Snookerweltmeisterschaft der Frauen

Die Snookerweltmeisterschaft der Frauen (Ladies World Championship) ist ein internationales Snookerturnier, das seit 1983 mit Unterbrechungen ausgetragen wird. Sie stellt den höchsten Titel und das wichtigste Turnier im Turnierkalender des Frauensnookers dar. Rekordgewinnerin ist die Engländerin Reanne Evans, die zwischen 2005 und 2019 zwölfmal Weltmeisterin wurde.

Vorgeschichte

Bereits 1976 wurde erstmals ein Turnier mit dem Rang einer Weltmeisterschaft unter dem Namen Women’s World Open ausgetragen. Siegerin war die Engländerin Vera Selby 1980 und 1981 wurden zwei weitere Turniere ausgetragen, bevor eine richtige Weltmeisterschaft ausgerufen wurde.

Jahr Austragungsort Sieger Finalist Ergebnis
1976 England Middlesbrough England Vera Selby England Muriel Hazeldene 4:0
1980 England Hayling Island Australien Lesley McIlrath Wales Agnes Davies 4:2
1981 England Thorness Bay England Vera Selby England Mandy Fisher 3:0

Offizielle Snookerweltmeisterschaft

Der britische Freizeitparkbetreiber Pontins hatte sich schon seit den 1970ern im professionellen Snookersport engagiert. 1977 begannen sie, auch ein Jugend- sowie ein Frauenturnier auszurichten. 1983 fand im Freizeitpark Brean Sands in Somerset erstmals ein Einladungsturnier für Profis statt (Pontins Brean Sands) und dort veranstalteten sie dann auch die erste Frauenweltmeisterschaft. Sue Foster, die im Jahr zuvor auch die Pontin’s Ladies Bowl gewonnen hatte,[1] wurde die erste Titelträgerin der Ladies World Championship. Ein Jahr später wurde das Turnier erneut ausgetragen, obwohl Pontins als Sponsor ausgestiegen war. Es gewann Stacey Hilliard, die mit sechs Finalteilnahmen zu den erfolgreichsten WM-Teilnehmern gehörte, auch wenn sie 1984 das einzige Mal den Titel holte. Im selben Jahr gab es zusätzlich eine Professional Championship, die von Mandy Fisher gewonnen wurde.[2] Die nicht mit ihr verwandte Allison Fisher[3] gewann 1985 ihren ersten Titel und dominierte in der zweiten Hälfte der 1980er und der ersten Hälfte der 1990er das Frauensnooker. Mit sieben WM-Titeln ist sie die zweiterfolgreichste WM-Teilnehmerin. Bis 2014 kamen alle Titelträgerinnen aus England bis auf die dreimalige Titelträgerin und dreimalige Zweite Karen Corr, eine Nordirin.

Die Veranstalter hatten jedoch Mühe, Sponsoren zu finden und mussten sich lange Zeit spätestens nach zwei Jahren wieder auf die Suche nach neuen Geldgebern machen. 1992 und 1996 wurde gar keine Weltmeisterschaft ausgetragen. Auch wechselten häufig die Austragungsorte, meist kleinere Veranstaltungsorte in England. 1994 und 1995 wurde das Turnier erstmals internationaler und fand in Neu-Delhi statt.

Erst 1998 mit Unterstützung der WPBSA und des Zigarettenherstellers Embassy, der die Snookerweltmeisterschaft der Profis sponserte, wurde die Frauen-WM als Veranstaltung fest etabliert. Halbfinale und Finale fanden von da an als Nebenveranstaltung der Profi-WM im Crucible Theatre in Sheffield statt. Erste Siegerin war Kelly Fisher, nicht verwandt mit ihrer Vorgängerin Allison Fisher,[3] aber ähnlich dominant im Frauensnooker. Sie gewann fünf der sechs Finale im Crucible.

