Sachsen-Wittenberg
Das Herzogtum Sachsen-Wittenberg, kurz Sachsen-Wittenberg, war ein historisches Territorium des Heiligen Römischen Reiches. Es entstand 1296 durch die Teilung des askanischen Herzogtums Sachsen und erstreckte sich über Teile der heutigen Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Durch die Goldene Bulle von 1356 erlangten die Herzöge von Sachsen-Wittenberg die Kurwürde.
Territorium im Heiligen Römischen Reich | |
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Herzogtum Sachsen-Wittenberg | |
Wappen | |
Bestehen | 1296–1356 |
Entstanden aus | Teilung des askanischen Herzogtums Sachsen |
Herrschaftsform | Herzogtum |
Herrscher/ Regierung |
Herzog |
Heutige Region/en | DE-SN, DE-ST, DE-BB, DE-TH |
Dynastien | Askanier, Wettiner |
Konfession/ Religionen |
katholisch |
Aufgegangen in | Kfstm. Sachsen |
Nach dem Aussterben der sächsisch-wittenbergischen Linie der Askanier im Mannesstamm 1422 belehnte 1423 König Sigismund den meißnischen Markgrafen Friedrich den Streitbaren aus der Linie der Wettiner mit dem Herzogtum, wodurch auch die sächsische Kurwürde 1423 an diesen überging.
Geschichte
1134 wurde Albrecht der Bär von dem deutschen König Lothar von Supplinburg als Markgraf der Nordmark (Altmark) eingesetzt. Er gehörte zu dem Geschlecht der Askanier, die sich nach der Burg Askanien an der Eine am Ostrand des Harzes nennen. Auf seinen Heereszügen gegen die altsorbischen Slawenstämme eroberte er 1157 Brandenburg. Deshalb legt er sich den Titel Markgraf von Brandenburg zu und dehnte seine Herrschaft bis südlich der Elbe aus. Allerdings wurde das vorher nicht sehr dicht bewohnte und nun unterworfene Gebiet verwüstet und von den Slawen zum Teil verlassen. Andererseits hatten Bauern und Bürger im Rheinland, in Flandern, Sachsen und Franken begonnen, sich der steigenden Lasten zu entziehen und neue Siedlungsgebiete aufzusuchen. Einen Teil dieses Stromes lenkte Albrecht in sein Gebiet. 1159/1160 ließ er unter den Rheinländern werben, vor allem aber unter den Flamen, Seeländern und Holländern, die von Überschwemmungen heimgesucht wurden, wobei er günstige Lebensbedingungen versprach. Im Süden der Markgrafschaft Brandenburg ließen sich vor allem Flamen nieder, so dass der Höhenrücken, den die Eiszeit abgelagert hat, nach ihnen der Fläming genannt wurde. Die Einwanderer bezogen aber auch noch südlich davon Dörfer, sogar links der Elbe. Von der Mündung der Saale in die Elbe bis über den Zusammenfluss von Schwarzer Elster und Elbe hinaus. Oft übernahmen sie die Namen der vorhandenen, meist slawischen Siedlungen. Manchmal gaben sie ihnen einen neuen Namen; ebenso benannten sie die von ihnen gegründeten Orte.
Als in der ersten Phase der ostelbischen Herrschaftserrichtung deutscher Feudalherren das Gebiet der altsorbischen Slawenstämme erobert wurde, teilte man die Gebiete zunächst in Gaue, in denen befestigte Plätze entstanden, von denen aus die umliegende Landschaft beherrscht und verwaltet wurde. Die Anfänge Wittenbergs gehen auf eine solche Burg zurück, die durch Albrecht den Bären zum Schutz des Elbübergangs angelegt worden sein soll und die als deutscher Burgward erstmals 1187 urkundlich erwähnt wird. Förderlich für die frühstädtische Entwicklung war der Verkehr auf dem Fernhandelsweg von Magdeburg und Zerbst über Wittenberg in das Gebiet des Schwarzen Elster und die Niederlausitz oder nach Meißen, also in West-Ost-Richtung, sowie die Nord-Süd-Verbindung von Cölln und Berlin über Wittenberg nach Leipzig.
