Stadtbahn Charleroi
Die Stadtbahn Charleroi (französisch: Métro léger de Charleroi) erschließt den Großraum Charleroi in der Province de Hainaut (Provinz Hennegau) im wallonischen Teil Belgiens. Das Netz erstreckt sich über eine Länge von 33 Kilometern und verfügt über 12 unterirdische Stationen. Betreiber ist der TEC Charleroi, ein Tochterunternehmen des Transport en Commun (TEC).
Métro léger de Charleroi | |
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Basisinformationen | |
Staat | Belgien |
Stadt | Charleroi |
Eröffnung | 1881 (Dampfstraßenbahn) 1904 (Elektr. Straßenbahn) 1976 (Stadtbahneröffnung) |
Betreiber | TEC |
Infrastruktur | |
Streckenlänge | 33,4 km |
Spurweite | 1000 mm (Meterspur) |
Stromsystem | 600 V = Oberleitung |
Haltestellen | 30 |
Tunnelbahnhöfe | 12 |
Betriebshöfe | 2 |
Betrieb | |
Linien | 4 |
Linienlänge | 25,6 km |
Fahrzeuge | 49 (davon 37 im Einsatz, 7 in Reserve und 5 in Rekonstruktion) |
Höchstgeschwindigkeit | 65 km/h |
Statistik | |
Fahrgäste | 5,6 Mio. / Jahr (2017) |
Fahrleistung | 950.000 km (2010) |
Liniennetz seit dem 21. Juni 2013 |
Vorgeschichte
Östliches Netz
Eine erste Pferdebahnlinie wurde in Charleroi 1881 eröffnet, sie führte vom Südbahnhof durch die Unterstadt. Im selben Jahr ging eine normalspurige Dampfstraßenbahnstrecke von der Unterstadt durch die Oberstadt in den heutigen Stadtteil Gilly in Betrieb, im Jahr darauf folgte eine zweite nach Montignies-sur-Sambre. 1903 wurden die dampfbetriebenen Strecken von der Société Anonyme des Railways Economiques Liège–Seraing & Extensions (RELSE) übernommen. Deren neu gegründete Tochtergesellschaft Tramways Électriques du Pays de Charleroi (TEPCE) spurte die Strecken auf Meterspur um und elektrifizierte bis 1939 das Netz. Die Entwicklung führte dazu, dass jenes in der östlichen Hälfte der Stadtregion lag, im westlichen Bereich dominierte die staatliche Société nationale des chemins de fer vicinaux (SNCV).
In Rahmen der Bemühungen, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in den Ballungsgebieten zu fördern, trat 1962 die staatliche Stadtverkehrsgesellschaft Société des transports intercommunaux de Charleroi (STIC) an die Stelle der TEPCE. 1969 reichte deren noch aus zehn Linien bestehendes Netz bis Fleurus, Châtelineau, Châtelet und Loverval. Die Innenstadt Charlerois wurde zentral durchquert, die Strecke von Gilly zum Bahnhof Châtelineau gemeinsam mit der SNCV befahren.
Die aufgrund ihrer Lackierung als „Tram vert“ (grüne Straßenbahn) bezeichneten Bahnen verkehrten letztmals am 30. Juni 1973, als die verbliebenen Strecken nach Gilly/Fleurus und Montignies/Châtelineau eingestellt wurden. Im Rahmen der Neuorganisation des ÖPNV in Belgien im Jahr 1991 wurde die bis – dahin nur noch Busverkehr betreibende – STIC Eigentümerin an den neu entstandenen Métrostrecken.[1]
Westliches Netz
Meterspurige dampfbetriebene Überlandstraßenbahnen der SNCV verbanden ab dem 3. Juni 1887 Charleroi mit Mont-sur-Marchienne, Montigny-le-Tilleul und Lodelinsart. Mit Ausnahme der Strecke nach Thuillies wurden 1901 sämtliche Strecken elektrifiziert. 1929 verband man das Netz mit denen des Borinage (Region um Mons) und des Centre (um La Louvière), wobei die 40 Kilometer lange Linie 90 von Charleroi nach Mons entstand. Das neue Netz reichte von Namur über 122 Kilometer Strecke bis in die französische Stadt Valenciennes.