Als in den 2000ern in Großbritannien die Einschränkung der Tabakwerbung erfolgte, fiel Embassy als Sponsor weg, und auch die WPBSA kam so sehr in finanzielle Schwierigkeiten, dass sie als Mitveranstalter ausstieg. 2004 wurde deshalb erneut keine Frauen-WM ausgetragen. Ab 2005 trug die WLBSA das Turnier wieder ohne Sponsor aus und setzte dabei wieder auf einen festen Austragungsort, das Snooker Centre in Cambridge. Die 19-jährige Reanne Evans gewann in diesem Jahr ihren ersten Titel und blieb danach zehn Jahre lang bei diesem Turnier ungeschlagen.

Erst 2015 verlor sie erstmals wieder ein WM-Match gegen Ng On Yee aus Hongkong. Die Chinesin wurde anschließend Weltmeisterin und damit die erste Nicht-Britin, die den Titel erringen konnte.

2018 kooperierte die WLBSA mit der World Snooker Federation, einer neu gegründeten kontroversen Amateursparte der WPBSA, die Amateurspielern als Sprungbrett zu Profiturnieren dienen soll, durch die Bedingung, dass deren Nationalverbände als Vertreter des Amateurwesens ihr beitreten müssen, aber in Konflikt zu dem sportrechtlich offiziellen Amateurweltverband IBSF steht, in dem die Verbände bisher Mitglied waren und dem laut vergangenen Urteilen des Internationalen Sportgerichtshofs die weltweite Zuständigkeit für Snooker obliegt. Die WSF trug in der zweiten Märzhälfte ein Dreifachturnier mit der WSF Championship, der WSF Seniors Championship und der WLBS World Women’s Snooker Championship aus. Alle drei Wettbewerbe fanden in Malta statt.[4]

Nachdem die WSF Championship 2019, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden sollte, verschoben wurde,[5] wurde die Frauen-WM erstmals im thailändischen Bangkok ausgetragen.[6] Reanne Evans konnte gegen die Thailänderin Nutcharut Wongharuthai ihren zwölften Titel gewinnen.[7]

Statistiken

Ab 1983 gab es folgende Weltmeisterinnen:[8][2]

Jahr Austragungsort Sieger Finalist Ergebnis
1983 England Brean Sands England Sue Foster England Maureen Baynton 8:5
19841 (unbekannt) England Stacey Hillyard Kanada Natalie Steinmach 4:1
1984-P1 England Mandy Fisher Kanada Maryann McConnell 4:2
1985 England Solihull England Allison Fisher England Stacey Hillyard 5:1
1986 England Solihull England Allison Fisher Kanada Sue LeMaich 5:0
1987 England Puckpool England Ann-Marie Farren England Stacey Hillyard 5:1
1988 England Brixham England Allison Fisher England Ann-Marie Farren 6:1
1989 England Brixham England Allison Fisher England Ann-Marie Farren 6:5
1990 England London Nordirland Karen Corr England Stacey Hillyard 7:4
1991 England London England Allison Fisher Nordirland Karen Corr 8:2
1992 nicht ausgetragen
1993 England Blackpool England Allison Fisher England Stacey Hillyard 9:3
1994 Indien Neu-Delhi England Allison Fisher England Stacey Hillyard 7:3
1995 Indien Neu-Delhi Nordirland Karen Corr England Kim Shaw 6:3
1996 nicht ausgetragen
1997 Wales Llanelli Nordirland Karen Corr England Kelly Fisher 6:3
1998 England Sheffield England Kelly Fisher Nordirland Karen Corr 5:0
1999 England Sheffield England Kelly Fisher Nordirland Karen Corr 4:2
2000 England Sheffield England Kelly Fisher England Lisa Ignall 4:1
2001 England Sheffield England Lisa Quick Schottland Lynette Horsburgh 4:2
2002 England Sheffield England Kelly Fisher England Lisa Quick 4:1
2003 England Sheffield England Kelly Fisher England Lisa Quick 4:1
2004 nicht ausgetragen
2005 England Cambridge England Reanne Evans Schottland Lynette Horsburgh 6:4
2006 England Cambridge England Reanne Evans England Emma Bonney 5:3
2007 England Cambridge England Reanne Evans England Katie Henrick 5:3
2008 England Cambridge England Reanne Evans England June Banks 5:2
2009 England Cambridge England Reanne Evans England Maria Catalano 5:2
2010 England Cambridge England Reanne Evans England Maria Catalano 5:1
2011 England Bury St Edmunds England Reanne Evans England Emma Bonney 5:1
2012 England Cambridge England Reanne Evans England Maria Catalano 5:3
2013 England Cambridge England Reanne Evans England Maria Catalano 6:3
2014 England Leeds England Reanne Evans Hongkong Ng On Yee 6:0
2015 England Leeds Hongkong Ng On Yee England Emma Bonney 6:2
2016 England Leeds England Reanne Evans Hongkong Ng On Yee 6:4
2017 Singapur Singapur Hongkong Ng On Yee Indien Vidya Pillai 6:5
2018[9] Malta San Pawl il-Baħar Hongkong Ng On Yee England Maria Catalano 5:0
2019 Thailand Bangkok England Reanne Evans Thailand Nutcharut Wongharuthai 6:3
2020 nicht ausgetragen
2021
2022 England Sheffield Thailand Nutcharut Wongharuthai Belgien Wendy Jans 6:5[10]
1 1984 wurde neben dem Amateurtitel erstmals ein Profititel ausgespielt.
Ewigenliste
Nr Siegerin Anz. Jahr
1 England Reanne Evans 12 2005–2014, 2016, 2019
2 England Allison Fisher 7 1985, 1986, 1988, 1989, 1991, 1993, 1994
3 England Kelly Fisher 5 1998–2000, 2002, 2003
4 Nordirland Karen Corr 3 1990, 1995, 1997
Hongkong Ng On Yee 2015, 2017, 2018
6 England Sue Foster 1 1983
England Stacey Hillyard 1 1984
England Mandy Fisher 1 1984
England Ann-Marie Farren 1 1987
England Lisa Quick 1 2001
Thailand Nutcharut Wongharuthai 1 2022

