswiesen und Alpweiden. Vrin ist Ausgangsort für Passwanderungen über die Fuorcla da Patnaul nach Vals und über den Diesrut und die Greina ins Tessin. Das Klima ist im Vergleich zum übrigen Lugneztal eher rau und wird von den südlichen Wetterlagen beeinflusst. Im Durchschnitt fallen jährlich an 121 Tagen rund 1'143 mm Niederschläge. Der nasseste Monat ist je nach Klimajahr ein Hochsommermonat mit etwa durchschnittlich 139 mm Regen. Die trockensten Monate des Jahres sind Februar und März mit einem Durchschnitt von 59 mm Niederschlag bei 12,7 Tagen, oft mit viel Sonnenscheindauer.
Das ehemalige Gemeindegebiet von 7156 ha reichte von der Dorfkernzone bis in die hochalpine Lage der Bergkette rund um den Piz Terri und bis auf die Greina. Grössere Waldgebiete befinden sich auf der rechte Talseite des Glenners, während an den Abhängen südöstlich des Piz da Vrin (2564 m) grossflächige Alp- und Heuwiesen durch die Berglandwirtschaft gepflegt werden. Zum Bergdorf gehören die Siedlungen Vrin Dado, Vrin Dadens (Kerndorf auf Meereshöhe: 1448 m), Cons, Ligiazun und Sogn Giusep. Die Alpsiedlung Vanescha am Fusse des Piz Terri ist nur im Sommer bewohnt. Ausgangsort für den Passweg über die Greina ist Sogn Giusep, das nur durch eine enge, geteerte Strasse erreichbar ist.
Vrin ist ein Bergbauerndorf mit riesigen Alpweiden, das von der stetigen Abwanderung betroffen ist. 1982 wurde eine Gütermelioration beschlossen. Nach Kontroversen verzichtete das Konsortium Greina-Wasserkraftwerke 1986 auf die Nutzung der Greinaebene, was der Gemeinde Entschädigungen einbringt. Das Projekt eines Naturschutzparks Parc Adula fand in der Neuzeit keine Anhänger. In Planung sind die Nutzung der frei fliessenden Wildbäche, der touristische Ausbau und die Förderung der einheimischen Kultur zur Stützung und Bewahrung der alpinen Siedlung.
Geschichte
Vrin wurde von Siedlern, die im Hoch- und Spätmittelalter von Lumbrein her kamen, gegründet. Die Herkunft und die Bedeutung des Ortsnamens können allerdings nicht überzeugend erklärt werden.[1] Erstmals erwähnt findet sich Vrin 1208 oder 1209 in einem Brief von Papst Innozenz III. Im 13. Jahrhundert besass dort das Churer Kloster St. Luzi gewisse Rechte. Als Lehen des Bistums unterstand Vrin (in den Urkunden während des ganzen Mittelalters Varin genannt) bis zum Auskauf 1538 den Freiherren von Belmont, nach 1371 den von Montalt und ab 1390 den von Sax-Misox. Im 15. Jahrhundert erwarben die Blenieser diesseits des Alpenkamms die Alpen Blengias (1447), Scharboden (1478) und Greina (1494). 1597 löste sich Vrin von der Talkirche St. Vincenz in Pleif (Vella) und wurde damit kirchlich selbständig.
Der alpine Handel und der Viehtrieb über die Pässe (vorab über die Greina) ins benachbarte Bleniotal beeinflussten die Dorfgemeinschaft bis ins 19. Jahrhundert. 1887 wurde eine fahrbare Strasse nach Ilanz gebaut, worauf sich Vrin wirtschaftlich vermehrt nordwärts Richtung Ilanz/Glion orientierte. Erste touristische Einflüsse im 19. Jahrhundert durchbrachen die Isolation des Bergdorfes. In der Neuzeit hatte das Dorf mit seinen ursprünglich kinderreichen Bergbauernbetrieben mit der Abwanderung der jungen Bevölkerung zu kämpfen.
Modellprojekt
Der Ort, der über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg Einwohner verloren hatte, wurde in den 1980er und 1990er Jahren zu einem Modellprojekt der Stiftung Pro Vrin, der Gemeinde/Gemeindebehörde, der Meliorationsgenossenschaft, der kantonalen Denkmalpflege und der ETH Zürich für die Stärkung dörflicher Infrastruktur und Wiederansiedlung.[2]
Die Einwohner kauften anfangs der achtziger Jahre alles freie Bauland auf und entzogen den Ort damit jeglicher Spekulation. Wiesen wurden im Verhältnis 1:5 zusammengelegt, ein Metzger angesiedelt, eine Genossenschaft gegründet. Mehrere Gebäude, die meisten als Blockhaus aus Holz in Strickbauweise, wurden neu gebaut.
