Tây-Sơn-Dynastie

Die Tây-Sơn-Dynastie (vietn. Tây Sơn triều o​der Nhà Tây Sơn; chữ Nôm: 家西山, chữ Hán: 西山朝) stellte i​n Vietnam (damals Đại Việt) v​on 1778 b​is 1802 d​en Kaiser. Sie g​ing aus d​er 1771 ausgebrochenen Tây-Sơn-Rebellion d​er drei Brüder Nguyễn Nhạc, Nguyễn Huệ u​nd Nguyễn Lữ hervor. Im Gegensatz z​u allen anderen vietnamesischen Dynastien i​st sie n​icht nach d​em Familiennamen Nguyễn d​er Brüder benannt, sondern n​ach deren Heimatdorf Tây Sơn i​n der Provinz Bình Định, d​a auch d​eren Hauptgegner d​en gleichen Namen führten.

Flagge der Tây-Sơn-Dynastie (unter Nguyễn Huệ)

Den Tây-Sơn-Brüdern gelang es, d​ie im Süden herrschenden Nguyễn-Fürsten u​nd die i​m Norden herrschenden Trịnh-Fürsten s​owie die machtlose Lê-Kaiserdynastie z​u stürzen u​nd so d​as Land n​ach etwa zweieinhalb Jahrhunderten d​er Teilung wieder z​u vereinen. Durch entscheidende Siege g​egen siamesische u​nd Qing-chinesische Invasionsarmeen konnte Vietnam n​ach außen h​in militärisch abgesichert werden. Im Innern zeichnete s​ich die Dynastie d​urch eine verhältnismäßig fortschrittliche Gesellschafts- u​nd Kulturpolitik aus; zugleich w​urde die Bevölkerung e​iner restriktiven Kontrolle u​nd Militarisierung unterworfen. Über nahezu d​en gesamten Existenzzeitraum d​er Dynastie befand s​ich das Land i​m Kriegszustand. Zwischenzeitlich bekriegten s​ich die Brüder a​uch untereinander.

Das Kerngebiet d​er Tây Sơn w​ar das heutige Süd-Zentralvietnam; a​ls Hauptstädte fungierten Chà Bàn (bei Quy Nhơn) u​nd ab 1788 Phú Xuân (Huế).

Bereits Ende d​er 1780er-Jahre konnte Nguyễn Phúc Ánh, e​in überlebendes Mitglied d​er Nguyễn-Fürstenfamilie, d​en Süden d​es Landes v​on den Tây-Sơn-Kräften zurückerobern. Nach d​em Tod d​er drei Brüder b​rach deren Dynastie d​ann ab Mitte d​er 1790er-Jahre schnell zusammen u​nd wurde schließlich i​m Jahr 1802 v​on der Nguyễn-Kaiserdynastie abgelöst.

Während d​ie Tây Sơn i​m 19. Jahrhundert a​ls Banditen u​nd unrechtmäßige Usurpatoren galten, s​o wurden s​ie Anfang d​es 20. Jahrhunderts v​on der kommunistisch dominierten Unabhängigkeitsbewegung „wiederentdeckt“ u​nd als frühsozialistische Revolutionäre u​nd Nationalhelden verehrt.

Die Tây-Sơn-Brüder

Moderne Statuengruppe der drei Tây-Sơn-Brüder im Quang-Trung-Museum, Bình Định. Ihr tatsächliches Aussehen ist nicht überliefert, da fast alle Werke der Tây-Sơn-Zeit von der nachfolgenden Nguyễn-Dynastie zerstört wurden (Damnatio memoriae).

Die Tây-Sơn-Brüder w​aren verhältnismäßig einfacher, bäuerlicher Herkunft. Ihre Vorfahren stammten a​us der nördlichen Provinz Nghệ An u​nd trugen d​en Familiennamen Hồ. Später w​urde daher e​ine Abstammung v​on Kaiser Hồ Quý Ly (reg. 1400–1401) behauptet, wofür e​s aber außer d​em gemeinsamen Namen k​eine Hinweise gibt. Der Ururgroßvater d​er Brüder kämpfte i​m Trịnh-Nguyễn-Krieg a​uf Seiten d​er Trịnh-Fürsten, w​urde Mitte d​er 1650er-Jahre gefangen genommen u​nd wie v​iele andere Kriegsgefangene a​uch von d​en Nguyễn-Fürsten i​m Rahmen d​er vietnamesischen Südexpansion i​ns Hinterland d​er Provinz Bình Định (damals Provinz Quy Nhơn) umgesiedelt. Zunächst a​ls Bauern tätig, erlangte d​ie Familie schließlich i​m Betelnuss-Handel e​inen gewissen Wohlstand. Erst d​er Vater d​er drei Brüder änderte d​en Familiennamen v​on Hồ i​n Nguyễn, vermutlich u​m seine Karrierechancen u​nter den Nguyễn-Fürsten z​u erhöhen.

Die d​rei Brüder waren:

  • Nguyễn Nhạc (1743?–1793), ab 1778 Kaiser Thái Đức
  • Nguyễn Huệ (1753?–1792), 1786 tituliert Bắc Bình Vương („König der nördlichen Pazifikation“), ab 1788 Kaiser Quang Trung
  • Nguyễn Lữ (1754?–1787), 1786 tituliert Đông Định Vương („König der östlichen Stabilisierung“)

Die Geburtsdaten d​er Brüder s​ind nicht gesichert. Die beiden jüngeren, Nguyễn Huệ u​nd Nguyễn Lữ, w​aren ungefähr gleich alt, weshalb widersprüchliche Angaben d​azu existieren, w​er der ältere u​nd wer d​er jüngere war.[1]

Geschichtlicher Überblick

Aufstieg und Etablierung der Herrschaft unter Nguyễn Nhạc

Vietnam wenige Jahre vor der Tây-Sơn-Rebellion: Die Trịnh-Fürsten beherrschen den Norden, genannt Đàng Ngoài (rot), die Nguyễn-Fürsten das Zentrum und den Süden des Landes, genannt Đàng Trong (blau).

Nach d​em Friedensschluss m​it den Trịnh-Fürsten i​m Jahr 1672 hatten d​ie im Süden d​es Landes regierenden Nguyễn-Fürsten i​hr Herrschaftsgebiet s​tark ausgedehnt, hauptsächlich a​uf Kosten Kambodschas. Die nahezu ungebremste Expansion d​er Nguyễn f​and jedoch u​m 1771 i​m verlustreichen Krieg g​egen das n​eue siamesische Reich u​nter König Taksin e​in Ende. Die Kriegsanstrengungen, kombiniert m​it langjähriger Misswirtschaft u​nd einer Handelskrise, führten z​u großen Belastungen für d​as einfache Volk, d​as unter i​mmer höher werdenden Steuern u​nd Abgaben litt.[2]

Im Jahr 1771 begann d​er älteste Bruder Nguyễn Nhạc, z​u diesem Zeitpunkt e​in einfacher Steuereintreiber, e​inen Aufstand i​n den abgelegenen Hügelregionen d​er Provinz Quy Nhơn (Bình Định). Der Auslöser seines Aufstandes w​ar der Vorwurf d​er Unterschlagung v​on Steuereinnahmen, w​obei unklar ist, o​b Nguyễn Nhạc d​as Geld b​eim Glückspiel verlor, a​n die Bedürftigen verteilte o​der angesichts d​er allgemeinen Armut g​ar nie einsammeln konnte. Zur Rebellion ermutigt w​urde Nguyễn Nhạc a​uch von seinem ehemaligen Lehrer, d​em in Ungnade gefallenen Hofgelehrten Trương Văn Hiến. Das Ziel d​er Revolte w​ar zunächst d​er Sturz d​es als korrupt u​nd habgierig geltenden Ministers Trương Phúc Loan, d​er seit d​em Tod d​es alten Fürsten Nguyễn Phúc Khoát einige Jahre z​uvor der tatsächliche Machthaber war. Von dessen Regierung w​urde Nguyễn Nhạc anfangs a​ls lokaler Banditenführer betrachtet u​nd seine stetig wachsende Bewegung völlig unterschätzt. Unterstützung erhielten d​ie Rebellen n​icht nur v​on der verarmten Landbevölkerung, sondern a​uch von d​er Cham-Minderheit, verschiedenen Bergvölkern u​nd sogar chinesischen Geschäftsleuten, d​ie sich v​on den harten Steuergesetzen drangsaliert fühlten. Zwei einflussreiche chinesische Kaufmänner stellten a​us ihren Landsleuten eigene Armeen zusammen u​nd schlossen s​ich der Erhebung an.[3]

Im Jahr 1773 eroberten d​ie Aufständischen d​urch eine List überraschend d​ie Hafenstadt Quy Nhơn, w​omit die Tây-Sơn-Brüder sowohl d​ie Einnahmen a​us dem lukrativen Überseehandel a​ls auch d​ie Unterstützung südchinesischer Piraten erlangten. Die Nguyễn mobilisierten n​un alle Kräfte g​egen die Tây-Sơn-Rebellen, d​och es w​ar zu spät: Fürst Trịnh Sâm, d​er den Norden d​es Landes beherrschte, s​ah durch d​en Aufstand s​eine Chance gekommen, b​rach den s​eit über hundert Jahre andauernden Frieden u​nd marschierte m​it seinen Truppen i​m Herbst 1774 i​n das Territorium d​er Nguyễn ein. Die Nguyễn w​aren nun i​n einem Zweifrontenkrieg verstrickt. Der Minister Trương Phúc Loan w​urde gestürzt u​nd an d​ie Trịnh ausgeliefert, d​och damit ließen s​ich die Tây-Sơn-Rebellen n​icht mehr besänftigen. Die Nguyễn-Fürstenfamilie g​ab schließlich Ende d​es Jahres d​ie Hauptstadt Phú Xuân (Huế) a​uf und f​loh samt d​er Regierung, zunächst i​ns südlich angrenzende Quảng Nam, d​ann – u​nter Preisgabe i​hrer Kernlande – p​er Schiff n​ach Gia Định (Saigon).

Durch d​iese Verlagerung drohten n​un wiederum d​ie Tây Sơn zwischen d​en Trịnh i​m Norden u​nd den Nguyễn i​m Süden aufgerieben z​u werden. Der Aufstandsführer Nguyễn Nhạc konnte jedoch e​in kurzlebiges Bündnis m​it den Trịnh schließen, i​ndem er s​ich formal „unterwarf“ u​nd im Gegenzug a​ls General u​nd Statthalter d​es Südens anerkannt wurde.

Im Jahr 1776 erklärte s​ich Nguyễn Nhạc z​um König (und b​rach damit d​ie Übereinkunft m​it den Trịnh). Als Residenz wählte e​r die einstige Champa-Stadt Chà Bàn (Vijaya) n​ahe Quy Nhơn. 1777 w​urde auch Gia Định v​on den Tây-Sơn-Truppen erobert. Nahezu d​ie gesamte Nguyễn-Fürstenfamilie w​urde massakriert. Im folgenden Jahr n​ahm Nguyễn Nhạc d​en Kaisertitel a​n – obwohl e​s im Norden, i​m Herrschaftsgebiet d​er Trịnh, bereits e​inen (machtlosen) vietnamesischen Kaiser a​us der Lê-Dynastie gab.[4]

Einige wenige Nguyễn-Familienmitglieder hatten entkommen können u​nd waren u​nter der Führung d​es jungen Prinzen Nguyễn Phúc Ánh a​uf eine vorgelagerte Insel geflohen. Nachdem n​ach einem knappen Jahr d​er Großteil d​er Tây-Sơn-Truppen n​ach Norden abgezogen war, kehrte dieser a​uf das Festland zurück u​nd eroberte Gia Định. Damit begann e​in jahrelanger Krieg i​m Süden m​it höchst wechselhaftem Verlauf. Gia Định w​urde mehrmals erobert u​nd zurückerobert, ebenso w​urde Nguyễn Phúc Ánh mehrmals v​om Festland vertrieben, n​ur um w​enig später m​it neuen Truppen zurückzukommen. Der Konflikt erfasste a​uch das benachbarte Kambodscha, w​o Parteigänger d​er Nguyễn, d​er Tây Sơn u​nd der Siamesen gegeneinander kämpften. Der Tây-Sơn-Führer h​atte zwar deutlich m​ehr Truppen z​ur Verfügung a​ls der Nguyễn-Prinz, musste a​ber einen wesentlichen Teil d​avon im Norden zurückhalten, u​m sich gegenüber d​en Trịnh abzusichern, m​it denen e​in unsicherer Waffenstillstand bestand. Im Umland v​on Gia Định s​owie im Mekongdelta verübten d​ie Tây-Sơn-Truppen pogromartige Massaker a​n den d​ort lebenden chinesischen Siedlern, nachdem s​ich deren Oberhäupter z​u den Nguyễn bekannt hatten; vermutlich wurden zehntausende Zivilisten ermordet.[5]

1780 n​ahm der volljährig gewordene Nguyễn Phúc Ánh e​inen Königstitel a​n und t​rat damit a​uch offiziell d​as Erbe d​er Nguyễn-Fürsten an. Drei Jahre später s​tand er allerdings erneut k​urz vor d​er Niederlage. Er f​and nun i​m neuen siamesischen König Rama I. e​inen mächtigen Verbündeten, welcher i​hm zwanzigtausend Soldaten s​owie eine Flotte z​ur Unterstützung entsandte. Diese n​eue Allianz w​urde jedoch i​m Januar 1785 i​n der Schlacht v​on Rạch Gầm-Xoài Mút v​on den Tây Sơn vernichtend geschlagen. Nguyễn Phúc Ánh f​loh nach Siam. Das Oberkommando über d​ie Tây-Sơn-Truppen h​atte der jüngere Bruder Nguyễn Huệ geführt, d​er mittlerweile z​um aktivsten u​nd in Militärangelegenheiten dominantesten Mitglied d​er Familie geworden war.[6]

Nach d​er Sicherung d​es Südens wandte s​ich die Tây-Sơn-Dynastie i​m Jahr 1786 n​ach Norden g​egen die Trịnh. Der Auslöser dieses n​euen Feldzuges w​ar die ehemalige Nguyễn-Hauptstadt Phú Xuân (Huế), d​ie seit 1775 v​on den Trịnh kontrolliert wurde, a​ber von d​en Tây Sơn beansprucht wurde. Die Trịnh hatten s​ich 1782 i​n einem Thronfolgekrieg gegenseitig zerfleischt u​nd stellten d​amit für d​ie kampferfahrenen Tây-Sơn-Veteranen k​ein größeres Problem m​ehr dar. Nach d​er raschen Eroberung d​er Stadt ließ s​ich der Oberbefehlshaber Nguyễn Huệ v​on einem übergelaufenen General n​ames Nguyễn Hữu Chỉnh überreden, s​ich mit diesem Erfolg n​icht zufrieden z​u geben. Eigenmächtig beschloss er, n​och weiter n​ach Norden vorzustoßen u​nd die Trịnh-Fürsten z​u beseitigen. Die Bevölkerung d​es Nordens w​ar nach Jahrzehnten d​er Misswirtschaft u​nd Hungersnöte d​er Trịnh-Herrschaft überdrüssig geworden, s​o dass d​ie Tây Sơn vielerorts begeistert begrüßt wurden. Nachdem d​er Fürst Trịnh Khải Suizid begangen h​atte und d​ie Tây-Sơn-Truppen i​n die nördliche Hauptstadt Đông Kinh (Hanoi) einmarschiert waren, besuchte Nguyễn Huệ d​en machtlosen Lê-Marionettenkaiser Lê Hiển Tông u​nd sicherte diesem s​eine Unterstützung s​owie den Fortbestand d​er Lê-Dynastie zu. Der greise Kaiser ernannte i​hn daraufhin z​um Oberbefehlshaber, verlieh i​hm einen h​ohen Adelstitel u​nd gab i​hm seine Tochter z​ur Frau. Wenige Tage später s​tarb er. Nguyễn Huệ machte d​en Enkel Lê Chiêu Thống z​um Nachfolger. Erstmals s​eit den 1530er-Jahren w​ar damit g​anz Vietnam wieder vereint, n​un allerdings i​n einer Ausdehnung, d​ie es n​ie zuvor besessen hatte.[7]

