Schwäbische Zeitung
Die Schwäbische Zeitung ist eine laut Untertitel unabhängige Tageszeitung für christliche Kultur und Politik, mit Unternehmenssitz in Ravensburg. Herausgeber ist das Medienhaus Schwäbisch Media, Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG Drexler, Gessler. Sie erschien erstmals am 4. Dezember 1945 in Leutkirch im Allgäu und ist eine der größten regionalen Abonnementzeitungen in Baden-Württemberg. Die verkaufte Auflage beträgt 142.088 Exemplare, ein Minus von 28 Prozent seit 1998.[1] Bis zum Umzug nach Ravensburg im Januar 2013 war Leutkirch auch Sitz des Verlags und der Zentralredaktion. Die Schwäbische Zeitung hat eine regionale Monopolstellung. Die „Schwäbische Zeitung“ ist mit rund 164.053 verkauften Exemplaren (IVW 3/2017) die größte Abonnentenzeitung im Südwesten.[2]
Schwäbische Zeitung | |
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Beschreibung | regionale Tageszeitung |
Verlag | Medienhaus Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG, Ravensburg |
Erstausgabe | 4. Dezember 1945 |
Erscheinungsweise | werktäglich |
Verkaufte Auflage | 142.088 Exemplare |
(IVW 4/2021, Mo–Sa) | |
Chefredakteur | Hendrik Groth |
Geschäftsführer | Lutz Schumacher |
Weblink | www.schwaebische.de |
Geschichte
Vorgeschichte
Im Jahr 1922 gründete der Verleger Franz Walcher eine genossenschaftliche Kooperation, den Verband oberschwäbischer Zeitungsverleger in Friedrichshafen. In der Nazizeit wurde der Verband in Donau-Bodensee-Zeitung umbenannt, Standort wurde ab 1943 Leutkirch. 1945 gründeten Verleger des Verbands den Schwäbischen Verlag mit der Schwäbischen Zeitung, die bisherigen Verleger schlossen sich meist wieder an.[3]
Nachkriegszeit
In den Gründungsjahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs wirkten führende Mitarbeiter der ehemaligen Frankfurter Zeitung mit (so der aus dem Landkreis Biberach stammende letzte Verlagsleiter der Frankfurter Zeitung, Wendelin Hecht, die Redakteure Johannes Schmid und Ernst Trip sowie der Schriftsteller Heinrich Schirmbeck). Der in Anlehnung an die Frankfurter Zeitung in Fraktur gesetzte Titel der Schwäbischen Zeitung geht auf den Einfluss dieser Männer zurück.
Bis Anfang der 1950er-Jahre bediente die Schwäbische Zeitung mit ihrer „interlokalen“ Ausgabe einen gewissen überregionalen Markt.
In den 1960er-Jahren wurde Georg von Waldburg zu Zeil und Trauchburg Anteilseigner.[3]
Von 1963 bis 1988 führte der Theodor-Wolff-Preis-Träger Chrysostomus Zodel, der zuvor Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten gewesen war, das Blatt. Bis in die 1990er-Jahre gingen zahlreiche Journalistenpreise (vgl. z. B. Theodor-Wolff-Preis, Wächterpreis der deutschen Tagespresse) an Journalisten der Schwäbischen Zeitung. Eine Reihe von national bedeutsamen Journalisten wie Thilo Bode (sen.), Ulrich Ritzel, Hartmut Paeffgen, Bernhard Hermann, Wolf-Dieter Ebersbach oder Frank Plasberg starteten hier ihre Karrieren.
Negative Berühmtheit erlangte der langjährige Leiter der Schramberger Lokalredaktion Julius Viel durch seine im „Ravensburger Kriegsverbrecherprozess“ offengelegte NS-Vergangenheit.
Neuausrichtung
Geschäftsführer Udo Kolb wandelte in den 90er-Jahren die Kommanditgesellschaft in eine GmbH um. Die Kleinverlage wurden von der Zentrale übernommen.[3]
Von 1997 bis 2007 war Joachim Umbach, der zuvor sieben Jahre lang stellvertretender Chefredakteur der NRZ (Neue Rhein/Ruhr Zeitung) in Essen gewesen war, Chefredakteur. Umbach steht für eine Neuausrichtung der Schwäbischen Zeitung, oder – nach Ansicht seiner Kritiker – für deren Niedergang.[4][5][6]
Unter Umbachs Regie wurde die Zentralredaktion verkleinert und das Blatt optisch sowie inhaltlich neu ausgerichtet. Von Seiten des Verlags wurde der Abbau der Redakteursstellen mit Anzeigenrückgängen und der „schwierigen wirtschaftlichen Situation der Tageszeitungen“ begründet. Umbach führte das SZ-Forum ein, das regelmäßig Personen aus Politik und Gesellschaft auf Podiumsveranstaltungen vorstellt.
