Schloßplatz (Berlin)
Der Schloßplatz im Berliner Ortsteil Mitte ist ein Platz auf der Museumsinsel. Ursprünglich trug nur die Fläche südlich des Berliner Schlosses mit dem Schloßbrunnen diesen Namen, heute tragen ihn auch die ehemalige Schloßfreiheit und die Fläche nördlich bis zum Lustgarten. Umgeben wird der Schloßplatz vom Neuen Marstall und dem Staatsratsgebäude im Süden, vom ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal im Westen und vom Berliner Dom im Norden. Im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Sitz des Humboldt Forums wird der Platz bis 2023 neu gestaltet.
Schloßplatz | |
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Ansicht von Süden (2020) | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Mitte |
Einmündende Straßen | Rathausstraße, Breite Straße, ehemalige Brüderstraße, Werderscher Markt, Schloßfreiheit |
Bauwerke | Berliner Schloss, Neuer Marstall, Staatsratsgebäude Ehemalige Bauwerke: |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußgänger, Radfahrer, Straßenverkehr |
Geschichte
Vor der Befestigung des späteren Schloßplatzes befand sich hier ein Ende der Stechbahn, einer Anlage für Turnierspiele, die Kurfürst Joachim II. 1537 errichten ließ. Nach Beseitigung des Turnierplatzes erinnerte daran die in den Schloßplatz mündende Straße An der Stechbahn, die aber durch eine Veränderung der Bebauung 1866 verschwand. Das ehemalige Schloss stand zwischen drei Plätzen – dem Lustgarten im Norden, der Schloßfreiheit am Spreekanal im Westen und dem historischen Schloßplatz im Süden. Im Jahr 1830 kam es auf dem Platz im Zuge der Schneiderrevolution zu Massenversammlungen und Unruhen. 1891 wurde auf dem Schloßplatz der von Reinhold Begas entworfene Schloßbrunnen, ein Geschenk des Magistrats für Kaiser Wilhelm II., aufgestellt, der Brunnen heißt heute Neptunbrunnen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte das beschädigte Schloss zunächst wieder aufgebaut werden. Ein Plan von Stadtbaudirektor Richard Ermisch sah außerdem vor, das ursprünglich auf der Rathausbrücke befindliche Reiterstandbild des Großen Kurfürsten am Ostrand des Schloßplatzes neu aufzustellen.[1] Dennoch wurde das Schloss auf Beschluss des Politbüros des ZK der SED trotz zahlreicher internationaler Proteste 1950 gesprengt. Der Schloß- bzw. Neptunbrunnen wurde eingelagert und 1969 auf der Freifläche zwischen der Marienkirche und dem Roten Rathaus aufgestellt. 1951 erhielt das abgeräumte Areal zusammen mit dem Lustgarten sowie der Schloßfreiheit und dem historischen Schloßplatz den Namen Marx-Engels-Platz. Im Oktober 1951 diente der Platz als Start- und Zielort bzw. der Eröffnungs- und Abschlussetappe der DDR-Rundfahrt. Eine für die Partei- und Staatsführung der DDR errichtete Tribüne erhielt auf der Ostseite parallel zur Spree ihren Platz. Das restliche Areal diente nun als Aufmarschplatz für Großdemonstrationen und Militärparaden. 1973 begann anstelle der Tribüne auf dem östlichen Teil der ehemaligen Schlossfläche die Errichtung des Palastes der Republik, der 1976 eröffnet wurde. 1990 kam es jedoch wegen Asbestverseuchung zur Schließung des Gebäudes.
Nach der politischen Wende erfolgten im unbebauten Bereich des Schlossareals archäologische Grabungen, wobei ein Teil der Schlossfundamente und Kellerbereiche freigelegt wurden. 1991 erhielt der nördliche Teil des Marx-Engels-Platzes wieder seinen ursprünglichen Namen Lustgarten zurück, während es 1994 zur Umbenennung des restlichen Marx-Engels-Platzes in Schloßplatz kam. Weitere Grabungen seit 2008 legten auch Fundamente des Dominikanerklosters Cölln frei. Nach seiner Asbestsanierung von 1997 bis 2002 erfolgte zwischen 2006 und 2008 der Abriss des Palastes der Republik. Um eine Zwischennutzung der entstandenen Brache zu ermöglichen, wurde anschließend die Fläche mit Rasenflächen, begehbaren hölzernen Stegen und Sitzstufen gestaltet. Anfang 2013 endete die Übergangsnutzung, es begann in Vorbereitung des Wiederaufbaus des Stadtschlosses der vollständige Rückbau.[2]
Nach einem Beschluss des Deutschen Bundestages wurde das als „Hauptwerk des norddeutschen Barocks“ (Georg Dehio) geltende Berliner Schloss in den Jahren 2012–2020 als Sitz des Humboldt-Forums mit drei barocken Fassaden und einer zeitgenössischen Fassade wiederaufgebaut. Das nach den preußischen Universalgelehrten Wilhelm und Alexander von Humboldt benannte Kunst- und Wissenschaftszentrum beheimatet seit der Eröffnung 2021 verschiedene Sammlungen der Staatlichen Museen, des Stadtmuseums und der Humboldt-Universität.[3] Die umgebenden Freiflächen werden nach Plänen des Berliner Büros bbz landschaftsarchitekten bis 2023 realisiert. Sie sehen eine moderne Gestaltung vor, lassen jedoch eine Rückkehr historischer Elemente wie des Neptunbrunnens oder der Rossebändiger zu.[4] Außerdem entsteht an der Schloßfreiheit das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Form einer begehbaren Schale.
