Tongern
Tongern (limburgisch: Tóngere, französisch: Tongres, niederländisch: Tongeren) ist die älteste Stadt Belgiens (gegründet um 15 v. Chr.), entstanden aus der römischen Siedlung Aduatuca Tungrorum, die an der Römerstraße von Köln nach Bavay lag, die heute Via Belgica genannt wird und weiter bis nach Boulogne-sur-Mer führte.
Tongern | |||
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Staat: | Belgien | ||
Region: | Flandern | ||
Provinz: | Limburg | ||
Bezirk: | Tongeren | ||
Koordinaten: | 50° 47′ N, 5° 28′ O | ||
Fläche: | 87,56 km² | ||
Einwohner: | 31.142 (1. Jan. 2020) | ||
Bevölkerungsdichte: | 356 Einwohner je km² | ||
Postleitzahl: | 3700 | ||
Vorwahl: | 012 | ||
Bürgermeister: | Patrick Dewael (Open VLD) | ||
Adresse der Kommunalverwaltung: | Administratief Centrum Praetorium Maastrichterstraat 10 3700 Tongeren | ||
Website: | www.tongeren.be |
Geografie
Tongern liegt im Süden der belgischen Provinz Limburg, etwa 15 km nördlich von Lüttich, 15 km westlich von Maastricht und ungefähr 20 km südlich von Hasselt.
Geschichte
Das antike Aduatuca Tungrorum ist wohl nicht identisch mit dem befestigten Platz Aduatuca, bei dem Quintus Titurius Sabinus, ein Feldherr Caesars, 54 v. Chr. eine empfindliche Niederlage gegen die von Ambiorix geführten Eburonen erlitt und fiel. Während der Regierungszeit von Kaiser Augustus entstand um 15 v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Tongern ein römisches Militärlager und in dessen Nähe bald darauf eine zivile Siedlung. Aduatuca Tungrorum wurde Hauptort der Tungerer und der römischen Civitas Tungrorum. Gegen Ende der Herrschaft des Augustus wurde das Militärlager aufgegeben, doch der Ort blieb ein wichtiges Handelszentrum. Während der Revolte des Iulius Civilis 69/70 n. Chr. scheint Aduatuca Tungrorum zerstört worden zu sein, wurde aber bald wieder aufgebaut. Es entwickelte sich zu einem wichtigen Straßenknotenpunkt und zum nach Köln bedeutendsten Ort der Provinz Germania inferior. Trajan oder Hadrian ließ es von einer Mauer von etwa 4,5 km Umfang umgeben. Um 275 plünderten Franken die Stadt. Nach deren Vertreibung legten die Römer eine neue, aber deutlich kleinere Umfassungsmauer an. Die Stadt kam nun zur Provinz Germania secunda. 451 wurde sie vielleicht während des Einfalls Attilas von den Hunnen zerstört. Jedenfalls endete kurz nach diesem Zeitpunkt die römische Periode in Tongern. Reste der im 2. Jahrhundert errichteten Stadtmauer, ferner von Häusern, eines Heiligtum und eines Aquädukts sowie viele Gräber blieben erhalten.[1]
Die Stadt war schon seit dem Anfang des 4. Jahrhunderts Sitz eines Bischofs gewesen, der um 595 nach Maastricht und 718/19 nach Lüttich übersiedelte.[2] Im Jahre 881 wurde Tongern von den Normannen gebrandschatzt.[3] Die weitgehend zerstörte Stadt entstand dann im 10. Jahrhundert neu, kam an den Bischof Notger von Lüttich und gehörte bis zum Ende des Ancien Régime zum Hochstift Lüttich. 1401 und 1553 wüteten hier Pestepidemien. 1677 wurde Tongern von Truppen Ludwigs XIV. niedergebrannt.[4]
Stadtteile
- Berg
- Diets-Heur
- Henis
- 's Herenelderen
- Koninksem
- Lauw
- Mal
- Neerrepen
- Nerem
- Overrepen
- Piringen
- Riksingen
- Rutten
- Sluizen
- Vreren (frz. Frères)
- Widooie
Sehenswürdigkeiten
Museen
- Gallo-Römisches Museum Tongern: Das römische Museum wurde vom "The European Museum Forum" zum "Europäischen Museum des Jahres 2011"[5] gekürt.
- Ehemaliges Gefängnis: Der Bau des ehemaligen Gefängnisses ist für das Publikum geöffnet und gibt Einblick in das „Leben hinter Mauern“ zwischen 1880 und 2005.
- Teseum: Museum der Liebfrauenbasilika (Schatzkammer und Archäologische Ausgrabungen).
Bauwerke
- Erste Römische Mauer, gebaut im 2. Jahrhundert n. Chr., von ihrer ursprünglichen Länge von 4.544 m sind noch etwa 1.500 m erhalten.
