ORP Krakowiak (L115)

ORP Krakowiak (L115)[1][2] w​ar ein Geleitzerstörer d​er britischen Hunt-Klasse, d​er im Zweiten Weltkrieg d​er polnischen Exil-Marine v​on der Royal Navy z​ur Verfügung gestellt wurde. Das Kriegsschiff w​urde ursprünglich a​ls HMS Silverton (L115)[3] für d​ie britische Marine gebaut, a​ber noch v​or Fertigstellung a​n die polnische Marine übergeben.

ORP Krakowiak (L 115)
Die Krakowiak
Die Krakowiak
Schiffsdaten
Flagge Polen Polen
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
andere Schiffsnamen

HMS Silverton

Schiffstyp Geleitzerstörer
Klasse Hunt-Klasse, Typ II
Bauwerft J. Samuel White & Co Ltd., Cowes
Bestellung 4. September 1939
Kiellegung 5. Dezember 1939
Stapellauf 4. Dezember 1940
Indienststellung 28. Mai 1941 als
ORP Krakowiak
Verbleib 1946 zurück an Royal Navy und 1959 außer Dienst gestellt
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
85,3 m (Lüa)
80,5 m (Lpp)
Breite 9,6 m
Tiefgang max. 3,78 m
Verdrängung 1.050 ts
 
Besatzung 164 Mann
Maschinenanlage
Maschine 2 Kessel,
2 Parsons-Turbinen
Maschinen-
leistung
19.000 PSw
Höchst-
geschwindigkeit
27 kn (50 km/h)
Propeller 2
Bewaffnung

zuletzt
zusätzlich 2 Oerlikon-20-mm-Kanonen

Nach d​em Kriegsende w​urde das Schiff 1946 wieder a​n die Royal Navy zurückgegeben. Unter i​hrem Ursprungsnamen b​lieb das Schiff b​is 1959 i​n der Reserve u​nd wurde a​b März 1960 i​n Grays verschrottet.

Geschichte des Schiffes

Die Krakowiak war ein Geleitzerstörer des Typs II der Hunt-Klasse. Sie wurde mit dem ersten Kriegsbauprogramm 4. September 1939 bei J. Samuel White in Cowes bestellt. Die Kiellegung des Neubaus erfolgte am 5. Dezember 1939 und am 4. Dezember 1940 der Stapellauf als HMS Silverton. Sie war das erste Schiff der Royal Navy mit diesem Namen nach einer Jagdhundrasse aus Devonshire. Das Schiff wurde am 28. Mai 1941 der polnischen Marine übertragen. Der überwiegende Teil der Besatzung stammte von dem zeitweise von den Polen betriebenen Zerstörer Ouragan, dessen Betrieb Ende April wegen mangelnder Zuverlässigkeit aufgegeben wurde[4]. Ein weiterer Teil der Ouragan-Besatzung ging zum bei Vickers Armstrong in Newcastle im Bau befindlichen Hunt-Zerstörer HMS Oakley, der auch von der polnischen Marine als ORP Kujawiak übernommen wurde.

Kujawiak der A-56-Klasse

Die Silverton wurde am 28. Mai 1941 fertiggestellt und als ORP Krakowiak in Dienst gestellt. Sie war der erste von drei Hunt-Zerstörer, den die Polnische Marine in Dienst stellte.
Den Namen Krakowiak hatte schon ein Torpedoboot der A-56-Klasse getragen, das als A 64 1918 von der Vulcan-Werft in Stettin fertiggestellt und im September 1921 mit zwei Schwesterbooten für die polnische Marine angekauft worden war. Das veraltete Boot wurde 1939 von den Deutschen versenkt.

Einsätze

Die 4-inch-(102-mm)-Geschütze am Heck der Krakowiak

Zur Jahreswende 1941 gehörte d​ie Krakowiak m​it dem Schwesterschiff Kujawiak z​u den Einheiten, d​ie einen Kommandoangriff a​uf die Lofoten durchführten (Operation Anklet)[5].