Von 1949 bis 1956 wurde das elektrifizierte Netz nochmals verlängert und um zwei Strecken erweitert. Mit der Linie 76 entstand eine umsteigefreie Verbindung zwischen Charleroi und Namur, die 1959 wieder eingestellt wurde. Einer ersten Stilllegungswelle in den Jahren 1967/68 fielen alle Strecken südlich des Flusses Sambre und östlich der Achse Charleroi–Gosselies zum Opfer. 1982 wurde noch ein 132 Kilometer langes Überlandnetz mit den Eckpunkten Charleroi, Thuin, Binche, La Louvière, Maurage und Gosselies betrieben.[2]
Bis Ende Mai 1983 verkehrte die Linie 92 von der Schleife Eden in Charleroi über Anderlues nach Thuin, bis Ende jenes Jahres pendelte dann die Linie 91 von Anderlues nach Thuin. Auf dem Endabschnitt zwischen Lobbes und Thuin verkehren heute Museumsfahrzeuge des Straßenbahnmuseums Thuin.[3]
Geschichte
Ausgangslage
In den 1960er Jahren war der Großraum Charleroi, das „Pays Noir“ (Schwarzes Land) genannte älteste Montanrevier auf dem europäischen Festland,[4] von zwei verschiedenen Straßenbahnbetreibern erschlossen. Im Westen des Stadtzentrums durch das Überlandnetz der SNCV, im Osten durch die Linien der STIC. Beide Netze waren nicht mehr auf der Höhe der Zeit: das Wagenmaterial war veraltet und die Strecken verliefen meist ungünstig trassiert in eingleisiger Seitenlage.
Zu jener Zeit hatte der ÖPNV noch einen Anteil von 25 % an allen Wegen. Für die Zukunft wurde eine allenfalls stagnierende Fahrgastzahl bei einem steigenden Verkehrsaufkommen erwartet. Durch einen verbesserten öffentlichen Nahverkehr hoffte man, dem entgegenzuwirken. Ein weiteres Ziel war die wirtschaftliche Belebung in Zeiten des Niedergangs von Kohle- und Stahlindustrie – 1984 wurde die letzte Zeche stillgelegt – sowie die Attraktivierung der Innenstadt.[5]
Entscheidung zum Bau der Metro
Die Planungen für eine moderne Bahn gehen auf eine Initiative der belgischen Regierung des Jahres 1962 zurück. Unter Anpassung des existierenden Schienenverkehrs sollte ein vom Straßenverkehr vollkommen unabhängiges U-Bahn-ähnliches Netz entstehen, mit Rampen von bis zu 6 % Längsneigung und minimalen Kurvenradien von 70 Meter. Moderne Fahrzeuge sollten eine ausreichende Kapazität bieten, die Straßenbahnnetze von STIC und SNCV boten indes gute Voraussetzungen für eine unmittelbare Nutzung der zu schaffenden Infrastruktur zunächst durch vorhandene Fahrzeuge.[5]
Die hügelige Topographie erforderte einen hohen Anteil an Brücken und Tunneln. Als kostengünstig erwies sich die Nutzung stillgelegter Eisenbahnstrecken in der von Zechen geprägten Region, womit aber oft eine ungünstige Lage der Haltepunkte abseits der Siedlungskerne in Kauf genommen wurde. Mitte der 1960er Jahre umfasste die Planung einen Innenstadtring und acht Äste in die Außenbezirke, die bei 52 Kilometer Streckenlänge 69 Stationen umfassen sollten. Die vollständige Inbetriebnahme war für 1994 vorgesehen.[6]
Der Bau der Metrostrecken begann Ende der 1960er Jahre, das erste 800 Meter lange Teilstück über die Station Villette zum Bahnhof Sud wurde 1976 in Betrieb genommen. Südlich der späteren Station Ouest wechselten die Bahnen vom Straßenraum auf die neue Strecke. 1980 wurde diese von Villette über Ouest bis zur Station Piges verlängert, zwischen den beiden letztgenannten Stationen wurde ein aufgeständertes Gleisdreieck angelegt. 1983 ging die Verzweigung westlich von Piges zur eingehausten Station Dampremy in Betrieb, wobei im Tunnel eine Abraumhalde durchquert wurde. Zeitgleich wurde westlich des Gleisdreiecks mit Beaux Arts eine erste unterirdische Station eröffnet. Hinter dieser erlaubte eine im Tunnel verlaufende Wendeschleife das Kehren jener Züge, die bis dahin die Schleife am aufgelassenen oberirdischen Endpunkt Eden genutzt hatten. 1996 war mit einer Streckenlänge von 17 Kilometern ein Drittel des geplanten Netzes baulich fertiggestellt, einschließlich der bis heute nicht eröffneten Strecke nach Centenaire.[6]
Mit der Inbetriebnahme neuer Strecken wurden die dazu parallel verlaufenden Straßenbahnstrecken überwiegend stillgelegt.
