Tiergarten (Neue Mühle)
Der Tiergarten ist ein Erholungs- und Naturschutzgebiet in Königs Wusterhausen, Landkreis Dahme-Spreewald, Brandenburg. Der Kern des Eichenwaldes liegt im Wohnplatz Neue Mühle an den Ufern der Staabe (Teil der Dahme) und der Dahme-Ausbuchtung Krimnicksee, der nach Osten in den Krüpelsee übergeht. Der Tiergarten ging aus einem historischen Jagdrevier hervor.
Tiergarten
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Tiergarten, Uferweg an der Staabe | ||
Lage | Königs Wusterhausen, Landkreis Dahme-Spreewald, Brandenburg, Deutschland | |
Fläche/Ausdehnung | 155,47 ha / 3 km | |
Kennung | 1197 | |
WDPA-ID | 165895 | |
Natura-2000-ID | DE3747302 | |
FFH-Gebiet/Ausdehnung | 153,26 ha / 3 km | |
Geographische Lage | 52° 17′ N, 13° 39′ O | |
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Einrichtungsdatum | 10. Oktober 1995 | |
Verwaltung | Landesumweltamt Brandenburg (Abteilung Ökologie, Naturschutz, Wasser) | |
Rechtsgrundlage | Richtlinie 92/43/EWG |
Geschichte
Östlich seines Jagdschlosses Wusterhausen ließ der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. 1725 in einem 900 Hektar großen Waldgebiet einen Tiergarten für die Jagd anlegen. In dem urwaldartigen Gebiet sicherten verschiedene Gatter den Bestand des Rot-, Dam- und Schwarzwildes. 1749 kamen Gehege für Rebhühner und Fasanen hinzu. Die Zuchttiere sollten die Tafel Friedrich Wilhelm I. bereichern, der im Schloss die berühmten Tabakskollegien abhielt. Noch 1800 ging der Tiergarten direkt in den Schlosspark über.[1]
Nach der Schließung der letzten Gatter 1918 entwickelte sich der Wald zu einem beliebten Ausflugsziel der Berliner. 1930 wurde das Gebiet mit seinen bis zu 270 Jahre alten Eichen erstmals unter Naturschutz gestellt. Das verbliebene Areal mit dem Namen Tiergarten weist eine Fläche von rund 100 Hektar auf und liegt im Dreieck des Staabesüd- und Krimnitzseewestufers. Ein Uferweg, der die Landzunge Husareneck am Übergang des Sees in die Staabe einbezieht, und mehrere Querwege erschließen das Gebiet. Ein Waldlehrpfad informiert auf einem rund 1,5 km langen Rundweg am Ufer der Staabe und des Krimmnicksees über Fauna und Flora der Region. Er wird durch einen Baumlehrpfad entlang alter und schützenswerter Bäume ergänzt, an dem Tafeln über Bedeutung, Alter und Herkunft der jeweiligen Baumart Auskunft geben. Daneben gibt es für die Besucher einen Barfußpfad. Die Benutzer sind aufgefordert, die unterschiedlichen Naturmaterialien wie Sand, Steine, Rindenmulch, aber auch Holzscheiben, Moos und Kieferzapfen zu ertasten. Das „Baumtelefon“ ist ein horizontal aufgestellter Baumstamm, an dem die Besucher durch Klopfen oder Kratzen an einer der Schnittfläche erfahren können, wie der Schall durch den Stamm geleitet wird. Er dient gleichzeitig zum Training des Gleichgewichtssinns.