Amateurweltmeisterschaft

Als das professionelle Snooker in den frühen 2000ern in der Krise steckte, beschloss der Amateurverband IBSF neben der Männer- und Junioren-Amateur-WM ebenfalls eine Weltmeisterschaft der Frauen auszutragen. 2003 fand sie in Konkurrenz zur WLBSA-WM in China statt und Kelly Fisher sicherte sich in beiden Turnieren den Titel. Im Jahr darauf gab es nur die WM der IBSF und Reanne Evans holte sich den Titel. Im Jahr darauf kehrte die WLBSA-Weltmeisterschaft zurück und Evans begann dort ihren Siegeszug. Dafür setzte die Amateur-WM in diesem Jahr aus. Seit 2006 gibt es beide Wettbewerbe parallel. Die Belgierin Wendy Jans, die bei den ersten fünf Wettbewerben ins Finale kam, holte sich in diesem Jahr als erste Nicht-Britin den Titel, um in den folgenden beiden Jahren jeweils das Finale gegen Evans zu verlieren. 2009 gewann mit Ng On Yee erstmals eine Spielerin aus Asien, sie wurde später auch offizielle Weltmeisterin. Im Jahr darauf verteidigte die Chinesin aus Hong Kong ihren Titel.

2011 wurde das in Bahrain geplante Turnier nach den Unruhen rund um den Arabischen Frühling abgesagt. Später im Jahr wurde das Männerturnier im indischen Bangalore nachgeholt, die Frauen-WM fiel aber aus.[11] Von 2012 bis 2017 gewann dann Wendy Jans sechsmal in Folge den Titel und ist damit mit insgesamt sieben Rekordhalterin.