Krise in den 1980er Jahren
Konterkariert wurde das Projekt der Metro durch die in den 1980er Jahren immer schneller voranschreitende Stilllegung der SNCV-Strecken. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass die neu erstellte Metro-Infrastruktur von immer weniger Linien genutzt wurde. 1988 waren nur noch die Linien 89 (Beaux Arts–Anderlues) und 90 (Sud-Anderlues-La Louvière) in Betrieb.[7]
Außerdem machten sich die Unterfinanzierung des Betriebs und der Kompetenzenstreit zwischen SNCV (Betreiber) und STIC – der Eigentümer der neuen Strecken fürchtete die Abwanderung seiner Busfahrgäste – negativ bemerkbar. Dies führte zu der erstaunlichen Tatsache, dass komplett fertiggestellte Strecken jahrelang nicht eröffnet wurden. Auch an im Rohbau befindlichen Streckenabschnitten wurden die Bauarbeiten eingestellt. Die betrieblich ungünstige Lage der neuen Strecken, die mäßigen Taktfrequenzen und der verwahrlost wirkende Zustand von Anlagen und Fahrzeugen ließen die Fahrgastzahlen schrumpfen.[7]
Heutige Situation
Als Folge der Regionalisierung des Staates Belgien ging die Zuständigkeit für den ÖPNV auf die Regionen über. In der Wallonie übernahm die neue Holding Société Régionale Wallone du Transport (SRWT) den öffentlichen Nahverkehr und gab die Betriebsführung an ihre Tochtergesellschaft Transport en Commun (TEC) Charleroi weiter. Seit dem 1. Juli 1991 ist somit das nachteilige nebeneinander von SNCV und STIC Geschichte, Stadtbahn- und Busverkehr können aus einer Hand zugunsten der Fahrgäste koordiniert werden.[7]
1992 wurden vorhandene Lücken der Stadtbahnstrecke nach Fontaine-l’Évêque (Station Pétria) geschlossen und – sieben Jahre nach ihrer Fertigstellung – die Strecke nach Gilly (einschließlich des Knotenpunkts Waterloo) eröffnet.[7] Die betriebsfertige Strecke Waterloo–Centenaire wurde allerdings bis heute nicht in Betrieb genommen und verfällt in zunehmendem Maße.
Am 27. Februar 2012 gingen die folgenden Strecken in Betrieb:
- Vervollständigung des Innenstadtrings durch eine Neubaustrecke Parc–Sud (Bahnhof Charleroi-Sud). Diese wurde aber nicht wie ursprünglich geplant als Hochbahn, sondern als Straßenbahn gebaut.
- Die lange Zeit im Rohbau fertige Streckenverlängerung Gilly–Soleilmont, wobei die ungünstig gelegene Station Sart Culpart näher an die Bebauung gerückt wurde.
Mit leichter Verspätung erfolgte am 22. Juni 2013 die Inbetriebnahme der Strecke nach Gosselies als Linie M3. Sie folgt „straßenbahnmäßig“ weitgehend der ehemaligen Straßenbahnstrecke sowie einer stillgelegten Eisenbahntrasse.
Zukünftige Entwicklung
Es ist nicht damit zu rechnen, dass die ursprüngliche Metro-Planung in vollem Umfang wieder aufgenommen wird.
Infrastruktur
Strecken
Folgende Strecken wurden im Jahr 2018 betrieben:
- Innenstadtring, 8 Stationen
- Strecke nach Pétria, 11 Stationen: Diese Strecke wurde als erste der ursprünglich geplanten Metrostrecken vollständig fertiggestellt und in Betrieb genommen. Die Verlängerung bis Anderlues als Straßenbahn auf der ehemaligen SNCV-Trasse war 2018 wegen Bauarbeiten nicht in Betrieb.
- Strecke nach Soleilmont, 6 Stationen: Seit 2012 ist dies die zweite Strecke, die den endgültigen Ausbauzustand erreicht hat und im Linienverkehr betrieben wird. Zuvor war sie seit 1985 bis Gilly in Betrieb. Diese Strecke wird im Linksverkehr betrieben, mit einer Kreuzung der beiden Richtungsgleise kurz vor der Station Samaritaine (stadtauswärts gesehen).
