St. Ulrich (Aich)
Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Ulrich in Aich, einem Ortsteil der Gemeinde Bodenkirchen im niederbayerischen Landkreis Landshut, ist ein spätgotischer Kirchenbau aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Er wurde später barockisiert und enthält heute eine neugotische Ausstattung. Kirchenpatron ist der heilige Ulrich von Augsburg (Gedenktag: 4. Juli).
Geschichte
Im Jahr 976 n. Chr. wurde loco Eich und dicitur Duizinpah in einer Urkunde des Stifts Sankt Peter in Salzburg erwähnt. Möglicherweise handelt es sich hierbei um das heutige Aich und das nahe (Ober-/Unter-)Tinsbach bei Johannesbrunn (Gemeinde Schalkham). Sollte dies zutreffen, so wäre es bei Weitem die früheste Nennung der Ortschaft im Binatal. 1219 wird mit Ulrich von Aich erstmals ein Priester am Ort genannt, außerdem die Kirche in Bodenkirchen. Im Jahr 1270 gründete man die Pfarrei Aich; der vormalige Filialsprengel war von der „Mutterpfarrei“ Binabiburg abgetrennt worden. Aich wurde unmittelbar dem Regensburger Bischof unterstellt, der auch das Präsentationsrecht über die Pfarrstelle ausübte.[1]
Im Jahr 1302 wird erstmals ein Pfarrer von Aich namentlich genannt. 1326 taucht die Pfarrei im ältesten Pfarreienverzeichnis des Bistums Regensburg auf. Damals war Aich Teil des Dekanats Dingolfing bzw. Loiching. In der Regensburger Diözesanmatrikel von 1438 wurden in Aich neben Pfarrer und Pfarrvikar auch zwei Hilfspriester genannt.[1][2]
Die ursprüngliche Pfarrkirche von Aich dürfte sich etwa im Bereich der Straßengabelung Richtung Binabiburg und Treidlkofen befunden haben. Dort war der Adelssitz Altenaich, heute Niederaich, angesiedelt. Um 1460 gründete die Adelsfamilie Reickher dann an einer neuen Straße zwischen Landshut und Burghausen den Sitz Neuenaich. Wenig später, wahrscheinlich im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts, wurde die heutige Pfarrkirche mit Seitenkapelle errichtet. Ein bemaltes Steinrelief, welches an der Nordseite der Empore zu finden ist, deutet darauf hin, dass der Neubau der Pfarrkirche von dem Adligen Wolfgang von Reickher gestiftet wurde. Im Jahr 1472 wurde von Adam von Reickher und seiner Gattin Barbara der Liebfrauenaltar in der Seitenkapelle samt einem Frühmessbenefizium mit eigenem Priester gestiftet.[1]
Im Jahr 1602 nahm der Veldener Maurermeister Jeronimus Dennolph größere Baureparaturen vor. Im ausgehenden 17. Jahrhundert wurde die Ausstattung der Kirche nach und nach barockisiert. So wurde beispielsweise 1670 ein barocker Hochaltar aufgestellt, der im Folgejahr 1671 sein von Franz Raimund Scherrich aus Landshut gemaltes Altarblatt vom Tod des heiligen Ulrich erhielt. Um 1740 setzte der Vilsbiburger Zimmerermeister Franz Winkler dem Kirchturm seine heutige Barockkuppel auf. Im Jahr 1763 wurde die Mauer zwischen Kirchenschiff und Seitenkapelle mittels dreier spitzbogiger Öffnungen durchbrochen. Zuvor besaß die sogenannte Frauenkapelle, die auch als Grablege der Adelsfamilie Reickher diente, keine Verbindung zum Kirchenschiff. In den 1870er Jahren erfolgte eine Regotisierung der Ausstattung. Aus dieser Zeit stammen alle vier Altäre, die bis heute in der Kirche stehen. 1898 sowie 1980/84 erfolgten große Kirchenrenovierungen.[1][2]
Im Jahr 1723 gehörten der Pfarrei Aich laut einer Bistumsbeschreibung 1.487 Seelen an. Damals waren in der Pfarrkirche vier Altäre zu finden, die dem heiligen Ulrich (Hochaltar), der heiligen Anna, dem heiligen Johannes dem Täufer sowie der seligen Jungfrau Maria geweiht waren. Die Pfarrei Aich umfasste damals auch die Ortschaften Bonbruck, Bodenkirchen und Margarethen. Im Jahr 1721 wurde die Expositur Bodenkirchen mit der Filiale Margarethen gegründet, die aber erst im Jahr 1921 zur Pfarrei erhoben wurde. Bonbruck wurde 1935 zur Expositur und 1947 zur Pfarrkuratie erhoben. Seit dem 8. Dezember 2001 ist Bonbruck eine eigene Pfarrei.[1]
