Romanische Dialekte im Elsass
Zu den romanischen Dialekten im Elsass gehören zum einen die alteingesessenen autochthonen romanischen Dialekte in den Vogesen und im Sundgau, zum anderen diejenigen französischen Dialekte, die von den übrigen Bewohnern der Region Elsass gesprochen werden oder wurden.
Die alten romanischen Dialektgebiete des Elsass
Hauptartikel: Langues d’oïl, Lothringisch (romanisch), Franc-Comtois, Welche, Patois
Die in verschiedenen Gebieten des heutigen Elsass autochthonen romanischen Dialekte gehören zu den Langues d’oïl (vgl. auch Patois). Die franko-provenzalischen Dialekte im äußersten Südwesten des Elsass werden manchmal zu ihnen gerechnet, manchmal nicht. Die romanischen Dialekte in den Vogesen gehören zum lothringisch-romanischen Dialektraum (vgl. auch Welche), diejenigen im südlichen Elsass zum Dialektraum des Franc-Comtois.
Der dahinter stehende romanisch-germanische Sprachgrenzsaum entstand in Spätantike und Frühmittelalter und war überwiegend relativ stabil. Eine größere Veränderung fand nach dem Dreißigjährigen Krieg statt: durch den Krieg entvölkerte, ehemals überwiegend germanischsprachige Regionen im Breuschtal (und in Lothringen) wurden mehrheitlich von Romanischsprechenden (wieder)besiedelt und hielten in der Folge an ihrer Sprache fest.[1]
Die Gemeinden der traditionell romanischsprachigen Gebiete im Elsass haben also teilweise eine deutschsprachige Vorgeschichte oder hatten traditionelle deutschsprachige Teile bzw. einen bilingualen Charakter – Details hierzu finden sich in den Ortsartikeln und in Grenzorte des alemannischen Dialektraums. Traditionell französisch- bzw. romanischsprachige Gebiete und Gemeinden der heutigen Region Elsass in diesem Sinne sind (von Nord nach Süd):
- Lothringisch (romanisch):
- Weite Teile des Breuschtals. Ursprünglich die Gemeinden Saales, Bourg-Bruche, Saulxures, Ranrupt, Colroy-la-Roche und Grandfontaine. Im 17. Jahrhundert kamen hinzu die Gemeinden Bellefosse, Blancherupt, Belmont, Waldersbach, Fouday, Solbach, Wildersbach, Neuviller-la-Roche, Rothau, Barembach, Schirmeck, Russ, Wisches und Lutzelhouse. Eine unklare Stellung haben die teils weitläufigen Gebiete der Gemeinden Plaine, La Broque und Saint-Blaise-la-Roche.
- Kleinere Teile des Weilertals, nämlich die Gemeinden Urbeis, Lalaye, Fouchy, Breitenau und – partiell seit dem 17. Jh. – Steige.
- Das Tal der Lièpvrette (Leber) mit den Gemeinden Sainte-Marie-aux-Mines, Sainte-Croix-aux-Mines, Lièpvre und Rombach-le-Franc.
- Die Gegend um Lapoutroie mit den Gemeinden Lapoutroie, Labaroche, Orbey, Le Bonhomme, Fréland und Aubure.
- Franc-Comtois (zum Frankoprovenzalischen):
- Die Dörfer Bellemagny, Bretten, Eteimbes und Saint-Cosme.
- Die Gegend um Montreux-Vieux mit den Gemeinden Montreux-Vieux, Montreux-Jeune, Magny, Romagny, Valdieu-Lutran und Chavannes-sur-l’Étang.
- Die Dörfer Courtavon und Levoncourt.
Das Französische des Elsass
Das Elsass wechselte vor allem im 20. Jahrhundert flächendeckend zur französischen Sprache (frz. Francisation). Vergleichbar sind ähnliche Prozesse in der Bretagne oder in Irland. Dadurch gibt es im früher deutschsprachigen Gebiet keine über Jahrhunderte gewachsenen romanischen oder französischen Mundarten. Die benachbarten Dialektgruppen (Lorrain im Westen und Franc-Comtois im Südwesten) hatten einen besonderen Einfluss nur auf die traditionell romanischsprachigen Orte des Elsass.
Die heutigen Mundarten und Varietäten des Französischen sind sehr nahe beim Standardfranzösischen. Das betrifft die Gebiete aller historisch-sprachlichen Großgruppen (Langues d’oïl, Langues d'Oc/Okzitanisch, Franko-Provenzalisch). Jedoch gibt es leichte Unterschiede zwischen den französischsprachigen Staaten, und auch manche Regionen Frankreichs haben eine relativ starke Varietät im Französischen. Dazu gehört das Französische des Elsass (Français d'Alsace / Parler alsacien).
Das Französische des Elsass ist jedoch nicht so sehr Ausdruck gewachsener Ortsdialekte, sondern einiger typischer Abweichungen vom Standardfranzösischen in Aussprache, Wortschatz und Syntax. Es weist also eher den Charakter einer regionalen Umgangssprache auf, die ihre Ursache im Adstrat oder Substrat des früher vorherrschenden Deutschen oder regionaler deutscher Dialekte hat. Letztere sind recht unterschiedlich, aber dominiert vom Oberrheinalemannischen und zusammengefasst im Elsässischen.
Beispiele für das Französische des Elsass:
- Jeune wird wie cheûne ausgesprochen
- Manteau de pluie (von Regenmantel, statt Impérmeable)
- Poutzer (von putzen, statt éppousseter)
- Ça donne (von Es gibt, statt Il y a)
- Donc kann wie pourtant benutzt werden (dt. doch, z. B. Je te l'ai donc dit! – Das habe ich dir doch gesagt!)
- Viens chez Maman (Komm zu Mama)
- Je vais vous relier (Beim Telefongespräch: Ich werde sie verbinden, statt Je vais vous passer...)
Manche Besonderheiten des Französischen des Elsass haben Eingang ins Gesamtfranzösische gefunden (z. B. Gaell? oder Gall? – im Sinne von Nicht wahr? oder Stimmt's? – für Hein? bzw. N'est-ce pas?).
Anmerkungen
- Es gab noch andere Gegenden im Elsass, die neubesiedelt wurden, oft den romanischsprachig werdenden benachbart, die dann jedoch überwiegend von Sprechern germanischer Dialekte wiederbesiedelt wurden. Auch plausibel ist, dass sich Zuzügler je nach Wohnort romanisiert oder germanisiert haben, teilweise vielleicht nicht sofort in der ersten Generation. Für einige Dörfer ist ferner eine Art "Zweisprachigkeit" wahrscheinlich, mit romanischem Kerndorf und germanischen Weilern und Höfen (oder andersherum). Es soll nördlich von Dabo (Dagsburg) auch einige ehemals lothringerplattsprachige Dörfer geben, die von Elsässerdeutsch Sprechenden wiederbesiedelt wurden und wo die Mundart noch heute oder zumindest bis vor kurzem überwiegend elsässische Merkmale aufweist bzw. aufwies.