- Strecke nach Gosselies, 15 Bahnhöfe: Diese Strecke diente bereits vorher als Betriebsstrecke zum Betriebshof Jumet und wurde am 22. Juni 2013 nach vierjährigen Umbauarbeiten für den Fahrgastverkehr freigegeben. In der ursprünglichen Metro-Planung war vorgesehen, auch diese Strecke als Metro auf Eigentrasse, teilweise in Tunneln, komplett neu zu bauen. Sie sollte in der Station Waterloo vom Innenstadtring abzweigen – der dortige Tunnelmund ist seit Anfang der 1990er Jahre fertiggestellt. Stattdessen wurde die Strecke als Straßenbahn mit besonderem Bahnkörper vollständig erneuert.
Die Entwicklung der Gleisinfrastruktur wird in den folgenden Plänen veranschaulicht:
- Stadtring West zur Betriebsaufnahme 1980
- Westast 1982
- Anschlüsse West und Station Beaux-Arts zur Betriebsaufnahme 1983
- Planung zum Betrieb der Ostäste ab Waterloo 1985
- Stadtbahnabschnitt Fontaine–Petria auf dem Westast 1986
- Zentralbereich 1992
- Zentralbereich 1997
- Ostast nach Soleilmont 2012
Eröffnungsdaten
Jahr | Ast nach | Strecke | Anzahl neuer Bahnhöfe |
---|---|---|---|
1976 | Innenstadtring | Sud – Ouest | 3 |
1980 | Anderlues | Ouest – Piges | 1 |
1982 | Anderlues | Moulin – Paradis | 3 |
1983 | Innenstadtring | Ouest/Piges – Beaux-Arts | 1 |
1983 | Anderlues | Piges – Providence | 1 |
1986 | Anderlues | Paradis – Pétria | 2 |
1992 | Anderlues | Providence – Moulin | 3 |
1992 | Innenstadtring | Beaux-Arts – Waterloo | 1 |
1992 | Soleilmont | Waterloo – Gilly | 3 |
1996 | Innenstadtring | Waterloo – Parc | 2 |
2012 | Innenstadtring | Sud – Parc | 1 |
2012 | Soleilmont | Gilly – Soleilmont | 3 |
2013 | Gosselies | Piges – Gosselies | 15 |
Liniennetz bis Februar 2012
Das Netz wurde bis 26. Februar 2012 von folgenden Linien befahren:
Linie | Strecke | Netzplan bis 26. Februar 2012 |
---|---|---|
54 | Sud ←→ Waterloo ←→ Gilly | |
55 | Parc ←→ Waterloo ←→ Gilly | |
Fontaine ←→ Gilly (gestrichene Linie, nur in der HVZ) | ||
88 | Parc ←→ Waterloo ←→ Beaux-Arts ←→ Anderlues | |
89 | Sud ←→ Beaux-Arts ←→ Anderlues | |
Linienreform 2012
Die Fertigstellung des Innenstadtrings und die gleichzeitige Streckenverlängerung von Gilly nach Soleilmont am 27. Februar 2012 hat man für eine tiefgreifende Linienreform genutzt, die auch die künftige Strecke nach Gosselies mit einbezog. Damit verschwanden die letzten traditionellen Straßenbahn-Liniennummern. Die Linien wurden von M1 bis M4 neu nummeriert und es wurden Kennfarben zugewiesen, die sich auf Fahrplänen und Liniennetzplänen wiederfinden.[8][9]
Alle Linien haben den Innenstadtring als Ziel und durchfahren diesen jeweils nur in einer Richtung. In der folgenden Tabelle sind jeweils die Haltestellen genannt, an denen die Linien auf den Innenstadtring treffen bzw. diesen wieder verlassen:
Linie | Kennfarbe | Strecke | Inbetriebnahme | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
M1 | rot | Anderlues → Ouest → Stadtring gegen den Uhrzeigersinn → Beaux-Arts → Anderlues | 27. Februar 2012 | ersetzt die früheren Linien 88 und 89. |