Die Umgestaltung der Zeitung, die sich seit 1997 vollzog, wurde von den Lesern begleitet durch Protestaktionen und Lichterketten, wie im Dezember 1998 in Leutkirch (fristlose Kündigung des Kirchenredakteurs Joachim Rogosch wegen angeblich ehrverletzender Äußerungen über den Verlag),[7] im März 2002 in Biberach an der Riß (Kündigung des langjährigen lokalen Redaktionsleiters Gunther Dahinten und Roland Reck, angeblich auf Druck des Landrats Peter Schneider)[8] sowie 2004 im Schwarzwald (Einstellung der Lokalteile Rottweil und Schramberg) und in Ulm (Einstellung des Lokalteils).
Die Neuausrichtung der Redaktion ging einher mit der Neuorganisation des Verlagshauses. Der Schwäbische Verlag übernahm nach und nach alle seine Lokalverlage, die zunächst weitgehend selbständig agiert hatten. Zuletzt verlor 2004 der Ehinger Lokalverlag Feger seine Selbständigkeit.
Von Januar 2008 bis 2011 führte Ralf Geisenhanslüke (zuvor stellvertretender Chefredakteur der Glocke in Oelde, Westfalen) die Redaktion. In dieser Zeit hat die Schwäbische Zeitung in Zusammenarbeit mit KircherBurkhardt Struktur- und Layoutveränderungen vollzogen. Dafür erhielt sie einen der „Awards of Excellence“ beim European Newspaper Award 2011. Zudem wurde der Online-Auftritt SZON in Schwäbische.de umbenannt.
Seit Mitte 2011 ist Hendrik Groth Chefredakteur der Schwäbischen Zeitung.[9] Groth ist seit 1990 als Journalist in verschiedenen Positionen aktiv. Unter anderem war er in mehreren dpa-Büros und als stellvertretender Nachrichtenchef der Süddeutschen Zeitung tätig. Von 2003 bis 2007 hatte er die Position des stellvertretenden Chefredakteurs bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) inne. Danach arbeitete Groth als Konzernrepräsentant der ThyssenKrupp AG in Südamerika. Seit 2012 gehört Christoph Plate als Stellvertreter von Groth zur Chefredaktion. Plate war von 1993 bis 2002 Afrika-Korrespondent mit Sitz in Nairobi. Er arbeitete dort für den Spiegel, die Berliner Zeitung und die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Von 2002 bis 2012 arbeitete er als Auslandsredakteur bei der NZZ am Sonntag.
Auflage
Die Schwäbische Zeitung hat wie die meisten deutschen Tageszeitungen in den vergangenen Jahren an Auflage eingebüßt. Die verkaufte Auflage ist in den vergangenen 10 Jahren um durchschnittlich 1,9 % pro Jahr gesunken. Im vergangenen Jahr hat sie um 9,2 % abgenommen.[10] Sie beträgt gegenwärtig 142.088 Exemplare.[11] Der Anteil der Abonnements an der verkauften Auflage liegt bei 94,9 Prozent.
Entwicklung der verkauften Auflage[12]
Verbreitungsgebiet und Mitbewerber
Mit 18 Lokalausgaben deckt die Schwäbische Zeitung ein Verbreitungsgebiet ab, das von Ellwangen im Norden und Lindau im Süden bis nach Tuttlingen im Westen und Laupheim und Leutkirch im Osten reicht. Darüber hinaus gibt das Medienhaus Schwäbischer Verlag die regionale Wochenzeitung Südfinder mit einer Auflage von rund 500.000 Exemplaren, weitere lokale Anzeigen- und Amtsblätter sowie unterschiedliche Magazine heraus.
Die Schwäbische Zeitung ist im Kern ihres Verbreitungsgebietes ein Monopolblatt (Landkreis Ravensburg, Landkreis Biberach). Einige Konkurrenzsituationen gibt es in der Peripherie des Verbreitungsgebietes: durch die Südwest Presse im Alb-Donau-Kreis (Ehingen und Laichingen) bzw. durch deren Kopfblatt Schwäbische Post im Ostalbkreis sowie durch den Südkurier im Landkreis Tuttlingen sowie im Bodenseekreis und im Süden des Landkreises Sigmaringen.