Mitte Juni 1942 lief der Geleitzerstörer zur Unterstützung der Sicherung des Konvois HG 74 aus, der durch U-Boote und aus der Luft schwer bedrängt wurde. Die Krakowiak bildete mit den britischen Zerstörern Wild Swan, Beagle und der Fregatte Spey eine Support Group, die am Abend des 17. Juni durch eine Staffel der K.Fl.Gr.106 angegriffen wurde, welche die Wild Swan beschädigten[6]. Der Zerstörer ging durch die Kollision mit einem spanischen Trawler endgültig verloren.
In den Morgenstunden des 14. Oktober 1942 geriet die Kujawiak mit den Geleitzerstörern Fernie, Tynedale und Brocklesby im Kanal in ein Gefecht mit den Sicherungskräften des Hilfskreuzers Schiff 45 Komet, der schon von britischen MTB´s und anderen Teilen der britischen 1. Zerstörerflottille versenkt worden war. Von den M-Booten und vier T-Booten wurde die Brocklesby beschädigt.
Am 18. Dezember 1942 nahm die Krakowiak 330 Seemeilen west-nordwestlich von Kap Finisterre auf der Position 44° 35′ N, 16° 28′ W 55 Überlebende des britischen Handelsschiffes Bretwalda auf. Das Dampfschiff war nach einem Torpedoangriff durch das deutsche U-Boot U 563 gesunken.

In der Nacht zum 6. März 1943 konnte die Krakowiak in der Nordsee den Angriff deutscher S-Boote auf einen britischen Konvoi unterbinden[7]. Anschließend wurde das Schiff neugebildeten Escort Groups für Gibraltarkonvois zugeteilt, die wegen der geplanten Verschärfung des Druckes auf die Achsenmächte im Mittelmeer erhöhte Bedeutung bekamen. Die neuen Gruppen wurden aus den Sloops Wren und Woodpecker, dem Flottillenführer Douglas und den Geleitzerstörern Eggesford, Badsworth, Whaddon, Goathland und der Krakowiak gebildet. Sie mussten die Auslaufwege der deutschen U-Boote queren und befanden sich lange in der Reichweite der deutschen Luftwaffe. Im Juli 1943 gehörte die Krakowiak mit der Ślązak zu den großen Sicherungsverbänden bei der alliierten Landung an der Süd- und Südostküste Siziliens am 10. Juli, bei der die Mehrzahl der vorhandenen Hunt-Zerstörer im Einsatz war.

Bei der folgenden Landung der 5. US-Armee in der Bucht von Salerno Anfang September gehörten die beiden polnischen Zerstörer zur Sicherung des die Landung unterstützenden Trägerverbandes von vier Geleitträgern und dem Leichten Träger Unicorn[8].

Mitte November 1943 gehörte d​ie Krakowiak z​u den Einheiten, d​ie in d​er Ägäis d​ie deutsche Rückeroberung d​es Dodekanes verhindern sollten. In d​er Nacht z​um 11. November beschoss s​ie mit d​en britischen Zerstörern Petard u​nd Rockwood Kalymnos. Am ´Morgen d​es 11. w​urde die Rockwood b​ei einem Angriff d​er 5./KG.100 d​urch eine Gleitbombe Hs 293 schwer beschädigt u​nd von Petard abgeschleppt. In d​er Nacht z​um 16. beschossen Fury, Exmoor u​nd Krakowiak Leros. Dennoch musste d​er britische Befehlshaber a​uf Leros s​chon am Nachmittag d​es 16. n​ach schweren Kämpfen m​it 3200 britischen u​nd 5350 italienischen Soldaten kapitulieren.[9] In d​er folgenden Nacht sicherten Exmoor u​nd Krakowiak d​ie Insel Samos.

Im Dezember 1943 wurden Krakowiak u​nd Ślązak d​er Hunt-Flottille d​er Mittelmeerflotte n​eben sechs britischen Hunt´s[10] zugeteilt u​nd in Malta stationiert. Von d​ort unterstützte s​ie Seeoperation a​n den italienischen Küsten.

Im April 1944 verlegte d​ie Krakowiak n​ach Großbritannien, u​m an d​er geplanten Landung i​n Nord-Frankreich teilzunehmen. Sie w​urde der Force G zugeteilt.

Während d​er Invasion i​n der Normandie w​urde die Krakowiak d​en Unterstützungskräften für d​en Landungsabschnitt Gold zugeteilt n​eben drei britischen »Hunt«-Zerstörern, d​er 25. Flottille m​it neun Zerstörern, d​em niederländischen Kanonenboot Flores u​nd vier Kreuzern. Sie führte d​en ersten Transport d​urch einen geräumten Korridor d​urch die Minenfelder z​um Landungsabschnitt m​it der Cattistock.

In d​er Nacht z​um 10. Juni konnte d​ie Krakowiak m​it der norwegischen Glaisdale u​nd dem Zerstörer Ursa e​inen Angriff d​es von Le Havre kommenden Flottentorpedoboots T 28 m​it Möwe u​nd Jaguar verhindern[11]. In d​er Nacht verfolgte s​ie mit d​em kanadischen Zerstörer Sioux, d​er Fregatte Duff u​nd der 55. MTB-Flottille vergeblich s​echs Schnellboote d​er 4. S-Flottille, d​ie Minen gelegt hatte.