M2 | grün | (Anderlues →) Pétria → Beaux-Arts → Stadtring im Uhrzeigersinn → Beaux-Arts → Pétria (→ Anderlues) | 27. Februar 2012 | Um eine gleichmäßige Bedienung des Innenstadtrings in beiden Richtungen zu erreichen, wurden in einer Übergangszeit (bis zur Eröffnung der Linie M3) alle Fahrten der Linie M2 von Pétria nach Anderlues verlängert. Dafür verkehrte die Linie M1 entsprechend seltener. |
M3 | gelb | Gosselies → Beaux-Arts → Stadtring im Uhrzeigersinn → Beaux-Arts → Gosselies | 22. Juni 2013 | von 3. September 2012 bis 21. Juni 2013 Vorlaufbetrieb nur auf dem Stadtring von/bis Beaux-Arts[10] ab Piges als Straßenbahn auf besonderem Bahnkörper |
M4 | blau | Soleilmont → Waterloo → Stadtring gegen den Uhrzeigersinn → Waterloo → Soleilmont | 27. Februar 2012 | ersetzt die früheren Linien 54 und 55, verlängert von Gilly nach Soleilmont. |
Die „Phantomlinie“ nach Centenaire
Die geplante Strecke nach Châtelet wurde auf dem Abschnitt Waterloo–Centenaire mit den vier Stationen Neuville, Chet, Pensée und Centenaire schon im Jahr 1987 vollständig fertiggestellt, wird aber seither nicht im Linienverkehr betrieben. Die Gleise und die Oberleitungen sind funktionsfähig, und die Ausbildung neuer Fahrer wird seit einiger Zeit auf dem Streckenabschnitt Waterloo–Chet durchgeführt. Zwei weitere Stationen (Champeau und Corbeau) sind im Rohbau vorhanden. Wie auf dem Streckenast nach Soleilmont kreuzen sich die Richtungsgleise kurz nach der Trennung vom Innenstadtring, sodass die Strecke im Linksverkehr befahren wird.
Durch das neue Interesse an den jahrelang brach liegenden Ausbauplänen für die Metro könnte auch diese Strecke profitieren. Ihre Zukunft wurde im wallonischen Parlament am 28. Juni 2011 behandelt[11] und es wurde beschlossen, bis zum Jahresende 2012 darüber eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Besonderes Interesse besteht unter anderem, weil mit dem Bahnhof Corbeau das neue Einkaufszentrum Cora im Ort Châtelineau erschlossen werden könnte.
Nach den Aussagen des TEC sind zur Herstellung eines betriebsfähigen Zustandes für den fertiggestellten Streckenabschnitt Investitionen von geschätzt 15 Millionen Euro notwendig. Die Kosten zur Vervollständigung des Rohbauabschnitts bis Corbeau werden auf weitere 24 Millionen Euro geschätzt.[12] Außerdem wären etwa 12,5 Millionen Euro für zusätzliche Fahrzeuge notwendig, was zu überschlägigen Gesamtkosten von 51,5 Millionen Euro führt – ohne die dann anfallenden Betriebskosten. Eine Weiterführung der Strecke um die beiden ursprünglich geplanten Stationen Trieux und Châtelet entlang der einst geplanten Trasse stand 2012 nicht zur Debatte.
Am 25. April 2016 stimmte der Gemeinderat von Charleroi als neue Option dafür, die Strecke bis zum zukünftigen Zentralkrankenhaus in Gilly zu verlängern. Hierbei kam auch erstmals wieder eine Verlängerung bis Châtelet ins Spiel, allerdings mit einem neuen Streckenverlauf.