Jahr Austragungsort Sieger Finalist Ergebnis
2003 China Volksrepublik Jiangmen England Kelly Fisher Belgien Wendy Jans 5:2
2004 Niederlande Veldhoven England Reanne Evans Belgien Wendy Jans 5:1
2005 nicht ausgetragen
2006 Jordanien Amman Belgien Wendy Jans Hongkong Jaique Ip Wan In 5:0
2007 Thailand Nakhon Ratchasima England Reanne Evans Belgien Wendy Jans 5:0
2008 Osterreich Wels England Reanne Evans Belgien Wendy Jans 5:3
2009 Indien Hyderabad Hongkong Ng On Yee Australien Kathy Parasis 5:1
2010 Syrien Damaskus Hongkong Ng On Yee Hongkong Jaique Ip Wan In 5:0
2011 nicht ausgetragen
2012 Bulgarien Sofia Belgien Wendy Jans Hongkong Ng On Yee 5:1[12]
2013 Lettland Daugavpils Belgien Wendy Jans China Volksrepublik Chunxia Shi 5:3[13]
2014 Indien Bangalore Belgien Wendy Jans Russland Anastasia Nechaeva 5:2[14]
2015 Agypten Hurghada Belgien Wendy Jans Russland Anastasia Nechaeva 5:1[15]
2016 Katar Doha Belgien Wendy Jans Indien Amee Kamani 5:0[16]
2017 Katar Doha Belgien Wendy Jans Thailand Waratthanun Sukritthanes 5:2[17]
2018 Myanmar Rangun Thailand Waratthanun Sukritthanes Belgien Wendy Jans 5:2[18]
2019 Turkei Antalya Hongkong Ng On Yee Thailand Nutcharut Wongharuthai 5:2[19]
2020 nicht ausgetragen
20211 Katar Doha ~Niemandsland ~Niemandsland –:–[20]
1 Die WM 2021 wurde wegen der COVID-19-Pandemie verschoben und erst am 1. bis 11. März 2022 angesetzt

Quellen

  1. Roll of Honour (Memento vom 6. April 2008 im Internet Archive)
  2. Board Member: Mandy Fisher, Profil bei World Women’s Snooker, abgerufen am 2. Januar 2019.
  3. Paul Frankel: The Fisher Queens. Professor Q-Ball, 1. April 2015, archiviert vom Original am 26. November 2016; abgerufen am 23. August 2019 (englisch).
  4. Women’s/Seniors Draws Released for WSF Championships, World Snooker, 13. März 2018.
  5. WSF Championships 2019. In: wpbsa.com. World Professional Billiards & Snooker Association, 4. Februar 2019, abgerufen am 23. Juni 2019.
  6. Thailand to Host 2019 World Women’s Championship. In: wpbsa.com. World Professional Billiards & Snooker Association, 8. März 2019, abgerufen am 23. Juni 2019.
  7. Evans Wins Record 12th World Championship Title. In: wpbsa.com. World Professional Billiards & Snooker Association, 23. Juni 2019, abgerufen am 23. Juni 2019.
  8. Ladies World Championship: Roll Of Honour. (Nicht mehr online verfügbar.) Chris Turner’s Snooker Archive, archiviert vom Original am 18. April 2016; abgerufen am 2. Januar 2019 (englisch).
  9. World Snooker Federation Championship Women → Malta 2018 (Ergebnisse).
  10. 2022 World Women's Championship - Knockout. In: snookerscores.net. World Professional Billiards & Snooker Association, abgerufen am 14. Februar 2022 (englisch).
  11. World Snooker moved to Bangalore, Syed Khalid Mahmood, The International News, 8. Oktober 2011.
  12. World Snooker Championship Women 2012 - play-off results. In: esnooker.pl. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  13. IBSF Snooker Championships Women - Daugavpils / Latvia 2013. In: esnooker.pl. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  14. IBSF Snooker Championships Women - Bangalore / India 2014. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  15. Vivek Pathak: Wendy successfully defends her World Women Snooker title. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, 21. November 2015, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  16. IBSF Snooker Championships Women - Doha / Qatar 2016. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  17. IBSF World Snooker Championships Women - Doha / Qatar 2017. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  18. IBSF Snooker Championships Women - Yangon / Myanmar 2018. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 27. November 2018 (englisch).
  19. IBSF Snooker Championships Women - Antalya / Turkey 2019. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 9. November 2019 (englisch).
  20. IBSF World Snooker Championships 2021. In: ibsf.info. International Billiards & Snooker Federation, abgerufen am 14. Februar 2022 (englisch).
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