Architektur
Der spätgotische Bau aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts ist eine Saalkirche mit nördlich angebautem Seitenschiff. Langhaus und Seitenschiff sind unter einem gemeinsamen Satteldach vereinigt und umfassen je drei Joche; der Chor umfasst zwei Joche und einen Schluss in drei Seiten des Achtecks. Letzterer ist genauso breit wie das Hauptschiff. Der Außenbau wird durch zweifach abgesetzte Strebepfeiler und einen einfachen Dachfries gegliedert. Die Fensteröffnungen sind spitzbogig ausgeführt. Der ausspringende Westturm umfasst drei Geschosse, wobei die zwei oberen durch Spitzbogenblenden gegliedert werden, und eine Barockhaube aus der Zeit um 1740. Er steht in der Mittelachse des Hauptschiffes. Südlich an den Chor wurde in der Barockzeit die doppelgeschossige Sakristei angebaut. Auf der Nordseite des Kirchenbaus, im Winkel zwischen Chor und Seitenschiff, ist die Allerseelenkapelle zu finden, die heute als Leichenhaus für den umliegenden Friedhof genutzt wird. Der Zugang zum Kircheninneren erfolgt über zwei Portale, die auf der Nord- (Seitenschiff) und Südseite (Hauptschiff) jeweils im rückwärtigen Joch angeordnet sind.[1]
Die Westempore, die das gesamte rückwärtige Joch des Hauptschiffs überspannt, wurde nachträglich eingezogen, vermutlich um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert als Oratorium für die Adelsfamilie Reickher. Sie ist dreijochig unterwölbt und ruht auf zwei achteckigen Rotmarmorpfeilern mit dem Wappen der Adelsfamilie Reickher. An der Emporenbrüstung befinden sich neugotische Flachbettschnitzereien; auf der Rückseite sind barocke Schnitzereien zu finden, die jedoch bei der Regotisierung auf die Rückseite gedreht wurden. Die spätgotischen Gewölberippen in den beiden Schiffen, im Chor und unter der Empore wurden in der Barockzeit abgeschlagen, wobei die Wandpfeiler und die teils halbrunden, teils achteckigen Konsolenansätze noch vorhanden sind. Heute ergibt sich also das Bild eines Tonnengewölbes mit Stichkappen und spitzen Schildbögen. Die einstige netzartige Rippenkonfiguration ist aber heute wieder farblich hervorgehoben. Die Gewölbehöhe ist in Hauptschiff und Chor gleich, im Seitenschiff aber deutlich niedriger. Die Scheidbögen zwischen Haupt- und Seitenschiff sind spitzbogig ausgeführt und besitzen ein getrepptes Gewände.[1][2]
Der Kirchenbau ist innen etwa 28 Meter lang, davon entfallen rund 16 Meter auf das Langhaus und 12 Meter auf den Chor. Die innere Breite des Hauptschiffs und Chores beträgt rund 8,50 Meter; die des nördlichen Seitenschiffs 4,50 Meter.[3]
Ausstattung
Altäre
Die Altäre sind allesamt im neugotischen Stil ausgeführt und entstanden in den 1870er Jahren bei unterschiedlichen Kunsthandwerkern. Der Hochaltar wurde 1871 nach einem Entwurf von Paul Weiß aus Landshut vom ebenfalls dort ansässigen Bildhauer Michael Mayer gefertigt. Neben dem Tabernakel mit darüberliegender Aussetzungsnische sind in weiteren Nischen vier Figuren angeordnet. Diese stellen dar (von links nach rechts): den Evangelisten Johannes, die „Apostelfürsten“ Petrus und Paulus sowie Johannes den Täufer. Der 1874 aufgestellte Altar im Seitenschiff ist der Heiligen Familie geweiht. 1877 kamen die beiden neugotischen Chorbogenaltäre hinzu – links der Marienaltar mit einer bekrönten Mondsichelmadonna mit Jesuskind und rechts der Herz-Jesu-Altar. Die Seitenaltäre wurden vom Ergoldinger Bildhauer Johann Wittmann ebenfalls nach einem Entwurf von Paul Weiß gefertigt.[1]
Kanzel