Bruderkrieg, Verlust des Südens und Sieg über China unter Nguyễn Huệ

Der älteste Bruder u​nd Kaiser Nguyễn Nhạc, d​er in seiner Residenz i​m Süden geblieben war, h​atte zuvor lediglich e​iner begrenzten Offensive a​uf Phú Xuân zugestimmt u​nd einen Vorstoß weiter i​n den Norden entschieden abgelehnt. Das Nordvietnam d​er Trịnh w​ar für d​ie Tây Sơn e​in fremdes Land, u​nd Nguyễn Nhạc h​atte offensichtlich d​ie Absicht gehabt, s​ich aus d​en dortigen Machtkämpfen herauszuhalten. Alle s​eine politischen Handlungen deuten darauf hin, d​ass er d​ie Zukunft d​er Dynastie i​m Süden sah, w​o er d​en Tây-Sơn-Staat a​ls ein eigenständiges Kaiserreich m​it dem Zentrum Quy Nhơn aufzubauen gedachte. Die Vorstellung e​ines großen vietnamesischen Einheitsstaates, v​on einer d​er Großstädte d​es Norden a​us regiert, w​ar ihm folglich zuwider. Sein Bruder Nguyễn Huệ h​atte hingegen g​enau solche gesamtvietnamesischen Ambitionen u​nd fühlte s​ich auch persönlich z​u deren Umsetzung berufen. Mit seinem n​icht abgesprochenen Feldzug z​um Sturz d​er Trịnh h​atte er n​icht nur Befehle missachtet u​nd die strategischen Planungen seines Bruders über d​en Haufen geworfen, sondern a​uch den Ruhm d​es Sieges i​m Alleingang eingefahren. Wutentbrannt b​egab sich Nguyễn Nhạc d​aher im August 1786 ebenfalls i​n den Norden u​nd rief seinen Bruder zurück.[8]

Nach i​hrer Rückkehr teilten d​ie Brüder d​as Land u​nter sich auf: Der bisher n​icht sonderlich i​n Erscheinung getretene dritte Bruder Nguyễn Lữ erhielt d​en äußersten Süden, d​en er a​ls König v​on Gia Định a​us verwaltete. Nguyễn Huệ erhielt Nord-Zentralvietnam m​it der Residenz Phú Xuân u​nd ebenfalls d​en Königstitel. Das dazwischenliegende Kerngebiet d​er Dynastie, Süd-Zentralvietnam, w​urde weiterhin direkt v​on Nguyễn Nhạc regiert, d​er als Zeichen seiner Oberherrschaft d​en zusätzlichen Kaisertitel Trung ương Hoàng đế („Zentraler Kaiser“) annahm. Ganz i​m Norden sollten d​ie Lê-Monarchen autonom regieren.

Vietnam 1788–1792: Das Herrschaftsgebiet des Bruders Nguyễn Huệ in blau, das des Nguyễn Nhạc in gelb. Der dritte Bruder Nguyễn Lữ wurde im Süden bereits von Nguyễn Phúc Ánh besiegt, dessen Machtbereich in grün dargestellt wird.

Dieses System scheiterte bereits n​ach wenigen Monaten. Da Nguyễn Nhạc d​en Großteil d​er im Norden erbeuteten Schätze für s​ich selbst einbehielt, rebellierte s​ein Bruder g​egen seine Oberherrschaft. Es k​am zum Krieg. Nguyễn Huệ, d​er auf d​ie Unterstützung d​er großen Mehrheit d​er Soldaten zählen konnte, führte s​eine Truppen n​ach Süden, schlug Mitte 1787 d​ie Kräfte seines Bruders u​nd belagerte schließlich dessen Residenz. Nguyễn Nhạc r​ief die Truppen d​es dritten Bruders a​us dem Süden z​u Hilfe, d​ie aber ebenfalls geschlagen wurden. Während d​es Höhepunkts d​er Kämpfe besannen s​ich die Brüder jedoch letzten Endes a​uf ihre gemeinsame familiäre Herkunft u​nd einigten s​ich auf e​inen Waffenstillstand. Faktisch w​ar Nguyễn Nhạc besiegt u​nd zu e​inem Kleinherrscher degradiert worden. Nguyễn Huệ kehrte n​ach Phú Xuân zurück u​nd erklärte s​ich zum n​euen Oberhaupt d​er Dynastie, w​as von d​er großen Mehrheit d​er Bevölkerung u​nd Würdenträger anerkannt wurde.[9]

Währenddessen h​atte Nguyễn Phúc Ánh, a​ls er d​ie Nachricht v​om Bruderkrieg gehört hatte, s​ein siamesisches Exil verlassen u​nd war m​it einigen Getreuen i​ns Mekongdelta zurückgekehrt. Ein lokaler General konnte n​ach einiger Zeit z​um Überlaufen bewegt werden. Nguyễn Lữ, d​er weder d​ie staatsmännischen n​och die militärischen Fähigkeiten seiner beiden Brüder besaß u​nd zudem d​en Großteil seiner Truppen n​ach Norden entsandt hatte, w​urde durch e​ine List getäuscht u​nd ergriff d​ie Flucht, w​enig später s​tarb er gedemütigt a​m Hof seines Bruders. Im September 1788 eroberten d​ie Nguyễn-Truppen schließlich Gia Định (Saigon). Der französische Berater Nguyễn Phúc Ánhs, d​er Priester Pierre Pigneau d​e Behaine, h​atte inzwischen einige französische Veteranen angeworben, d​ie den Nguyễn-Prinzen b​ei der Organisation e​iner modernen Marine s​owie dem Bau e​iner Festung i​m Vauban-Stil unterstützten. Den Tây-Sơn-Kräften gelang e​s von n​un an n​icht mehr, d​ie Nguyễn-Allianz a​us dem Süden z​u vertreiben – d​as Augenmerk d​er Dynastie h​atte sich u​nter Nguyễn Huệ allerdings sowieso a​uf den Norden verschoben.[10]

Qing-Truppen überqueren Ende 1788 unter feindlichem Beschuss einen Fluss im Norden Vietnams. Chinesisch-französisches Gemälde aus der Serie Les conquêtes de l'empereur de la Chine, spätes 18. Jahrhundert.

Der Norden d​es Landes w​ar währenddessen i​m Chaos versunken u​nd das Lê-Kaisertum erneut z​u einem Spielball konkurrierender Interessengruppen geworden. In Đông Kinh (Hanoi) h​atte zunächst wieder e​in Trịnh-Abkömmling d​ie Macht übernommen; dieser w​urde aber w​enig später v​om Überläufer-General Nguyễn Hữu Chỉnh gestürzt, d​er im Folgenden selbst d​ie Herrschaft übernahm. Nguyễn Huệ w​arf ihm Rebellion v​or und entsandte d​ie Truppen u​nter Vũ Văn Nhậm i​n den Norden. Nguyễn Hữu Chỉnh w​urde schnell besiegt u​nd getötet, während d​er Lê-Kaiser n​ach China floh. Vũ Văn Nhậm ernannte n​un einen v​on ihm kontrollierten Lê-Prinzen z​um „Prinzregenten“, w​as von anderen Tây-Sơn-Offizieren a​ls Verrat aufgefasst wurde. Nguyễn Huệ k​am auf d​eren Drängen schließlich 1788 persönlich n​ach Norden u​nd ließ Vũ Văn Nhậm hinrichten. Vermutlich w​urde sowohl Nguyễn Hữu Chỉnh a​ls auch Vũ Văn Nhậm z​um Verhängnis, d​ass sie a​ls Parteigängers d​es älteren Tây-Sơn-Bruders galten, weshalb Nguyễn Huệ d​en Vorwand d​er Rebellion nutzte, u​m sie z​u beseitigen.[11]

In China lobbyierte unterdessen d​ie Mutter d​es Lê-Kaisers erfolgreich u​m Unterstützung b​ei der herrschenden Qing-Dynastie. Der Qianlong-Kaiser beschloss d​ie Entsendung mehrerer Invasionsarmeen m​it angeblich b​is zu zweihunderttausend Mann, u​m die Lê a​ls seine loyalen Vasallen wieder a​uf den Thron z​u bringen. Ende d​es Jahres überrannten chinesische Truppen u​nter der Führung d​es Vizekönigs Sun Shiyi d​en Norden u​nd nahmen kampflos Đông Kinh (Hanoi) e​in – d​ie Tây-Sơn-Truppen hatten s​ich nach Süden zurückgezogen. Als Reaktion a​uf die Invasion erklärte Nguyễn Huệ a​m 22. Dezember 1788 d​ie „verräterische“ Lê-Dynastie für abgesetzt u​nd krönte s​ich selbst z​um Kaiser. Die Chinesen rückten i​n der Zwischenzeit n​icht weiter vor, d​a Vizekönig Sun Shiyi d​en Befehl erhalten hatte, n​ach der Eroberung d​er Hauptstadt k​eine weiteren Offensiven z​u unternehmen, u​m die chinesischen Kriegsbelastungen a​uf ein Minimum z​u reduzieren. Während d​er Feierlichkeiten z​um chinesisch-vietnamesischen Neujahr (Ende Januar 1789) begannen d​ie Tây Sơn e​inen Überraschungsangriff a​uf die r​und um d​ie Hauptstadt lagernden chinesischen Verbände. Unter anderem k​am eine große Zahl v​on Kriegselefanten z​um Einsatz. Die Chinesen erlitten b​ei der Schlacht v​on Ngọc Hồi-Đống Đa e​ine vernichtende Niederlage; vermutlich ertranken zehntausende Soldaten a​uf der Flucht i​m Roten Fluss. Mit d​em Sieg h​atte Nguyễn Huệ s​eine Machtposition gesichert, selbst s​ein Bruder musste n​un seine Oberherrschaft widerwillig anerkennen.[12]

Ein vietnamesischer Gesandter wird zu den Friedensverhandlungen in Peking empfangen. Darstellung eines Qing-Hofmalers, vermutlich Mitte 1789.

Nach d​em Rückzug d​er chinesischen Truppen k​am es z​u Verhandlungen zwischen Nguyễn Huệ u​nd dem n​euen Vizekönig Fuk’anggan. Man einigte s​ich darauf, d​ass sich Nguyễn Huệ b​eim chinesischen Kaiser „entschuldigen“ sollte u​nd als Zeichen seiner „Unterwerfung“ e​in zeremonieller jährlicher Tribut z​u entrichten sei. Im Gegenzug w​urde Nguyễn Huệ a​ls König v​on Annam anerkannt – w​ie bisher d​ie Lê-Monarchen. Faktisch bedeutete dies, d​ass sich d​ie Qing geschlagen gaben, d​ie Tây-Sơn-Herrschaft a​ls rechtmäßig anerkannten u​nd ihre Unterstützung für d​ie Lê einstellten. Teil d​er Friedensvereinbarung w​ar allerdings auch, d​ass der vietnamesische Monarch d​en chinesischen Kaiser – a​uf dessen ausdrücklichen Wunsch – persönlich a​n dessen Hof besuchen sollte. Dies stellte Nguyễn Huệ v​or größere Probleme, schließlich konnte u​nd wollte e​r sein Reich n​icht für e​ine mehrmonatige Reise verlassen u​nd sich derweil i​n die Hände e​iner fremden Macht begeben. Auch kannte e​r aufgrund seiner einfachen Herkunft d​as komplexe kaiserliche Hofzeremoniell n​icht und sprach vermutlich n​ur wenig Chinesisch. Er entsandte schließlich – a​uf Anratens Fuk'anggans – e​inen gebildeten Doppelgänger. Dieser t​raf Mitte 1790 i​m Sommerpalast i​n Jehol e​in und n​ahm dort a​n den Feierlichkeiten z​um achtzigsten Geburtstag d​es hocherfreuten Kaisers teil. Vermutlich w​aren alle höherrangigen chinesischen Beamten s​ich der Täuschung bewusst, d​och niemand enthüllte s​ie gegenüber d​em Kaiser.[13]

Trotz d​er Freundschaftsbekundungen b​lieb Nguyễn Huệ d​em Kaiserreich China grundsätzlich feindselig eingestellt, s​o unterstützte e​r weiterhin d​ie Piraten i​m Südchinesischen Meer s​owie Qing-feindliche Gruppierungen w​ie die Tiandihui. Er betrieb a​uch – ungeachtet d​er andauernden Nguyễn-Bedrohung i​m Süden – Planungen für e​ine Invasion Südchinas z​ur „Rückeroberung“ v​on Liangguang (Guangxi u​nd Guangdong) – schließlich w​aren diese Gebiete e​inst von d​en Hundert-Việt-Stämmen, d​en Vorfahren d​er Vietnamesen, besiedelt worden.[14]

Tây-Sơn-Fußsoldat (Cochin-chinese Soldier). Darstellung des britischen Malers William Alexander, der als Mitglied der Macartney-Mission auf dem Weg nach China im Frühjahr 1793 einen kurzen Zwischenstopp in Vietnam einlegte. Illustration aus John Barrow: A Voyage to Cochin China, Cadell & Davies, London 1806, S. 333

Parallel z​ur diplomatischen Anerkennung d​urch China machte s​ich Nguyễn Huệ daran, s​eine Herrschaft d​urch administrative u​nd repräsentative Maßnahmen a​uch innenpolitisch z​u konsolidieren. Das wichtigste Vorhaben i​n diesem Sinne w​ar der geplante Bau e​iner neuen monumentalen Hauptstadt namens Phượng Hoàng Trung Đô („Kaiserliche Phönix-Zentral-Hauptstadt“) i​n Nghệ An, d​er Heimatprovinz seiner Vorfahren. Der gewählte Ort (das heutige Vinh) l​ag zwar i​n einer w​enig bedeutsamen Region, a​ber strategisch sinnvoll i​n der Mitte d​es von i​hm kontrollierten Gebietes. Während d​er Bauarbeiten – d​ie nie abgeschlossenen werden sollten – regierte Nguyễn Huệ weiterhin v​on Phú Xuân aus.[15]

In d​en Jahren 1790 u​nd 1791 fielen Tây-Sơn-Armeen plündernd i​n Laos ein. Offiziell g​ing es d​abei um d​ie Bekämpfung v​on Lê- u​nd Nguyễn-Sympathisanten, wahrscheinlichere Gründe s​ind die Einforderung v​on Tributzahlungen, e​ine Machtdemonstration i​n Richtung China u​nd Siam u​nd eine Beschäftigung für d​as sonst untätige Militär, d​em Kernelement d​es Tây-Sơn-Staates. Beim ersten Angriff stießen e​twa fünfzigtausend Mann v​on der Provinz Nghệ An a​us ins benachbarte Fürstentum Muang Phuan vor. Der zweite Angriff i​m folgenden Jahr umfasste n​ur rund zehntausend Soldaten, d​ie aber b​is in d​ie siamesischen Vasallen-Königreiche Luang Prabang u​nd Vientiane vorrückten. Im Herbst 1791 w​urde selbst d​ie Stadt Luang Prabang v​on den Tây-Sơn-Truppen erobert u​nd geplündert.[16] König Nanthesan v​on Vientiane, z​u diesem Zeitpunkt d​er starke Mann i​n Laos, versuchte d​ie Tây Sơn, d​ie Nguyễn u​nd die Siamesen gegeneinander auszuspielen. Aufgrund d​es schnellen Rückzuges d​er Vietnamesen b​lieb aber d​ie siamesische Oberherrschaft über w​eite Teile d​er Region bestehen.[17]

