Pilatus PC-21
Die Pilatus PC-21 ist ein einmotoriges Turboprop-Trainingsflugzeug, das für ein breites Schulungsspektrum ausgelegt ist.
Pilatus PC-21 | |
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Typ: | Trainingsflugzeug |
Entwurfsland: | |
Hersteller: | Pilatus Aircraft |
Erstflug: | 1. Juli 2002 |
Stückzahl: | 278+[1] |
Geschichte
Als Ausgangspunkt der Entwicklung kann man die im November 1997 durchgeführten Versuche mit einer modifizierten PC-7 Mk.II ansehen, an der beispielsweise neue Tragflächen und eine 1190 kW starke PT6-Propellerturbine getestet wurden. Die eigentlichen Konstruktionsarbeiten an der praktisch komplett neu entwickelten PC-21 begannen dann Anfang 1999, wobei moderne CAD-Entwurfsverfahren zum Einsatz kamen. Der Bau des ersten Prototyps begann 2001 und am 1. Mai 2002 feierte Pilatus dessen Rollout; zwei Monate später erfolgte der Erstflug mit Bill Tyndall. Die Maschine wurde noch im selben Monat bei der RIAT und der Farnborough Air Show präsentiert. Ende 2004 erhielt Pilatus das Typzertifikat vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) für die PC-21, die somit bereit für die Serienproduktion war. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 200 Mio. Franken in die Entwicklung investiert.
Der zweite Prototyp (HB-HZB), der am 7. Juni 2004 mit Cheftestpilot Andreas Ramseier erstmals flog, stürzte am 13. Januar 2005 beim Training für eine Flugvorführung ab. Dabei verunglückte Ramseier tödlich und eine unbeteiligte Person am Boden wurde schwer verletzt. Die erste Serienmaschine hatte ihren Erstflug am 29. August 2005, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch kein offizieller Auftrag für die Maschine vorlag.[2]
Den grossen Durchbruch schaffte die PC-21 Anfang November 2006, als die Luftwaffe von Singapur 19 Exemplare für rund 700 Millionen Franken bestellte. Die Maschinen wurden ab Frühjahr 2008 zum Trainingszentrum von Singapur im australischen Perth ausgeliefert. Die Schweizer Luftwaffe unterzeichnete am 22. Januar 2007 den Kaufvertrag über sechs Flugzeuge für ihr Jetpiloten-Ausbildungsprogramm (JEPAS). Der Preis für alle Maschinen inkl. Logistik lag bei 115 Mio. Schweizer Franken. Als erste Frau schloss die Kampfjetpilotin der Schweizer Luftwaffe, Fanny Chollet (* 1991), im Jahr 2017 die taktische Grundausbildung auf dem Pilatus PC-21 ab.[3][4] Die Flugzeuge wurden ab September 2007 ausgeliefert. Im November 2009 bestellte die Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate 25 Stück der PC-21 inklusive Flugsimulatoren und Logistikunterstützung mit einem Bestellwert von mehr als 500 Mio. Franken. Die erste dieser ab Anfang 2011 auszuliefernden Maschinen hatte am 22. November 2010 ihren Erstflug. Nach den Bestellungen Australiens und Frankreichs in den Jahren 2015 und 2016 wurden drei Jahre lang keine Maschinen verkauft. Die Bestellung der spanischen Luftwaffe zum Jahreswechsel 2019/2020 über 24 Flugzeuge sicherte die Weiterbeschäftigung der in der Produktion des Flugzeugs tätigen Mitarbeiter, welche sonst ab 2021 unsicher geworden wäre.[5]
- A-101 in Emmen
- PC-21 auf dem Militärflugplatz Mollis
- PC-21 am Boden während der Air Payerne '04
Eigenschaften