Gleiches gilt für die neugotische Kanzel von 1877. Sie besteht aus dem mit Maßwerk verzierten Kanzelkorb, einer ebenso gestalteten Rückwand und einem Schalldeckel, der vorne ein kleines Relief mit einer Heilig-Geist-Taube zeigt und obenauf eine Figur des Guten Hirten.[1]
Taufstein
Der spätgotische Taufstein stammt noch aus der Zeit um 1500, kam also bereits kurz nach der Erbauung in die Kirche. Er ist 0,84 Meter hoch und aus rotem Marmor gearbeitet. Er besteht aus einem profilierten, achteckigen Fuß, der in einen ebenfalls achteckigen Pfeiler übergeht, und aus einem oktogonalen Becken. Heute ist er links neben dem Hochaltar platziert.[1][2]
Übrige Ausstattung
Die letzten barocken Ausstattungsstücke, welche die Regotisierung überdauert haben, sind das ehemalige Hochaltargemälde und eine Darstellung der Schutzmantelmadonna. Das ehemalige Altarblatt in Öl auf Leinwand ist heute an der Nordwand des Chorraums angebracht. Es wurde im Jahr 1671 von dem Landshuter Maler Franz Raimund Scherrich geschaffen und stellt die letzte heilige Kommunion kurz vor dem Tod des Kirchenpatrons Ulrich dar. Zahlreiche Putten deuten bereits auf seine Aufnahme in den Himmel hin. Über dem Nordportal ist heute eine Darstellung der Schutzmantelmadonna aus der Zeit um 1700 zu sehen. Das Gemälde befindet sich in einem Rahmen mit reichem Akanthusschnitzwerk.[1]
Im Jahr 1871 wurden Glasgemälde aus der Werkstatt des Joseph Peter Bockhorni in München angeschafft. Heute noch erhalten ist das Fenster hinter dem Hochaltar, welches den heiligen Bischof Ulrich mit seinem Attribut, dem Fisch, zeigt.[2]
Orgel
Der Orgelprospekt in der Pfarrkirche St. Ulrich ist im Stile des Rokoko ausgeführt und gilt laut Bayerischem Landesamt für Denkmalpflege als „einer der schönsten (...) Niederbayerns“ (1988). Er stammt von einem Instrument des Landshuter Orgelbauers Johann Schweinacher, das 13 Register auf einem Manual und Pedal umfasste. Es wurde um 1760 im Psallierchor der Landshuter Dominikanerkirche aufgestellt. Die Intarsienarbeiten in Nussbaumholz wurden von dem berühmten Landshuter Bildhauer Christian Jorhan d. Ä. geschaffen.[1][2][4]
Nach der Säkularisation des Dominikanerklosters 1802 kam die Orgel zunächst in das Kloster Seligenthal, wo sie um 1812 restauriert wurde. Im Jahr 1856 gelangte sie durch Kauf in die Pfarrkirche Aich. Im Jahr 1884 erfolgte eine neuerliche Restaurierung des barocken Orgelwerks durch Simon Westermaier aus Landshut, bevor 1931 von Ignaz Weise aus Plattling in das historische Gehäuse ein neues Werk mit 10 Registern auf zwei Manualen und Pedal einbaute. Dieses wurde durch pneumatische Windlade#Kegelladen angesteuert und besaß einen freistehenden Spieltisch.[1][2][4]
Im Jahr 1993 wurde von der Firma Orgelbau Eisenbarth aus Passau wiederum ein neues Orgelwerk in das historische Gehäuse eingesetzt. Das vollmechanische Schleifladeninstrument umfasst nunmehr 23 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Disposition von Hauptwerk und Pedal ist dabei an die Schweinacher-Orgel angeglichen. Auch die rein mechanische Ansteuerung der Pfeifen entspricht dem Vorbild des barocken Orgelbaus.[1][2][4]
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- Koppeln: II/I, II/P, I/P
Anmerkungen:
- Teilauszug aus Hörnle II
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- Koppeln: II/I, II/P, I/P, Sub II/I, Super II/I, Super I, Pedaloktavkoppel
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Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- Peter Käser: Geschichte von Aich. Online auf www.bodenkirchen.com; Abgerufen am 27. Dezember 2016. (PDF; 913 kB)
- Schwarz, Mandl, Stadlbauer; S. 14–17.
- Anton Eckardt: Die Kunstdenkmäler von Bayern – Bezirksamt Vilsbiburg. 1921.
- Orgeldatenbank Bayern online