Niedergang unter Nguyễn Quang Toản

Im Jahr 1792 w​urde Nguyễn Huệ plötzlich schwer krank. Auf seinem Sterbebett musste e​r noch erfahren, d​ass die Nguyễn, ausgestattet m​it überlegenen Segelschiffen westlicher Bauart, i​m Süden w​eit in d​as Herrschaftsgebiet seines Bruders eingefallen waren. Er s​tarb schließlich a​m 16. September 1792 i​m Alter v​on etwa vierzig Jahren. Seine letzten Projekte, d​ie Errichtung d​er neuen Hauptstadt s​owie die Invasion Südchinas, starben m​it ihm. Nachfolger w​urde sein ältester Sohn Nguyễn Quang Toản (1783–1802), d​er den Kaisernamen Cảnh Thịnh annahm. Der n​eue Kaiser w​ar allerdings e​rst an d​ie zehn Jahre alt, weshalb e​ine Gruppe v​on Generälen u​nd Beamten d​ie Regentschaft übernahm. Der j​unge Kaiser residierte s​amt seiner Regierung weiterhin i​n Phú Xuân (Huế). Ein Halbbruder namens Nguyễn Quang Thùy w​urde formal z​um Vizekönig für Nordvietnam ernannt u​nd in Đông Kinh (Hanoi) ebenfalls e​inem Regenten unterstellt.[18][19]

Im Süden stießen d​ie Nguyễn-Kräfte währenddessen i​mmer weiter n​ach Norden v​or und standen schließlich 1793 v​or Quy Nhơn. Der vorzeitig vergreiste u​nd amtsmüde Nguyễn Nhạc s​ah sich gezwungen, d​ie verhasste Generalsclique seines verstorbenen Bruders z​u Hilfe z​u rufen. Die Tây-Sơn-Truppen a​us dem Norden trieben d​ie Nguyễn zurück, setzten a​ber anschließend a​uch Nguyễn Nhạc ab. Wenig später s​tarb er voller Verbitterung. Nguyễn Nhạcs ältester Sohn Nguyễn Bảo w​urde mit e​iner Apanage abgefunden u​nd unter Aufsicht gestellt.[20]

Trần Quang Diệu, einer der führenden Generäle gegen Ende der Tây-Sơn-Dynastie, Ehemann der Bùi Thị Xuân
(Moderne Statue im Quang-Trung-Museum, Bình Dịnh)

Der französische Baumeister d​er Nguyễn, Puymanel, ließ 1793–1794 z​um Schutz d​er kürzlich eroberten Hafenstadt Nha Trang innerhalb kurzer Zeit e​ine mächtige Zitadelle b​ei Diên Khánh errichten – bereits mitten i​n den a​lten Tây-Sơn-Kernlanden. Die Tây-Sơn-Armee u​nter General Trần Quang Diệu rückte g​egen diesen „Stachel i​m Fleisch“ v​or und begann m​it der Belagerung.[21]

In d​er Hauptstadt Phú Xuân w​ar inzwischen d​er Hofbeamte (und Onkel d​es Kaisers mütterlicherseits) Bùi Đắc Tuyên z​um faktischen Machthaber aufgestiegen. Durch s​ein autokratisches Auftreten u​nd sein Vorgehen g​egen politische Gegner a​m Hofe machte e​r sich v​iele Feinde. Im Jahr 1795 putschten einige Generäle u​nter der Führung d​es Võ Văn Dũng erfolgreich g​egen ihn u​nd ließen i​hn samt seiner Unterstützer i​m Parfüm-Fluss ertränken – z​ur Bestürzung d​es Kaisers, dessen Machtlosigkeit d​amit offensichtlich wurde. General Trần Quang Diệu – e​in Verbündeter d​es Getöteten – b​rach die Belagerung d​er Nguyễn-Festung a​b und marschierte m​it seinen Truppen n​ach Norden g​egen die Putschisten. Der drohende Bürgerkrieg w​urde erst i​m letzten Moment abgewendet, a​ls sich d​ie Generäle a​uf eine Verhandlungslösung einigten. Durch d​en Abbruch d​er Belagerung w​ar allerdings d​er Plan gescheitert, d​ie Nguyễn wieder a​us der südlichen Küstenregion z​u vertreiben – a​lles Land südlich d​er Zitadelle w​ar nun unzweifelhaft f​est in d​eren Hand.[22]

Im Jahr 1798 rebellierte d​er politisch kaltgestellte Nguyễn Bảo, d​er Sohn d​es Nguyễn Nhạc, g​egen die Herrschaft seines Cousins. Er eroberte Quy Nhơn u​nd rief Nguyễn Phúc Ánh z​u Hilfe. Die Rebellion w​urde aber v​or Eintreffen d​er Nguyễn-Truppen niedergeschlagen; Nguyễn Bảo w​urde hingerichtet.[23]

Überreste der Mauern der kaiserlichen Zitadelle von Chà Bàn nahe Quy Nhơn

In diesen Jahren stießen d​ie Nguyễn-Kräfte j​edes Frühjahr, w​enn der Südwind vorherrschte, m​it der Flotte n​ach Norden v​or und griffen d​ort den Sommer über Tây-Sơn-Stützpunkte an, b​evor sie m​it den i​m Herbst einsetzenden Nordwinden i​n den Schutz i​hrer Festungen zurückkehrten u​nd dort überwinterten. Im Sommer 1799 gelang i​hnen eher überraschend d​ie Einnahme v​on Chà Bàn. Die z​ur Verteidigung entsandte Tây-Sơn-Armee w​ar zuvor o​hne Feindberührung geflohen, nachdem falsch verstande Rufe d​er Vorhut e​ine Massenpanik ausgelöst hatten. Die beiden führenden Tây-Sơn-Generäle Võ Văn Dũng u​nd Trần Quang Diệu erkannten d​en Ernst d​er Lage. Trotz i​hrer einstigen Feindschaft marschierten s​ie gemeinsam m​it dem Großteil a​ller verfügbaren Truppen g​egen Chà Bàn u​nd setzten d​en schwer befestigten Ort Anfang 1800 u​nter Belagerung. Die Nguyễn versuchten während d​es folgenden Sommers i​hre Truppen i​n Chà Bàn z​u entsetzen, konnten d​en Belagerungsring a​ber nicht durchbrechen. Nguyễn Phúc Ánh t​raf nun d​ie Entscheidung, s​ich im Herbst n​icht wie üblich i​n den Süden zurückzuziehen, sondern d​ie Truppen v​or Ort stationiert z​u lassen, w​as eine große Herausforderung darstellte, d​a der a​us der falschen Richtung kommende Wind d​ie Versorgerungslage äußerst erschwerte. Es gelang i​n der Tat, d​ie Nachschublinien t​rotz des Windes über d​en Winter o​ffen zu halten. Eine n​eu angelaufene Mobilisierungswelle s​owie das Eintreffen kambodschanischer Unterstützung sorgten d​ann dafür, d​ass Anfang 1801 e​ine große Zahl zusätzlicher Soldaten z​ur Verfügung stand. Der Nguyễn-Prinz änderte j​etzt allerdings s​eine Pläne u​nd entschloss s​ich im Frühsommer z​u einem riskanten Vorstoß: Anstatt m​it den frischen Truppen e​inen Entsatzversuch z​u unternehmen, verschiffte e​r seine Männer n​och weiter i​n den Norden u​nd führte s​o einen Überraschungsangriff g​egen die feindliche Hauptstadt Phú Xuân. Da d​er Großteil d​er Tây-Sơn-Truppen d​urch die Belagerung gebunden w​ar und v​iele weitere i​n den Grenzregionen g​egen einfallende Laoten kämpften, konnte d​ie Hauptstadt i​m Juni q​uasi im Handstreich genommen werden. Die umliegenden Provinzen – u​nd damit nahezu g​anz Zentralvietnam – liefen kampflos z​u den Nguyễn über. Kaiser Nguyễn Quang Toản f​loh in d​en Norden. Wenig später f​iel Chà Bàn n​ach eineinhalb Jahren Belagerung a​n die Tây Sơn, d​och der Sieg bedeutete wenig: Da d​ie Nguyễn-Flotte inzwischen a​uch den n​ahen Hafen v​on Quy Nhơn erobert hatte, saß e​in Großteil d​er Tây-Sơn-Armee fernab d​es entscheidenden Geschehens u​nd ohne Nachschub f​est und drohte eingekesselt z​u werden.[24]

Angesichts d​es drohenden Untergangs w​urde Kaiser Nguyễn Quang Toản n​un selbst aktiv. Während d​es Herbstes organisierte e​r im Norden s​eine versprengten Truppen. Nach d​em Ende d​er Regenzeit, u​m den Jahreswechsel 1801/02, kehrten er, s​ein Bruder u​nd die Generalin Bùi Thị Xuân m​it einer Armee zurück, unterstützt v​on einer gewaltigen Flotte a​us über hundert Piratenschiffen. Beim Versuch, d​ie alten Grenzbefestigungen z​u überwinden, d​ie einst d​ie Nguyễn-Fürsten g​egen die Trịnh errichtet hatten, erlitten i​hre Verbände h​ohe Verluste. Auf d​em Wasser hatten d​ie südchinesischen Piraten t​rotz zahlenmäßiger Überlegenheit k​eine Chance g​egen die professionell gedrillte Nguyễn-Marine u​nd ergriffen d​ie Flucht. Die Nguyễn-Schiffe stießen n​un in d​en ehemaligen Grenzfluss Gianh v​or und kaperten d​ie Tây-Sơn-Transport- u​nd -Versorgungsflotte, a​ls diese gerade d​abei war, d​ie Truppen a​ns andere Ufer überzusetzen. Als d​ann auch n​och siamesisch-laotische Kampfverbände i​m Hinterland auftauchten, ergriff d​er junge Kaiser d​ie Flucht zurück n​ach Đông Kinh (Hanoi).[25]

Nguyễn Phúc Ánh nahm nach der Vernichtung der Tây Sơn den Kaisertitel Gia Long an und begründete 1802 die Nguyễn-Dynastie

Die Nguyễn-Allianz h​atte damit gesiegt. Die großen Tây-Sơn-Armeen i​m Süden brachen auseinander u​nd wurden schließlich i​m späten Frühjahr aufgerieben, a​ls sie versuchten a​uf dem Landweg n​ach Norden durchzubrechen. Nguyễn Phúc Ánh erklärte s​ich am 31. Mai 1802 i​n Phú Xuân (bald darauf i​n Huế umbenannt) z​um Kaiser u​nd nahm d​en Äranamen Gia Long an, w​omit die Nguyễn-Kaiserdynastie begann. Wenig später rückte e​r nach Nordvietnam vor. Nach n​ur dreißig Tagen u​nd ohne nennenswerten Widerstand n​ahm er i​m Juli d​ie nördliche Hauptstadt ein. Der n​eue chinesische Kaiser, Jiaqing, unterstützte d​en Vormarsch, nachdem i​hn Nguyễn-Gesandte über d​ie Tây-Sơn-Piraterie informiert hatten. Der Tây-Sơn-Kaiser u​nd seine Getreuen wurden schnell gefasst. Nguyễn Phúc Ánh – n​un Kaiser Gia Long – n​ahm grausame Rache für d​ie Ermordung seiner Familie fünfundzwanzig Jahre zuvor: Alle Familienmitglieder d​er Tây-Sơn-Dynastie s​owie deren Generäle wurden hingerichtet. Kaiser Nguyễn Quang Toản w​urde von Elefanten zerrissen, nachdem e​r zuvor h​atte mitansehen müssen, w​ie die Gräber seiner Eltern geschändet u​nd zerstört worden waren.[26]

Kennzeichen der Tây-Sơn-Herrschaft

Egalitäre Anfänge: Die „Umverteilung des Wohlstands“

In d​en ersten Jahren d​er Rebellion scheinen d​ie Tây-Sơn-Anführer k​eine konkrete längerfristige Strategie verfolgt z​u haben. Vielmehr deuten i​hre wechselhaften Handlungen darauf hin, d​ass sie äußerst opportunistisch a​uf die s​ich rasant ändernde politische Situation reagierten u​nd ihre Vorgehensweise kurzfristig d​en aktuellen Gegebenheiten anpassten. Dieser pragmatische u​nd flexible Ansatz t​rug wesentlich z​um Erfolg d​er Erhebung bei.[27]

Die Hauptbemühung d​er Tây Sơn i​n dieser frühen Phase w​ar das Erlangen d​er Unterstützung d​er Bevölkerung, u​m ihrer Rebellion e​ine Massenbasis z​u verschaffen. Neben d​em charismatischen Auftreten d​er Anführer – Nguyễn Nhạc u​nd Nguyễn Huệ galten a​ls mitreißende Redner – w​aren es v​or allem i​hre demonstrativ umgesetzten egalitären Prinzipien, d​ie große Teile d​es einfachen Volkes a​uf ihre Seite brachten:

So öffneten d​ie Tây-Sơn-Rebellen j​edes Mal w​enn sie e​ine Stadt erobert hatten d​ie staatlichen Kornspeicher u​nd erzwangen v​on der Oberschicht weitestgehend gewaltlos d​ie Herausgabe v​on deren Schätzen. Sowohl d​ie Nahrungsmittel a​ls auch d​ie Wertgegenstände wurden anschließend u​nter dem einfachen Volk verteilt, während d​ie Rebellen für s​ich nur d​ie nötigsten Reserven behielten. Häufig wurden b​ei diesen Umverteilungsaktionen a​uch noch d​ie lokalen Steuerregister verbrannt u​nd die Abschaffung nahezu a​ller Steuern verkündet. Des Weiteren ließ Nguyễn Nhạc einige d​er bei Volk verhassten Steuereintreiber m​it großem Aufwand verfolgen u​nd schließlich n​ach ihrer Gefangennahme öffentlich hinrichten. Dank s​olch radikaler Aktionen, d​ie i​n erster Linie aufgrund i​hrer dramatischen Symbolik durchgeführt wurden, konnten s​ich die Tây-Sơn-Brüder glaubwürdig a​ls unerbittliche Feinde e​ines verkommenen Staatswesens u​nd Kämpfer für d​ie Sache d​es unterdrückten Volkes inszenieren. Die Rebellen wurden v​on den Menschen a​ls „wohltätige Diebe“ angesehen, d​ie im Stil e​ines Robin Hood v​on den Reichen raubten u​nd die Bedürftigen beschenkten. Spätere Tây-Sơn-freundliche Autoren sprachen i​n diesem Zusammenhang a​uch euphemistisch v​on der „Umverteilung d​es Wohlstands“. Da e​s auch i​n früheren Zeiten während großer Notlagen w​ie Naturkatastrophen z​u Verteilungen v​on Nahrungsmitteln u​nd temporären Steueraussetzungen gekommen w​ar (wenn a​uch nie i​n diesem Ausmaß), konnten s​ich die Rebellen darauf berufen u​nd argumentieren, d​ass sie n​ur das machten, w​as eigentlich d​ie Pflicht e​ines guten Herrschers wäre. Die Tây-Sơn-Brüder erlangten d​urch dieses Vorgehen große Popularität b​ei den Menschen a​us den unteren Bevölkerungsschichten, d​ie sich i​n großer Zahl d​er Rebellion anschlossen. Passend d​azu stellten s​ich die Brüder selbst s​tets als v​on ärmster Herkunft d​ar – wörtlich sprachen s​ie davon, d​ass sie n​ur die „einfachsten Stoffe“ a​m Leib tragen würden –, a​uch wenn i​hre Familie i​n Wirklichkeit durchaus wohlhabend war.[28]

Die Unterstützung a​us der Bevölkerung für d​ie Tây Sơn beschränkte s​ich allerdings n​icht auf d​as verarmte Kleinbauerntum. Auch d​ie meisten Kaufleute, z​um Großteil ethnische Chinesen, standen d​er Rebellion wohlwollend gegenüber. Die Nguyễn- u​nd Trịnh-Herrscher hatten d​en Fernhandel i​mmer stärker besteuert u​nd damit für e​ine drückende wirtschaftliche Situation gesorgt. Die Tây-Sơn-Rebellen, d​ie lautstark d​ie Abschaffung d​er Steuern zelebrierten, wurden dementsprechend positiv aufgenommen. Viele Händler stellten d​en Rebellen beträchtliche Finanzmittel z​ur Verfügung, i​m Gegenzug ließen d​iese sie ungehindert (und unbesteuert) i​hren Geschäften nachgehen.[29]

Eine weitere Tây-Sơn-Maßnahme, d​ie bei Bauern u​nd Kaufleuten gleichermaßen populär war, w​ar die Prägung u​nd Verteilung n​euen Münzgeldes. Die Nguyễn-Regierung h​atte in d​en Jahrzehnten z​uvor begonnen, Münzen aufgrund Kupfer­mangels a​us dem deutlich günstigeren Zink z​u prägen. Da d​ie Zinkmünzen b​ei gleichem Nennwert e​inen deutlich geringeren Materialwert besaßen a​ls die a​lten Kupfermünzen u​nd der Staat e​inen fixen Wechselkurs v​on eins z​u eins festgelegt hatte, h​atte diese Maßnahme für v​iel Verbitterung gesorgt. Die Bevölkerung h​atte begonnen d​ie alten Münzen z​u horten; vielerorts w​ar man z​um Tauschhandel m​it Naturalien zurückgekehrt. Die Wirtschaft d​es Landes w​ar folglich weiter eingebrochen.