Im April 2017 wurden die jährlichen Kosten, um die Infrastruktur in Betrieb zu halten, mit ca. 180.000 € angegeben. Diese Kosten sind nicht vermeidbar, weil der Innenstadtring über diese Strecke mit Strom versorgt wird. Nun werden drei Varianten untersucht:
- Herrichtung der Strecke bis Centenaire und Endausbau der rohbaufertigen Strecke bis Corbeau, um das Einkaufszentrum Cora anzuschließen, nach dem die Haltestelle dann benannt werden würde (geschätzt 2,8 Millionen Euro jährliche Betriebskosten zzgl. zu den oben bereits genannten Kosten)
- Herrichtung der Strecke bis Centenaire und Verlängerung bis zum neuen Krankenhaus
- Endgültige Stilllegung der gesamten Strecke und Abriss der verfallenden Anlagen
Die Regierung rechnete zunächst selbst bei einem positiven Ausgang der Studie nicht damit, in unmittelbarer Zukunft mit den Arbeiten anfangen zu können.[13] Am 1. Februar 2021 wurde bekanntgegeben, dass Variante 2 realisiert wird und die Strecke neben Sanierung und Endausbau der verfallenen Anlagen ca. 500 Meter bis zum neuen Krankenhaus verlängert wird. In die Herrichtung und Verlängerung der Strecke sowie die Bestellung von voraussichtlich zwei neuen Fahrzeugen wird Charleroi 250 Millionen Euro investieren. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2026 geplant.[14]
Stationen
Tunnelstationen | |||
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Name | Eröffnung | Strecke | Anmerkungen |
Beaux Arts | 24. Mai 1983 | Innenstadtring | M1 und M4 ↺, M2 und M3 halten in beiden Richtungen |
Dampremy | 24. Mai 1983 | Strecke nach Anderlues | Oberirdisch eingehauste Station |
De Cartier | 22. August 1992 | Strecke nach Anderlues | |
Fontaine | 25. Mai 1986 | Strecke nach Anderlues | |
Gazomètre | 28. August 1992 | Strecke nach Soleilmont | |
Gilly | 28. August 1992 | Strecke nach Soleilmont | |
Janson | 30. August 1996 | Innenstadtring | M2 und M3 ↻, M1 und M4 ↺ |
Marabout | 27. Februar 2012 | Strecke nach Soleilmont | |
Ouest | 30. Juni 1980 | Innenstadtring | M2 und M3 ↻, M1 und M4 ↺ |
Parc | 30. August 1996 | Innenstadtring | M2 und M3 ↻, M1 und M4 ↺ |
Samaritaine | 28. August 1992 | Strecke nach Soleilmont | |
Waterloo | 28. August 1992 | Innenstadtring | M2 und M3 ↻, M1 ↺ , M4 hält in beiden Richtungen |
Centenaire | vsl. 2026 | Strecke nach Châtelet | Fertigstellung 1987, seither keine Inbetriebnahme |
↻: Züge der Linie auf dem Innenstadtring nur im Uhrzeigersinn
↺: Züge der Linie nur gegen den Uhrzeigersinn
Hochbahnhöfe | |||
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Name | Eröffnung | Strecke | Anmerkungen |
Moulin | 22. August 1992 | Strecke nach Anderlues | |
Paradis | 24. Mai 1983 | Strecke nach Anderlues | |
Piges | 30. Juni 1980 | Strecken nach Anderlues und Gosselies | |
Providence | 22. August 1992 | Strecke nach Anderlues | |
Villette | 21. Juni 1976 | Innenstadtring | M2 und M3 ↻, M1 und M4 ↺ |
Neuville | vsl. 2026 | Strecke nach Châtelet | Fertigstellung 1987, seither keine Inbetriebnahme |
Chet | vsl. 2026 | Strecke nach Châtelet | Fertigstellung 1987, seither keine Inbetriebnahme |
Alle anderen Stationen sind ebenerdig angelegt, im Endabschnitt Pétria–Anderlues noch mit niedrigen Bahnsteigen.[15] In Anderlues und Fontaine-l’Évêque (Station Pétria) kehren die Züge an hinter der Station befindlichen Stumpfgleisen. In Gosselies wird ebenfalls stumpf gewendet, in Soleilmont wurde eine Wendeschleife angelegt.
Größte Station ist der unterirdische Bahnhof Beaux-Arts mit drei Gleisen an zwei Bahnsteigen und einem Durchfahrgleis. Letzteres liegt an einem dritten, nicht im Fahrgastbetrieb genutzten Bahnsteig, auf dem auf einem in Pflaster eingelassenen Rillengleis ein historischer Straßenbahnzug ausgestellt ist. Züge in den Richtungen Anderlues und Gosselies, die den Ring im Uhrzeigersinn befuhren, durchfahren die Station zunächst ohne Halt auf dem südlichen Durchfahrgleis. Sie wenden in der anschließenden unterirdischen Schleife und erreichen zum Halt das nördlichste Gleis der Station. Damit wird jene von diesen Zügen jeweils insgesamt dreimal, bei zwei Systemhalten, erreicht.
Von und nach Soleilmont halten die Züge in beiden Richtungen jeweils an derselben Bahnsteigkante des Mittelbahnsteigs der Station Waterloo. Dort ist als Bauvorleistung ein zusätzlicher Seitenbahnsteig vorhanden, an dem kein Gleis liegt. Der Endbahnhof Soleilmont weist zwei Bahnsteige innerhalb einer Endschleife auf, an denen direkt zu den Omnibussen umgestiegen werden kann.