In der wissenschaftlichen Forschung blieb aufgrund des Fehlens schriftlicher Überlieferung die Frage offen, ob Herzog Bernhard das Gebiet um Wittenberg bereits unmittelbar nach dem Tod seines Vaters Albrechts des Bären 1170 erhielt oder erst durch Erbschaft nach dem Ableben seines Bruders Dietrich von Werben 1183. Als 1180 Heinrich der Löwe das Herzogtum Sachsen verlor, wurde der östliche Teil davon Bernhard zu Lehen gegeben.
Nachdem Herzog Bernhard 1212 gestorben war, wurde sein Erbe unter seinen beiden Söhnen Heinrich und Albrecht I. aufgeteilt. Der ältere Heinrich erhielt die alten askanischen Grafschaften sowie Erb- und Stammlande in der Region des Vorharzes und der unteren Saale und wurde zum Begründer der anhaltischen Landesherrschaft, die bis 1918 in den Händen der Askanier blieb. Der jüngere Albrecht erhielt hingegen das Herzogtum Sachsen mit seinen Reichslehen an der mittleren Elbe sowie mehrere askanische Stammgüter östlich und direkt an der Mulde, darunter insbesondere die Region um Aken und Wittenberg sowie Streubesitz in der alten askanischen Grafschaft Aschersleben.
Albrecht I. war bemüht, die Herzogsgewalt an der mittleren Elbe wiederzuerrichten, was ihm auch gelang. Für die von ihm in diesem Raum regierten Gebiete bürgerte sich allmählich der Name Sachsen ein, ab 1227 nannte er sich selbst Herzog von Sachsen, Engern und Westfalen. Herzog Albrecht I. beteiligte sich bereits 1252 direkt an der Wahl des Königs Wilhelm.
Nach dem Tod Albrechts 1261 regierten seine beiden Söhne Johann I. und Albrecht II. zunächst gemeinsam, bis der ältere Bruder Johann I. 1282 Sonderbesitz im Norden des Herzogtums übernahm, den er schon bald seinen drei Söhnen Johann II., Albrecht III. und Ericht I. überließ, um selbst in das Franziskanerkloster Wittenberg einzutreten. Johann I. starb jedoch bereits 1286, und seine Söhne wurden der Vormundschaft ihres Onkels Albrechts II. unterstellt. Dieser bemühte sich, den Besitz zusammenzuhalten, doch als seine Neffen 1295 volljährig wurden, war die endgültige Trennung des Herzogtums Sachsen in die beiden Herzogtümer Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg nicht mehr aufzuhalten. Das Gebiet elbaufwärts behielt Albrecht II. und benannte es nach dem Ort seiner Residenz: Sachsen-Wittenberg. 1290 wurde dieses Herzogtum um die Burggrafschaft Magdeburg und um die Grafschaft Brehna erweitert. Es kam noch zu weiterem Gebietszuwachs.
Als Albrecht II. 1296 starb, folgte ihm sein Sohn Rudolf I. in der Regierung. Im Streit zwischen Ludwig dem Bayern und dem Luxemburger Karl um die deutsche Königswürde schlug sich Rudolf auf die Seite Karls, wofür er 1356 dauerhaft mit der Kurwürde belohnt wurde. Damit war Sachsen-Wittenberg endgültig zu einem der sieben deutschen Kurfürstentümer aufgestiegen.