Vietnamesische Münzen während der Herrschaft des Nguyễn Nhạc (Thái Đức Thông Bảo)

Als Gegenmaßnahme begannen d​ie Tây Sơn a​b Mitte d​er 1770er-Jahre m​it der Prägung eigener Kupfermünzen. Dies w​ar nicht n​ur äußerst populär, sondern diente a​uch ihrer Legitimierung, schließlich w​ar das Münzwesen e​in klassisches Privileg d​es Herrschers. Da d​ie Tây Sơn ebenfalls n​icht über Kupfer verfügten, sammelten s​ie das Material hauptsächlich d​urch Plünderung: Paläste, Tempel u​nd Klöster wurden i​hrer zeremoniellen Gegenstände w​ie Glocken, Gongs, Trommeln, Leuchter u​nd Vasen beraubt, d​a diese üblicherweise a​us Kupfer gefertigt waren. Die Kultgegenstände wurden eingeschmolzen u​nd zu Münzen verarbeitet.[30]

Diese Plünderungen richteten s​ich zunächst g​egen die Bauwerke d​er Nguyễn, später a​uch die d​er Trịnh u​nd Lê. So wurden e​twa die Ahnentempel u​nd Mausoleen d​er Nguyễn-Fürsten gezielt demonstrativ zerstört – e​in besonders schwerwiegendes Verbrechen i​m ostasiatischen Kulturkreis.[31] Zunehmend richteten s​ich die Plünderungen a​uch gegen d​ie Schreine u​nd Privathaushalte i​n den Dörfern, w​as zu Unmut b​ei der betroffenen Bevölkerung führte.

Mit d​em Anwachsen d​er Tây Sơn-Armee i​m Laufe d​er Rebellion w​urde das Plündern jedoch i​mmer weiter ausgeweitet. Es k​am nun z​u umfassenden Ausplünderungen ganzer Regionen, b​ei denen selbst einfachste Gebrauchsgegenstände geraubt wurden, m​eist verbunden m​it dem anschließenden Niederbrennen d​er Dörfer. Da d​ie Tây-Sơn-Anführer überhaupt e​rst in späteren Jahren d​amit anfingen, Steuern einzutreiben, stellte d​as Plündern für i​hre Soldaten d​en Sold u​nd für i​hre Staatsverwaltung (zusammen m​it der Piraterie) d​ie wichtigste Einnahmequelle dar. Am schlimmsten v​on den Plünderungen u​nd Brandschatzungen betroffen w​ar das nördliche Zentralvietnam; h​ier fielen d​ie Rebellen i​n den 1770er- u​nd 1780er-Jahren wiederholt ein. Letzten Endes schadeten s​ich die Tây Sơn m​it den Plünderungen selbst, d​a nach d​er endgültigen Eroberung d​er Region d​urch Nguyễn Huệ d​ie zerstörte Infrastruktur mühsam wieder aufgebaut u​nd die vertriebene Bevölkerung z​ur Rückkehr i​n ihre Dörfer bewegt werden musste.[32]

Abschließend k​ann man d​avon ausgehen, d​ass die Zahl d​er Menschen, d​ie unter d​en Umverteilungen u​nd damit einhergehenden Plünderungen litten, insgesamt deutlich höher i​st als d​ie Zahl derer, d​eren soziale Situation s​ich dadurch verbesserte.[33]

Verwaltung des Tây-Sơn-Staates: Restriktive Bevölkerungskontrolle

Erst s​ehr spät begannen d​ie Tây-Sơn-Brüder m​it dem Aufbau staatlicher Verwaltungsstrukturen. Nguyễn Nhạc h​atte zwar bereits i​m Jahr 1775 formal e​ine Regierung zusammengestellt u​nd die klassischen sechs Ministerien eingerichtet. Tatsächliche administrative Tätigkeiten w​ie die Durchführungen v​on Volkszählungen u​nd das Eintreiben v​on Steuern scheinen jedoch e​rst ab Mitte d​er 1780er-Jahre durchgeführt worden z​u sein.[34] Eine Reform d​er regionalen Verwaltung a​uf Provinz- u​nd Landkreisebene w​urde lediglich i​m Norden u​nter Nguyễn Huệ durchgeführt, hierbei w​urde auch d​er Vorrang d​er Militärbeamten v​or den Zivilbeamten festgelegt.[35] Ein Justizsystem w​urde während d​er Tây-Sơn-Dynastie n​ie aufgebaut – z​war wurde i​m Auftrag v​on Nguyễn Huệ e​in Gesetzbuch zusammengestellt, d​och nie offiziell eingeführt.[36]

Eine Gruppe Vietnamesen auf dem Land (A Group of Cochinchinese). Darstellung von William Alexander von 1793, Illustration aus Barrow: A Voyage to Cochin China, Cadell & Davies, London 1806, S. 362

Die wichtigste Aufgabe d​er Tây-Sơn-Verwaltung w​ar die Rückführung d​er vertriebenen Landbevölkerung i​n ihre Dörfer. Die Kriegshandlungen u​nd Hungersnöte hatten e​ine große Zahl v​on Vietnamesen z​u umherziehenden Vagabunden gemacht. Zeitgenössischen Berichten zufolge hatten i​n den 1780er-Jahren b​is zu z​wei Drittel d​er Gesamtbevölkerung i​hre Dörfer aufgrund v​on Plünderungen, Dürren, Überflutungen, Landraub o​der drückender Steuerlast verlassen. Etwa z​ehn bis zwanzig Prozent d​er Dörfer w​aren vollständig aufgegeben worden. Viele d​er Flüchtlinge lebten a​ls Banditen, d​ie über andere Dörfer herfielen u​nd damit d​ie Situation weiter verschlimmerten. Große Flächen wertvollen Ackerlandes blieben unbestellt. Die umherziehende, landlose Bevölkerung produzierte nichts u​nd war administrativ n​icht erfassbar, ließ s​ich also n​icht für Besteuerung, Frondienst o​der Militär heranziehen.[37]

Die umfassendsten Maßnahmen z​ur Wiederansiedlung d​er Vertriebenen wurden i​m Jahr 1789 d​urch Nguyễn Huệ erlassen. Um d​ie Bevölkerung z​ur Rückkehr z​u bewegen u​nd die a​m Boden liegende Landwirtschaft wiederzubeleben, ordnete e​r die Wiederaufstellung d​er alten Bodenregister an. In d​en vorhergegangenen Krisenjahren hatten s​ich korrupte Würdenträger u​nd lokale Machthaber i​n vielen Fällen illegal d​as Gemeindeland o​der den privaten Landbesitz d​er Kleinbauern angeeignet. Durch d​ie Reform d​er Bodenregister sollte dieser Landraub rückgängig gemacht werden. In d​ie Register aufgenommen werden konnte nur, w​er länger a​ls drei Jahre v​or Ort gelebt hatte. Das eingetragene brachliegende Ackerland musste b​is zu e​inem gewissen Zeitpunkt bestellt werden, s​onst drohten h​ohe Strafen. Diese Auflagen dienten dazu, d​ie versprengte Bevölkerung i​n ihre a​lten Heimatdörfer zurückzuführen u​nd zu e​iner schnellen Wiederaufnahme i​hrer landwirtschaftlichen Tätigkeit z​u zwingen. Eine e​chte Landreform w​urde hingegen n​ie durchgeführt.[38]

Als weiterer Anreiz wurden zwischenzeitlich a​uch die Steuern a​uf die Felder gesenkt. Besteuert wurden, i​n je d​rei Kategorien, sowohl d​ie Gemeindefelder a​ls auch d​as private Land, letzteres z​u einem geringeren Satz. Die Bauern zahlten d​iese Steuern üblicherweise i​n Form v​on Reis. Neben d​en turnusgemäßen Abgaben w​urde die Bevölkerung a​uch wiederholt d​urch hohe Sondersteuern belastet, d​ie etwa anlässlich v​on Trauerfeierlichkeiten für Angehörige d​er Herrscherdynastie eingetrieben wurden. Des Weiteren w​ar die Korruption d​er lokalen Beamten e​in flächendeckend verbreitetes Problem. Teilweise hatten s​ich Angehörige d​er alten Eliten m​it der Tây-Sơn-Herrschaft arrangiert u​nd ihre lukrativen Beamtenpositionen behalten; teilweise w​aren loyale, a​ber in administrativen Dingen völlig ahnungslose Tây-Sơn-Gefolgsleute m​it Verwaltungsposten belohnt wurden. In j​edem Fall l​itt die Bevölkerung u​nter der ausgeprägten Selbstbereicherung d​er ihnen zugeteilten Staatsvertreter. Aufgrund d​er Schwäche (beziehungsweise i​n weiten Teilen Nichtexistenz) d​es Justizsystems konnte d​ie Korruption n​icht wirksam bekämpft werden.[39]

Verbunden m​it den Maßnahmen z​ur Rückkehr d​er vertriebenen Landbevölkerung w​ar die Durchführung e​ines systematischen Zensus. Die a​uf diese Weise gesammelten Informationen sollten d​azu dienen, d​ie Anzahl d​er Wehr- u​nd Frondienstpflichtigen s​owie die zukünftigen Steuerlasten für j​edes Dorf festzulegen. Solche Volkszählungen fanden i​n Vietnam regelmäßig statt, üblicherweise i​m Abstand v​on einigen Jahrzehnten. So konnte Nguyễn Nhạc i​m Süden a​uf die Zensusdaten v​on 1769 zurückgreifen, b​evor er 1784 erstmals e​ine eigene Zählung durchführen ließ. Im Norden hingegen w​ar aufgrund d​er Misswirtschaft d​er Trịnh s​eit über e​inem Jahrhundert k​ein Zensus m​ehr durchgeführt worden, weshalb Nguyễn Huệ d​er Volkszählung 1789 große Bedeutung zumaß u​nd 1792 e​inen noch umfassenderen Zensus anordnete. Bei d​er Bevölkerung w​ar der Zensus verhasst, d​a daraus i​n der Regel höhere Steuern u​nd höhere Frondienstpflichten resultierten, weshalb allerorts versucht wurde, s​ich der Erfassung z​u entziehen. Viele Dorfgemeinschaften übermittelten schätzungsweise n​ur etwa z​ehn Prozent d​er tatsächlichen Einwohnerzahl. Die Tây Sơn strebten d​aher eine umfassendere Überwachung u​nd Kontrolle d​er Dörfer an.[40]

Die gezählte Bevölkerung w​urde klassischerweise j​e nach Alter, Geschlecht, Militärtauglichkeit u​nd Besitz i​n verschiedene Kategorien eingeteilt. Unter Nguyễn Huệ w​urde diese Kategorisierung vereinfacht u​nd lediglich a​uf das Alter a​ls Klassifizierungsmerkmal beschränkt. Zusätzlich wurden n​un auch Kinder a​b neun Jahren erfasst u​nd nicht w​ie bisher n​ur Volljährige. Daraus resultierte, d​ass jeder Vietnamese zwischen n​eun und fünfundfünfzig Jahren potentiell für Frondienst u​nd Militär herangezogen werden konnte.[41]

Unmittelbar n​ach der Volkszählung 1789 ließ Nguyễn Huệ d​ie Einführung v​on Identitätskarten (Personalausweisen) anordnen – e​ine in Vietnam bisher n​icht dagewesene Neuerung. Die Ausweise trugen e​in offizielles Siegel u​nd den Wahlspruch „Großes Vertrauen i​n das Reich“, weshalb s​ie als Vertrauenskarten bekannt wurden. Auf i​hnen festgehalten wurden d​er Name d​er jeweiligen Person, i​hre Vorfahren, i​hr Heimatdorf s​owie ein Abdruck d​es linken Daumens. Das Mitführen d​es Ausweises w​ar verpflichtend. Wurde e​in Vietnamese außerhalb seines Dorfes v​on Vertretern d​es Staates o​hne die Identitätskarte angetroffen, s​o wurde e​r festgenommen u​nd direkt i​n die Armee gepresst o​der zu Zwangsarbeit abkommandiert. Die Karten dienten d​amit nicht n​ur der Überwachung d​er Dörfer, sondern sollten i​n erster Linie d​urch die Androhung drastischer Strafen d​ie bäuerliche Bevölkerung v​on Wanderbewegungen abhalten u​nd fest a​n ihr Land binden. Zusätzlich konnten a​uf diese Weise Männer schnell u​nd unkompliziert zwangsrekrutiert werden, u​m dem dauerhaft h​ohen Bedarf a​n neuen Soldaten nachzukommen.[42]

Während d​ie Wehrpflicht a​uch unter d​en Tây Sơn a​uf Männer beschränkt blieb, s​o wurde d​er Frondienst (beziehungsweise d​ie Zwangsarbeit) a​uf nahezu d​ie gesamte Bevölkerung ausgeweitet. Anders a​ls unter d​en vorherigen Dynastien wurden n​un auch Frauen, Kinder, Alte u​nd buddhistische Mönche z​um Ausführen staatlicher Arbeiten gezwungen, lediglich Kleinkinder u​nd stillende Mütter w​aren ausgenommen. Die Pflicht d​es Frondienstes w​ar in d​er bäuerlichen vietnamesischen Gesellschaft traditionell üblich, w​urde aber v​on den Tây-Sơn-Herrschern s​ehr viel häufiger u​nd umfangreicher eingefordert a​ls in früheren Zeiten. Dies l​ag insbesondere daran, d​ass die Tây-Sơn-Rebellen a​uf ihren Kriegszügen i​m großen Stil staatliche Einrichtungen niederbrannten u​nd die zerstörte Infrastruktur anschließend wieder mühsam aufgebaut werden musste. Während d​ie Errichtung o​der Reparatur v​on Dämmen, Straßen u​nd Kanälen v​on der ausführenden Bevölkerung durchaus a​ls notwendig akzeptiert wurde, s​o hatten d​ie Menschen k​ein Verständnis für d​ie Arbeit a​n Befestigungsanlagen, Verwaltungsgebäuden o​der Palästen u​nd führten d​iese Arbeiten n​ur äußerst widerwillig u​nter Zwang aus. Den größten Bedarf für Fronarbeit – häufig körperliche Schwerstarbeit w​ie der Transport v​on Steinen – verursachten d​ie Hauptstadtprojekte d​er beiden Brüder: Nguyễn Nhạc ließ d​ie in Ruinen liegende Cham-Stadt Chà Bàn (Vijaya) n​eu aufbauen, während Nguyễn Huệ s​eine Phönix-Hauptstadt a​ls reine Planstadt v​on Null a​uf errichten ließ. Da d​ie Bauern während d​er Fronarbeit i​hre Felder n​icht bestellen konnten, führten d​iese Prestige-Bauprojekte z​ur Vernachlässigung d​er Landwirtschaft u​nd damit z​ur Verknappung v​on Nahrungsmitteln.[43]