Die beiden Bahnsteige der Station Sud am Bahnhof Charleroi-Sud liegen an den Innenseiten der beiden Schenkel der ehemaligen Endschleife, die nach der Fertigstellung des Rings als Zwischenendschleife weiter existiert. Aus dieser eingleisigen Schleife zweigen die Gleise von und nach der Station Tirou aus. Westlich der Station beginnt der Hochbahnabschnitt in Richtung des Hochbahnhofs Villette, rechts davon liegen zwei Abstellgleise.
Zwei Stumpfgleise an einem Mittelbahnsteig, parallel dazu ein Abstellgleis, weist die Endstation Faubourg de Bruxelles der Linie M3 in Gosselies auf. Südlich der Station teilt sich die zweigleisige Strecke bis zur Station Carrosse, wobei das stadtauswärtige Gleis durch die schmale Rue de Jumet führt, das Gleis in Richtung Charleroi auf einer aufgelassenen Eisenbahntrasse liegt.[16] Ein Betriebsgleis kurz vor dem Endbahnhof erlaubt in seiner Funktion als Spange zwischen den beiden Richtungsgleisen, ggf. unter Umgehung des Endbahnofs vor jenem zu wenden.
Fahrzeuge
In der Anfangszeit verkehrten auf den Métrostrecken Straßenbahnwagen des Typs S, die für diesen Zweck zur Baureihe SM (M für Métro) umgebaut wurden. Hiervon ist der Triebwagen 9148, der dank Klapptrittstufen auch die Hochbahnsteige anfahren kann, fahrfähig erhalten. Einige dieser Triebwagen wurden in den 1980er-Jahren nochmals modernisiert (fortan Baureihe SJ), hiervon existiert noch der Triebwagen 9175 als Arbeits- und Fahrschulwagen. Einige weitere S-Wagen sind als Baufahrzeuge, bspw. für Oberleitungsinspektionen, bis heute im Einsatz.[17] Nahe der Hauptwerkstatt in Jumet stehen noch wenige SJ-Triebwagen als Ersatzteilspender abgestellt.
Im Fahrgasteinsatz verkehren heute 44[18] sechsachsige Gelenktriebwagen der Baureihe BN LRV in Zweirichtungsausführung (Bauart 6100 bzw. 7400). 52 Einrichtungswagen dieser Baureihe (Bauart 6000) laufen bei der Kusttram, wohin in der Hauptsaison auch überzählige Wagen aus Charleroi ausgeliehen wurden.
Die Fahrzeuge wurden zwischen 1980 und 1982 bei La Brugeoise et Nivelles (BN) gebaut, Wagen 6103 folgte 1984 in Zweitbesetzung für den 1981 verunfallten Wagen der gleichen Betriebsnummer. Die meterspurigen Triebwagen mit der Achsfolge B’2’B’ sind 22,88 Meter lang und 2,50 Meter breit, ihre Leermasse beträgt 32,5 t. Zwei Elektromotoren à 228 kW beschleunigen sie auf eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h. Im Zuge der Übernahme durch den TEC und einer Modernisierung in den 2000er Jahren erhielten die bislang in orange/beige lackierten Fahrzeuge u. a. eine gelbe Livrée mit grauen und roten Absetzflächen und neue Sitzbezüge. Unter Beibehaltung der letzten beiden Ziffern werden sie nun als Baureihe 7400 bezeichnet.[Anm. 1] Die Rollbandanzeigen wurden später durch Matrixanzeigen ersetzt. In der Regel verkehren die Triebwagen einzeln, auf der Linie M4 werden in den Hauptverkehrszeiten auch Doppeltraktionen eingesetzt.
Triebwagen mit der Nummer 6100
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(Bitte Urheberrechte beachten)
Die BN-Triebwagen wurden für die ersten größeren Ausbaustufen des geplanten Netzes beschafft, wurden aber in Ermangelung dieser in den Anfangsjahren auch auf den damals noch vorhandenen Straßenbahnlinien um Charleroi eingesetzt. Durch die fortschreitende Stilllegung der SNCV-Strecken und den abrupten Baustopp 1985 wurde der Großteil der Fahrzeuge bald de facto überflüssig, sodass zahlreiche Triebwagen beim Auftreten komplizierterer Schäden (durch Kollisionen etc.) trotz ihres jungen Alters bald einfach abgestellt wurden. Nur bei einem erhöhten Fahrzeugbedarf durch die wenigen Netzerweiterungen in den 1990er-Jahren wurden entsprechend viele Triebwagen wieder hergerichtet und reaktiviert. Der Großteil der noch abgestellten Fahrzeuge wurde für die Netzerweiterungen 2012/2013 unter hohem Aufwand (nach über 20 Jahren Abstellzeit waren die Triebwagen in einem immer schlechteren Zustand) reaktiviert, sodass heute nur noch wenige Wagen abgestellt sind, darunter auch der erste Triebwagen mit der Nummer 6100.