Seit dem Rückzug der Schwäbischen Zeitung aus dem Landkreis Rottweil und dem (nahezu gleichzeitigen) Rückzug des Schwarzwälder Boten aus dem Landkreis Tuttlingen gibt es keine Konkurrenz zwischen Schwäbischer Zeitung und Schwarzwälder Bote mehr. Außerdem zog sich die Schwäbische Zeitung aus Ulm zurück, während die Südwest Presse ihre Laupheimer Redaktion schloss.
Ende 2017 gab die Schwäbische Zeitung zudem die Lokalredaktionen in Markdorf und Pfullendorf auf, während gleiches beim Südkurier in Friedrichshafen geschah.[13][14] Die Gebietsbereinigung geschah zum wahrscheinlichen Vorteil der Augsburger Allgemeinen, die seit 2013 Eigentümer aller Anteile des Südkuriers ist. Der Augsburger Allgemeinen gehörte außerdem zu 50 % die Allgäuer Zeitung, Georg von Waldburg zu Zeil und Trauchburg die andere Hälfte.
Seit 2018 kooperieren Schwäbische Zeitung und Südwest Presse bei der Berichterstattung aus Berlin.[15]
Lokalredaktionen
Lokalredaktionen (und Kopfblätter) von Nord nach Süd: Ellwangen (Ipf- und Jagst-Zeitung), Aalen (Aalener Nachrichten), Laichingen, Ehingen, Laupheim, Riedlingen, Biberach, Sigmaringen, Trossingen (Trossinger Zeitung), Spaichingen (Heuberger Bote), Bad Saulgau, Tuttlingen (Gränzbote), Bad Waldsee, Leutkirch im Allgäu, Ravensburg, Wangen im Allgäu, Tettnang, Friedrichshafen, Lindau (Lindauer Zeitung).
Auszeichnungen
Katholischer Medienpreis 2016
Für die Serie „Menschenwürdig leben bis zuletzt“ wurde die Schwäbische Zeitung mit dem Katholischen Medienpreis ausgezeichnet. In einer Artikelserie mit mehr als 40 Beiträgen in Mantel- und Lokalteilen, Online und im Regionalfernsehen hatte die Schwäbische Zeitung im Dezember 2015 in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart Fragen um Krankheit, Sterben und Tod ausgeleuchtet.
World Young Reader Prize 2016
Beim World Young Reader Prize des Weltverbands der Zeitungen und Nachrichtenmedien wurde im Herbst 2016 die Schwäbische Zeitung für ihr Engagement für Kinder und Jugendliche geehrt. Ausgezeichnet wurde die bundesweit einzigartige Kooperation zwischen der Schwäbischen Zeitung und dem Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF. Für das Projekt „Jugendliche übernehmen die Schwäbische“ übernahmen 15 Jugendliche aus der Region für zwei Tage die Redaktion.
Technische Daten
Die Zeitung hat das Rheinische Format mit einem Satzspiegel (Breite × Höhe) von 320 mm × 480 mm. Sie ist im redaktionellen Teil sechsspaltig aufgebaut. Bei sogenannten Kollektiven oder Sonderveröffentlichungen liegt der Seite in der Regel eine siebenspaltige Seitenstruktur zugrunde, die sich an der Breite der sieben Anzeigenspalten orientiert. So kann es passieren, dass im unteren Teil einer lokalen Zeitungsseite ein siebenspaltiges Kollektiv steht und der darüberliegende (lokal-)redaktionelle Bereich sechsspaltig ist.