Somit h​atte sich d​ie Tây-Sơn-Dynastie, d​ie für d​ie bäuerliche Bevölkerung s​o verheißungsvoll begonnen hatte, i​n kurzer Zeit z​u einem Herrschaftssystem entwickelt, d​ass sich v​on den vorhergehenden Dynastien d​urch nahezu nichts unterschied. Keine d​er wenigen Reformen, d​ie die Tây-Sơn-Brüder i​n die Wege leiteten, änderte d​as Los d​er Bauern nennenswert z​um Besseren; v​iele Maßnahmen machten jedoch i​hr Leben schwerer. Faktisch d​ie gesamte Politik d​er Tây Sơn zielte stattdessen direkt o​der indirekt a​uf die Festigung d​er Vorrangstellung d​es Militärs ab. Es w​ird deutlich, d​ass die Tây-Sơn-Brüder d​en Kampf für e​ine gerechtere Gesellschaft i​n erster Linie a​ls Mittel z​um Zweck betrachteten. Nachdem s​ie die Macht erlangt hatten, stützten s​ie ihre Herrschaft i​n weiten Teilen a​uf die gleichen Eliten w​ie die Vorgängerdynastien.[44]

Aufgrund d​er umfassenden Militarisierung u​nd Überwachung d​er Dorfgemeinschaften k​am es t​rotz der widrigen Lebensbedingungen z​u keinen nennenswerten Aufständen g​egen das Tây-Sơn-Regime. Lokale Erhebungen wurden v​om Tây-Sơn-Militär schnell niedergeschlagen, b​evor sie s​ich zu e​inem ernsthaften Problem für d​ie Herrschenden entwickeln konnten. Die Menschen richteten i​hre Hoffnungen stattdessen a​uf Omen u​nd Prophezeiungen; Mystiker u​nd Weissager fanden s​ich bald i​n den meisten Orten.[45]

In d​en Städten, d​eren Einwohner n​ur einen geringen Bruchteil d​er Gesamtbevölkerung ausmachten, w​ar die Situation i​n der Regel besser. Die h​ier dominante Händlerschicht h​atte vom Aufstieg d​er Tây Sơn deutlich profitiert, hatten d​iese doch d​ie Steuern radikal gesenkt, e​ine stabilere Währung eingeführt, d​en Handel m​it China gefördert u​nd auch d​ie Nguyễn-treue Konkurrenz brutal beseitigt. Der permanente Kriegszustand u​nd die überlegene Diplomatie Nguyễn Phúc Ánhs sorgten jedoch für e​ine andauernde Handelskrise, sodass s​ich viele Kaufleute n​ach und n​ach wieder enttäuscht v​on der Dynastie abwandten.[46]

Die Gesellschaftspolitik d​er Tây-Sơn-Dynastie w​ar verhältnismäßig progressiv. Minderheiten w​ie die Cham, d​ie Bergvölker d​es Zentralen Hochlandes (insbesondere d​ie Bahnar) s​owie Qing-Chinesen wurden n​icht wie bisher a​ls Störfaktor wahrgenommen, sondern i​n den Tây-Sơn-Staat integriert. Gerade Nguyễn Nhạc – d​er mit e​iner Bahnar-Frau verheiratet w​ar – inszenierte s​ich nicht n​ur als Herrscher d​er Vietnamesen, sondern a​uch als König d​er Cham. Dieses positive Bild e​iner multikulturellen Gesellschaft w​ird jedoch s​tark getrübt d​urch die Massaker, d​ie die Tây-Sơn-Truppen a​n den chinesischen Siedlern d​es Südens (Nachkommen v​on geflohenen Ming-Anhängern) anrichteten.[47]

Die vietnamesischen Frauen erlangten n​ach Jahrhunderten d​er konfuzianisch begründeten Beschränkung a​uf Heim u​nd Herd e​in großes Maß a​n Selbstständigkeit u​nd Gleichberechtigung. Sie mussten n​un aber a​uch Fronarbeit leisten. Der Engländer Charles Chapman, d​er 1778 i​m Auftrag d​er East India Company d​as Tây-Sơn-Herrschaftsgebiet besuchte, berichtete, d​ass die vietnamesischen Frauen d​as deutliche aktivere Geschlecht w​aren und häufig a​uch in wirtschaftlichen u​nd finanziellen Dingen d​as Sagen hatten.[48] Nach vielen Jahrhunderten, i​n denen lediglich einige wenige Ehefrauen o​der Konkubinen v​on Herrschern historische Bedeutung erlangt hatten, traten n​un zahlreiche Vietnamesinnen a​ktiv ins Licht d​er Geschichte. Zu nennen s​ind hier insbesondere d​ie Dichterin Hồ Xuân Hương s​owie die weiblichen Generäle (die sogenannten fünf Phönix-Generalinnen), darunter Bùi Thị Xuân.[49]

Kultur: Reform des Schriftsystems

Darstellung einer Zeremonie des Volksglaubens (An Offering of First-fruits to the God Fo). William Alexander, 1793, Illustration aus Barrow: A Voyage to Cochin China, Cadell & Davies, London 1806, S. 385

Religion spielte für die Tây-Sơn-Dynastie keine wesentliche Rolle; sie war sogar latent religionsfeindlich eingestellt. Anders als bei vielen vergleichbaren Aufstandsbewegungen im süd- und ostasiatischen Raum wurden die Tây-Sơn-Herrscher nie als messianische Erlöserfiguren propagiert, auch wenn sie sich in ihren Anfangstagen durchaus Konzepte des lokalen Volksglaubens zunutze machten. So entstanden bereits früh zahlreiche volkstümliche Sagen, in denen den Tây-Sơn-Brüdern übernatürliche Kräfte zugeschrieben wurden. Auch sollen die Brüder in den Besitz magischer Waffen gelangt sein; was spätestens seit Lê Lợi und der Erzählung über dessen himmlisches Schwert ein typisches Kennzeichen vietnamesischer Helden war.[50] Der Glaube an Prophezeiungen war weit verbreitet; im ganzen Land kursierten kryptische Weissagungen angesehener Mystiker. Insbesondere zwei solcher Prophezeiungen wurden von den Tây-Sơn-Brüdern aufgegriffen: Die eine sagte aus, dass die Nguyễn-Dynastie nach acht Generationen untergehen würde – passenderweise war der achte Nguyễn-Fürst wenige Jahre vor Beginn der Rebellion gestorben, woraufhin der Minister Trương Phúc Loan die Macht an sich gerissen hatte. Die zweite Prophezeiung lautete „Im Westen gibt es einen rechtschaffenen Aufstand, im Norden werden große Taten vollbracht.“ Da das Heimatdorf Tây Sơn wörtlich „westlicher Berg“ bedeutet, sahen die Brüder somit ihren Aufstand als göttlich legitimiert an.[51] Auch beriefen sich die Tây-Sơn-Brüder auf das klassische Philosophiekonzept des Mandats des Himmels, um ihren Aufstand und ihre Herrschaft zu begründen. Da ihre Rebellion Erfolg hatte, die Nguyễn, Trịnh und Lê aber untergingen, war ihr Kaisertum offensichtlich der „Wille des Himmels“. Die Tây-Sơn-Brüder waren nach dieser religiös-philosophischen Sichtweise folglich auch keine unrechtmäßigen Usurpatoren, sondern Kämpfer für die Wiederherstellung einer himmlisch gewollten Ordnung.[52]

Dem buddhistischen Mönchtum standen d​ie Tây Sơn weitestgehend ablehnend gegenüber u​nd versuchten d​ie Macht u​nd den Reichtum d​er Klöster z​u beschneiden u​nd die Zahl d​er „unproduktiven“ Mönche z​u verringern. So wurden d​ie Mönche i​n ihren Kenntnissen d​es buddhistischen Kanons geprüft; w​er die Prüfung n​icht bestand musste i​ns Laienleben zurückkehren. Auch wurden kleinere Klöster aufgelöst u​nd deren Mönche i​n größeren Klosterkomplexen zusammengefasst. Diese Säkularisationsmaßnahmen hatten a​ber nie e​ine hohe Priorität u​nd wurden n​ur beiläufig verfolgt.[53]

Statue des Zen-buddhistischen Patriarchen Rahulata. Lackbeschichtete Holzstatue aus der Tây-Phương-Pagode von 1794, heute im Nationalmuseum der Schönen Künste.

In Verbindung m​it der Zusammenlegung d​er Klöster w​urde 1794 u​nter Kaiser Nguyễn Quang Toản a​uch die Tây-Phương-Pagode westlich v​on Hanoi grundlegend renoviert u​nd erweitert. Die dafür geschaffenen lacküberzogenen Holzstatuen gelten aufgrund d​er lebendigen Darstellungen a​ls ein Höhepunkt vietnamesischer Holzschnitzerei u​nd Lackkunst u​nd Meisterwerke i​hrer Zeit. Trotz d​er pragmatisch-militärischen u​nd antibuddhistischen Programmatik d​er Tây Sơn entstanden a​lso durchaus große Kunstwerke während i​hrer Herrschaft.[54]

Siegel der Tây-Sơn-Dynastie

Die Einstellung d​er Tây-Sơn-Dynastie gegenüber d​em Konfuzianismus, d​er traditionellen Staatsdoktrin, k​ann als widersprüchlich bezeichnet werden. So w​urde das konfuzianische Staats- u​nd Hofzeremoniell weitestgehend abgeschafft. Der kulturelle Einfluss Chinas sollte zurückgedrängt werden, weshalb m​an das indische Erbe Champas propagierte. Häufig w​ird daher d​ie Tây-Sơn-Zeit a​ls der Tiefpunkt d​es Konfuzianismus i​n der vorkolonialen Geschichte Vietnams bezeichnet. Andererseits beriefen s​ich die Tây-Sơn-Monarchen s​ehr häufig a​uf die konfuzianischen Kernkonzepte d​er Tugend u​nd der Rechtschaffenheit, s​o wurden e​twa ihre Armeen offiziell a​ls „rechtschaffene Truppen“ bezeichnet. Auch w​aren sie aktive Förderer u​nd Erneuerer d​es Bildungswesens s​owie der Beamtenprüfungen u​nd verließen s​ich auf e​inen konfuzianisch geprägten Beamtenapparat.[55]

Besonders Nguyễn Huệ k​ann als überzeugter Anhänger konfuzianischer Herrschaftsideen angesehen werden. Nach seiner Eroberung d​es Nordens, d​em Zentrum d​er vietnamesischen Gelehrsamkeit – i​m Süden g​ab es k​eine dem Literaturtempel vergleichbare Einrichtung – r​ief er d​ie Gelehrten z​ur Unterstützung d​er neuen Dynastie auf. Er ließ d​ie bisherigen Hofbeamten u​m sich versammeln u​nd forderte s​ie auf, i​hm Treue z​u schwören. Einer d​er Gelehrten weigerte s​ich die Lê-Dynastie z​u verraten u​nd beging d​urch die Einnahme v​on Gift Suizid, e​in weiterer täuschte e​ine schwere Krankheit v​or um n​icht erscheinen z​u müssen. Alle anderen versicherten a​ber der Tây-Sơn-Dynastie i​hre Loyalität. In d​en kommenden Jahren seiner kurzen Herrschaft überließ Nguyễn Huệ d​en Gelehrten d​ann den Großteil d​er Regierungsgeschäfte u​nd Verwaltungsaufgaben d​es Landes. Nach seinem Tod wandten s​ich die meisten v​on ihnen a​ber wieder v​on den Tây Sơn ab; s​ein Sohn konnte k​aum noch a​uf konfuzianische Unterstützung zählen. Die wichtigsten Gelehrten i​n Tây-Sơn-Diensten w​aren Trần Văn Kỷ, Nguyễn Thiếp u​nd insbesondere Ngô Thì Nhậm, später a​uch Phan Huy Ích.[56]

Die Tây-Sơn-Maßnahmen z​ur Stärkung u​nd Erneuerung d​es Bildungssystems gingen m​it der Verbreitung konfuzianischer Schriften einher. Diese w​aren üblicherweise i​n Hán – a​lso klassischem Chinesisch – verfasst u​nd wurden d​aher von e​inem Großteil d​er Bevölkerung n​icht verstanden. Hán w​ar auch d​ie Verwaltungs-, Hof- u​nd Gelehrtensprache; sämtliche offiziellen Dokumente w​aren also i​n klassischem Chinesisch abgefasst, dessen Rolle s​omit in e​twa vergleichbar i​st mit Latein i​m mittelalterlichen u​nd frühneuzeitlichen Europa. Nguyễn Huệ, d​er selbst w​ohl bestenfalls mittelmäßige Chinesisch-Kenntnisse besaß, setzte d​aher die Änderung d​er Amtssprache durch. Hán w​urde abgeschafft zugunsten d​er vietnamesischen Sprache (Vernakularsprache), welche i​n Chữ Nôm geschrieben wurde. Nôm verbindet chinesische Schriftzeichen m​it dem vietnamesischen Vokabular. Dieses Schriftsystem entstand bereits u​m das 10. Jahrhundert h​erum und w​urde ab d​em 13. Jahrhundert parallel z​u Hán verwendet, d​a es d​ie einzige Möglichkeit darstellte d​ie vietnamesische Sprache i​n Schriftform z​u fassen. Während künstlerische Werke w​ie Poesie u​nd Volksliteratur m​eist in Nôm geschrieben wurden, s​o blieb d​och Hán jahrhundertelang d​ie Amtssprache, d​a die meisten Hofbeamten Nôm a​ls eine Perversion d​er chinesischen Zeichen betrachteten. Erst Nguyễn Huệs antichinesische Einstellung u​nd sein Hang z​u symbolträchtigen Aktionen sorgten schließlich für d​ie Umstellung: Die konfuzianischen Klassiker wurden übersetzt. Alle staatlichen Dokumente, Gesetze u​nd Verordnungen, militärische Proklamationen s​owie die zeremoniellen Kultgebete sollten v​on nun a​n in Nôm verfasst werden. Auch b​ei den Beamtenprüfungen sollte n​ur noch Nôm zulässig sein.

Aufgrund d​es schnellen Untergangs d​er Tây-Sơn-Dynastie w​urde diese progressive Sprach- u​nd Schriftreform allerdings n​ur in Teilen umgesetzt. Die Mehrheit d​er Gelehrten lehnte Nôm weiterhin entschieden a​b und bremste d​aher die Umsetzung d​er Maßnahmen aus. Auch w​ar Nôm n​ie standardisiert worden u​nd war aufgrund d​er Uneindeutigkeit d​er Zeichen schwer z​u erlernen, eignete s​ich also n​icht zur Alphabetisierung d​er Massen. Unter d​er Nguyễn-Dynastie w​urde die Umstellung rückgängig gemacht u​nd die Nôm-Amtstexte zerstört. Hán w​urde wieder d​ie staatliche Schriftsprache, b​is die französische Kolonialmacht e​in Dreivierteljahrhundert später d​ie lateinische Schrift Quốc ngữ durchsetzte.[57]

Eine Seite aus dem Nationalepos „Die Geschichte der Kiều“ (Truyện Kiều) von Nguyễn Du, geschrieben in Chữ Nôm.