In den nächsten Jahren sollen die Fahrzeuge eine umfassende Modernisierung erhalten, um auch in Zukunft noch eingesetzt werden zu können. Dabei sollen unter anderem die Innenschwenktüren durch außen laufende Schiebetüren ersetzt werden und die Front, die Führerstände und der Fahrgastraum umgestaltet werden.[19]
Die Fahrzeuge sind in den Betriebshöfen Jumet und Anderlues beheimatet. Ersterer liegt an der Strecke nach Gosselies (M3), beide werden auch für Omnibusse genutzt. Die ehemaligen Straßenbahndepots Genson (STIC) und Nalinnes (SNCV) dienen nur noch dem Busverkehr.[20]
- Straßenbahn- (Baureihe SM) und Stadtbahntriebwagen (Bauart 6100) in Anderlues, 1982
- Triebwagen 1971 (Baureihe SJ) in der Station Sud, 1982
- Arbeits- und Fahrschulwagen 9175, 2016
- Innenansicht eines Wagens des Typs 7400
Anmerkungen
- Dem Nummernschema des TEC entsprechend tragen sämtliche Fahrzeuge des TEC Charleroi als führende Ziffer eine 7
Literatur
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien. 1. Auflage. Robert Schwandl, Berlin 2009, ISBN 978-3-936573-26-8, S. 114–137.
- Helmut Roggenkamp, Aktuelles von der SNCV im Hennegau/Belgien, Der Stadtverkehr 1/1985, Seite 25–29
- R. Jünger, SNCV-Überlandbahn im Hennegau vor dem Ende?, Stadtverkehr 1/1989, Seite 20–23
- Raimund Jünger, Charleroi – Die Metro im Dornröschenschlaf, Stadtverkehr 4/1989, Seite 18–23
- Hans Ahlbrecht, Fortschritte bei der Métro léger in Charleroi, Stadtverkehr 1/1992, Seite 37–38
- Hans Ahlbrecht, Ost-West-Achse der Métro Charleroi eröffnet, Stadtverkehr 1/1993, Seite 18–21
- Raimund Jünger, Belgien: Busse ersetzen Stadtbahnwagen nach La Louvière, Stadtverkehr 11–12/1993, Seite 52
Weblinks
Einzelnachweise
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien. 1. Auflage. Robert Schwandl, Berlin 2009, ISBN 978-3-936573-26-8, S. 119 f.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 118.
- Zeitreise auf belgisch in: Straßenbahn Magazin 6/2019, S. 70 ff.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 114.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 120 f.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 122 f.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 124 f.
- Information des TEC Charleroi zur Linienreform der Metro (Memento des Originals vom 20. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Informationsbroschüre des TEC Charleroi zur Linienreform und den Streckenverlängerungen (PDF-Datei; 788 kB)
- Dès le 3 septembre 2012, la ligne de métro M3 (ligne jaune) dessert la boucle ! (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Mitteilung des TEC-Charleroi, abgerufen am 1. September 2012
- Anfrage der Abgeordneten Véronique Salvi im wallonischen Parlament zur Zukunft der Metro Charleroi
- Avis des Wallonischen Umweltausschusses für nachhaltige Entwicklung (CWEDD) (PDF-Datei; 39 kB)
- "Keine Mittel für die Metro". La Libre Belgique, 21. April 2017, abgerufen am 9. Oktober 2017 (französisch).
- Plan de relance wallon: la ligne de métro vers Châtelet sera prolongée - Télévision locale de Charleroi et sa région - Thuin - Chimay - Basse Sambre. Abgerufen am 13. Februar 2021 (frz.).
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 115.
- Christoph Groneck, Dirk Martin Stein: Metros in Belgien, S. 126.
- TEC Charleroi BN 7447 - 6154 & SJ 7874 - 9591. Abgerufen am 27. November 2019.
- Die Metro von Charleroi bei dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org, abgerufen am 6. November 2018
- Cure de jouvence pour la flotte du métro léger de Charleroi. 1. Oktober 2018, abgerufen am 27. November 2019 (französisch).
- Les dépots bei t-e-commun-charleroi.be, abgerufen am 7. November 2018