- Zweite Römische Mauer, im 4. Jahrhundert n. Chr. zur Verteidigung gegen die Franken gebaut, umschloss ein wesentlich kleineres Areal als die erste. Von dieser Mauer haben sich keine oberirdischen Reste erhalten.
- Mittelalterliche Mauer: die Mauer, umgibt das Zentrum Tongerns und datiert aus der Zeit von 1257–1264. Sie wurde auf römischen Fundamenten gebaut und ist heute noch erhalten
- Standbild des Ambiorix: Das bekannteste Denkmal Tongerns zeigt den belgischen Nationalhelden Ambiorix.
- Begijnhof mit Beginenhofkirche: aus dem 13. Jahrhundert
- Moerenpoort: Waffenmuseum, befindet sich in historischem Stadttor
- Onze-Lieve-Vrouw-Basilika (Liebfrauenbasilika), erbaut in der heutigen Form in den Jahren 1240–1541, gotisch.
- Pliniusbrunnen
Regelmäßige Veranstaltungen
- Trödelmarkt: Jeden Sonntag von 6 bis 13 Uhr findet in Tongern ein überregional beliebter Trödelmarkt statt. Dort werden überwiegend von professionellen Händlern antike Dinge aller Art angeboten.
- Onze-Lieve-Vrouw-Basilika - Prozession: Alle sieben Jahre wird eine große Prozession mit dem Muttergottesbild gehalten, das als wundertätig betrachtet wird. Das letzte Prozessionsjahr war 2009.
Verkehr
Tongern liegt an der Bahnstrecke Lüttich—Hasselt—Antwerpen sowie an der Montzenroute aus Aachen West. Letztgenannte Strecke dient ausschließlich dem Güterverkehr.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter
- Philippe Boesmans (* 1936), Komponist und Organist
- Robert Cailliau (* 1947), Informatiker
- Camille van Camp (1834–1891), Porträt- und Landschaftsmaler
- Fud Candrix (1908–1974), Jazz-Musiker, Arrangeur und Bandleader
- Amaury Capiot (* 1993), Radrennfahrer
- Constant Claes (1826–1905), Porträt-, Genre- und Kirchenmaler
- Johann Ludwig von Elderen (1620–1694), Fürstbischof von Lüttich
- Everigisil (ca. 6. Jh.), Bischof von Köln
- Jozef-Maria Heusschen (1915–2002), Bischof von Hasselt
- Patrick Hoogmartens (* 1952), Bischof von Hasselt
- Freddy Loix (* 1970), Rallyefahrer
- Lutgard von Tongern (1182–1246), Heilige
- Liesbeth Mouha (* 1983), Volleyball- und Beachvolleyballspielerin
- Tom Muyters (* 1984), Fußballspieler
- Wilfried Nelissen (* 1970), Radrennfahrer
- Yves Petry (* 1967), Schriftsteller und Journalist
- Erik Schoefs (* 1967), Bahnradsportler
- Ann Simons (* 1980), Judoka
- Erwin Thijs (* 1970), Radrennfahrer
- Arnold von Tongern (um 1470–1540), Theologe, Geistlicher und Hochschullehrer
- Guy Vandersmissen (* 1957), Fußballspieler
- Dries Wouters (* 1997), Fußballspieler
Personen mit Beziehung zur Stadt
- Patrick Dewael (* 1955), belgischer Politiker (VLD), ehemaliger Innenminister und Vize-Premierminister
Galerie
- In der Innenstadt von Tongern
- Stadttor, sog. „Moerenpoort“
- Markt vor der Basilika
- Hochaltar in der Basilika
- Marienaltar in der Basilika
- Orgel in der Basilika
- Schmerzensmann in der Basilika
Literatur
- Belgien. Verlag Karl Baedeker Ostfildern, 3. Auflage 1998, S. 363–367 ISBN 3-87504-417-7
- Alain Vanderhoeven: Die römische Stadt Tongeren. In: Raban von Haehling, Andreas Schaub (Hrsg.): Römisches Aachen. Archäologisch-historische Aspekte zu Aachen und der Euregio. Schnell und Steiner Verlag, Regensburg 2013. ISBN 978-3-7954-2598-2, S. 387–411.
Weblinks
- toerismetongeren.be/de — Offizielle Touristen-Informationen der Stadt Tongern
- tongeren.be — Stadt Tongeren (niederländisch)
Einzelnachweise
- Sigfried Jan de Laet: Atuatuca Tungrorum. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3.
- Michael Erbe: Belgien, Niederlande, Luxemburg, Kohlhammer, Stuttgart 1993, ISBN 3-17-010976-6, S. 33.
- Michael Erbe: Belgien, Niederlande, Luxemburg, S. 34.
- Tongres. In: La grande encyclopédie, Bd. 31, S. 160.
- Archäologie in Deutschland Heft 4/2011 S. 71