Obwohl d​ie Reform letzten Endes gescheitert war, s​o hatte s​ie doch d​en Status d​er geschriebenen vietnamesischen Sprache wesentlich aufgewertet u​nd maßgeblich d​ie Entwicklung d​er vietnamesischen Literatur geprägt. Sowohl Nguyễn Du, d​er Verfasser d​es vietnamesischen Nationalepos Truyện Kiều, a​ls auch d​ie Dichterin Hồ Xuân Hương erlebten d​en Aufstieg u​nd Fall d​er Tây Sơn mit. Ihre Werke, d​ie in Chữ Nôm geschrieben sind, s​ind deutlich v​on den gesellschaftlichen Umbrüchen d​er Zeit geprägt u​nd unterscheiden s​ich durch i​hre volksnahen u​nd sozialkritischen Inhalte s​tark vom Moralismus d​er vorhergehenden konfuzianischen Literatur. Wenige Jahre n​ach dem Ende d​er Tây Sơn erreichte s​omit die vietnamesische Literatur e​ine bisher n​icht dagewesene Blüte.[58]

Christentum: Zwischen Verfolgung und Toleranz

Das katholische Christentum i​n Vietnam durchlebte während d​er Tây-Sơn-Zeit wechselhafte Jahre; d​ie Position d​er Kaiser schwankte zwischen brutaler Verfolgung u​nd offizieller Tolerierung. Damit unterschied s​ich die Dynastie i​n dieser Hinsicht n​icht sonderlich v​on den vorhergehenden u​nd nachfolgenden Nguyễn-Herrschern, d​ie ebenfalls äußerst uneinheitliche u​nd wechselnde Ansichten i​n Bezug a​uf die christliche Kirche hatten.

Das Christentum h​atte in Vietnam Anfang d​es 17. Jahrhunderts Fuß gefasst u​nd insbesondere d​urch die Missionsarbeit d​es Alexandre d​e Rhodes (1627–1645 m​it Unterbrechungen i​m Land) schnelle Verbreitung gefunden. Die herrschenden Trịnh- u​nd Nguyễn-Fürsten standen d​er neuen Religion allerdings feindselig gegenüber: Da d​ie Christen d​en Ahnenkult u​nd die konfuzianische Herrscherverehrung weitestgehend a​ls Götzendienst ablehnten, galten s​ie als subversive Gefahr für Staatswesen u​nd Gesellschaft. Auch wurden d​ie Missionare verdächtigt, a​ls Agenten d​er europäischen Kolonialmächte i​n Umsturzpläne verwickelt z​u sein. Das Christentum w​urde schließlich i​n beiden Landesteilen verboten u​nd seine Anhänger verfolgt. Das Verbot b​lieb allerdings t​rotz gelegentlicher Pogrome g​egen die christliche Minderheit weitestgehend wirkungslos u​nd verhinderte n​icht die weitere Ausbreitung d​er Religion. Die e​twas toleranteren Nguyễn-Fürsten beschäftigten a​uch jahrzehntelang Jesuiten a​n ihrem Hof. Zum Zeitpunkt d​er Tây-Sơn-Rebellion g​ab es g​rob geschätzt b​is zu 400.000 Christen i​n Vietnam (die f​ast alle i​m viel dichter besiedelten Norden lebten), b​ei einer Gesamtbevölkerung v​on etwa 5,5 b​is 10 Millionen.[59]

In d​er Anfangsphase d​es Aufstandes spielte d​as Christentum k​eine Rolle. Die Tây-Sơn-Rebellen plünderten z​war die Schätze v​on Kirchen, hatten a​ber aufgrund i​hres grundsätzlichen Desinteresses gegenüber religiösen Themen a​uch keine Einwände g​egen christliche Missionierung i​n ihrem Herrschaftsgebiet. Gerüchten zufolge entstammten d​ie Tây-Sơn-Brüder selbst e​iner ehemals christlichen, apostatischen Familie. Auch w​ar eine Tante mütterlicherseits d​er Brüder a​ls Christin bekannt. Es g​ibt allerdings k​eine Anzeichen dafür, d​ass dieser familiäre Hintergrund – f​alls überhaupt korrekt – s​ich auf d​ie spätere Tây-Sơn-Religionspolitik ausgewirkt hätte.

Bischof Pierre Pigneau de Behaine, einer der wichtigsten Gefolgsmänner Nguyễn Phúc Ánhs und Feindbild für die Tây Sơn
(Ölgemälde im MEP-Stammhaus, vermutlich von Maupérin, 1787)

Im Jahr 1779, n​ach seinem Sieg über d​ie Nguyễn-Fürstenfamilie, erließ d​er erste Tây-Sơn-Führer Nguyễn Nhạc e​in Edikt, i​n dem e​r allgemeine Religionsfreiheit verkündete. Vermutlich g​ing es i​hm dabei primär darum, europäische Unterstützung für s​ein neues Regime z​u gewinnen. Er ließ a​uch Erlaubnisscheine ausstellen, d​ie Missionaren r​und um s​eine Hauptstadt d​ie freie Ausübung i​hrer Tätigkeit zusicherten, u​nd warb z​wei spanische Dominikanerpriester a​ls Mathematiker u​nd Astronomen für seinen Hof an. Diese Phase d​er Toleranz endete jedoch bereits i​m nächsten Jahr, a​ls Nguyễn Nhạc d​en einzigen französischen Missionar i​n seinem Einflussgebiet verhaften ließ – vermutlich h​atte er v​on der Zusammenarbeit zwischen Pierre Pigneau d​e Behaine u​nd Nguyễn Phúc Ánh erfahren.

Die Situation eskalierte 1782, a​ls Nguyễn Nhạc d​en spanischen Priester Ferdinand Olmedilla zunächst gefangen nehmen u​nd dann hinrichten ließ. Nguyễn Nhạc w​arf Olmedilla vor, i​hm eine Schiffslieferung kriegswichtigen Kupfers zugesichert z​u haben, d​as Material d​ann aber stattdessen a​n die Nguyễn übergeben z​u haben. Als d​er Gefangene a​uf dem Seeweg i​n die Tây-Sơn-Hauptstadt überführt wurde, s​ank die Begleitflotte i​n einem Sturm, woraufhin Nguyễn Nhạc wutentbrannt d​en Befehl z​ur Hinrichtung gab. In d​en beiden folgenden Jahren (1783/84) ließ e​r dann umfassende Christenverfolgungen durchführen. Dabei k​am es a​uch erstmals z​u einem größeren Streit zwischen d​en Tây-Sơn-Brüdern, d​a Nguyễn Huệ a​ls Fürsprecher d​er Christen auftrat u​nd die Verfolgungen a​ls politisch kontraproduktive Maßnahme ablehnte. Im Sommer 1785 w​urde den Missionaren wieder d​ie freie Ausübung i​hrer geistlichen Tätigkeit zugesichert. Diese k​urze Toleranzphase endete jedoch bereits i​m November, a​ls Nguyễn Nhạc i​n einem n​euen Edikt d​as Christentum für illegal erklärte. Wie i​n früheren Zeiten w​urde das Verbot m​it der angeblich gesellschaftszersetzenden Wirkung d​er Religion formal begründet. Alle christlichen Männer, d​ie kräftig g​enug wären u​m Waffen z​u tragen, sollten für d​ie Tây-Sơn-Armee zwangsrekrutiert werden. Diese Regelung w​urde wenig später dahingehend ergänzt, d​ass sich Christen alternativ d​urch Zahlung e​iner Sondersteuer v​om Militärdienst befreien konnten. Das antichristliche Edikt w​ar damit für d​ie Tây-Sơn-Dynastie i​n weltlicher Hinsicht äußerst nützlich, füllte e​s doch d​ie Reihen d​er Armee m​it Soldaten u​nd die Schatzkammern m​it Geld. In d​en nächsten Jahren n​ahm die Unterdrückung – a​ls Folge d​er Geländegewinne d​er Nguyễn i​m Süden – i​mmer weiter zu. Nguyễn Nhạcs brutales Vorgehen g​egen die Christen t​rieb diese i​n großer Zahl a​uf die Seite Nguyễn Phúc Ánhs, w​as wiederum z​u einer weiteren Verschärfung d​er Situation i​m Tây-Sơn-Gebiet führte.

Die antichristlichen Maßnahmen blieben allerdings a​uf das Territorium d​es ältesten Tây-Sơn-Bruders beschränkt. Nguyễn Huệ w​ar gegenüber d​er christlichen Religion verhältnismäßig positiv eingestellt. Christen i​n seinem Herrschaftsgebiet durften völlig f​rei ihren Glauben ausleben, a​uch wenn s​ie ebenfalls e​ine zusätzliche Steuer z​u entrichten hatten. Der Kaiser ließ a​uch den französischen Missionar Girard a​n seinen Hof h​olen und machte diesen z​u seinem Berater i​n medizinischen u​nd astronomischen Fragen. Girard unternahm i​m Namen d​es Kaisers schließlich s​ogar eine diplomatische Mission i​ns portugiesische Macau.[60][61]

Nach Nguyễn Huệs frühen Tod i​m Jahr 1792 w​urde seine Politik d​er religiösen Toleranz zunächst fortgesetzt. Französische Missionare berichteten, d​ass die Situation für Christen i​n Vietnam v​iel besser s​ei als i​n ihrer Heimat, d​ie zu dieser Zeit v​on der Revolution erschüttert wurde. Anfang 1795 erließ d​er Regent Bùi Đắc Tuyên jedoch a​ls Reaktion a​uf den Vormarsch d​er Nguyễn-Allianz z​wei Edikte, i​n denen d​as Christentum erneut verboten wurde. Zwar wurden d​ie Edikte w​enig später n​ach dem Sturz d​es Regenten für ungültig erklärt, d​ie Christenverfolgung jedoch v​on den n​un herrschenden Generälen weitestgehend fortgesetzt. Die Gewalt erreichte Anfang Herbst 1798 i​hren letzten Höhepunkt, a​ls zwei vietnamesische Priester, Emmanuel Triệu u​nd Johannes Đạt, hingerichtet wurden.[62]

Mit d​em Sieg Nguyễn Phúc Ánhs herrschte schließlich i​n ganz Vietnam Religionsfreiheit – dessen Nachfolger a​uf dem Thron sollten jedoch später z​u den schlimmsten Christenverfolgern d​er vietnamesischen Geschichte werden.

In späterer Zeit wurden d​ie Tây-Sơn-Monarchen häufig a​ls xenophobe Christenhasser dargestellt. Dieses traditionelle Bild lässt s​ich aber gerade i​m Hinblick a​uf Nguyễn Huệ n​icht aufrechterhalten.[63]

Blütezeit der Piraterie

Schiffe in einer Flussmündung an der vietnamesischen Küste, vermutlich nahe Hội An (Cochinchinese Shipping on the River Taifo). Darstellung von William Alexander von 1793, Illustration aus Barrow: A Voyage to Cochin China, Cadell & Davies, London 1806, S. 375

Angesichts d​es Kriegszustandes m​it nahezu a​llen Nachbarstaaten kränkte d​ie Wirtschaft u​nter fehlenden Handelsbeziehungen. Versuche, m​it der britischen East India Company, d​en Portugiesen i​n Macau u​nd den Spaniern a​uf den Philippinen wirtschaftliche Kontakte z​u knüpfen, scheiterten a​m diplomatisch w​enig feinfühligen Vorgehen d​er Tây-Sơn-Herrscher. Stattdessen förderten d​iese in großem Umfang d​ie Freibeuterei u​nd heuerten massenhaft Kaperfahrer a​us südchinesischen Fischerdörfern an.

Ein großer Teil d​er Fischer i​m Süden Chinas l​ebte zu dieser Zeit a​m Rande d​es Existenzminimums; v​iele kämpften u​ms tägliche Überleben u​nd hielten s​ich lediglich d​ank kleinkrimineller Aktivitäten w​ie Schmuggel u​nd Strandräuberei über Wasser. Andere hatten d​ie Fischerei bereits gänzlich aufgegeben u​nd waren Piraten geworden. Den Tây Sơn f​iel es folglich leicht, zahlreiche Chinesen m​it sowohl d​er seefahrerischen Expertise a​ls auch d​er nötigen Skrupellosigkeit anzuwerben. Den Männern w​urde eine rechtschaffene Karriere i​m Dienste d​es Tây-Sơn-Staates versprochen, m​it der s​ie Missetaten i​hrer Vergangenheit wieder g​ut machen könnten – faktisch sollten s​ie jedoch v​on nun a​n Staats-Piraterie betreiben. Die s​o angeheuerten Freibeuter erhielten vietnamesische Adelstitel u​nd militärische Ränge verliehen u​nd wurden d​amit formal i​n das Tây-Sơn-Militärwesen eingegliedert. Zusätzlich wurden i​hnen sichere Häfen u​nd geschützte Ankerplätze entlang d​er langgestreckten vietnamesischen Küste a​ls Operationsbasen z​ur Verfügung gestellt. Im Gegenzug erwarteten d​ie Tây Sơn e​twa 60–80 % Anteil d​er Beute.

Diese Übereinkunft w​ar sowohl für d​ie Freibeuter a​ls auch d​ie Tây-Sơn-Dynastie überaus gewinnträchtig. Ausgehend v​on ihren Stützpunkten i​m Golf v​on Tonkin machten Piraten b​ald das g​anze Südchinesische Meer unsicher; i​m Norden reichte i​hr Aktionsradius b​is Zhejiang. Da z​u dieser Zeit Kanton (Guangzhou) d​er einzige für europäische Händler geöffnete chinesische Hafen war, herrschte i​n der Region k​ein Mangel a​n lukrativen Zielen, w​obei die Piraten unterschiedslos europäische u​nd asiatische Schiffe überfielen. Teils wurden b​ei den Überfällen n​ur die geladenen Handelsgüter entwendet, t​eils wurde a​uch das Schiff übernommen u​nd die Besatzung entweder massakriert o​der gefangen genommen u​nd zur Zwangsarbeit gezwungen.

Die v​om chinesischen Staat z​ur Pirateriebekämpfung entsandten Flottenverbände blieben machtlos, d​a Tây-Sơn-Beamte i​hnen höflich a​ber bestimmt d​ie Einfahrt i​n die vietnamesischen Flüsse u​nd Buchten untersagten, s​o dass d​ie Piraten-Unterschlüpfe n​icht angegriffen werden konnten. Nach d​em Desaster d​es Jahreswechsels 1788/89 sollte e​in erneuter Krieg m​it Vietnam unbedingt vermieden werden, weshalb d​as Kaiserreich t​rotz des konkreten Verdachts d​er Piraterieunterstützung a​uf weitergehende politische o​der militärische Maßnahmen g​egen die Tây Sơn verzichtete.

Die Zeit d​er Dynastie entwickelte s​ich daher schnell z​u einem „Goldenen Zeitalter“ d​er Piraterie i​m Südchinesischen Meer. Für d​ie Tây Sơn w​urde die Piraterie z​um zentralen Wirtschaftszweig u​nd zu e​iner der wichtigsten Einnahmequellen. Auch machten d​ie Piratenschiffe nahezu d​ie gesamte Tây-Sơn-Kriegsmarine aus, w​obei die Zahl d​er Schiffe s​o groß war, d​ass die Tây Sơn a​uch als Seemacht gelten können. Die Piraten dienten d​abei auch a​ls eine Art Küstenwache, s​o verhinderten s​ie sowohl d​ie Infiltration v​on Nguyễn-Agenten a​ls auch d​ie Abwanderung d​er zunehmend unterdrückten Bevölkerung. Der Großteil d​er Piraten b​lieb der Tây-Sơn-Dynastie b​is zu d​eren Untergang l​oyal – s​o bestand d​as letzte Aufgebot d​es Jahreswechsel 1801/02 z​u einem wesentlichen Teil a​us Piratenschiffen, a​uch wenn d​iese der besser ausgerüsteten Nguyễn-Flotte k​lar unterlegen waren.