Als die Wittenberger Askanier mit Albrecht III. 1422 ausstarben, verfügte Sachsen-Wittenberg nur über geringe Macht, jedoch war es als Kurfürstentum mit einem hohen Rang ausgestattet. Deshalb war die Neubesetzung des Sachsen-Wittenberger Gebiets auch begehrt. Seine Vergabe erfolgte am 6. Januar 1423 durch den späteren Kaiser Sigismund, der den Wettiner Markgrafen Friedrich den Streitbaren von Meißen und Thüringen für seinen Kampf gegen die Hussiten mit dem Kurfürstentum Sachsen belehnte. Indem dieser Kurfürst von Sachsen wurde, wanderte die Bezeichnung Sachsen elbaufwärts, mit der weiteren Bindung der Kurfürstenwürde an Wittenberg. Dies heißt also, wer Wittenberg besaß, hatte auch Kurfürstentitel und die Kurstimme des Erzmarschalls inne.
Am 9. November 1485 teilten, entgegen zahlreichen Ratschlägen und Warnungen, Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht in Leipzig ihren Besitz. Aus dem bis dahin von beiden gemeinsam regierten Kurfürstentum Sachsen entstanden auf diese Weise zwei wettinische Dynastien. Fortan war von den Ernestinern und den Albertinern die Rede. Der ernestinische Besitz umfasste neben dem Wittenberger Kurkreis und dem damit verbundenen Amt Teile der alten Landgrafschaft Thüringen sowie das Vogt- und Pleißenland. Friedrich der Weise baute Wittenberg zur kursächsischen Residenz aus und das Gebiet wurde zum Kernland der Reformation. Ihm folgten sein Bruder Johann der Beständige und Johann Friedrich der Großmütige. Letzterer wurde von Kaiser Karl V. im Schmalkaldischen Krieg in der Schlacht in der Lochauer Heide 1547 besiegt und gefangen genommen. Der Kaiser nahm ihm die Kurwürde und einen Teil der Kurlande und belehnte damit seinen Vetter Moritz von Sachsen (Wittenberger Kapitulation). Unter Moritz von Sachsen begann die Einteilung des Kurfürstentums in sieben Kreise. Dabei ging der Kurkreis aus dem Herzogtum Sachsen-Wittenberg hervor.
Herrscher
Siehe auch: Liste der Stammesherzöge von Sachsen bis 1180
Herrschaft | Name |
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Askanier | |
1180–1212 | Bernhard III. von Sachsen |
1212–1260 | Albrecht I. von Sachsen |
1260–1298 | Albrecht II. von Sachsen-Wittenberg |
1298–1356 | Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg |
1356–1370 | Rudolf II. von Sachsen-Wittenberg der Blinde |
1370–1388 | Wenzel I. von Sachsen-Wittenberg |
1388–1419 | Rudolf III. von Sachsen-Wittenberg |
1419–1422 | Albrecht III. von Sachsen-Wittenberg der Arme |
Wettiner | |
1423–1428 | Friedrich I. von Sachsen der Streitbare (1370–1428) |
1428–1464 | Friedrich II. von Sachsen der Sanftmütige (1412–1464) |
1464–1486 | Ernst von Sachsen (1441–1486) |
1486–1525 | Friedrich III. von Sachsen der Weise (1463–1525) |
1525–1532 | Johann von Sachsen der Beständige († 1532) |
1532–1547 | Johann Friedrich von Sachsen der Großmütige († 1554) |
1547–1553 | Moritz von Sachsen (1521–1553) |
Siehe auch: Liste der Kurfürsten, Herzöge und Könige von Sachsen ab 1356
Literatur
- Lorenz Friedrich Beck: Herrschaft und Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg (1212–1422). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2000, ISBN 3-932981-63-4 (Referenzwerk).
- Heinrich Kühne: Die Askanier. Drei Kastanien Verlag, Lutherstadt Wittenberg 1999, ISBN 3-933028-14-0.
- Helmar Junghans: Wittenberg als Lutherstadt. Union Verlag, Berlin 1979.
- Jörg Meyn: Sachsen-Wittenberg – Vom spätmittelalterlichen Gebietsherzogtum zum frühneuzeitlichen „Territorialstaat“ – Das askanische Herzogtum Sachsen 1180–1543. Hamburg 1995, ISBN 978-3-86064-287-0, ISBN 3-86064-287-1.