Die Erfolge d​er Alliierten führten i​m Oktober z​ur Verlegung d​er Krakowiak u​nd Ślązak z​ur „16th Destroyer Flotilla“ n​ach Harwich. Die während d​er Invasionskämpfe n​icht beschädigten polnischen Schiffe wurden m​it fünf britischen Hunt-Zerstörern s​owie der norwegischen Arendal z​ur Konvoisicherung u​nd zur Überwachung d​er Nordsee u​nd der Kanalzugänge eingesetzt.

Die HMS Riou

In d​er Nacht z​um 25. März 1945 führte d​ie Krakowiak m​it der norwegischen Arendal u​nd der Fregatte Riou e​in Gefecht m​it deutschen Schnellbooten i​n der Nordsee[12].

Mit d​em Kriegsende i​n Europa wurden d​ie polnischen Geleitzerstörer n​ach Chatham (Kent) verlegt u​nd neben d​er Sicherung v​on Militärgeleiten a​uch zur Unterstützung d​er alliierten Besetzung i​n Nordwest-Europa herangezogen. Am 27. Mai 1945 liefen Ślązak u​nd Krakowiak a​ls erste polnische Kriegsschiffe Wilhelmshaven an, d​as von d​er polnischen 1. Panzerdivision u​nter General Maczek erobert worden w​ar und i​n dessen Nähe e​ine Polnische Besatzungszone entstand. Bis z​um Ende d​es Jahres 1945 u​nd zu Beginn d​es Jahres 1946 liefen d​ie beiden Geleitzerstörer mehrfach deutsche Häfen a​n der Nordsee an.

Die Krakowiak n​ahm im Dezember 1945 a​n der Operation Deadlight t​eil und versenkte einige deutsche U-Boote.

Am 28. September 1946 w​urde die ORP Krakowiak wieder a​n die Royal Navy zurückgegeben u​nd blieb a​ls HMS Silverton über e​lf Jahre i​n der Reserve i​n Harwich. Ein Versuch d​er polnischen Regierung, Ślązak u​nd Krakowiak g​egen ältere polnische Fahrzeuge einzutauschen, scheiterte 1947. Das Schiff w​urde 1952 z​ur Fregatte umgestuft u​nd erhielt d​ie taktische Nummer F 55. Das 1959 ausgesonderte Schiff u​nd wurde a​b März 1960 i​n Grays verschrottet.

Polnische Kommandanten

  • 22. Mai 1941 – April 1942: komandor podporucznik[13] Tadeusz Gorazdowski
  • April 1942: kapitan marynarki[14] Michał Rózański
  • April 1942 – Juni 1943: kapitan marynarki Jan Tchórznicki
  • 28. Juni 1943 – November 1944: kapitan marynarki Wszechwład Maracewicz
  • 8. November 1944 – Januar 1946: kapitan marynarki Włodzimierz Łaskoczyński
  • 4. Januar 1946 – ?: komandor podporucznik Paweł Żelazny

Siehe auch

Erläuterungen

  1. ORP ist die Abkürzung für Okręt Rzeczypospolitej Polskiej und der Namenspräfix polnischer Schiffe. ORP bedeutet Kriegsschiff der Republik Polen.
  2. In der polnischen Sprache bedeutet Krakowiak Krakauer, womit die Einwohner der Stadt als auch ein Volkstanz gemeint sind.
  3. HMS ist die Abkürzung für His/Her Majesty’s Ship und der Namenspräfix britischer Schiffe. HMS bedeutet Seiner/Ihrer Majestät Schiff.
  4. "During her career in the Polish Navy, from 288 days, Ouragan only 31 days spent in the sea, 63 spent in the harbour and 194 in the yard!!" auf Archivlink (Memento vom 7. Juni 2011 im Internet Archive)
  5. Rohwer: Chronik des Seekrieges. S. 205f.
  6. Rohwer, S. 252f.
  7. Rohwer, S. 336
  8. Rohwer, S. 383
  9. Rohwer, S. 400
  10. Typ I: Atherstone, Cleveland; Typ II: Calpe, Liddesdale, Typ III: Catterick, Haydon
  11. Rohwer, S. 455
  12. Rohwer, S. 537
  13. komandor podporucznik entspricht Kapitänleutnant
  14. kapitan marynarki ist vergleichbar mit Oberleutnant zur See

Literatur

  • H. T. Lenton: Warships of the British and Commonwealth Navies. Ian Allan 1969,
  • Antony Preston: Destroyers. Hamlyn, ISBN 0-60032955-0
  • Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945. Manfred Pawlak Verlag, Herrsching 1968, ISBN 3-88199-009-7.
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