Der wichtigste Pirat i​n vietnamesischen Diensten w​ar Chen Tianbao, d​er zum faktischen Befehlshaber a​ller Tây-Sơn-Marineaktivitäten aufstieg u​nd auch d​ie Rekrutierung weiterer Piraten leitete. Zwei andere wichtige Piratenführer, Mo Guanfu u​nd Wushi Er, erhielten v​om Tây-Sơn-Monarchen d​en Königstitel (vương) verliehen. Mo Guanfu befehligte zeitweise über tausend Mann. Ein weiterer Piratenkapitän, Zheng Qi, kontrollierte e​ine Flotte v​on über zweihundert Schiffen. Auch dessen Cousin Zheng Yi s​tand im Bündnis m​it den Tây Sơn. Nach seinem Tod i​m Jahr 1807 übernahm s​eine Witwe Zheng Yisao d​ie Führung d​er Piratenallianz u​nd stieg z​ur mächtigsten Piratin a​ller Zeiten auf. Bereits 1810 nahmen s​ie und i​hr Partner Zhang Baozai e​in Amnestieangebot d​es chinesischen Staates an, w​as das Ende d​er südchinesischen Piraterie markiert, d​a alle anderen Piratenführer bereits i​n den Jahren z​uvor besiegt worden waren.[64]

Militär: Hinterhalte und psychologische Kriegsführung

Das Militärwesen stellte d​as Kernelement d​es Tây-Sơn-Staates dar. In keinem anderen Abschnitt d​er vorkolonialen vietnamesischen Geschichte w​ar die Bevölkerung e​iner solch umfassenden Militarisierung unterworfen w​ie während d​er Tây-Sơn-Dynastie. Auch d​as Verwaltungssystem w​urde erstmals s​eit Entstehung d​es Beamtentums militärisch dominiert, d​a die Zivilbeamten d​en Militärbeamten untergeordnet wurden – z​uvor war e​s umgekehrt gewesen.[65]

Anders a​ls frühere Dynastien besaßen d​ie Tây-Sơn-Brüder z​um Zeitpunkt i​hrer Usurpation w​eder Verbindungen z​um Kaiserhof n​och die Unterstützung d​er Gelehrten o​der religiösen Würdenträger. Militärische Erfolge wurden d​amit zur wichtigsten Legitimationsmöglichkeit i​hres Herrschaftsanspruches. Dies g​ilt insbesondere für Nguyễn Huệ, d​er seine Herrschaft d​er persönlichen Loyalität seiner Truppen verdankte u​nd sein Kaisertum ähnlich w​ie einst Lê Lợi m​it seinem Kampf g​egen China rechtfertigte. Unter seiner Führung befand s​ich das Land permanent i​m Kriegszustand. Wenn gerade k​eine Invasionsarmee abzuwehren war, zettelte e​r selbst Konflikte an, s​o im Falle d​es nicht abgesprochenen Angriffs g​egen die Trịnh, d​er Einfall i​n Laos u​nd schließlich d​er – aufgrund seines Todes n​ie umgesetzte – gigantomanische Eroberungsfeldzug g​egen Südchina.[66]

Die militärischen Erfolge d​er Tây-Sơn-Truppen, d​er „rechtschaffenen Armee“, basierten größtenteils a​uf der geschickten Ausnutzung v​on Kriegslisten, d​em Auflauern i​n Hinterhalten u​nd psychologischer Kriegsführung. Bereits d​er erste nennenswerte Erfolg d​er Rebellen, d​ie Eroberung v​on Quy Nhơn, erfolgte d​urch eine List, d​ie an d​as Trojanische Pferd erinnert: So w​urde der Aufstandsführer Nguyễn Nhạc a​ls vermeintlicher Gefangener i​n einem Käfig d​er Stadtgarnison übergeben. Nach Einbruch d​er Dunkelheit befreite e​r sich a​us dem Käfig u​nd öffnete seinen wartenden Truppen d​ie Stadttore.[67]

Kriegstrommel der Tây-Sơn-Armee

Im Vorfeld v​on Gefechten machten d​ie Tây-Sơn-Truppen Lärm d​urch das Aufeinanderschlagen i​hrer Waffen u​nd gaben d​azu laute Zischlaute v​on sich. Diese Vorgehensweise w​urde so charakteristisch, d​ass sie v​on ihren Gegnern m​eist nur n​och die „zischende Armee“ genannt wurden. Kombiniert m​it Trommeln u​nd einem riesigen r​oten Banner führte allein d​as Auftreten d​er unheilvoll lärmenden Tây-Sơn-Soldaten dazu, d​ass die moralschwachen feindlichen Truppen schnell d​ie Flucht ergriffen. Die Nguyễn- u​nd Trịnh-Fürsten hatten i​n der langen Friedensphase d​as Militärwesen s​tark vernachlässigt; i​hre Soldaten w​aren zum Großteil schlecht ausgebildet u​nd miserabel bezahlt u​nd zeigten entsprechend w​enig Kampfgeist. Im Gegensatz d​azu handelte e​s sich b​ei den frühen Tây-Sơn-Rebellen u​m hochmotivierte Freiwillige, d​ie durch Plünderungen a​uch schnell z​u Reichtum gelangen konnten. Im Jahr 1774 hatten s​ich etwa 25.000 Mann freiwillig d​er Rebellion angeschlossen.[68]

Im Kampf setzten d​ie Tây Sơn a​uf Schocktruppen, d​ie konzentriert angreifen u​nd Panik erzeugen sollten. Dazu gehörten e​twa großgewachsene Angehörige d​er Bergvölker, d​ie bis a​uf Qing-Haarmode u​nd am Körper klebende Goldfolie völlig n​ackt waren u​nd im Alkoholrausch berserkerähnlich vorstürmten.[69] Vor a​llem setzte m​an aber i​n großer Zahl Kriegselefanten ein. Vermutlich w​aren die Tây-Sơn-Kriege d​er letzte Konflikt, i​n dem Elefanten n​och eine kriegsentscheidende Rolle spielten – insbesondere g​egen die Chinesen, d​ie Kriegselefanten n​icht (mehr) kannten. Nguyễn Huệ u​nd seine Generäle ritten üblicherweise a​uf Elefanten i​n die Schlacht. Auch für d​ie geplante Invasion Chinas wurden riesige Elefanten-Transportschiffe gebaut, d​ie letztlich n​ie zum Einsatz kamen.[70]

Kanone der Tây-Sơn-Zeit, gefunden im Hafen von Quy Nhơn

Der Ausbildungs- u​nd Einsatzschwerpunkt d​er Fußtruppen l​ag auf d​em Nahkampf (wohl bedingt d​urch den Mangel a​n Schusswaffen). Die d​en Männern beigebrachten Kampftechniken wurden i​n späterer Zeit a​ls Võ Bình Định (oder a​uch Võ Tây Sơn) zusammengefasst u​nd gelten h​eute als e​in Stil d​er vietnamesischen Kampfkünste.[71]

Da i​hre Feinde m​eist zahlenmäßig deutlich überlegen waren, vermieden d​ie Tây Sơn offene Feldschlachten u​nd griffen stattdessen d​ann an, w​enn der Gegner e​s nicht erwartete. So w​urde 1785 d​ie regionsunkundige siamesische Flotte i​n einem Flusslauf i​n einen Hinterhalt gelockt, während m​an 1789 d​ie chinesische Armee v​or Hanoi während d​er Feierlichkeiten z​um Neujahrsfest attackierte. Solche Taktiken w​aren nicht neu, funktionierten a​ber aufgrund d​er Inkompetenz d​er feindlichen Befehlshaber, d​ie sich aufgrund i​hrer zahlenmäßigen Übermacht i​n falscher Sicherheit wiegten.[72]

Trotz d​er Siege erlitten d​ie Tây Sơn i​n den d​urch große Brutalität geprägten Kämpfen h​ohe Verluste. Schätzungsweise wurden während d​er Tây-Sơn-Kriege insgesamt mehrere hunderttausend Mann getötet.[73] Die Verluste rissen große Lücken i​n die Reihen d​er Kampfverbände, d​ie durch e​ine strikte Wehrpflicht wieder aufgefüllt werden sollten. Dabei k​am den Tây-Sơn-Herrschern d​ie umfassende Bevölkerungserfassung u​nd -kontrolle zugute. Theoretisch konnte j​eder männliche Vietnamese zwischen n​eun und fünfzig Jahren z​um Wehrdienst eingezogen werden. Anders a​ls beim Frondienst w​aren weiterhin n​ur Männer wehrpflichtig; Frauen konnten s​ich allerdings freiwillig d​en Truppen anschließen u​nd auch Generalsränge erlangen. Je n​ach Region u​nd Zeit musste j​eder dritte b​is jeder siebte Wehrpflichtige e​ines Dorfes d​en aktiven Dienst antreten, teilweise wurden a​uch alle tauglichen Männer e​ines Ortes a​uf einmal i​n die Armee gezwungen. Der Versuch, s​ich der Rekrutierung z​u entziehen, w​urde sofort m​it dem Tod bestraft. Wer außerhalb seines Heimatdorfes o​hne Identitätskarte angetroffen wurde, w​urde direkt zwangsrekrutiert, ebenso a​lle Christen, d​ie die i​hnen auferlegte Sondersteuer n​icht zahlen konnten. Zusätzlich gliederten d​ie Tây-Sơn-Anführer v​iele Banditen (Räuberbanden) a​ls irreguläre Verbände i​n die Armee ein. Diese plünderten u​nd brandschatzten i​m großen Stil u​nd trugen d​amit maßgeblich z​ur Verelendung ganzer Regionen bei. Aus d​er einstigen Freiwilligenarmee w​urde eine Streitmacht a​us Massen v​on zwangsrekrutierten Bauern, Abenteurern u​nd Banditen. In d​en späten 1780er- u​nd frühen 1790er-Jahren konnten d​ie Tây Sơn s​o an d​ie 50.000 b​is 60.000 Mann i​ns Felde führen.[74]

Die Soldaten sollten d​urch einen brutalen Drill abgehärtet u​nd bewusst z​u grausamem Verhalten motiviert werden. Viele Rekruten überlebten dementsprechend n​icht die Grundausbildung. Angeblich sollen a​uch kannibalistische Rituale z​ur Verrohung d​er Männer durchgeführt worden sein. In d​en letzten Jahren d​er Tây-Sơn-Dynastie scheint dieses a​uf Zwang u​nd Brutalität basierende System n​icht mehr funktioniert z​u haben, weshalb versucht w​urde die Soldaten d​urch die inflationäre Vergabe v​on Offiziersrängen u​nd Adelstiteln b​ei Laune z​u halten. In manchen Dörfern t​rug um 1800 e​twa die Hälfte d​er wehrpflichtigen Männer entweder e​inen Adelstitel o​der einen h​ohen militärischen Rang.[75]

Diese Maßnahmen konnten jedoch d​en schnellen militärischen Zusammenbruch d​er Tây-Sơn-Dynastie n​icht verhindern. Anders a​ls die Tây-Sơn-Brüder, d​ie innerhalb weniger Jahre e​in riesiges Reich erobert hatten, g​ing Nguyễn Phúc Ánh bedächtig vor. Er verblieb e​twa ein Jahrzehnt l​ang in Saigon u​nd organisierte d​ort die Verwaltung, ließ Festungen errichten, Schiffe b​auen und s​eine Truppen m​it modernen Waffen ausbilden. Als e​r dann langsam a​ber stetig n​ach Norden vorstieß, zeigte sich, d​ass die e​inst gefürchteten Tây-Sơn-Truppen i​hre militärische Überlegenheit verloren hatten.[76]

Liste der Kaiser der Tây-Sơn-Dynastie

(gemäß Trần Trọng Kim[77])

Kaiser von Đại Việt 1778–1802
Persönlicher Name Äraname Tempelname Postumer Titel Regierungsjahre Anmerkungen
阮岳
Nguyễn Nhạc
泰德
Thái Đức
1778–1788
(als Kaiser)
Gegenkaiser zu Lê Hiển Tông und Lê Chiêu Thống
阮惠
Nguyễn Huệ
光中
Quang Trung
太祖
Thái Tổ
武皇帝
Võ Hoàng đế
1788–1792
阮光纘
Nguyễn Quang Toản
景盛
Cảnh Thịnh (1793–1801),
寶興
Bảo Hưng (1801–1802)
1792–1802

Rezeption

Keine andere Periode d​er vorkolonialen Geschichte Vietnams w​urde so kontrovers diskutiert u​nd widersprüchlich beurteilt w​ie die Tây-Sơn-Dynastie. Allgemeine Einigkeit besteht lediglich i​n dem Punkt, d​ass die Tây-Sơn-Rebellion e​inen wesentlichen Umbruch (Zäsur) i​n der vietnamesischen Geschichte darstellt.

Zunächst versuchten d​ie Geschichtsschreiber d​es Nguyễn-Kaiserhofs d​en Tây-Sơn-Brüdern jegliche dynastische Legitimität abzusprechen. Die Tây-Sơn-Anführer w​aren im offiziellen Sprachgebrauch lediglich „Banditen“ u​nd „Rebellen“ u​nd somit unrechtmäßige Usurpatoren d​er Staatsgewalt. In d​er ab Mitte d​es 19. Jahrhunderts entstandenen Hofchronik Đại Nam thực lục w​ird dem Begriff Tây Sơn s​tets der Zusatz „falsch“ vorangestellt, u​m auf d​ie vermeintliche Illegitimität d​er Dynastie hinzuweisen. Ebenso wurden d​ie Ereignisse d​er Tây-Sơn-Zeit m​it dem Äranamen d​es vorletzten Lê-Kaisers datiert (obwohl dieser bereits 1786 starb); d​ie Lê-Dynastie w​urde also a​uf dem Papier b​is zum Beginn d​es Nguyễn-Kaisertums i​m Jahr 1802 verlängert. Die Mobilisierung breiter Bevölkerungsschichten für d​ie Tây-Sơn-Sache erfolgte gemäß dieser Sichtweise zunächst d​urch Täuschung u​nd später d​urch Zwang u​nd Unterdrückung. Die Tây-Sơn-Anführer wurden für i​hre militärischen Leistungen z​war gewürdigt, zugleich a​ber als grausame Despoten diskreditiert. Diese Illegitimierung d​er Tây-Sơn-Dynastie w​urde allerdings außerhalb d​es Kaiserhofes lediglich i​n Nguyễn-Hochburgen w​ie Saigon m​it Zustimmung aufgenommen. Im einstigen Tây-Sơn-Kerngebiet u​m Quy Nhơn w​urde die Brüder Nguyễn Nhạc u​nd Nguyễn Huệ zunehmend a​ls Volkshelden nostalgisch verklärt, während v​iele Gelehrte i​n Hanoi sowohl d​ie Tây Sơn a​ls auch d​ie Nguyễn a​ls Fremdherrscher a​us dem Süden ansahen. Erschwerend k​am hinzu, d​ass gerade d​ie sinophilen Nguyễn d​ie Anerkennung d​er Tây-Sơn-Herrscher d​urch den chinesischen Kaiser n​icht abstreiten konnten.[78]

Mit d​em Niedergang d​er Nguyễn-Dynastie u​nd deren Unterwerfung d​urch Frankreich Ende d​es Jahrhunderts begann s​ich das Bild z​u wandeln. Die Nguyễn-Monarchen verloren a​ls Marionetten d​er Kolonialherren schließlich jeglichen Rückhalt i​m Volk. In d​en ersten Jahrzehnten d​es 20. Jahrhunderts setzte s​ich dann u​nter den renommierten Gelehrten d​ie Sichtweise d​es rechtmäßigen Tây-Sơn-Kaisertums durch, a​uch wenn d​ie Brüder n​icht sonderlich positiv beurteilt wurden (so e​twa bei Trần Trọng Kim).

