Zeche
Der Ausdruck Zeche (mittelhochdeutsch: Ordnung, Reihe) bezeichnete ursprünglich den Zusammenschluss mehrerer Personen,[1] u. a. zum Betreiben eines Bergwerks. Mit ihrer Einlage in die bergrechtliche Gewerkschaft bezahlten die Beteiligten die Zeche, was heute noch als umgangssprachlicher Ausdruck für das Bezahlen einer Rechnung verwendet wird. Der Begriff „Zeche“ wird vor allem für die Steinkohlebergwerke im Ruhrgebiet synonym zu „Bergwerk“ benutzt, wo dem Namen des Bergwerkes das Wort „Zeche“ vorangestellt wird. Im Freiberger Revier, wo Erze gefördert wurden, existiert im obigen Sinne das Lehr- und Forschungsbergwerk „Reiche Zeche“ und „Alte Elisabeth“.[2]
Zu unterscheiden ist die Zeche im ehemaligen sächsisch-thüringischen Uranbergbau der SAG Wismut, wo sie eine Anlage bezeichnet, in der Erze zerkleinert, radiologisch beprobt, sortiert und lieferfertig verpackt wurden.
Betriebsablauf (als Beispiel im Steinkohlebergbau)
Unter Tage
Das Bergwerkseigentum berechtigt zum Abbau von Steinkohle in einem bestimmten Gebiet. Das Grubenfeld ist unterirdisch durch Strecken (auch Stollen) auf verschiedenen Sohlen (Ebenen) erschlossen, die durch Schächte und Blindschächte verbunden sind. Der Abbau der Lagerstätte erfolgt zumeist im Strebbau, wobei der mit Ausbauschilden gestützte Streb dem Flöz folgt. Früher wurde das Gestein mit Schlägel und Eisen, später mit dem Presslufthammer gewonnen; heutige Abbaumethoden sind vollmechanisiert, gängige Maschinen sind der schreitende Schildausbau, Kohlenhobel, die dünne Gesteinsschichten „abschälen“ und Walzenschrämlader, die dickere Schichten schneidend abtragen. Die in den Abbaubetrieben gewonnenen Berge werden über Förderbänder oder mit schienengebundenen Förderwagen bis zum Füllort am Förderschacht transportiert. Die Kohle wird dort in ein Fördergefäß (Skip) umgefüllt und dieses an einem Förderseil zu Tage gefördert.
Über Tage
Die oberirdisch sichtbaren Teile der Zeche sind die Tagesanlagen: Über dem Schacht steht ein Fördergerüst, das eine Seilscheibe trägt, die das aus dem Schacht führende Förderseil zu der Fördermaschine im Maschinenhaus umlenkt. Die benötigte Energie stammt aus Dampferzeugern im Kesselhaus, die mit minderwertiger Kohle beheizt werden. Die geförderte Rohkohle wird an der Hängebank in Güterloren umgefüllt und in speziellen Anlagen vom tauben Gestein getrennt (gewaschen), aufbereitet und veredelt. Der Abraum wird zum Teil wieder als Versatz unter Tage verfüllt und als Baumaterial verkauft, heute aber zum größten Teil auf Bergehalden dauerhaft abgeladen, während die Kohle auf Halden zwischengelagert wird. Die Kohle wird in Güterloren für die Eisenbahn, Binnenschiffe und selten Lastkraftwagen verladen und versendet, in manchen Fällen schließt sich auch direkt ein komplettes Kohlekraftwerk oder eine Kokerei mit Anlagen zur Gewinnung von Nebenprodukten an, früher auch häufig eine Brikettfabrik zur Produktion von Hausbrand. Meist gehören mehrere Schächte zu einer Zeche, die einzelne oder mehrere Aufgaben wie die Förderung, die Seilfahrt, die Bewetterung und Wasserhaltung übernehmen, sie werden dann häufig nach ihrer Funktion benannt („Wetterschacht“, „Hauptförderschacht“), häufig aber aufsteigend nach ihrer Erstellung nummeriert (Schacht 1, Schacht 2) oder auch seltener nach Personen benannt. Zu den Tagesanlagen gehören weiter Werkstätten, Lagerplätze für den Grubenausbau, Kläranlagen und Schönungsteiche für das geförderte Grubenwasser, Gebäude für die Verwaltung, eine Kaue und weitere Sozialgebäude für die Bergleute.
Zechensterben
Nach dem Zweiten Weltkrieg drängten neue Energieträger wie Erdöl und Erdgas sowie günstigere Importkohle auf den deutschen Markt, so dass es ab 1957/58 zur Kohlekrise kam: etwa die Hälfte der Zechen musste in den folgenden zehn Jahren geschlossen werden („Zechensterben“). Um die andauernde Kohlekrise abzumildern, brachten die Montankonzerne ihre Bergwerke 1968 in die Ruhrkohle AG (RAG) ein. Die RAG konnte die Verringerung der Förderkapazität mit Verbundbergwerken, Frührente und Übernahme der Beschäftigten aus geschlossenen Zechen in andere Betriebe ohne weitere Massenentlassungen organisieren. Nach und nach wurden bis Ende der 1990er Jahre auch die verbliebenen selbständigen Steinkohlebergwerke auf die RAG übertragen.
Zuletzt betrieb die RAG-Tochter Deutsche Steinkohle AG (DSK) die letzten Steinkohle fördernden Zechen in Deutschland:
Nordrhein-Westfalen
- Bergwerk Ibbenbüren (Zeche Anthrazit) in Ibbenbüren, am 4. Dezember 2018 geschlossen
- Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop, am 31. Dezember 2018 geschlossen
Literatur
- Joachim Huske: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 2005. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum, 3., überarbeitete Auflage 2006, ISBN 3-937203-24-9.
- Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. Vergangenheit und Zukunft einer Schlüsseltechnologie. Mit einem Katalog der „Lebensgeschichten“ von 477 Zechen (Reihe Die Blauen Bücher). Verlag Langewiesche Nachfolger, Königstein im Taunus, 6., um einen Exkurs nach S. 216 erweiterte und in energiepolitischen Teilen aktualisierte Auflage 2008, ISBN 978-3-7845-6994-9 (mit „Schnitt durch ein Steinkohlenbergwerk“ sowie einem „Lageplan der Grubenfelder und Schachtanlagen“ von 1922 und einer Standortkarte der 128 im Jahre 1958 fördernden Zechen).
Einzelnachweise
- Zeche, f.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- Otfried Wagenbreth, Eberhard Wächtler: Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1986