- Luftbild mit Schloßplatz (links) und Lustgarten (rechts), um 1930
- Schloßbrunnen am ursprünglichen Standort, um 1900
- Marx-Engels-Platz mit Tribüne, 1951
- Marx-Engels-Platz mit Palast der Republik, 1986
- Schloßplatz nach Wiederaufbau des Berliner Schlosses, 2020
Freiraumgestaltung
Im Januar 2013 erhielt das Berliner Büro bbz Landschaftsarchitekten den 1. Preis beim Wettbewerb „Freiraumgestaltung Umfeld Humboldtforum“. Der Entwurf sieht eine zeitgenössische Gestaltung des Schlossumfeldes vor, die jedoch eine Rückkehr historischer Elemente zulässt.[5] Hierzu zählen unter anderem die Adlersäule an der Ecke zur Schlossbrücke, die Rossebändiger am Lustgarten und der Neptunbrunnen am Schlossplatz. Laut einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Mai 2017 befürwortet die große Mehrheit der Bevölkerung (65 %) ein historisches Schlossumfeld; nur ein kleiner Anteil (20 %) bevorzugt die zeitgenössische Variante.[6]
Ursprünglich sollte die Freiraumgestaltung zusammen mit dem Humboldtforum im Jahr 2019 fertiggestellt sein. Ende Dezember 2018 teilte die zuständige Senatsbauverwaltung jedoch mit, dass das Schlossumfeld aufgrund des U-Bahn-Baus voraussichtlich erst 2023 fertiggestellt wird.[7]
Rechtschreibung
Die amtliche Umbenennung wieder in Schloßplatz geschah 1994, also vor der ß-Rechtschreibreform. Zwar müsste es nach dieser Reform Schlossplatz heißen, aber es erfolgte (wie allgemein üblich) keine Änderung des Platznamens. Ähnliches gilt für weitere Schloß-Phrasen wie Schloßbrunnen, -freiheit, -brücke im Zusammenhang mit dem Berliner Stadtschloss. Diese Eigennamen werden hier so verwendet, wie sie jeweils nach der zu ihrer Zeit gültigen Rechtschreibung verwendet wurden.
Literatur
- Beate Binder: Streitfall Stadtmitte: der Berliner Schloßplatz, Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2009, ISBN 978-3-412-20040-4 (Habilitation Humboldt-Universität zu Berlin 2006/07).
- Monika De Frantz: Capital City Cultures: Reconstructing Contemporary Europe in Vienna and Berlin (= Multiple Europes, Bd. 45). Peter Lang, Bern u. a. Wien 2011, ISBN 978-3-0352-6163-9 / ISBN 978-90-5201-739-6 (veränderte Dissertation European University Institute Fiesole 2004).[8]
- Alexander Barti: Die Schlossplatzdebatte. Eine deutsche Entscheidung. Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften, Saarbrücken 2012, ISBN 978-3-8381-3045-3 (Verlagstext).
- Michael Malliaris: Die Baugeschichte des Dominikanerklosterareals in Cölln an der Spree. Imhof, Petersberg 2019, ISBN 978-3-7319-0668-1.
Weblinks
- Schloßplatz. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- Marx-Engels-Platz. In: Luise.
- Dossier zum Berliner Schloßplatz. In: Der Tagesspiegel, 2006/2007
- Berlin 1880: 3D-Modelle von Berlins Mitte rund um den Schloßplatz, abgerufen am 22. Februar 2018
- Kurt-Michael Borchert, Christian Götz Hirschberg: Die Baugrundverhältnisse und Gründungs-Möglichkeiten im Bereich des Schloßplatzes in der historischen Mitte Berlins, in: Baukammer Berlin 2/1998 (PDF; 2,8 MB)
Einzelnachweise
- https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/P/84639.php
- Holzstege auf dem Schlossplatz werden zurückgebaut – Übergangsnutzung wird nach drei Jahren beendet. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, 20. Dezember 2012, abgerufen am 24. Dezember 2012.
- https://www.bbr.bund.de/BBR/DE/Bauprojekte/Berlin/Kultur/HUF/huf.html?nn=2121768
- https://www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/wettbewerbe/ergebnisse/2013/hu_forum/preis_1.shtml
- Offener freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb "Freiraumgestaltung Umfeld Humboldt-Forum" / Land Berlin. Abgerufen am 4. Juni 2017.
- Umfrage: Hälfte der Berliner ist gegen Einheitsdenkmal. (bz-berlin.de [abgerufen am 4. Juni 2017]).
- Isabell Jürgens: Das Berliner Schloss bleibt bis 2023 eine Großbaustelle. 23. Dezember 2018, abgerufen am 25. Dezember 2018 (deutsch).
- Monika De Frantz will defend her thesis, Wednesday 27. October 2004, 17–19 h, Cappella, Villa Schifanoia, Department of Political and Social Sciences.