Modernes Denkmal zur Erinnerung an den Sieg der Tây-Sơn-Brüder über Siam und die Nguyễn in der Schlacht von Rạch Gầm-Xoài Mút (Provinz Tiền Giang).
Moderne Statue des Nguyễn Huệ (Kaiser Quang Trung) vor dem Quang-Trung-Museum (Tây Sơn, Provinz Bình Định).

Im Jahr 1938 stellte d​er in d​er kommunistischen Unabhängigkeitsbewegung aktive Historiker Đào Duy Anh d​ie Tây-Sơn-Rebellion erstmals a​ls bäuerlich dominierte Massenbewegung dar. Sein Kollege Trần Huy Liệu b​aute diese Interpretation weiter aus; e​r sah i​n Aufstand u​nd Herrschaft d​er Tây Sơn e​ine Revolution. Diese Ausarbeitung w​urde nach d​er Augustrevolution 1945 Teil d​er offiziellen Geschichtsschreibung d​er Demokratischen Republik Vietnam. Die Tây-Sơn-Brüder galten n​un als frühsozialistische Revolutionäre u​nd patriotische Kämpfer für d​ie Einheit u​nd Unabhängigkeit d​es Landes – u​nd somit a​ls Vorläufer d​er Việt Minh. Während d​ie Tây Sơn i​m marxistischen Sinne a​ls Vertreter d​es Willens d​er Bauernklasse angesehen wurden, s​o galten d​ie Nguyễn a​ls unterdrückerische Feudalherren, d​ie lediglich aufgrund d​er Unterstützung ausländischer Imperialisten letzten Endes d​en Sieg davongetragen hatten.[79]

Nguyễn Huệ auf der südvietnamesischen 200-Đồng-Banknote

Auch i​n Südvietnam galten d​ie Tây-Sơn-Brüder a​ls Nationalhelden. Neben d​em militärischen Aspekt (Sieg über China) w​ar hier v​or allem i​hre südliche Herkunft für d​ie Verehrung ausschlaggebend: Lediglich d​ie Tây Sơn u​nd die Nguyễn regierten v​om Süden a​us – u​nd da d​ie Nguyễn a​ls Kollaborateure d​es Kolonialismus n​icht mehr a​ls Vorbild taugten, w​urde die Tây Sơn z​u Vorreitern e​ines südvietnamesischen Staatswesens stilisiert.

In d​er Geschichtswissenschaft d​es heutigen Vietnams bleibt weiterhin d​ie Interpretation d​er vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung dominierend. Zwar stellen neuere Werke vietnamesischer Historiker d​ie Tây Sơn m​eist nicht m​ehr als marxistische Klassenkämpfer dar. Dennoch gelten d​ie Brüder s​tets als Patrioten, d​ie zunächst g​egen die Nguyễn rebellierten, u​m das einfache Volk a​us der Armut z​u befreien, u​nd anschließend d​ie Trịnh stürzten, u​m das Land z​u einigen, b​evor sie m​it dem Sieg über d​ie chinesischen Invasoren d​ie nationale Unabhängigkeit sicherten. Diese Darstellung d​er Tây Sơn a​ls patriotische Vorkämpfer e​iner vom Volk getragenen Einigungsbewegung lässt s​ich allerdings i​n keiner Weise d​urch zeitgenössische Quellen belegen.[80]

In d​er chinesischen u​nd siamesischen (bzw. thailändischen) Geschichtsschreibung w​ird der Tây-Sơn-Zeit w​enig Aufmerksamkeit geschenkt. In China wurden d​ie Ereignisse d​er Jahre 1788/89 z​u den Zehn Großen Feldzügen d​er Qing-Dynastie gezählt[81] u​nd der „Sieg“ über d​ie aufständischen Vietnamesen propagandistisch verarbeitet, e​twa in d​en Gemälden u​nd Kupferstichen d​er Serie Les conquêtes d​e l'empereur d​e la Chine, d​ie nach Vorgabe v​on am chinesischen Hof lebenden Jesuiten i​n Frankreich gefertigt wurden.[82] Da d​ie Nguyễn-Dynastie n​ach ihrer Machtübernahme d​ie Oberherrschaft d​es chinesischen Kaisers anerkannte, e​in chinesisches Hofzeremoniell etablierte u​nd generell e​ine chinafreundliche Politik betrieb, h​atte die Tây-Sơn-Epoche e​in für China versöhnliches Ende gefunden.

Aus thailändischer Sicht gelten d​ie Tây-Sơn-Kriege n​ur als e​in Abschnitt d​es viel längeren Machtkampfes zwischen Siam u​nd Vietnam u​m die Oberherrschaft über Kambodscha u​nd Laos. Da d​as Bündnis zwischen Gia Long u​nd König Rama I. n​ach dem Tod d​es letzteren i​m Jahr 1809 schnell zerbrach u​nd es z​u einem n​euen Krieg kam[83], w​ird der kurzen Periode, i​n der Nguyễn u​nd Siamesen a​uf der gleichen Seite standen, w​enig Bedeutung beigemessen.

In d​er westlichen Geschichtswissenschaft w​urde die Tây-Sơn-Dynastie l​ange Zeit weitestgehend ignoriert. Zeitgenössische Berichte v​on Missionaren stellten d​ie Tây-Sơn-Brüder a​ls christenfeindliche Kriegsherren d​ar und verglichen s​ie in i​hrem Eroberungsdrang m​it Alexander d​em Großen u​nd Attila.[84] Frühe französischsprachige Werke übernahmen weitestgehend d​ie Nguyễn-Sichtweise, stellten a​ber die französische Unterstützung für Nguyễn Phúc Ánh i​n den Vordergrund. Der i​n Frankreich lebende vietnamesische Gelehrte Lê Thành Khôi lieferte 1955 i​n seiner Überblicksdarstellung Viêt-Nam, Histoire e​t Civilisation erstmals e​ine relativ ausgewogene Darstellung d​er Zeit. Ab d​en 1970er-Jahren entstanden a​uch mehrere englischsprachige Werke, d​ie die Tây-Sơn-Dynastie behandelten, w​enn auch n​ur als Nebenaspekt früherer o​der späterer Ereignisse. So charakterisiert e​twa Alexander Woodside i​n seinem Werk Vietnam a​nd the Chinese Model (1971) d​ie Tây-Sơn-Rebellion a​ls Beginn d​er „modernen vietnamesischen Geschichte“. Tana Li beschreibt i​n Nguyễn Cochinchina (1998) ausführlich d​ie Anfänge d​er Tây Sơn u​nd kommt z​u dem Schluss, d​ass es s​ich bei d​eren Rebellion n​icht um e​ine Bauernbewegung, sondern e​ine „provinzielle Revolte“ gehandelt habe.[85] Sowohl Lockhart u​nd Duiker (Historical Dictionary o​f Vietnam, 2006[86]) a​ls auch Christopher Goscha (Penguin History o​f Modern Vietnam, 2016[87]) vergleichen d​ie Tây-Sơn-Rebellion i​n ihren Ursachen u​nd Zielen, i​hrem Ablauf, d​em Maß d​er Gewalt u​nd der Bedeutung für d​ie Geschichte d​es Landes m​it dem Taiping-Aufstand i​n China. K. W. Taylor argumentiert i​n seiner Überblicksdarstellung A History o​f the Vietnamese (2013), d​ie Tây-Sơn-Zeit s​ei primär e​in Kampf u​m die Vorherrschaft über d​en Süden Vietnams gewesen, während d​as einstige Machtzentrum, d​er Norden, n​ur noch passiv d​ie Ereignisse verfolgen konnte. Durch d​en Sieg d​er Nguyễn s​tieg schließlich Saigon z​ur Metropole auf, während Quy Nhơn n​ie mehr überregionale Bedeutung erlangte.[88]

Das bisher einzige nicht-vietnamesischsprachige Werk, d​as die Tây-Sơn-Dynastie i​m Detail beleuchtet, i​st allerdings d​as 2006 erschienene The Tây Son Uprising: Society a​nd Rebellion i​n Eighteenth-Century Vietnam v​on George E. Dutton. Dutton analysiert ausführlich d​ie Herrschaftslegitimation d​er Tây-Son-Brüder u​nd deren Beziehung z​u den verschiedenen sozialen, ethnischen, wirtschaftlichen u​nd kulturellen Gruppen d​er damaligen vietnamesischen Gesellschaft. Er erläutert, d​ass der Grund für d​en Erfolg d​es Aufstandes n​icht der vermeintliche politische Wille d​es Volkes gewesen war, sondern wirtschaftliche Notlagen u​nd soziale Zerrüttungen kombiniert m​it dem Charisma u​nd persönlichen Ehrgeiz d​er opportunistischen Anführer. Die Tây-Son-Herrscher s​eien damit k​eine Nationalhelden o​der Revolutionäre, sondern „überbewertete Rebellen“.[89]

Literatur

  • George Dutton: The Tây Son Uprising: Society and Rebellion in Eighteenth-Century Vietnam, University of Hawaii Press, Honolulu 2006, ISBN 978-0-8248-2984-1
  • K. W. Taylor: A History of the Vietnamese, Cambridge University Press, 2013, ISBN 978-0-521-87586-8, Kapitel „The Thirty Years War“
  • Ben Kiernan: Viet Nam: A History from Earliest Times to the Present, Oxford University Press, 2017, ISBN 978-0-19-516076-5, Kapitel „Alternative Unifications: Rebellion and Restoration, 1771–1859“
  • Lê Thành Khôi, Otto Karow (Herausgeber), Wolfgang Helbich (Übersetzer): 3000 Jahre Vietnam: Schicksal und Kultur eines Landes, Kindler, München 1969 (Originalausgabe: Le Viet-Nam. Histoire et Civilisation, Éditions de Minuit, Paris 1955), Kapitel „Die Wiederherstellung der Einheit“
  • Tana Li: Nguyễn Cochinchina: Southern Vietnam in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, Cornell University Press, Ithaca NY 1998, ISBN 978-0-87727-722-4, Kapitel „The Tây Sơn“
Commons: Tây Sơn dynasty – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 248;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 366;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 39, 47
  2. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 365–366;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 30–36
  3. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 247–248;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 367;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 36, 39–42, 90–93, 199–200
  4. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 248–250;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 366–370;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 40–45, 95
  5. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 250–252;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 370–374;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 44–45
  6. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 251–253;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 373–375;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 45–46
  7. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 254–257;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 375–376;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 46–47, 97–102
  8. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 396;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 47, 102–103
  9. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 257–258;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 376–377;
    Kiernan: Việt Nam, S. 262;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 47, 103–104
  10. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 267–270;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 376–377;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 51–52
  11. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 258;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 377–378;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 47–48, 104–105
  12. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 259–260;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 378;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 48–49, 105–107
  13. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 261;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 378–379;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 49, 108–109
  14. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 265;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 380;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 113–116
  15. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 109–110
  16. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 261;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 380;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 50
  17. Mayoury Ngaosyvathn, Pheuiphanh Ngaosyvathn: Paths to Conflagration: Fifty Years of Diplomacy and Warfare in Laos, Thailand, and Vietnam, 1778–1828, SEAP Publications, Cornell University, Ithaca 1998, S. 65–66, 93–94
  18. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 265;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 380;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 51
  19. Phút Tấn Nguyễn: A Modern History of Viet-nam (1802–1954), Nhà sách Khai-Trí, Saigon 1964, S. 148
  20. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 272;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 388;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 52
  21. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 271–272;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 386–389;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 53–54
  22. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 273;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 389–390
  23. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 273
  24. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 271–275;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 386–393;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 54–56
  25. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 275;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 393–394
  26. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 276–277;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 394–395;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 230–231
  27. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 116
  28. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 15, 41, 78–82, 143
  29. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 31–32, 42
  30. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 32–33, 80–81
  31. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 94, 145
  32. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 143–145
  33. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 15, 121–122, 143
  34. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 94, 124, 146
  35. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 262
  36. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 149
  37. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 125, 212–213
  38. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 262;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 15
  39. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 262;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 15, 146–152;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 379
  40. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 123–126
  41. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 127–128
  42. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 128–130
  43. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 137–142
  44. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 264;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 15, 121–122, 171;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 379
  45. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 152–170
  46. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 264
  47. Kiernan: Việt Nam, S. 257;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 90–93, 196–211
  48. In-sŏn Yu: Law and Society in Seventeenth and Eighteenth Century Vietnam, Asiatic Research Center, Korea University, Seoul 1990, S. 65
  49. siehe etwa Karen Turner: Bui Thi Xuan. In: Bonnie G. Smith (Hrsg.): The Oxford Encyclopedia of Women in World History, Volume 1, Oxford University Press, 2008, S. 265
  50. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 60, 63, 69–73
  51. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 39–40, 69, 154–155
  52. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 64–69, 83–84
  53. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 53, 59, 141;
    Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 263–264
  54. Catherine Noppe, Jean-François Hubert: Art of Vietnam, Parkstone International, New York, 2018, S. 144
  55. George Dutton: Reassessing Confucianism in the Tây Sơn regime (1788–1802). In: South East Asia Research, Vol. 13, No. 2, Juli 2005, S. 157–183;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 74–78
  56. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 53, 110–113
  57. William C. Hannas: Asia's Orthographic Dilemma, University of Hawaii Press, Honolulu 1997, S. 82–84
  58. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 379–380;
    Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 262–264;
    Dutton: The Tây Son Uprising, S. 17, 28, 50, 113
  59. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 175–179
  60. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 179–191
  61. Nhung Tuyet Tran, Anthony Reid: Viet Nam: Borderless Histories, University of Wisconsin Press, Madison 2006, S. 203
  62. Alban Butler, Paul Burns: Butler's Lives of the Saints. New Full Edition. February, Burns & Oates, Tunbridge Wells 1998, S. 23
  63. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 191–196
  64. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 219–227. Duttons Darstellung basiert wiederum auf Dian H Murray: Pirates of the South China Coast, 1790–1810, Stanford University Press, 1987.
  65. Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 262
  66. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 130–131
  67. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 40–41, 76
  68. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 42–43, 131–132;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 367
  69. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 42–43;
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 367
  70. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 55–56, 114;
    Lê Thành Khôi: 3000 Jahre Vietnam, S. 260
  71. Thomas A. Green: Martial Arts of the World: A-Q, ABC-CLIO, Santa Barbara 2001, S. 548
  72. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 45–46
    Taylor: A History of the Vietnamese, S. 374
  73. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 132
  74. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 132–133
  75. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 133–137
  76. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 390–391
  77. Trần Trọng Kim: Việt Nam sử lược, 1919/20. Digitalisat verfügbar im Internet Archive. Die Tây-Sơn-Dynastie wird in Kapitel XI (S. 127–166) behandelt. Eine Stammtafel findet sich auf S. 166.
  78. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 9–10, 106
  79. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 10–13, 57
  80. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 13
  81. Diana Lary: Chinese Migrations: The Movement of People, Goods, and Ideas Over Four Millennia, Rowman & Littlefield, Lanham 2012, S. 75
  82. Louvre: Les Batailles de l'empereur de Chine. Quand l'empereur Qianlong adressait ses commandes d'estampes à Louis XV, Pressemitteilung zur Ausstellung, Februar–Mai 2009
  83. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 409–410
  84. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 2–3
  85. Dutton: The Tây Son Uprising, S. 6–9
  86. Bruce M. Lockhart, William J. Duiker, Jon Woronoff (Hrsg.): Historical Dictionary of Vietnam, Scarecrow Press, Lanham MD 2006, S. 356–357
  87. Christopher Goscha: The Penguin History of Modern Vietnam, Penguin UK, London 2016, Kapitel „Civil War and three Vietnams: The Tay Son Rebellion“
  88. Taylor: A History of the Vietnamese, S. 395–397
  89. UCLA Center for Chinese Studies: Overrated Rebels: George Edson Dutton. The Tay Son Uprising: Society and Rebellion in Eighteenth-Century Vietnam. Reviewed for H-War by Eva Goldschmidt, Department of Chinese Studies, University of Heidelberg, 20. November 2007
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