Die Flugeigenschaften und die Bordsysteme lehnen sich an moderne Strahl-Trainer an. So wird ein leistungsfähiges Triebwerk (etwa 40 % stärker als das der PC-9) zusammen mit einem Fünfblatt-Hartzell-Propeller mit 2,39 m Durchmesser verwendet. Das Triebwerk verfügt durch eine elektronische Regelung über ein jetähnliches Ansprechverhalten, wobei durch automatischen Seitenrudereinsatz das Drehmoment des Triebwerks ausgeglichen wird. Die Aerodynamik ist auf Wendigkeit und Geschwindigkeit ausgelegt. So werden zum Beispiel die Querruder durch kleine Spoiler hydraulisch unterstützt, was für eine hohe Rollrate von 200°/s sorgt. Kernstück der Avionik ist das moderne digitale Cockpit mit je drei LCDs (15×20 cm) und einem Head-Up-Display verbunden mit dem darunter platzierten Eingabepanel für die beiden Piloten. Mit dem „open-architecture mission system“ ist das Flugzeug weit leistungsfähiger und flexibler als vergleichbare Trainingsflugzeuge. Für den Notfall ist es mit zwei Schleudersitzen Martin-Baker CH16C (Mk.16L) ausgestattet. Die PC-21 ist sowohl für die Basisausbildung als auch für das fortgeschrittene Pilotentraining einsetzbar. So kann ein Großteil der Jetschulung bereits auf der PC-21 absolviert werden. Lärm- und Umweltbelastungen sowie die Kosten sind dabei jedoch um ein Vielfaches geringer.[6]
Nutzer
- Australien
- Royal Australian Air Force: 49 PC-21
- Die Auslieferung erfolgte ab Juni 2017.[7]
- Die Mehrzahl, 42, werden als Basis- und Fortgeschrittenentrainer bei der No. 1 Flying Training School in East Sale (22) und der No. 2 Flying Training School in Pearce (20) eingesetzt, wo sie 2019 die CT/4 (lagen in Tamworth) und die PC-9A ablösten. Die übrigen sieben Exemplare stehen bei der No. 4 Squadron in Williamtown (4) und der Aircraft Research and Develepment Unit (ARDU) in Edinburgh (3) in Dienst.
- Frankreich
- Französische Luftstreitkräfte: 26 PC-21
- Im Januar 2017 erhielt Pilatus den Kaufvertrag für 17 PC-21 vom französischen Verteidigungsministerium.[8] Die Flugzeuge wurden 2018/2019 geliefert. Neun im Jahr 2021 nachbestellte Exemplare sollen 2023 geliefert werden.[9]
- Sie werden von der École d’Aviation de Chasse auf der BA 709 Cognac-Châteaubernard betrieben.
- Jordanien
- Jordanische Luftstreitkräfte: 8 PC-21
- Jordanien hatte 2015 zunächst 9 PC-9M bestellt und änderte diese Bestellung 2016 auf acht PC-21[10]
- Katar
- Qatar Emiri Air Force (QEAF, Luftwaffe von Katar): 24 PC-21[11]
- Im Sommer 2012 bestellte Katar 24 PC-21 für rund 600 Millionen Schweizer Franken. Die Auslieferung soll ab 2014 erfolgen. Die QEAF verfügt zurzeit noch über kein Trainingsflugzeug dieser Klasse, weshalb die entsprechenden Strukturen und mitbestellten Simulatoren vor Ort in der neuen Luftwaffenakademie neu angelegt werden.
- Saudi-Arabien
- Royal Saudi Air Force: 55 PC-21[11]
- Die saudische Luftwaffe hat 2012 als Ersatz für ihre Pilatus PC-9 55 PC-21 als Fortgeschrittenentrainer bestellt. Die Auslieferung erfolgte ab 2014.[12]
- Schweiz
- Schweizer Luftwaffe: 8 PC-21[11]
- Die Schweizer Luftwaffe verwendet acht PC-21 für das Fortgeschrittenentraining als Ersatz für die 2002 ausgeschiedenen BAE Hawk. Die erste Tranche umfasste sechs PC-21 und wurde 2008 ausgeliefert, die zwei nachbestellten Flugzeuge wurden am 12. April 2012 der Schweizer Luftwaffe übergeben.
- Singapur
- Republic of Singapore Air Force (RSAF): 19 PC-21[11]
- Die PC-21 lösten die zuvor verwendeten SIAI-Marchetti S. 211 ab.[13] als Fortgeschrittenentrainer bei der RSAF Flight Training School auf der australischen Luftwaffenbasis RAAF Base Pearce eingesetzt.
- Spanien
- Spanische Luftstreitkräfte: 24 PC-21
- Im Dezember 2019 wurde bekannt, dass Spanien 24 Exemplare mit Auslieferung zwischen 2020 und 2022 als C-101-Ersatz anschaffen wird, der Vertragsabschluss erfolgte Anfang 2020[14]. Die ersten Exemplare trafen im September 2021 bei der Academia General del Aire auf der Basis Base Aérea de San Javier ein[15].