Im Tiergarten befindet sich weiter ein im Volksmund als Spukbrücke oder auch Teufelsbrücke bezeichneter Übergang über den Fanggraben. Das Bauwerk aus dem 18. Jahrhundert wurde während der Bauarbeiten an der Chaussee 1889 verbreitert und diente bis 1907 als Zollbrücke. Im Volksmund wird erzählt, dass zu Mitternacht merkwürdige Geräusche zu hören seien. Einer anderen Sage nach soll ein angetrunkener Mann in den Fanggraben gefallen, dort ertrunken sein und seither als Gespenst sein Unwesen treiben.[2]
Naturschutz
Natura 2000- und FFH-Gebiet
Das NSG Tiergarten ist Teil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete Natura 2000. Der Steckbrief des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) enthält für das 153,26 Hektar umfassende FFH-Gebiet unter der Nummer 3747-302 folgende Charakterisierung:
„Waldkomplex aus Stieleichen-Hainbuchen-, Erlen-Eschen- und Erlenbruchwäldern mit Bedeutung für Höhlenbewohner, angrenzend bzw. eingeschlossen Standgewässer, Feuchtwiesen und Fließgewässer“
Naturschutzgebiet
Seit dem 10. Oktober 1995 besteht das neugebildete „Naturschutzgebiet Tiergarten“, das mit einer Gesamtfläche von 158 Hektar Flächen der Gemarkungen von Königs Wusterhausen, Senzig und Zeesen einbezieht. Dazu gehören beispielsweise der Krebssee mit seinem nach Süden führenden Graben sowie der Fanggraben, der den Zeesener See durch das Senziger Luch[4] zur Dahme entwässert. Die Verordnung über das Naturschutzgebiet beinhaltet als Schutzzweck unter anderem
„[…] die Erhaltung und Entwicklung des Gebietes […] als Standort seltener, in ihrem Bestand bedrohter wildwachender Pflanzengesellschaften, insbesondere der bestehenden Vielfalt von naturnahen Waldgesellschaften, einschließlich der durch die historischen Nutzungen des Gebietes entstandenen Besonderheiten, der großflächigen Röhrichte, der die Niederungen besiedelnden Erlen- und Weidenbrüche, der naturnahen Fließgewässer (u. a. des Fanggrabens) mit ausgeprägten Uferpflanzengesellschaften; […].“
Unter den bestandsbedrohten Tierarten nennt die Verordnung den Schutz vom Aussterben bedrohter, an aquatische Habitate gebundener Säugetiere und Reptilien. Ferner sollen die Lebensräume von Höhlenbrütern und Rallen, die an reichstrukturierte und großflächige Feuchtgebiete gebunden sind, erhalten werden. Arten wie Fledermäuse, die an das Vorhandensein naturnaher Waldkomplexe gebunden sind, und Großschmetterlingsarten, die Grenzlebensräume zwischen Wald- und Offenlandschaft benötigen, stehen gleichfalls im Mittelpunkt der Schutzmaßnahmen.
In dem durch Besiedelungsdruck geprägten Gebiet sollen durch Übernutzung und nachfolgende Nutzungsaufgabe gefährdete Feuchtwiesen revitalisiert werden. Die Maßnahmen sollen zudem zur Sicherung des Biotopverbundes Dahmegewässer – Pätzer Seen beitragen.[5]
Flora und Fauna
Pflanzen
Unter den Lebensraumtypen listet der FFH-Steckbrief folgende Pflanzen- beziehungsweise Waldgesellschaften auf: Pfeifengraswiesen (Natura 2000-Code 6410), Feuchte Hochstaudenfluren (6430; Convolvuletalia sepium, Glechometalia hederaceae und Filipendulion), Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandböden mit Stieleiche (9190; Birken-Eichenwald), Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder (9160; Stellario-Carpinetum), Hainsimsen-Buchenwälder (9110; Luzulo-Fagetum), Fließgewässer mit flutender Wasservegetation (3260) und Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer mit Laichkraut- oder Froschbiss-Gesellschaften (3150; Magnopotamion oder Hydrocharition).[3]
Tiere
Nach Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Verordnung des Landes sind einschließlich ihrer für Fortpflanzung, Ernährung, Wanderung und Überwinterung wichtigen Lebensräume besonders geschützt: unter den Säugetieren der Fischotter (Lutra lutra) und unter den Fischen der Bitterling (Rhodeus amarus).[3]
Siehe auch
Literatur
- Karl-Heinz Wollenberg: Das Naturschutzgebiet „Tiergarten“. Naturschutz im Dahmeland. Prieros, 1997.
Weblinks
Einzelnachweise
- Angaben laut Informationstafel vor Ort, Stand Mai 2008 und laut Dahme-Seen Tourismus, Rundgang durch Königs Wusterhausen (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF)
- Informationstafel Erholungswald Tiergarten – Königs Wusterhausen, Inaugenscheinnahme im Februar 2016.
- 3747-302 Tiergarten. (FFH-Gebiet) Steckbriefe der Natura-2000-Gebiete. Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Abgerufen am 11. Februar 2020.
- Das Senziger Luch wird in verschiedenen Karten als Naturschutzgebiet bezeichnet, ist aber mit Stand Mai 2008 in den offiziellen Listen des Landes Brandenburg nicht enthalten, siehe auch Liste der Naturschutzgebiete in Brandenburg
- Verordnung über das Naturschutzgebiet „Tiergarten“ vom 30. Juni 1995 im Brandenburgischen Vorschriftensystem (BRAVORS)