Prinzessinnenpalais
Das Prinzessinnenpalais ist ein Baudenkmal an der Prachtstraße Unter den Linden 5 im Berliner Ortsteil Mitte. Es wurde im Jahr 1733 von Friedrich Wilhelm Dieterichs im Stil des Friderizianischen Rokoko errichtet und 1810 bis 1811 von Heinrich Gentz im Stil des Klassizismus erweitert. Im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt und 1962 abgerissen, wurde es 1963 bis 1964 von Richard Paulick als Operncafé rekonstruiert. Seit 2018 beheimatet das Prinzessinnenpalais die Kunsthalle PalaisPopulaire der Deutschen Bank.
Geschichte
Im Jahr 1733 verband Friedrich Wilhelm Dieterichs zwei 1730 für den General von Becheffer und den Finanzminister Freiherr von Cocceji in der Oberwallstraße am Berliner Festungsgraben erbaute Gebäude durch Einfügung eines Mittelrisalits zu einem neuen quer zu der Straße Unter den Linden stehenden Palais, das Cocceji bis zu seinem Tod bewohnte. Markgraf Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt erwarb 1755 das Gebäude. Im Jahre 1788 erbte es das Königshaus. Im Jahr 1811 wurde es nach Plänen von Heinrich Gentz durch einen repräsentativen Kopfbau bis zur Straße Unter den Linden verlängert und von Karl Friedrich Schinkel mittels eines Schwibbogens mit dem Kronprinzenpalais verbunden. Seit diesem Umbau für die Töchter des Königs Friedrich Wilhelm III. war der Name Prinzessinnenpalais in Gebrauch, die jedoch nie darin wohnten.[1]
Bis 1918 wohnten in dem Palais verschiedene Mitglieder der preußischen Herrscherfamilie wie die Witwe Kaiser Friedrichs III., aber auch Beamte. Ab 1931 wurde in den Räumen das Schinkel-Museum eingerichtet. Nachdem es im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört und die Ruine 1960 bis 1962 abgetragen worden war, wurde das Palais als Operncafé zwischen 1962 und 1964 nach Plänen von Richard Paulick im Rahmen der Gesamtwiederherstellung des Friedrichsforums rekonstruiert. Das Innere erhielt eine moderne Ausstattung, die später historisierend verändert wurde. Historisch wertvoll ist das anlässlich der Rekonstruktion eingebaute Rokoko-Treppengeländer des Schlosses Berlin-Buch, eines 1964 abgerissenen Werkes von Diterichs von 1736.
In den folgenden Jahren entwickelte sich das Operncafé schnell zum beliebten Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Es diente auch als Drehort für Die Legende von Paul und Paula, einem der erfolgreichsten Spielfilme der DDR. Für die Ost-Berliner Schwulenszene fanden im Prinzessinnenpalais wöchentliche Discoabende statt.[2]
Nach der deutschen Wiedervereinigung gelangte das Gebäude durch den Einigungsvertrag in den Besitz des Bundes, das nun zum Portfolio der TLG Immobilien GmbH gehörte. Der Restaurantbetrieb wurde von dem Cafébetreiber Manfred Otte übernommen, der die historisierenden Wandverkleidungen beseitigen ließ und ein neues Operncafé in pseudobarocken Formen einrichtete. Im Jahr 2012 hob der Bund den Pachtvertrag mit dem Betreiber des Operncafés einvernehmlich auf.[3] Die Räumlichkeiten wurden frei und standen zum Verkauf.
Im Jahr 2014 erwarb der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlages, Mathias Döpfner, das Palais und ließ es durch David Chipperfield umbauen.[4] Döpfner vermietete das komplette Gebäude im Jahr 2017 an die Deutsche Bank, die es nach umfangreichen Umbauarbeiten als Plattform für Kunst, Kultur und Sport nutzen wird. Das Architektenbüro Kuehn Malvezzi arbeitete die Umbaupläne aus, wonach helle luftige Räume entstehen sollten. Zugleich sollten die Geschichtsnarben, also die Stahlbetonpfeiler und Stahlunterzüge aus dem 1960er Wiederaufbau sichtbar gemacht werden. Der Kontrast zwischen den historisierenden Fassaden und der Moderne im Inneren soll betont werden. Die Wände werden jedoch weiß verkleidet, die Fenster können mittels Gaze und Technik den Lichtverhältnissen optimal angepasst werden.[1]
Am 27. September 2018 wurde das neue Kunst-, Kultur- und Sportzentrum unter dem Namen PalaisPopulaire eröffnet.[5] Der bisher verschlossene Durchgang zwischen der Oberwallstraße und dem Garten des Palais’ wurde geöffnet und seitlich vom neuen Foyer ein neues Restaurant in modernen Formen eingerichtet. Der alte Eingang zum Palais vom Garten aus soll dagegen geschlossen bleiben, denn dahinter, im Treppenhaus, entsteht das neue Zentrum der Kunsthalle. In der zweiten Etage wird eine Atelierlounge geplant, die für Besuchergruppen, Workshops oder Empfänge genutzt werden soll.[1]
- Verzierter Mittelrisalit mit Freitreppe, 1910
- Westfassade am Bebelplatz, 1968
- Ostfassade an der Oberwallstraße, 1964
- Gäste im Operncafé, 1964
- Garten mit versetztem Yorck-Denkmal, 1965
Prinzessinnengarten
Der Garten des Prinzessinnenpalais („Prinzessinnengarten“) entstand kurz nach 1740 durch Abtragung des Festungswalls, der hinter dem von der Oberwallstraße zugänglichen Palais lag. Er erstreckte sich bis an das gleichzeitig errichtete Opernhaus und wurde vom Festungsgraben durchflossen, der hier Grüner Graben hieß. Ursprünglich wohl ein Barockgarten mit Orangerie, hatte er später als Landschaftsgarten einen sehr alten hohen Baumbestand, war aber von einer Mauer umgeben und für Besucher nicht zugänglich. Ein Teil des Gartens musste 1914 der Zufahrtsrampe des Lindentunnels der Straßenbahn weichen.