- Vereinigte Arabische Emirate
- Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate: 25 PC-21[11][16]
- Die Luftwaffe der VAE verwendet die PC-21 als Fortgeschrittenentrainer und hat damit ihre BAE Hawk Mk63 ersetzt.
- Vereinigtes Königreich
- QinetiQ: 2 PC-21, 2017 bestellt[17]
Technische Daten
Kenngröße | Daten |
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Besatzung | 2 |
Länge | 11,23 m |
Spannweite | 9,11 m |
Höhe | 3,75 m |
Flügelfläche | 15,22 m² |
Radstand | 2,49 m |
Spurweite | 2,72 m |
Nutzlast | ? kg |
Leermasse | 2.280 kg |
max. Startmasse | 4.250 kg (3.100 kg bei Kunstflug-Einsätzen) |
Marschgeschwindigkeit | 574 km/h in 3050 m Höhe |
Höchstgeschwindigkeit | 685 km/h, Mach 0,72 (624 km/h im Horizontalflug) |
Überziehgeschwindigkeit | 150 km/h |
Dienstgipfelhöhe | 11.580 m |
Steigrate | 1219 m/min (21,6 m/s in NN und 10,8 m/s in 6100 m Höhe) |
Startstrecke | 725 m (über ein 15 m Hindernis) |
Landestrecke | 900 m (über ein 15 m Hindernis) |
Lastvielfache | +8/–4g |
Reichweite | 1330 km |
Triebwerke | ein Pratt & Whitney Canada PT6A-68B mit 1200 kW |
Aussenlasten
Da die PC-21 für die Waffenausbildung den Einsatz von Lenk- und Abwurfwaffen auf den Anzeigeinstrumenten simulieren kann, ist das Mitführen von Waffen zurzeit nicht vorgesehen. Die Infrastruktur ist jedoch vorbereitet für vier Unterflügelstationen und eine Unterrumpfstation für Waffen für die Counter-insurgency-Rolle.
- Aussenlasten bis zu 1.150 kg an fünf externen Aufhängestationen
- Externe Behälter
- 2× abwerfbare Zusatz-Treibstofftanks mit 248 Litern Kerosin für Überführungsflüge.
- 2× Smoke Pods für Flugvorführungen.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- FOCA Swiss Aircraftregister ICAO PC21 =Total: 178
- FlugRevue Oktober 2010, S. 61–64, Pilatus PC-21 – Flugzeuge bis ins kleinste Detail
- Fanny Chollet – Erste Frau in Schweizer Kampfjet
- Die erste Jet-Pilotin. In: Schweizer Sodat, Januar 2018 / Schweiz.
- Pilatus kann dank Grossauftrag aus Spanien Arbeitsplätze in Stans sichern, NZZ, 31. Januar 2020
- FlugRevue Oktober 2008, S. 54–58, Mit dem Prop direkt zum Jet
- Nigel Pittaway: Australia To Buy PC-21 Trainers, Relocate Basic Training. DefenseNews. 11. September 2015, abgerufen am 18. April 2016.
- L’Armée de l’Air sélectionne l’avion-école Pilatus PC-21, Avions Legendaires, 4. Januar 2017
- Weitere PC-21 für Frankreich, FlugRevue, 16. Juli 2021
- Jordan amends Pilatus order to take PC-21 trainers. Flightglobal. 11. April 2016, abgerufen am 18. April 2016.
- Craig Hoyle: Pilatus marks PC-21 production milestone. In: Flightglobal.com. 20. Februar 2015, abgerufen am 12. November 2017 (englisch): „Pilatus has rolled out its 100th PC-21 turboprop trainer, with the Royal Saudi Air Force aircraft sporting special markings.“
- Saudiarabien kauft Schweizer PC-21-Flieger. Tages-Anzeiger. 23. Mai 2012, abgerufen am 18. April 2016.
- Initial Singapore PC-21 Deliveries Completed. Airforces Monthly, Juni 2008 (online).
- Spain signs for PC-21 trainers, Janes, 3. Februar 2020
- Aterrizan en la Academia General del Aire los dos primeros Pilatus, EdA News, 14. September 2021
- SIPRI – Trade Registers China (englisch)
- French air force, Qinetiq confirmed as PC-21 buyers French air force, Qinetiq confirmed as PC-21 buyers, Flightglobal, 4 Januar 2017