Gesellschafter
Der Herausgeber der Schwäbischen Zeitung ist die Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG Dexler, Gessler. Deren persönlich haftende Kommanditisten sind: Hildegard Diederich, Andreas Drexler, Andreas Gessler, Martin Walchner und Erich Fürst von Waldburg zu Zeil.[16] Bis Ende 1999 war dieser Komplementär der Firma Schwäbischer Verlag KG Drexler, Gessler in Leutkirch. Seit deren Umwandlung in Schwäbischer Verlag GmbH & Co. KG Drexler, Gessler im Jahr 2000 bestellte er als Gesellschafter den Vorsitzenden beziehungsweise stellvertretenden Vorsitzenden des Beirats.[17] Georg von Waldburg zu Zeil und Trauchburg war laut kressreport der wichtigste Anteilseigner an der Schwäbischen Zeitung.[18] Über die anderen Anteilseigner ist in der Öffentlichkeit weniger bekannt, sie werden aber von der KEK publiziert.[19]
Kontroversen
2008 erschien das Buch Wir können alles. Filz, Korruption & Kumpanei im Musterländle von einem Autorenteam um Josef Otto Freudenreich, das von Korruption und Filz handelt und die Schwäbische Zeitung („Schwäz“) mit einem Kapitel bedenkt. Das Buch führte zu einem Gerichtsprozess der Schwäbischen Zeitung gegen drei Faktenfehler des Buches, der mit einer Einigung der streitenden Parteien endete. Die Publikation attestierte der Schwäbischen Zeitung neben einem Klima der Angst „inhaltliche Verflachung“: Das einst christlich-konservative Blatt bewege sich immer stärker in Richtung gewinnbringender Boulevard und weg von kritischem Journalismus.[20][21]
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- laut IVW (Details auf ivw.de)
- Wolfgang Messner: Gebietsbereinigung im Südwesten: „Südkurier“ und „Schwäbische“ tun sich nicht mehr weh. In: kress.de. Abgerufen am 3. März 2019.
- Anna Hunger: Saubermänner im Glashaus. In: Kontext: Wochenzeitung. (kontextwochenzeitung.de [abgerufen am 4. Januar 2017]).
- Hermann-Josef Freudenreich: Ein christliches Blatt auf dem Boulevard – Wie die Schwäbische Zeitung ihre Leser heimatlos macht. In: Wir können alles: Filz, Korruption & Kumpanei im Musterländle. Klöpfer & Mayer, Tübingen 2008, ISBN 978-3-940086-12-9, S. 219–229.
- Rudi Holzberger: „Das Blatt (…) hat es tatsächlich geschafft, noch schlechter zu werden!“ In: Ders: Die journalistische Praxis – Medium und Methode (= Journalismus – Theorie und Praxis. Band 3). Lit Verlag, Münster u. a. 2001, ISBN 3-8258-5810-3, S. 200.
- Oswald Metzger: „Aus der Schwäbischen Zeitung ist inzwischen ein seichtes und oberflächliches Blättchen geworden, das ich schon längst abbestellt hätte, wenn ich es nicht wegen des Lokalgeschehens lesen müsste.“ In: Blix. Juli 2006, S. 9 (PDF; 13,7 MB).
- Wulf Reimer: „Nach der Beichte arbeitslos – Warum die Schwäbische Zeitung ihren Kirchenredakteur feuert.“ In: Süddeutsche Zeitung. 20. Januar 1999.
- Editorial April 2003. In: blix.info. 28. September 2012, abgerufen am 25. Februar 2018 (PDF; 1,3 MB).
- „Schwäbische Zeitung“: Hendrik Groth Chefredakteur. In: bdzv.de. Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, 9. Juni 2011, abgerufen am 25. Februar 2018.
- laut IVW (online)
- laut IVW, viertes Quartal 2021, Mo–Sa (Details und Quartalsvergleich auf ivw.de)
- laut IVW, jeweils viertes Quartal (Details auf ivw.de)
- Guy-Pascal Dorner: Sieg des Monopols. In: Blix. Dezember 2017, S. 8 (PDF; 13,0 MB [abgerufen am 25. Februar 2018]).
- Thomas Wagner: Südkurier gegen Schwäbische Zeitung – Wenn zwei sich streiten. Abgerufen am 3. März 2019.
- Bülend Ürük: Neuer Reichweiten-Riese im Südwesten: "SWP" und "Schwäbische" kooperieren bei Berichterstattung aus Berlin. kress.de, 17. August 2018, abgerufen am 28. Mai 2021.
- Zeitreise – Schwäbisch Media. In: schwaebisch-media.de. Abgerufen am 6. Januar 2017.
- BDZV intern, 12/2003. 23. Juni 2003.
- Karsten Langer, Christian Keun: Wertkonservative Edelleute. In: Manager Magazin. 12. August 2004, abgerufen am 3. März 2019.
- Mediendatenbank – die medienanstalten. (Nicht mehr online verfügbar.) In: kek-online.de. Archiviert vom Original am 5. Januar 2017; abgerufen am 4. Januar 2017.
- Steffen Grimberg: Die „Schwäbische Zeitung“ und der Filz: Man kann ja mal klagen. In: Die Tageszeitung taz. 26. April 2008, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 3. März 2019]).
- Michaela Schießl: Medienposse: Die SchwäZ beißt. In: Spiegel Online. 17. April 2008 (spiegel.de [abgerufen am 3. März 2019]).