Nach seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gestaltete ihn Rolf Rühle 1964 im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Prinzessinnenpalais als Teilfläche des Bebelplatzes zu einer öffentlichen Grünanlage. Im Westteil des Gartens befand sich zwischen 1914 und 1951 die Ostrampe des Lindentunnels, der der Straßenbahn als Unterführung der „Linden“ diente. Für den Bau musste der Sockel des Blücher-Denkmals verstärkt werden, da sich dieses über der Einfahrt befand. Die Rampe wurde nach der Stilllegung des Tunnels verfüllt.[6]
Im vorderen Teil des Gartens befanden sich seit 1855 die von Christian Daniel Rauch geschaffenen Bronzestandbilder für Ludwig Yorck von Wartenburg, Gebhard Leberecht von Blücher und August Neidhardt von Gneisenau sowie gegenüber vor der Neuen Wache seit 1822 die Marmorstandbilder für Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz und Gerhard von Scharnhorst. Sie repräsentieren die wichtigsten Generale und Reformer der Befreiungskriege. Am ursprünglichen Ort standen sie im Zusammenhang mit dem von Karl Friedrich Schinkel konzipierten Bildprogramm, das von der Schloßbrücke über die Neue Wache bis zum Brandenburger Tor reichte.
Auf Anordnung von SED-Chef Walter Ulbricht wurden die fünf Standbilder 1950 entfernt und eingelagert. Die Bronzestandbilder wurden bei der Neugestaltung 1964 im hinteren, die Marmorstandbilder nach der Restaurierung 2002 im vorderen Teil des nunmehr in den Bebelplatz einbezogenen Gartens neu aufgestellt.[7] Eine Wiederaufstellung der fünf Standbilder am ursprünglichen Ort wurde vom Landesdenkmalrat bislang abgelehnt.
Literatur
- Hermann Heckmann: Baumeister des Barock und Rokoko in Brandenburg-Preußen. Verlag für Bauwesen, Berlin 1998, ISBN 3-345-00631-6, S. 332 (Schloss Buch), S. 334–335 (Prinzessinnenpalais).
- Folkwin Wendland: Berlins Gärten und Parke von der Gründung der Stadt bis zum ausgehenden neunzehnten Jahrhundert: Das klassische Berlin. Propyläen-Verlag, Frankfurt a. M., Berlin / Wien 1979, ISBN 3-549-06645-7, S. 55–57.
Weblinks
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen
- PalaisPopulaire – Kunst-, Kultur- und Sportforum der Deutschen Bank
- Kathrin Chod, Herbert Schwenk, Hainer Weisspflug: Prinzessinnenpalais. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Mitte. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2003, ISBN 3-89542-111-1 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
Einzelnachweise
- Nikolaus Bernau: Kunst, Sport und Kuchen. In: Berliner Zeitung, 28. Februar 2018, S. 23.
- dbpp.db.com
- Berlin: Operncafé Unter den Linden wird geschlossen und wacht als Automobilshowroom wieder auf – voraussichtlich (Memento des Originals vom 16. Januar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf: gewerbeimmobilien24.de, 9. September 2011, abgerufen am 21. November 2012.
- Prinzessinnenpalais Unter den Linden: Die Zukunft des Opernpalais bleibt ungewiss. In: Berliner Zeitung, 9. Juni 2015.
- Eine neue Plattform für Kunst, Kultur und Sport: Deutsche Bank eröffnet das PalaisPopulaire in Berlin. Deutsche Bank AG, Frankfurt, abgerufen am 1. September 2018.
- Hans-Joachim Pohl: Der Lindentunnel. In: Verkehrsgeschichtliche Blätter. Heft 7, 1980, S. 134–150.
- Pressemitteilung, 2. Juli 2002. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt; abgerufen am 7. Mai 2015