Der Ort und das Projekt findet überregional Beachtung, da das Problem der Landflucht weltweit bedeutend ist. 1998 erhielt Vrin den Wakkerpreis für seine Dorferneuerung («für die sorgfältige Integration neuer landwirtschaftlicher Ökonomiegebäude ins Dorfbild»). Der Vriner Bauernsohn und Architekt Gion A. Caminada erstellte in Vrin eine Reihe von Gebäuden, die die Tradition des Holzbaus weiterentwickeln. Renoviert oder neu gestaltet wurden z. B. das Gemeindehaus, die angrenzende Telefonkabine, die Metzgerei und die Totenstube unterhalb der Dorfkirche.[3][4]
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |||||
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Jahr | 1850 | 1900 | 1950 | 2000 | 2012 |
Einwohner | 466 | 366 | 441 | 249 | 242 |
Gemäss Volkszählung 2000 ist Vrin eine der wenigen Bündner Ortschaften, in der praktisch alle Einwohner Rätoromanisch sprechen: 99 % als gesprochene Sprache bzw. 96 % als Hauptsprache (nur 4 % Deutsch). Die ehemalige Gemeinde lebt heute von Bundessubventionen, subventionierter Landwirtschaft, dem Kleingewerbe und dem Tourismus.
Sehenswürdigkeiten
- Katholische Pfarrkirche Marias Geburt und Johannes Baptist[5]
- Gebäude von Gion A. Caminada:
- Stall in Vrin
- Telefonzelle in Vrin
- Totenstube bei der Kirche
- Wohnhaus
Sonstiges
Aus Vrin stammt das Märchen vom Mann von Salischina. Der Erforscher der Bündner Sagenwelt Arnold Büchi zeichnete im 20. Jahrhundert zahlreiche romanische Sagen in Vrin und im Lugnez auf. Diese Zeugnisse rätoromanischer Kultur finden sich heute auch in den Churer Archivbeständen der Rätoromanischen Chrestomathie.
Persönlichkeiten
- Christian Caminada (1876–1962), Bischof von Chur und Publizist
- Gion A. Caminada (* 1957), Architekt und Professor für Architektur an der ETH Zürich
- John Peter Casanova (1895–?), Amerika-Auswanderer und Filmemacher für Fox News
- Pia Solèr (* 1971), Alphirtin, Schriftstellerin
- Vrin in der Val Lumnezia
- Vrin mit der Dorfkirche
- Casa da Vrin von 1758
- Vrin Puzzatsch
- Vrin Cons
- Kapelle von Sogn Giusep
- Vrin Sogn Giusep mit Blick auf den Piz Ault
- Alphütte bei Vrin
Literatur
- Adolf Collenberg: Vrin. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2016.
- Duri Blumenthal, Armin Caduff u. a.: Kulturführer Val Lumnezia. Chur/Vella 2000.
- Caduff Christian, Vrin. Gemeindeportrait, in: Bündner Zeitung vom 29. Dezember 1984.
- Lechner Ernst, Dr.: Graubünden. Illustrierter Reisebegleiter durch die Thalschaften. Chur 1903
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Lumnezia
- Vrin Tourismus auf surselva.info
- Pro Vrin auf data-history.com
- Il project Vrin – Das Vrin-Projekt, Film von Christoph Schaub (CH 1999)
- Bundesinventar ISOS: Vrin
- Vrin auf eLexikon
Einzelnachweise
- Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld/Lausanne 2005, S. 941.
- Vrin – Gesamtentwicklung eines Dorfes (Memento des Originals vom 4. Dezember 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Infoservice alpMedia (Gion A. Caminada)
- Ausstellung zur Stiva da morts von Gion A. Caminada – Der Totenstube geweiht (Memento des Originals vom 10. Januar 2005 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , ETH Life, 15. Januar 2003
Ausstellung: Stiva da morts, Gion A. Caminada, Vrin, Institut GTA, ETH Zürich, 16. Januar 2003 bis 20. März 2003 - Zwei Dörfer – unterschiedliche Probleme (Memento des Originals vom 6. Juli 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (Vals und Vrin), ETH Zürich, Assistenzprof. Gion A. Caminada, 2000
- Katholische Pfarrkirche Mariä Geburt und Johannes Baptist auf kirchen-online.com
- Ställe, Metzgerei
- Sägerei
- Totenstube
- Schlachthof Mazlaria